Entscheidungsdatum
26.07.2021Norm
AVG §76 Abs1Spruch
W112 2227065-1/39Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin in der Beschwerdesache von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.11.2019, Zl. XXXX , und die Anhaltung in Schubhaft seit 06.12.2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
A) Gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG wird dem Beschwerdeführer der Ersatz der Barauslagen für die Dolmetscherin Mag. XXXX für die Sprache RUSSISCH in der Verhandlung am 03.01.2020 iHv € 349,80 (inkl. 20% USt) auferlegt.
Der Beschwerdeführer hat den Betrag von € 349,80 auf das Konto des Bundesverwaltungsgerichts, IBAN: AT840100000005010167, BIC: BUNDATWW, binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses bei sonstiger Exekution zu überweisen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Bescheid vom 26.11.2019, dem Beschwerdeführer zugestellt am 02.12.2019 durch persönliche Ausfolgung, verhängte das Bundesamt über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung und ordnete an, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der derzeitigen Haft eintraten. Am 06.12.2019, 09:42 Uhr, wurde der Beschwerdeführer ins Polizeianhaltezentrum XXXX eingeliefert und in Schubhaft genommen.
Mit dem am 30.12.2019 eingebrachten Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer vertreten durch den Verein LEGAL FOCUS Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft, verantwortlich sei das BFA RD NÖ AUSSENSTELLE ST. POLTEN, Grundlage sei der Mandatsbescheid mit GZ […]. Der Beschwerdeführer beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig erklären, sowie der belangten Behörde auftragen, die Verfahrenskosten zu ersetzen und die aufschiebende Wirkung zu gewähren.
Das Bundesamt legte am 02.01.2020 den Akt vor und erstattete eine Stellungnahme und beantragte, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen und den Beschwerdeführer zum Ersatz von Vorlage- und Schriftsatzaufwand verpflichten.
Am 03.01.2020 fand die hg. mündliche Verhandlung statt, an der der Beschwerdeführer, sein Vertreter und eine Dolmetscherin für die Sprache RUSSISCH teilnahmen.
Am 08.01.2020 übermittelte „LEGAL FOCUS TIM“ einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Entscheidung per E-Mail. Am 09.01.2020 langte der Antrag vom 07.01.2020 per Post ein. Am 15.01.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Antrag an das Bundesamt.
Am 10.02.2020 teilte der Verfassungsgerichtshof mit, dass am 08.02.2020 gemäß Art. 144 BVG Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben bzw. ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen eben diese Entscheidung eingebracht wurde.
Am 13.02.2020 ersuchte RA XXXX per E-Mail um die Übermittlung des schriftlichen Erkenntnisses per E-Mail, weil es leider im Akt unauffindbar sei. Der Vollständigkeit halber werde bekanntgegeben, dass der Beschwerdeführer ihre Kanzlei mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt habe, wobei sie sich gemäß § 8 RAO auf die mündlich erteilte Vollmacht berufe.
Das Bundesverwaltungsgericht teilte der rechtsfreundlichen Vertreterin mit, dass gemäß § 1 Abs. 1 BVwG-EVV E-Mail keine gültige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen darstelle und mittels E-Mail eingebrachte Schriftsätze keine Rechtswirkungen zu entfalten vermögen (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0068; 15.03.2018, Ra 2017/ 21/0155) und daher als nicht eingebracht anzusehen seien (VwGH 26.03.2019, Ra 2019/19/0014). Weiters wurde auf die Verpflichtung von Rechtsanwälten zur Teilnahme am ERV hingewiesen.
Am 14.02.2020 brachte die rechtsfreundliche Vertreterin den Antrag per ERV ein und ergänzte, dass die Kommunikation mit dem BVwG bisher äußerst unkompliziert funktioniert habe, oftmals seien Unterlagen telefonisch oder auch per E-Mail vom BVwG angefordert bzw. um deren nochmalige Übermittlung ersucht worden. Nunmehr habe sie zur Kenntnis genommen, dass dies auch von ihrer Seite her aufgrund des vorliegenden Schreibens nicht mehr möglich sein werde. Aus diesem Grund werde die Bearbeitung derartiger Ersuchen von Ihrer Seite mit dem Hinweis auf das Schreiben vom 13.2.2020 abgelehnt werden. Um Kenntnisnahme werde gebeten.
Am 27.03.2020 legte Frau XXXX von der DESERTEURS- und FLÜCHTLINGSBERATUNG auch in diesem Verfahren Vollmacht per E-Mail. Am 03.04.2020 wurde sie über die Unzulässigkeit dieser Einbringungsform im Verfahren W115 2227065-2 belehrt, brachte aber weiter Schriftsätze auf diese Art an. Am 25.05.2020 legte sie nach erneuter Belehrung im Verfahren W137 2227065-4 Vollmacht per Telefax. Mit Schreiben vom 26.05.2020 informierte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer in den beiden Verfahren W137 2227065-4 und W 112 2227065-1, dass er sowohl vom Verein LEGAL FOCUS / RA Mag. XXXX als auch von Frau XXXX / DESERTEURS- UND FLÜCHTLINGSBERATUNG vertreten werde. Am 30.06.2020 teilte XXXX / DESERTEURS- UND FLÜCHTLINGSBERATUNG mit, dass die vom Beschwerdeführer dem Verein LEGAL FOCUS respektive Frau XXXX erteilte Vollmacht erloschen sei. Dem lag eine Bestätigung des Beschwerdeführers vom 19.06.2020 bei, mit der er mitteilte, dass der Verein LEGAL FOCUS respektive Frau XXXX ihn bereits seit MÄRZ 2020 nicht mehr vertreten und keine Vertretungsbefugnis mehr haben.
Am 07.07.2020 teilte XXXX / DESERTEURS- UND FLÜCHTLINGSBERATUNG mit, dass das Vollmachtsverhältnis mit ihr aufgelöst sei, weil der Beschwerdeführer ohne ihr Wissen ein neues Vollmachtsverhältnis mit einem Rechtsanwalt eingegangen sei. Dieser Rechtsanwalt legte dem Bundesverwaltungsgericht gegenüber in diesem Verfahren bis dato nicht Vollmacht.
Mit Schreiben vom 09.09.2020 teilte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer daher mit, dass der Anwalt bis dato in diesem Verfahren noch nicht Vollmacht gelegt habe und forderte ihn auf umgehend bekannt zu geben, ob eine allfällige Entscheidung an ihn persönlich zugestellt werden sollte oder ob in diesem Verfahren ein Vollmachtsverhältnis vorlag.
Der Beschwerdeführer teilte daraufhin telefonisch mit, dass er von RA XXXX oder XXXX vetreten werde, vermeintlich aus WIEN, RA XXXX vertrete ihn nicht mehr.
Auf die Mitteilung, dass es im Wirkungsbereich der Rechtsanwaltskammer WIEN keinen Rechtsanwalt XXXX / XXXX oder XXXX / XXXX gebe, gab er an, dass man ihm selbst alles zustellen könne.
Das Bundesverwaltungsgericht fertigte das Erkenntnis am 15.09.2020 schriftlich aus.
Mit Beschluss vom 07.10.2020 wies der Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ab, lehnte die Behandlung der Beschwerde, der er die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannte, ab und trat die Entscheidung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Revision wurde von keiner der Parteien erhoben.
2. Die Dolmetscherin legte mit Schriftsatz vom 11.01.2020, der am 11.01.2020 fristgerecht beim Bundesverwaltungsgericht einlangte, eine Kostennote iHv € 349,80. Mit Schriftsatz vom 19.02.2021 räumte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Parteiengehör zur Kostennote der Dolmetscherin ein.
Mit E-Mail vom 01.03.2021 teilte der Verein LEGAL FOCUS – obwohl die Vollmacht an diesen Verein laut Mitteilung des Beschwerdeführers vom 30.06.2020 erloschen ist und keine neue Vollmacht vorgelegt wurde – mit, dass der Beschwerdeführer gemäß § 70 AsylG 2005 von Kosten, Gebühren, etc. befreit sei. Weiters sei der beschwerdeführenden Partei die Verlesung des Aktes nicht zugestanden worden, obwohl dies ihr gesetzliches Recht gewesen sei. Der Bund hafte für die Ausgaben des Bundesverwaltungsgerichts. Einwendungen gegen die Honorarnote der Dolmetscherin wurden nicht erhoben. Gemäß § 1 Abs. 1 BVwG-EVV ist E-Mail keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung; dazu wurde der Beschwerdeführer in diesem Verfahren bereits am 13.02.2020 und am 27.03.2020 zu Handen seiner jeweiligen Vertreterin belehrt. Der Beschwerdeführer gab daher keine Stellungnahme ab.
Mit Beschluss vom 07.06.2021 bestimmte das Bundesverwaltungsgericht die gebührenrechtlichen Ansprüche der Dolmetscherin nachträglich gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 53a Abs. 2, 53b AVG mit € 349,80 (inkl. 20% USt). Das Bundesverwaltungsgericht wies die Dolmetschergebühr am 01.05.2020 an.
3. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Gerichtsakt.
II. Erwägungen
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Barauslagenersatz
1. Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles (§§ 63-73) sinngemäß anzuwenden.
2. Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gemäß § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen gemäß Abs. 2 von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind. Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen gemäß Abs. 3 auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen. Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, gemäß Abs. 4 zum Erlag eines entsprechenden Vorschusses verhalten werden.
Als Barauslagen gelten nach § 76 Abs. 1 AVG ausdrücklich auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Diese Bestimmung ist einerseits auch im Maßnahmenbeschwerdeverfahren – wobei die Beschwerde als verfahrensleitender Antrag gilt – und andererseits gemäß § 17 VwGVG auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anzuwenden (vgl. VwGH 24.6.2003, 2001/01/0260; VwGH 28.1.2016, Ra 2015/21/0114). Für Beschwerden nach § 22a Abs. 1 BFA-VG gelten gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG die für Maßnahmenbeschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG. Dazu gehört jedenfalls § 35 VwGVG betreffend die Kostentragung (vgl. VwGH 11.5.2017, Ra 2015/21/0240), der in seinem Abs. 4 Z 1 u.a. den Ersatz der Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, vorsieht. Damit wird an § 76 AVG angeknüpft, weshalb es keinem Zweifel unterliegen kann, dass auch diese Bestimmung im Schubhaftbeschwerdeverfahren anwendbar ist. Sie wird auch nicht von § 53 Abs. 1 Z 2 BFA-VG verdrängt, gilt doch diese Bestimmung nicht auch im (Schubhaft-)Beschwerdeverfahren (vgl. VwGH 19.5.2015, Ro 2014/21/0071; VwGH 4.8.2016, Ro 2016/21/0009). Vielmehr erfasst sie nur jene Dolmetscherkosten, die „im Rahmen von Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG“ entstehen, worunter zwar Verfahrenshandlungen des Bundesamtes bei der Vollziehung der im 8. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG enthaltenen Bestimmungen über die Schubhaft fallen, nicht aber auch solche im Rahmen des Verfahrens über eine Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die darauf gegründete Anhaltung. Es besteht auch keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass durch diese Regelung eine Barauslagenersatzpflicht des Fremden im Schubhaftbeschwerdeverfahren ausgeschlossen werden soll, zumal er dort im Fall seines Obsiegens – anders als bei Amtshandlungen des Bundesamtes – nach § 35 VwGVG seinerseits einen Ersatzanspruch für die ihm auferlegten Barauslagen hat (vgl. demgegenüber die ausdrückliche Befreiung von Barauslagen in § 70 AsylG 2005).
Dem Bundesverwaltungsgericht sind durch die Durchführung der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde Dolmetschergebühren erwachsen. Der Dolmetscher verzeichnete € 349,80 (inkl. 20% USt) an Gebühren; die Gebührennote musste vom Bundesverwaltungsgericht nicht berichtigt werden. Somit sind dem Bundesverwaltungsgericht € 349,80 an Barauslagen entstanden, die vom Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 76 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG zu erstatten sind.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Rechtslage geklärt und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht uneinheitlich ist (s. VwGH 18.03.2021, Ro 2020/21/0009).
Schlagworte
Barauslagen Dolmetschgebühren Ersatz mündliche Verhandlung SchubhaftverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W112.2227065.1.01Im RIS seit
16.09.2021Zuletzt aktualisiert am
16.09.2021