TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/29 W133 2241145-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.07.2021
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Entscheidungsdatum

29.07.2021

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W133 2241145-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landstelle Wien, vom 04.03.2021, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Das Sozialministeriumservice, Landstelle Wien (in der Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet), holte im Zuge eines vormaligen Verfahrens im Jahr 2018 ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In diesem Gutachten wurden die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Chronisches Schmerzsyndrom, Fibromyalgiesyndrom, Spannungskopfschmerz, Cervikalsyndrom, Lumboischialgie

Oberer Rahmensatz, da trotz Analgetika keine vollständige Schmerzcoupierung.

04.11.02

40

2

Depressio, Generalisierte Angststörung

Zwei Stufen über unterem Rahmensatz, da Dauertherapie und fachärztliche Therapie erforderlich sind.

03.06.01

30

3

Sicca-Symptomatik bei Sjögren-Syndrom

Oberer Rahmensatz, da Autoimmunerkrankung.

11.01.01

20

4

Refluxösophagitis, Hiatushernie

Eine Stufe über unterem Rahmensatz, da Dauertherapie erforderlich ist.

07.03.05

20

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden um eine Stufe erhöht werde, da der Gesamtzustand wesentlich negativ beeinflusst werde. Eine Nachuntersuchung wurde für 06/2020 empfohlen, da eventuell eine Besserung durch eine Therapie möglich sei. Zudem wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei und eine Gesundheitsschädigung (Erkrankung des Verdauungssystems) im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung vorliege.

Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer ein befristeter Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ ausgestellt.

Am 02.06.2020 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice Anträge auf Neuausstellung des Behindertenpasses aufgrund der ablaufenden Befristung des bestehenden Behindertenpasses sowie auf Vornahme der Zusatzeintragungen „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ in den Behindertenpass. Den Anträgen legte er einen Befundbericht eines näher genannten Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 11.05.2020, einen vorläufigen ambulanten Patientenbrief vom 17.07.2018 sowie eine Kopie seines Reisepasses bei.

Die belangte Behörde holte in der Folge Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Allgemeinmedizin vom 16.08.2020, Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 17.08.2020 und eine, diese beiden Gutachten zusammenfassende Gesamtbeurteilung der beigezogenen Allgemeinmedizinerin vom 18.08.2020 ein.

Im eingeholten Gutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 16.08.2020 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Chronisches Schmerzsyndrom, Fibromyalgiesyndrom, Spannungskopfschmerz, Cervikalsyndrom, Lumboischialgie

Oberer Rahmensatz, da trotz Analgetika keine vollständige Schmerzcoupierung.

04.11.02

40

2

Depressio, Generalisierte Angststörung

Zwei Stufen über unterem Rahmensatz, da Dauertherapie und fachärztliche Therapie erforderlich sind.

03.06.01

30

3

Sicca-Symptomatik bei Sjögren-Syndrom

Oberer Rahmensatz, da Autoimmunerkrankung.

11.01.01

20

4

Refluxösophagitis, Hiatushernie

Eine Stufe über unterem Rahmensatz, da Dauertherapie erforderlich ist.

07.03.05

20

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden um eine Stufe erhöht werde, da der Gesamtzustand wesentlich negativ beeinflusst werde. Eine Nachuntersuchung wurde für 08/2023 empfohlen, da eventuell eine Besserung möglich sei. Zudem sei dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar, da er kurze Wegstrecken selbständig zurücklegen könne und – bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten – auch das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe und das sichere Anhalten möglich sei. Ein sicherer Transport sei daher unter den üblichen Transportbedingungen möglich. Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder eine schwere Erkrankung des Immunsystems würden ebenfalls nicht vorliegen. Jedoch sei eine Gesundheitsschädigung (Erkrankung des Verdauungssystems) im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung gegeben.

Im eingeholten Gutachten eines Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 17.08.2020 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen für diese Fachrichtung den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Tinnitus

Unterer Rahmensatz, da nicht dekompensiert.

12.02.02

10

2

Riechstörung

Unterer Rahmensatz, da keine vollständige Anosmie vorliegt.

12.04.05

10

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 10 v.H. eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, dass das Leiden 1 durch das Leiden 2 nicht erhöht werde, da dieses keine wesentliche, zusätzliche Funktionsstörung darstelle und kein ungünstiges Zusammenwirken bestehe. Die Funktionseinschränkungen würden sich auch nicht auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken.

In der Gesamtbeurteilung der Ärztin für Allgemeinmedizin vom 18.08.2020 wurden auf Grundlage der Gutachten der Fachrichtungen Allgemeinmedizin vom 16.08.2020 und Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 17.08.2020 die Funktionseinschränkungen zusammenfassend den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Chronisches Schmerzsyndrom, Fibromyalgiesyndrom, Spannungskopfschmerz, Cervikalsyndrom, Lumboischialgie

Oberer Rahmensatz, da trotz Analgetika keine vollständige Schmerzcoupierung.

04.11.02

40

2

Depressio, Generalisierte Angststörung

Zwei Stufen über unterem Rahmensatz, da Dauertherapie und fachärztliche Therapie erforderlich sind.

03.06.01

30

3

Sicca-Symptomatik bei Sjögren-Syndrom

Oberer Rahmensatz, da Autoimmunerkrankung.

11.01.01

20

4

Refluxösophagitis, Hiatushernie

Eine Stufe über unterem Rahmensatz, da Dauertherapie erforderlich ist.

07.03.05

20

5

Tinnitus

Unterer Rahmensatz, da nicht dekompensiert.

12.02.02

10

6

Riechstörung

Unterer Rahmensatz, da keine vollständige Anosmie vorliegt.

12.04.05

10

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden um eine Stufe erhöht werde, da der Gesamtzustand wesentlich negativ beeinflusst werde. Eine Nachuntersuchung wurde für 08/2023 empfohlen, da eventuell eine Besserung möglich sei. Zudem sei dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar, da er kurze Wegstrecken selbständig zurücklegen könne und – bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten – auch das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe und das sichere Anhalten möglich sei. Ein sicherer Transport sei daher unter den üblichen Transportbedingungen möglich. Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder eine schwere Erkrankung des Immunsystems würden ebenfalls nicht vorliegen. Jedoch sei eine Gesundheitsschädigung (Erkrankung des Verdauungssystems) im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung gegeben.

Mit E-Mail vom 14.08.2020 übermittelte der Beschwerdeführer einen Befund eines näher genannten Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 11.08.2020, eine Medikamentenverordnung vom 12.08.2020 und einen Befund einer näher genannten Fachärztin für Neurologie vom 11.08.2020 an die belangte Behörde.

Mit ergänzender Stellungnahme der allgemeinmedizinischen Gutachterin vom 03.09.2020 nimmt sie zu den nachgereichten Befunden Stellung. Darin bestätigt sie ihr Gutachten und führt aus, dass die nachgereichten Befunde keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich noch nicht berücksichtigter, behinderungswirksamer Gesundheitsschäden beinhalten würden.

Mit Schreiben vom 04.09.2020 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Die Gutachten vom 16.08.2020 (Allgemeinmedizin), 17.08.2020 (Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde) und 18.08.2020 (Gesamtbeurteilung) sowie die ergänzende Stellungnahme der Allgemeinmedizinerin vom 03.09.2020 wurden dem Beschwerdeführer als Beilagen übermittelt.

Mit E-Mail der rechtlichen Vertretung des Beschwerdeführers vom 22.09.2020 wurde zur Einholung von neuen Befunden um die Verlängerung der Frist bis zum 14.10.2020 ersucht.

Mit E-Mail vom 13.10.2020 brachte die rechtliche Vertretung des Beschwerdeführers eine Stellungnahme ein. Darin wird ausgeführt, dass im eingeholten allgemeinmedizinischen Gutachten festgestellt worden sei, dass keine erheblichen psychischen oder neurologischen Einschränkungen diagnostiziert seien. Eine solche Einschränkung liege aber aufgrund der generalisierten Angststörung und der Sozialphobie vor. Der Beschwerdeführer sei diesbezüglich seit 2017 in Behandlung und sei die generalisierte Angststörung bereits im Befundbericht vom 09.01.2018 explizit diagnostiziert worden. Eine nachgewiesene Behandlung von mehr als einem Jahr liege darum vor. Einem weiteren Befund sei das Vorliegen eines Angstsyndroms mit Sozialphobie zu entnehmen, welches eine längerfristige Therapie erfordere und noch keinen Genesungszeitpunkt erkennen lasse. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung würden daher vorliegen und es werde um die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens ersucht. Dem Schreiben wurden eine Kopie der Vollmacht, ein Befund einer näher genannten Fachärztin für Neurologie vom 09.01.2018 sowie ein Befund eines näher genannten Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 28.09.2020 beigelegt.

In der Folge holte die belangte Behörde aufgrund der erhobenen Einwendungen ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie ein. In diesem Gutachten vom 01.03.2021 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Chronisches Schmerzsyndrom, Fibromyalgiesyndrom, Spannungskopfschmerz, Cervikalsyndrom, Lumboischialgie

Oberer Rahmensatz, da trotz Analgetika keine vollständige Schmerzcoupierung.

04.11.02

40

2

Depressive Störung, Generalisierte Angststörung

2 Stufen über unterem Rahmensatz, da regelmäßige fachärztliche Behandlungen erforderlich. Therapieoptionen unausgeschöpft.

03.06.01

30

3

Sicca-Symptomatik bei Sjögren-Syndrom

Oberer Rahmensatz, da Autoimmunerkrankung.

11.01.01

20

4

Refluxösophagitis, Hiatushernie

1 Stufe über unterem Rahmensatz, da Dauertherapie erforderlich.

07.03.05

20

5

Tinnitus

Unterer Rahmensatz, da nicht dekompensiert.

12.02.02

10

6

Riechstörung

Unterer Rahmensatz, da keine vollständige Anosmie vorliegt.

12.04.05

10

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden um eine Stufe erhöht werde, da der Gesamtzustand wesentlich negativ beeinflusst werde. Im Vergleich zum Vorgutachten würden sich keine Änderungen zeigen. Eine Nachuntersuchung wurde für 08/2023 empfohlen, da eine Besserung möglich sei. Zudem sei dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar, da ihm das Zurücklegen von Wegstrecken von 300-400 Metern trotz chronischem Schmerzsyndroms, ohne neurologische Defizite, möglich sei, sowie auch das sichere Besteigen, der Transport und das Benützen von Haltegriffen möglich seien. Darüber hinaus würden vor dem Hintergrund einer depressiven Störung und generalisierten Angststörung sozialphobische Tendenzen – bei unausgeschöpften Therapieoptionen – bestehen. Unter entsprechender Therapie, vor allem psychotherapeutischen Behandlungen, sei die bestehende Beschwerdesymptomatik – auch aufgrund des noch relativ jungen Alters – besserbar. Eine therapieresistente Klaustro- bzw. Agoaphobie oder eine schwere Erkrankung des Immunsystems würden nicht vorliegen, jedoch sei eine Gesundheitsschädigung (Erkrankung des Verdauungssystems) im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung gegeben.

Dem Beschwerdeführer wurde am 04.03.2021 ein bis 30.11.2023 befristeter Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung “Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ ausgestellt.

Mit Bescheid vom 04.03.2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 02.06.2020 auf Vornahme der Zusatzeintragung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf die im Ermittlungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden. Das Gutachten vom 01.03.2021 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.

Mit E-Mail vom 30.03.2021 brachte die rechtliche Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.03.2021 ein. Darin wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer durch den Bescheid in seinem Recht auf Vornahme der Zusatzeintragung verletzt werde. Im Gutachten vom 01.03.2021 werde ausgeführt, dass eine generalisierte Angststörung mit sozialphobischen Tendenzen vorliegen würde – die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung somit gegeben seien – die Beschwerdesymptomatik aber aufgrund des Alters noch besserbar sei. Da die Symptome und Diagnosen trotz einer länger als einjährigen Therapie noch vorhanden seien, seien die Therapievoraussetzungen jedoch gegeben. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung würden daher vorliegen, jedoch habe die belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Zudem würde die Gesamtheit der angeführten Leiden und Diagnosen eine erhebliche Beeinträchtigung des Alltagslebens darstellen und eine Unzumutbarkeit begründen. Es werde daher beantragt, den Bescheid vom 04.03.2021 aufzuheben und dem Antrag auf Zusatzeintragung stattzugeben, in eventu eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in eventu Beweise durch einen neurologischen Sachverständigen aufnehmen zu lassen. Die unterzeichnete Vollmachtserklärung wurde nochmals beigelegt.

Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 07.04.2021 die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Sozialministeriumservice stellte dem Beschwerdeführer im Jahr 2018 einen befristeten Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung “Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ aus.

Aufgrund des nahenden Ablaufes des befristeten Behindertenpasses stellte der Beschwerdeführer am 02.06.2020 Anträge auf Neuausstellung des Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragungen „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und “Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ in den Behindertenpass.

Das Sozialministeriumservice übermittelte dem Beschwerdeführer am 04.03.2021 einen bis 30.11.2023 befristeten Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung “Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“.

Mit Bescheid vom 04.03.2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 02.06.2020 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab.

Mit der gegenständlichen Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1.       Chronisches Schmerzsyndrom, Fibromyalgiesyndrom, Spannungskopfschmerz, Cervikalsyndrom, Lumboischialgie, trotz Analgetika keine vollständige Schmerzcoupierung;

2.       Depressive Störung, generalisierte Angststörung, regelmäßige fachärztliche Behandlung erforderlich;

3.       Sicca-Symptomatik bei Sjögren-Syndrom, Autoimmunerkrankung;

4.       Refluxösophagitis, Hiatushernie, Dauertherapie erforderlich;

5.       Tinnitus, nicht dekompensiert;

6.       Riechstörung, keine vollständige Anosmie vorliegend.

Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung bezüglich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel liegen nicht vor.

Es bestehen weder erhebliche Einschränkungen der unteren Extremitäten, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit. Dem Beschwerdeführer ist es möglich, trotz chronischem Schmerzsyndroms – jedoch ohne neurologische Defizite – Wegstrecken von 300-400 Metern zurückzulegen. Das sichere Besteigen, der Transport sowie das Benützen von Haltegriffen sind möglich.

Beim Beschwerdeführer liegen vor dem Hintergrund einer depressiven Störung und einer generalisierten Angststörung sozialphobische Tendenzen vor. Die zumutbaren therapeutischen Optionen sind aber keinesfalls ausgeschöpft. Der Beschwerdeführer ist zwar medikamentös entsprechend eingestellt, eine psychotherapeutische Behandlung findet allerdings nicht statt bzw. wurde die Inanspruchnahme einer derartigen Therapie vom Beschwerdeführer nicht nachgewiesen. Diese wäre aber zur Behandlung der depressiven Störung und der generalisierten Angststörung mit sozialphobischen Tendenzen unbedingt erforderlich und dem Beschwerdeführer auch zumutbar. Dadurch wäre die bestehende Beschwerdesymptomatik – auch aufgrund des noch relativ jungen Alters des Beschwerdeführers – besserbar. Eine therapieresistente Klaustro- bzw. Agoaphobie liegt hingegen nicht vor.

Es liegen weiters keine erheblichen Einschränkungen neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen vor.

Es bestehen auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems und auch keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung, medizinischer Diagnose und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen medizinischen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 01.03.2021 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt. Die Gutachterin bestätigte in ihrem Gutachten die Ergebnisse der zuvor eingeholten Gutachten der Fachrichtungen Allgemeinmedizin vom 16.08.2020, Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 17.08.2020 sowie die zusammenfassende Gesamtbeurteilung der beigezogenen Allgemeinmedizinerin vom 18.08.2020.

Der Beschwerdeführer erhob in seiner Beschwerde keine konkreten und substantiierten Einwendungen gegen das vorliegende Gutachten, welche geeignet wären, dieses zu entkräften; diesbezüglich wird auf die nachfolgende Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung verwiesen. Eine vom Gutachten abweichende Beurteilung erweist sich zum Entscheidungszeitpunkt als nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend das Datum der Einbringung der gegenständlichen Anträge auf Neuausstellung des Behindertenpasses und auf Vornahme der beiden Zusatzeintragungen, die Ausstellung der Behindertenpässe, den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 04.03.2021 sowie den Inhalt der im vorliegenden Fall erhobenen Beschwerde basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht aktuell eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zur aktuellen Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 01.03.2021. Darin wird nachvollziehbar ausgeführt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dem Beschwerdeführer aktuell zumutbar ist. Es wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzt sich auch nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffene Beurteilung basiert auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (zur Art und zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen wird auf die oben auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).

Die Feststellungen und die getroffene medizinische Beurteilung zu den Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel decken sich auch mit den Ergebnissen der Untersuchung im Rahmen der Statuserhebung und auch mit den vorliegenden Befunden.

Im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.02.2021 wurde folgender klinischer Status erhoben:

„Allgemeinzustand:

31-jähriger Antragsteller in gutem AZ, kommt in Begleitung seines Bruders ohne Hilfsmittel zur Untersuchung.

Ernährungszustand:

gut

Größe: 182,00 cm Gewicht: 85,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

Caput: HNAP frei, kein Meningismus, HWS unter Angabe von Schmerzen endlagig bewegungseingeschränkt, Sprache unauffällig

Himnerven: Pupillen rund, isocor bds., Lichtreaktion prompt und konsensuell, Lidspalten gleich weit, Bulbusmotilität in allen Ebenen frei und koordiniert, kein pathologischer Nystagmus, keine Doppelbilder, HN VII seitengleich innerviert, basale HN frei.

OE: Trophik, Tonus und grobe Kraft stgl. unauffällig. VA: kein Absinken, Feinmotilität nicht beeinträchtigt, BSR, TSR, RPR seitengleich auslösbar, Knips bds. negativ, Eudiadochokinese bds., FNV bds. zielsicher, keine unwillkürlichen Bewegungen.

UE: Trophik, Tonus und grobe Kraft stgl. unauffällig. PV: kein Absinken, PSR und ASR seitengleich auslösbar, Babinski bds. negativ, KHV bds. zielsicher, keine unwillkürlichen Bewegungen.

Sensibilität: allseits intakt. Angabe von Schmerzen im Nacken-Schultergürtelbereich, Rückenbereich

Gesamtmobilität – Gangbild:

Gangbild unauffällig, Zehen- und Fersengang möglich

Status Psychicus:

wach, zur Person, örtlich, zeitlich orientiert, Konzentration, Aufmerksamkeit unauffällig, Mnestik altersentsprechend unauffällig, Antrieb erhalten, Stimmung etwas gedrückt- belastet, verschiedenste Ängste, Affizierbarkeit in beiden Skalenbereichen gegeben, Ductus kohärent und zielführend, keine produktive Symptomatik, Durchschlafstörung“.

Die Beurteilung der ausreichenden Mobilität des Beschwerdeführers begründet die Gutachterin nachvollziehbar damit, dass es dem Beschwerdeführer trotz chronischem Schmerzsyndroms – jedoch ohne neurologische Defizite – möglich ist, Wegstrecken von 300-400 Metern zurückzulegen. Auch im Zuge der persönlichen Untersuchung am 12.02.2021 zeigte sich ein unauffälliges Gangbild, wobei auch die Durchführung des Zehen- und Fersenganges möglich war. Darüber hinaus ist dem Beschwerdeführer auch das sichere Besteigen der öffentlichen Verkehrsmittel möglich und er kann Haltegriffe benützen, wodurch der sichere Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln gewährleistet ist.

Die von der belangten Behörde eingeholten Gutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 16.08.2020 und einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 01.03.2021 zeigen beide auf, dass der Beschwerdeführer an einer depressiven Störung und einer generalisierten Angststörung leidet.

Im Sachverständigengutachten der Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 01.03.2021 wird – wie bereits oben festgestellt wurde – nachvollziehbar ausgeführt, dass zwar vor dem Hintergrund einer depressiven Störung und einer generalisierten Angststörung sozialphobische Tendenzen bestehen, die zumutbaren therapeutischen Optionen aber keinesfalls ausgeschöpft sind. Sie kommt dabei zu dem Ergebnis, dass die bestehende Beschwerdesymptomatik – auch aufgrund des noch relativ jungen Alters des Beschwerdeführers – unter entsprechender Therapie, besserbar ist. Der Beschwerdeführer ist zwar medikamentös entsprechend eingestellt, eine psychotherapeutische Behandlung findet allerdings nicht statt. Diese wäre aber zur Behandlung der depressiven Störung und der generalisierten Angststörung mit sozialphobischen Tendenzen unbedingt erforderlich und dem Beschwerdeführer zumutbar. Auch in den vom Beschwerdeführer nachgereichten Befunden eines näher genannten Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 11.08.2020 und 28.09.2020 wird auf die Notwendigkeit der Inanspruchnahme einer regelmäßigen Psychotherapie hingewiesen. Die vorliegenden Befunde geben allerdings keinen Aufschluss darüber, ob eine derartige Behandlung durchgeführt wird und wird dies vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht. Der rechtlich vertretene Beschwerdeführer hat diesbezüglich eine Ausschöpfung der Therapieoptionen nicht nachgewiesen.

Zu dem in der Beschwerde erhobenen Einwand, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung gegeben seien, da eine nachgewiesene Behandlung von mehr als einem Jahr vorliege, ist auszuführen, dass eine Soziophobie die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nur bei Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens einem Jahr begründen kann. Eine Ausschöpfung der Therapieoptionen liegt – wie oben bereits eingehend beleuchtet wurde – im gegenständlichen Fall nicht vor, weshalb die vorliegenden sozialphobischen Tendenzen keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel begründen können.

Schließlich ist festzuhalten, dass der rechtlich vertretene Beschwerdeführer in seiner Beschwerde die Ausführungen der Gutachterin bezüglich der Ausschöpfung der Therapieoptionen nicht substantiiert bestritten hat.

Auch die Feststellungen, dass beim Beschwerdeführer keine erheblichen Einschränkungen neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen und keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems und auch keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vorliegen, stützen sich auf das eingeholte Gutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 01.03.2021 bzw. wurden solche Einschränkungen vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

Dem Gutachten widersprechende fachärztliche Befunde wurden weder im behördlichen Verfahren noch im Rahmen der Beschwerde vorgelegt.

Zusammenfassend liegen die vollständigen und schlüssigen Ergebnisse eines äußerst umfangreichen Ermittlungsverfahrens vor und wurden die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers im zugrunde gelegten Sachverständigengutachten der Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 01.03.2021 umfassend berücksichtigt. Dass die beigezogene Gutachterin die Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers tatsachenwidrig beurteilt hätte, kann vor dem Hintergrund der vorgelegten Befunde sowie unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse nicht erkannt werden.

Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten weder durch überzeugende fachärztliche Befunde noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens der Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 01.03.2021. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:

„§ 1 ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: 
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a)…
b)…

2. …         
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und         
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder         
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder         
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder         
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder         
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)..."

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren, wie etwa die Entfernung des Wohnorts vom nächstgelegenen Bahnhof (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise) – (nunmehr seit der Novelle BGBl. II Nr. 263/2016 unter § 1 Abs. 4 Z. 3 geregelt):

„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck g

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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