Entscheidungsdatum
02.08.2021Norm
BSVG §2 Abs1 Z1Spruch
W145 2240206-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , VSNR XXXX , gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Landesstelle Niederösterreich, vom 13.01.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 13.01.2021, Zl. XXXX , hat die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, Landesstelle Niederösterreich, (im Folgenden: belangte Behörde) festgestellt, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) in der Zeit vom 01.01.2016 bis 06.02.2020 in der Unfallversicherung der Bauern pflichtversichert sei (Spruchpunkt 1.). Desweiteren stellte die belangte Behörde fest, in welcher Höhe die Beiträge der Unfallversicherung der Bauern fällig seien (Spruchpunkt 2.) und verhängte einen Beitragszuschlag in Höhe von EUR 47,64 aufgrund verspäteter Meldung (Spruchpunkt 3.).
Begründend wurde nach Zitierung der relevanten Gesetzesstellen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin Eigentümerin einer 4,5689 ha großen Liegenschaft in XXXX sei. 3,0110 ha habe sie XXXX zur Bewirtschaftung überlassen. Im Zeitraum von 01.01.2016 bis 31.03.2018 bestehe für die verbleibenden 1,5579 ha ein Einheitswert in Höhe von EUR 266,52 und im Zeitraum von April 2018 bis März 2020 für die Fläche von 1,5579 ha ein Einheitswert von EUR 301,59. Mit Schreiben vom 06.03.2020, Telefonat vom 08.05.2020 und Schreiben vom 18.05.2020 habe die Beschwerdeführerin die Brache der forstwirtschaftlichen Fläche gemeldet und angegeben, dass hier keine Nutzung stattfinde. Da der Einheitswert der land(forst)wirtschaftlichen Fläche mehr als EUR 150,00 betrage, sei die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung festzustellen gewesen.
2. Mit Schreiben vom 08.02.2021 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte zusammengefasst aus, sie habe im Jänner 2016 eine Liegenschaft mit Wohnhaus und angrenzenden land- und forstwirtschaftlichen Gründen rein zu Privatzwecken erworben. Sie habe nie die Absicht oder die Möglichkeit gehabt, diese Flächen zu bewirtschaften. Sie habe sich beim Erwerb des Hauses und der Liegenschaften mit den rechtlichen Aspekten auseinandergesetzt, habe aber keinerlei Hinweise finden können, dass der alleinige Besitz von land- und forstwirtschaftlichen Flächen irgendeine Verpflichtung in Bezug auf die belangte Behörde nach sich ziehen würde. Die Beschwerdeführerin verstehe § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG in dahingehend, dass der zweite Satz (die Vermutung der Bewirtschaftung) sich auf den ersten Satz beziehe und sich daher nur auf Personen beziehe, die tatsächlich einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des LAG führen. Es stehe hier weder, dass jeder Besitzer eines land- und forstwirtschaftlich gewidmeten Grundstückes pflichtversichert sei, noch dass alleine der Besitz eines Grundstückes vermuten lasse, dass die Beschwerdeführerin einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb führe.
Zu der Meldepflichtverletzung führt die Beschwerdeführerin aus, dass man laut § 16 BSVG innerhalb eines Monats nach Eintritt der Voraussetzungen für die Pflichtversicherung Anmeldung erstatten müsse. Nachdem sie jedoch nie einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eröffnet habe, habe sie sich auch nicht zur Pflichtversicherung melden können. Die Pflicht einer Meldung, dass die Beschwerdeführerin keinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb führe, könne sie weder dem BSVG noch der Homepage der belangten Behörde entnehmen.
3. Mit Schreiben vom 18.02.2021 legte die belangte Behörde die verfahrensgegenständliche Angelegenheit dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin XXXX , VSNR XXXX wurde mit Kaufvertrag vom 15.01.2016 und Schenkungsvertrag vom 19.05.2017 Eigentümerin der Liegenschaft XXXX , Katastralgemeinde XXXX , bestehend aus den (landwirtschaftlich genutzten) Grundstücken
- Nr. 444 (Gärten) und 445/1 Bauflächen (Gebäude) landwirtschaftlich genutzte Grundflächen (Äcker, Wiesen oder Weiden) Gärten im Ausmaß von 13.554 m2 und
- Nr. 441/4 landwirtschaftlich genutzte Grundflächen (Äcker, Wiesen oder Weiden) Wald, Nr. 447 Wald und Nr. 448/1 landwirtschaftlich genutzte Grundflächen (Äcker, Wiesen oder Weiden) Wald im Ausmaß von 32.135 m2.
Die Größe des landwirtschaftlich genutzten Grundstücks beträgt 4,5689 ha.
Die Beschwerdeführerin hat 3,0110 ha zur Bewirtschaftung XXXX überlassen.
Für die verbleibenden 1,5579 ha bestand für den Zeitraum von 01.01.2016 bis 31.03.2018 ein Einheitswert in Höhe von EUR 266,52 und für den Zeitraum von April 2018 bis März 2020 ein Einheitswert in Höhe von EUR 301,59.
1.2. Mit Schreiben vom 06.03.2020 wurde der belangten Behörde erstmals bekannt gegeben, dass keine Bewirtschaftung der forstwirtschaftlichen Flächen erfolgt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
2.2. Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach der Rechtsprechung des EGMR kann eine mündliche Verhandlung in Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK unterbleiben, wenn besondere beziehungsweise außergewöhnliche Umstände dies rechtfertigen (vgl. EGMR 05.09.2002, Speil/Österreich, Appl. 42057/98, VwGH 17.09.2009, 2008/07/0015). Derartige außergewöhnliche Umstände hat der EGMR etwa bei Entscheidungen über sozialversicherungsrechtliche Ansprüche, die ausschließlich rechtliche oder in hohem Maße technische Fragen aufwerfen, als gegeben erachtet. Hier kann das Gericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf Grundlage der Akten und schriftlichen Stellungnahmen der Parteien als angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z 37 ff.; EGMR 8.2.2005, Fall Miller Appl. 55.853/00).
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von der Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und der Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1985, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl. Nr. 83 vom 30.03.2010, S. 389 entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache mehr zu erwarten war und sich der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt darstellte. Die belangte Behörde führte ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durch. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Es wurden keine Rechts- und Tatsachenfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. ua VwGH 18.06.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist). Das Bundesverwaltungsgericht hat vorliegend daher ausschließlich über eine Rechtsfrage zu erkennen (vgl. EGMR 20.06.2013, Appl. Nr. 24510/06, Abdulgadirov/AZE, Rz. 34 ff).
Dem Entfall der mündlichen Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Bescheide einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 182 Z 7 BSVG gelten die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 1 ASVG nicht anzuwenden ist. Gegenständlich liegt sohin Einzelrichterzuständigkeit vor.
Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen.
3.2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.3. Prüfungsumfang und Entscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: „Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erkläung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
„§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“
Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.
3.4. Zu A) Abweisung der Beschwerde
Strittig ist, ob die belangte Behörde zu Recht von einer Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem BSVG ausgegangen ist. Zusammengefasst wendet die Beschwerdeführerin ein, dass es keine Bewirtschaftung, in welcher Form auch immer, gegeben habe.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Personen pflichtversichert, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird. Dabei wird vermutet, dass Grundstücke, die als forstwirtschaftliches Vermögen nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, bewertet sind oder Teil einer als solches bewerteten wirtschaftlichen Einheit sind, in der einem forstwirtschaftlichen Betrieb entsprechenden Weise auf Rechnung und Gefahr der dazu im eigenen Namen Berechtigten bewirtschaftet werden. der Gegenbeweis ist für Zeiten, die länger als einen Monat von der Meldung (§ 16 BSVG) des der Vermutung widersprechenden Sachverhaltes zurückliegen, unzulässig.
Die verfassungsrechtlich unbedenkliche (vgl. VfSlg. 14861/1997) gesetzliche Vermutung des § 2 Abs. 1 Z 1 zweiter Satz BSVG erstreckt sich nicht nur auf den Umstand, dass der Eigentümer mangels anderweitiger Meldung für denjenigen gehalten wird, auf dessen Rechnung und Gefahr ein forstwirtschaftlicher Betrieb geführt wird, sondern es wird auch vermutet, dass auf als forstwirtschaftlich gewerteten Flächen eine der forstwirtschaftlichen Betriebsführung entsprechende tatsächliche Bewirtschaftung erfolgt. Diese gesetzliche Vermutung führt daher bei Personen, in deren Eigentum forstwirtschaftliche Grundstücke mit einem die jeweilige Versicherungsgrenze übersteigendem Einheitswert stehen, so lange zur Pflichtversicherung nach dem BSVG als nicht der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen im Sinne des dritten Satzes dieser Gesetzesstelle ein Umstand gemeldet wird, der geeignet ist, entweder eine davon abweichende Zurechnung der Betriebsführung oder das Fehlen einer forstwirtschaftlichen Betätigung darzutun. Widerleglich ist dieser Vermutung nach dem dritten Satz dieser Gesetzesstelle jedoch frühestens für den Zeitraum eines Monats vor der Erstattung der betreffenden Meldung (vgl. VwGH 17.05.2006, Zl. 2004/08/0057).
Laut § 2 Abs. 2 erster Satz BSVG besteht die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung für die im § 2 Abs. 1 Z 1 leg. cit. genannten Personen nur, wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955 festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von EUR 1.500,00 erreicht oder übersteigt.
Gegenständlich beträgt der festgestellte Einheitswert lediglich EUR 266,52 bzw. EUR 301,59, weswegen zwar die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und Pensionsversicherung nicht gegeben sind, aber, wie den folgenden Ausführungen zu entnehmen ist, sehr wohl jene für die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung.
Nach § 3 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 BSVG sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Unfallversicherung die im § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG bezeichneten Personen pflichtversichert, wenn es sich um einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb handelt, dessen zuletzt im Sinne des § 25 Bewertungsgesetzes festgestellter Einheitswert den Betrag von EUR 150 erreicht oder übersteigt oder für den ein Einheitswert aus anderen Gründen des § 25 Z 1 Bewertungsgesetzes nicht festgestellt wird. Handelt es sich um einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, dessen Einheitswert den Betrag von EUR 150 nicht erreicht, so besteht die Pflichtversicherung für die betreffende Person, vorausgesetzt, dass sie aus dem Ertrag des Betriebes überwiegend ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Die Versicherungs- und damit auch Beitragspflicht nach dem BSVG wird bei Vorliegen eines entsprechenden Sachverhaltes auch ohne bescheidmäßigen Ausspruch ex lege begründet (vgl. VwGH 24.04.1990, Zl. 88/08/0268). Es lag bei der Beschwerdeführerin den Beweis der Nichtbewirtschaftung nach § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG rechtzeitig zu führen (vgl. VwGH 29.03.2006, Zl. 2004/08/0204). Denn anderenfalls wird man unabhängig von der Bewirtschaftung seiner, als forstwirtschaftliches Vermögen bewerteten, Grundstücke in den Kreis der nach dem BSVG pflichtversicherten Personen einbezogen, solange nicht ein zulässiger Gegenbeweis erbracht wird. Dieser ist allerdings für Zeiten, die länger als einen Monat von der Meldung des der Vermutung widersprechenden Sachverhaltes zurückliegen, unzulässig (vgl. VwGH 23.04.2003, Zl. 2000/08/0135).
Wie festgestellt wurde, ist die Beschwerdeführerin bereits seit 15.01.2016 Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücksflächen. Eine Meldung an die belangte Behörde im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 dritter Satz BSVG, wonach keine der forstwirtschaftlichen Betriebsführung entsprechende tatsächliche Bewirtschaftung erfolgt, wurde jedoch erst am 06.03.2020 erstattet und von der belangten Behörde entsprechend berücksichtigt.
Aufgrund der Einmonatsfrist des §2 Abs. 1 Z 1 dritter Satz BSVG konnte eine zeitlich weiter zurückwirkende Berücksichtigung nicht erfolgen und ging die belangte Behörde im Hinblick auf die gesetzlichen Vermutung zu Recht von einer Pflichtversicherung in der Unfallversicherung vom 01.01.2016 bis 06.02.2020 aus.
Betreffend den vorgeschriebenen Beitragszuschlag ist Folgendes auszuführen:
Der Versicherungsträger kann gemäß § 34 Abs. 1 BSVG den gemäß § 16 BSVG meldepflichtigen Personen folgenden Beitragszuschlag vorschreiben, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht oder verspätet erstattet wird:
1. Wenn eine Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht erstattet worden ist, kann ein Beitragszuschlag bis zur Höhe des nachzuzahlenden Beitrages vorgeschrieben werden.
2. Wenn eine Anmeldung zur Pflichtversicherung verspätet erstattet worden ist, kann ein Beitragszuschlag bis zur Höhe der Beiträge, die auf die Zeit des Beginns der Pflichtversicherung bis zum Eintreffen der verspäteten Meldung entfallen, vorgeschrieben werden.
Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen. Der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG nicht unterschreiten.
Laut § 16 Abs. 1 BSVG haben die im § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG genannten Personen, für sich selbst binnen einem Monat nach Eintritt der Voraussetzungen für die Pflichtversicherung beim Versicherungsträger eine Anmeldung zu erstatten und die angemeldeten Personen binnen einem Monat nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Während des Bestandes der Pflichtversicherung haben Meldepflichtige gemäß § 16 Abs. 2 BSVG – ungeachtet einer Beitragsgrundlagenoption – jede für diese Versicherung bedeutsame Änderung innerhalb der im Abs. 1 festgesetzten Frist dem Versicherungsträger zu melden.
Wie aus dem Akt hervorgeht, erfolgte die Meldung über den Eintritt der Voraussetzungen für die Pflichtversicherung erst aufgrund der Neuvermessung der Grundstücke im Jänner 2020, obwohl die Beschwerdeführerin bereits seit Jänner 2016 Eigentümerin der für das gegenständliche Verfahren relevanten Grundstücksflächen ist. Somit erfolgte die Meldung jedenfalls verspätet und war die belangte Behörde aufgrund dessen zur Vorschreibung eines Beitragszuschlages berechtigt.
Weiters ist auszuführen, dass ein Meldepflichtiger sich alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verschaffen muss. Er hat den Mangel im Falle einer darauf zurückzuführenden Meldepflichtverletzung als Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt zu vertreten. Ein Meldepflichtiger, der nicht über alle zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen notwendigen Kenntnisse verfügt, ist nicht schon deshalb exkulpiert, weil er sich mit der strittigen Frage ohnedies, wenn auch nur auf Grund seiner eingeschränkten Kenntnisse, auseinandergesetzt hat und dementsprechend vorgegangen ist. Einen solchen Meldepflichtigen trifft vielmehr grundsätzlich eine Erkundigungspflicht. Im Rahmen dieser Erkundigungspflicht ist der Meldepflichtige gehalten, sich über die Vertretbarkeit seiner Rechtsauffassung bei der Behörde bzw. bei einer zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Person oder Stelle Gewissheit zu verschaffen. Der Meldepflichtige ist also nur dann entschuldigt, wenn die zur Beurteilung im Einzelfall notwendigen Kenntnisse nicht zu dem einem Meldepflichtigen unterstellenden Grundwissen gehören und er die ihm zumutbaren Schritte unternommen hat, sich in der Frage der Meldepflicht hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses sachkundig zu machen, und die Unterlassung der Meldung auf das Ergebnis dieser Bemühungen ursächlich zurückzuführen ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich der Dienstgeber auf eine ihm mitgeteilte Verwaltungspraxis der Gebietskrankenkasse, auf ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung oder auf sonstige verlässliche Auskünfte sachkundiger Personen oder Institutionen zu stützen vermag (VwGH vom 11.11.2019, RA 2018/08/0195).
Insgesamt sind die Einwände der Beschwerdeführerin nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragszuschlag Bewirtschaftung Einheitswert landwirtschaftlicher Betrieb Meldepflicht Pflichtversicherung UnfallversicherungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W145.2240206.1.00Im RIS seit
16.09.2021Zuletzt aktualisiert am
16.09.2021