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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ZustG §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, in der Beschwerdesache des Z in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen die Erledigung des Bundesministers für Inneres vom 4. Mai 1995, Zl. 111.941/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. Oktober 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. S, erhob gegen diesen Bescheid am 24. Oktober 1994 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) Berufung.
Mit seiner am 26. April 1995 bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangten Eingabe teilte der Beschwerdeführer mit, er habe in der gegenständlichen Verwaltungssache nunmehr mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung Rechtsanwalt Dr. P betraut und ersuchte, "sämtliche Ladungen, Verfügungen, Entscheidungen etc." zu dessen Handen zuzustellen. Diese Eingabe wurde vom Landeshauptmann von Wien an die Berufungsbehörde weitergeleitet, wo sie am 4. Mai 1995 einlangte.
Mit der als Bescheid intendierten Erledigung des Bundesministers für Inneres vom 4. Mai 1995 wurde die in Rede stehende Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 2 AufG abgewiesen. Die belangte Behörde verfügte die Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer zu Handen des Rechtsanwaltes Dr. S. Nach Ausweis des Rückscheines erfolgte die Zustellung an diesen Rechtsanwalt am 10. Mai 1995.
Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer hat durch die bei der Berufungsbehörde am 4. Mai 1995 eingelangte Erklärung, er habe nunmehr Rechtsanwalt Dr. P mit seiner Vertretung betraut und ersuche, sämtliche Entscheidungen zu dessen Handen zuzustellen, zum Ausdruck gebracht, daß die Zustellvollmacht des ihn bis dahin im Berufungsverfahren vertretenden Rechtsanwaltes Dr. S erloschen ist und als alleiniger Zustellbevollmächtigter Rechtsanwalt Dr. P namhaft gemacht wird.
§ 7 und § 9 Abs. 1 ZustellG lauten:
"§ 7. Unterlaufen bei der Zustellung Mängel, so gilt sie als in dem Zeitpunkt vollzogen, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), tatsächlich zugekommen ist.
§ 9. (1) Ist eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt, so hat die Behörde, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, diese Person als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, gilt die Zustellung in dem Zeitpunkt als vollzogen, in dem das Schriftstück dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist."
Die belangte Behörde hat nach dem Vorgesagten bei der Erlassung ihres Bescheides Dr. S zu Unrecht als Zustellbevollmächtigten angesehen. Die Zustellung einer Erledigung an eine Person, die zu Unrecht als Zustellbevollmächtigter der Partei angesehen wird, entsprechend der Zustellverfügung vermag gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen zu entfalten. Eine Heilung einer falschen Zustellverfügung, die einen falschen Empfänger beinhaltet, ist nach der Bestimmung des § 7 ZustellG nicht möglich. Wenn daher dieser falsche Empfänger die Sendung dem, für den sie eigentlich bestimmt gewesen wäre, aushändigt, so liegt kein Fall einer Sanierung vor. § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustellG normiert jedoch bei falscher Bezeichnung des Adressaten dann, wenn als Empfänger statt des Zustellungsbevollmächtigten der Vertretene genannt wird, auch eine Heilung dieses Mangels, wenn das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1214). Wie sich aus dem Sinnzusammenhang mit dem ersten Satz der zitierten Bestimmung ergibt, beziehen sich die Worte "geschieht dies nicht" in § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustellG auf das Unterbleiben der im ersten Satz angeordneten Bezeichnung des Zustellungsbevollmächtigten, was im Normalfall, der geregelt werden sollte, bedeutet, daß die Partei selbst in der Zustellverfügung als Adressat angeführt wird. Nur diesen Fall der Heilung einer fehlerhaften Zustellungsverfügung wollte der Gesetzgeber mit der restriktiv zu interpretierenden Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustellG regeln. Demgegenüber ist dem Gesetzgeber nicht zusinnbar, er habe die Heilungsmöglichkeit einer mangelhaften Zustellverfügung davon abhängig machen wollen, ob die Partei, an die der Bescheid nach Maßgabe der Zustellverfügung nicht gerichtet war, einen Zustellbevollmächtigten, der ebenfalls nicht in der Zustellverfügung als Empfänger bezeichnet wurde, namhaft gemacht hat oder nicht.
Eine Sanierung des hier vorliegenden Zustellmangels nach § 9 Abs. 1 zweiter Satz ZustellG konnte nach dem Vorgesagten nicht eintreten, weil der Bescheid nicht dem Beschwerdeführer, sondern einer Person zugestellt worden ist, die (in diesem Zeitpunkt) nicht (mehr) Vertreter der Partei im Sinne des § 9 Abs. 1 ZustellG war (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1989, Zl. 85/18/0268, und vom 13. März 1991, Zl. 90/03/0261). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die an Rechtsanwalt Dr. S zugestellte Ausfertigung des angefochtenen Bescheides dem vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zustellbevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. P tatsächlich zugekommen ist (was sich aus dem Eingangsvermerk auf der vorgelegten Kopie des angefochtenen Bescheides ergeben könnte).
Die Zustellung des Berufungsbescheides durch die Behörde an einen anderen, nicht mehr vom Beschwerdeführer bevollmächtigten Rechtsanwalt, hat nicht zur Erlassung des Bescheides geführt. Es mangelt daher an einem Bescheid im Sinne des Art. 131 Abs. 1 B-VG, weshalb die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996192027.X00Im RIS seit
20.11.2000