TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/6 W283 2245027-1

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Veröffentlicht am 06.08.2021
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Entscheidungsdatum

06.08.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35

Spruch


W283 2245027-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias geb. XXXX , StA. MAROKKO alias StA. ALGERIEN, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.07.2021, Zl. 1126362301-210928283, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.07.2021, Zl. 1126362301-210928283 und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der darüberhinausgehende Antrag wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. 


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Marokko, stellte erstmalig am 14.08.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Bereits am 29.08.2016 musste dieses Verfahren aufgrund des unbekannten Aufenthaltsorts des BF eingestellt werden.

Am 05.06.2019 wurde der BF im Rahmen der Dublin III-VO aus der Schweiz nach Österreich rücküberstellt. Am selben Tag stellte der BF einen weiteren, seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde hinsichtlich einer Statusgewährung abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung Algerien zulässig sei. Weiters wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und ein für die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes von 04.07.2019 als unbegründet abgewiesen.

In weiterer Folge hat der BF am 25.03.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz in der Schweiz gestellt und wurde er am 26.04.2021 von der Schweiz nach Österreich rücküberstellt.

Der in der Schweiz gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde in Österreich geprüft und am 01.06.2021 der faktische Abschiebeschutz aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.06.2021 wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes für rechtmäßig erklärt.

Der BF verhielt sich im Quartier der Grundversorgung aggressiv und unberechenbar und drohte am 08.07.2021 einer Mitarbeiterin. Am 09.07.2021 wurden seitens der Quartierleitung zwei Ermahnungen ausgesprochen. Dabei gab der BF bekannt, dass er nunmehr Österreich, wie schon in der Vergangenheit wieder verlassen werde.

In der Folge erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Festnahmeauftrag nach § 34 Abs 3 Z 1 BFA-VG zur Prüfung von Sicherungsmaßnahmen und wurde der BF in ein Polizeianhaltezentrum eingeliefert.

Mit gegenständlich bekämpften Bescheid vom 09.07.2021 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der BF befindet sich seit dem 09.07.2021 in Schubhaft.

Der BF ist im Besitz eines Reisepasses, der bis zum 20.04.2020 Gültigkeit hatte. Am 27.07.2021 wurde der BF seiner Vertretungsbehörde vorgeführt.

Mit Schreiben vom 04.08.2021 erhob der BF Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid, die Anhaltung in Schubhaft und die weitere Anhaltung in Schubhaft und führte dazu aus, dass in casu aufgrund des laufenden Asylverfahrens des BF eine Schubhaft nur unter den Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 1 FPG in Betracht gekommen sei und dabei die Voraussetzung der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht vorliege, da der BF unbescholten sei und eine strafgerichtliche Verurteilung nicht vorliege. Das Bundesamt habe eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose nicht durchgeführt, mangels strafrechtlicher Verurteilung stelle der BF keine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Die Fluchtgefahr sei zudem im bekämpften Bescheid nicht nachvollziehbar begründet, zumal das Bundesamt dafür im Wesentlichen Aspekte, die bei AsylwerberInnen regelmäßig vorliegen und somit für sich genommen nicht geeignet wären eine Fluchtgefahr zu begründen, herangezogen habe. Der BF werde im Falle seiner Freilassung mit den Behörden kooperieren und seine Abschiebung weder umgehen oder behindern, sondern an deren Durchführung mitwirken. Dass der BF bis dato nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet ausgereist sei, sei für den Sicherungsbedarf nicht maßgeblich. Die Nicht-Befolgung des Ausreisebefehles sei für sich alleine genommen nicht geeignet, das Vorliegen einer Fluchtgefahr zu begründen. Zum Vorliegen der Voraussetzungen der Z 9 wurde angeführt, dass der BF Anspruch auf Grundversorgung habe, da er Asylwerber sei und sein Verfahren noch anhängig sei. Auch der Ausschluss gelinderer Mittel sei nicht nachvollziehbar dargelegt und stütze sich die rechtliche Beurteilung auf unrichtige Sachverhaltsfeststellungen. Die Schubhaft sei aufgrund des anhängigen Asylverfahren auch nicht verhältnismäßig, weil dadurch mit einer längeren Haftdauer zu rechnen sei. Die Anwendung des gelinderen Mittels der Unterkunftnahme und einer periodischen Meldeverpflichtung seien gegenständlich ausreichend. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Bezug auf die Gefährdungsprognose sowie auf das Nichtvorliegen von Fluchtgefahr unter Befragung des BF und Kostenersatz wurde beantragt.

Der Vertretungsbehörde wurde am 04.08.2021 im Hinblick auf die Ausstellung eines Heimreisezertifikates der nächste Flugtermin am 10.08.2021 mitgeteilt.

Mit Stellungnahme vom 04.08.2021 wies das Bundesamt in rechtlicher Hinsicht auf die Rechtsprechung hin, wonach gegenständlich, aufgrund der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes keine Gefährdungsprognose erforderlich sei. Im Hinblick auf die Fluchtgefahr verwies das Bundesamt auf den Bescheidinhalt, insbesondere auf die eigenen Angaben des BF, wonach er angekündigt habe, sich erneut in die Schweiz abzusetzen. Aufgrund des Vorverhaltens des BF sei die Anordnung eines gelinderen Mittels nicht zielführend gewesen. Eine längere Dauer der Schubhaft sei zudem aufgrund der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und der Möglichkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat nicht zu erwarten. Aufgrund des vorliegenden Reisepasses sei auch mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zu rechnen und die Abschiebung jedenfalls innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer möglich. Im Falle der Entlassung aus der Schubhaft sei mit einem neuerlichen Ausreiseversuch des BF in die Schweiz zu rechnen und werde er sich durch Untertauchen dem Verfahren entziehen.

Dem BF wurde das Schreiben des Bundesamtes übermittelt und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Fristgerecht brachte die Vertretung des BF vor, dass gegenständlich keine Überprüfung des faktischen Abschiebeschutzes seitens des Bundesverwaltungsgerichts erfolgt sei, weshalb dem BF nach wie vor ein Bleiberecht zukomme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 09.07.2021 in Schubhaft. Gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 09.07.2021 mit dem über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde, sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft und die Fortsetzung der Anhaltung wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Es war daher die behauptete Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG zu prüfen und festzustellen, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind, zumal die Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG noch andauert.

Zudem war über die beantragten Kosten gemäß § 35 VwGVG abzusprechen.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1.1 Der BF besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht, er besitzt auch keine Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates, er ist Staatsangehöriger von Marokko (OZ 5 = Teil 1, AS 7). Der Beschwerdeführer ist volljährig (OZ 5 = Teil 1 Schubhaftakt, AS 7) und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (I422 2220748-1/3E; I411 2220748-2/2E).

1.1.2. Der BF wird seit 09.07.2021 in Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angehalten (OZ 6 = Teil 2 Schubhaftakt, AS 75 bis AS 87; AS 91; Anhaltedatei).

1.1.3. Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung (Anhaltedatei).

1.2. Zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

1.2.1. Der BF ist stellte am 14.08.2016 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Das Verfahren wurde aufgrund des Untertauchens des BF am 29.08.2016 eingestellt (OZ 1 = Beschwerdeschriftsatz, S. 2; OZ 6 = Teil 2 Schubhaftakt, AS 76; Fremdenregister, S. 3 und S. 11).

1.2.2. Der BF stellte am 31.01.2019 in der Schweiz einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Am 05.06.2019 wurde der BF von der Schweiz nach Österreich rücküberstellt. (OZ 1 = Beschwerdeschriftsatz, S. 2; OZ 6 = Teil 2 Schubhaftakt, AS 76; Fremdenregister, S. 3 und S. 11). Dieser Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig vollinhaltlich abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung sowie ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen (I422 2220748-1/3E).

1.2.3. Der BF kam seiner Ausreiseverpflichtung nach rechtskräftig negativem Ausgang seines Asylverfahrens in Österreich nicht nach, sondern reiste unrechtmäßig in die Schweiz weiter, um sich seiner Abschiebung zu entziehen. In weiterer Folge am 25.03.2021 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in der Schweiz. Am 26.04.2021 wurde der BF von der Schweiz nach Österreich rücküberstellt (OZ 1 = Beschwerdeschriftsatz, S. 2; OZ 6 = Teil 2 Schubhaftakt, AS 76 f). Mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.06.2021 wurde der faktische Abschiebeschutz aufgehoben, mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.06.2021 wurde die Aufhebung für rechtmäßig erklärt. Dieser Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts wurde dem BF am 08.06.2021 persönlich ausgefolgt (I411 2220748-2/2E).

1.2.4. Der BF verhielt sich im Quartier der Grundversorgung aggressiv und unberechenbar. Am 08.07.2021 drohte er einer Mitarbeiterin, weshalb er von der Quartierleitung zwei Ermahnungen erhielt. Der BF will Österreich verlassen und sich seiner Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen (OZ 5 = Teil 1 Schubhaftakt, AS 52 ff).

1.2.5. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen. Er hat er keine engen sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich. Er ist beruflich in Österreich nicht verankert. Er verfügt über keine Barmittel und keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (I411 2220748-2/2E; OZ 1 = Anhaltedatei; OZ 2 = Melderegister).

1.3. Zur Verhältnismäßigkeit und Dauer

1.3.1. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft (OZ 2 = Strafregister).

1.3.2. Der BF verfügt über einen Reisepass seines Herkunftsstaates, der bis zum 20.04.2020 gültig war (OZ 5 = Teil 1 Schubhaftakt, AS 7). Bereits am 27.07.2021 wurde der BF seiner Vertretungsbehörde vorgeführt und identifiziert (OZ 2 = Fremdenregister, S. 7; OZ 1 = Anhaltedatei). Der Vertretungsbehörde wurde am 04.08.2021 im Hinblick auf die Ausstellung eines Heimreisezertifikates der nächstmögliche Flugtermin am 10.08.2021 mitgeteilt (OZ 4 = Flugdaten). Mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist zeitnah zu rechnen. Die Abschiebung des BF – unmittelbar nach Ausstellung des Heimreisezertifikates – ist realistisch.

1.3.3. Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer abermals untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen.

1.3.4. Das Bundesamt ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen. Die Abschiebung des BF steht zeitnah, jedenfalls innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer, bevor.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt des Bundesamtes (OZ 4 bis OZ 6), den Angaben im Beschwerdeschriftsatz (OZ 1) und den Gerichtsakten zu den Asylverfahren (I422 2220748-1 und I411 2220748-2). Einsicht genommen wurde in das Strafregister, das Zentrale Fremden- und Melderegister sowie in die Anhaltedatei (OZ 1 und OZ 2).

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des BF und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

2.1.1 Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF und der Volljährigkeit waren aufgrund des vorliegenden Reisepasses des BF zu treffen (OZ 5 = Teil 1 Schubhaftakt, AS 7). Dass der BF weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter ist, war aufgrund des negativen Verfahrensausgangs im ersten Asylverfahren festzustellen und wurde auch im Folgeantragsverfahren kein Schutzstatus gewährt, sondern der faktische Abschiebeschutz aufgehoben, was aufgrund des Erkenntnisses vom 04.07.2019 und des Beschlusses vom 04.06.2021 des Bundesverwaltungsgerichts festzustellen war (I422 2220748-1/3E; I411 2220748-2/2E).

2.1.2. Dass der BF seit 09.07.2021 in Schubhaft angehalten wird, war aufgrund des im Akt aufliegenden Schubhaftbescheides und der unterfertigten Übernahmebestätigung und den damit in Einklang stehenden Eintragungen in der Anhaltedatei festzustellen (OZ 6 = Teil 2 Schubhaftakt, AS 75 bis AS 87; AS 91; Anhaltedatei).

2.1.3. Dass der Beschwerdeführer gesund und haftfähig ist war festzustellen, da sich aus dem Akt sich keinerlei Hinweise für eine Haftunfähigkeit des BF ergeben und wurde Gegenteiliges in der Beschwerde auch nicht dargelegt. Dem Polizeianhaltezentrum obliegt der Vollzug der Anhalteordnung. Bereits aufgrund der gesetzlichen Bestimmung, wonach Personen, deren Haftunfähigkeit festgestellt oder offensichtlich ist, nicht angehalten werden dürfen, war festzustellen, dass der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vorliegen. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung hat, ist unzweifelhaft.

2.2. Zu den Feststellungen zur Fluchtgefahr und zum Sicherungsbedarf

2.2.1. Die Feststellungen zum ersten Antraf auf internationalem Schutz und der Verfahrenseinstellung fußen auf dem unstrittigen Akteninhalt (OZ 1 = Beschwerdeschriftsatz, S. 2; OZ 6 = Teil 2 Schubhaftakt, AS 76; Fremdenregister, S. 3 und S. 11).

2.2.2. Die Feststellungen zur Asylantragstellung in der Schweiz, der Rücküberstellung, sowie der negative Verfahrensausgang gründen sich ebenso auf dem unstrittigen Akteninhalt, insbesondere dem Gerichtsakt (OZ 1 = Beschwerdeschriftsatz, S. 2; OZ 6 = Teil 2 Schubhaftakt, AS 76; Fremdenregister, S. 3 und S. 11; I422 2220748-1/3E).

2.2.3. Dass der Beschwerdeführer nach negativem Abschluss seines Asylverfahrens in Österreich seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkam, sondern in die Schweiz weiterreiste, um sich einer Abschiebung zu entziehen, war aufgrund des Akteninhalts festzustellen, insbesondere da der BF mehrfach Asylanträge stellte, die er mit wirtschaftlichen Motiven begründete. Die Feststellungen zur Rücküberstellung ergeben sich aufgrund des unstrittigen Akteninhalts (OZ 1 = Beschwerdeschriftsatz, S. 2; OZ 6 = Teil 2 Schubhaftakt, AS 76 f). Dass der der faktische Abschiebeschutz mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.06.2021 aufgehoben und mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.06.2021 die Aufhebung für rechtmäßig erklärt wurde, war aufgrund des diesbzgl. Gerichtsaktes festzustellen. Dass dieser Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts dem BF am 08.06.2021 persönlich ausgefolgt wurde, war aufgrund des im Gerichtsakt aufliegenden Rückscheins festzustellen (I411 2220748-2/2E).

2.2.4. Die Feststellungen zum Verhalten des BF im Grundversorgungsquartier und die Ermahnungen fußen auf dem unbestrittenen Akteninhalt. Dass der BF Österreich verlassen und sich seiner Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen will, war festzustellen, da sich der BF aufgrund der Ermahnungen seitens der Quartierleitung gegenüber dem einschreitenden Beamten in dieser Form geäußert hat. Zudem waren diese Angaben des BF aufgrund seines Vorverhaltens, konkret des Untertauchens im ersten Asylverfahren und der unrechtmäßigen Weiterreise in die Schweiz, sowie der neuerlichen unrechtmäßigen Weiterreise in die Schweiz nach rechtskräftigem, negativen Abschluss des zweiten Asylverfahrens plausibel, denn hat er durch dieses Verhalten bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass er nicht gewillt ist, die asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen zu beachten und seiner Ausreiseverpflichtung in seinen Herkunftsstaat nachzukommen (OZ 5 = Teil 1 Schubhaftakt, AS 52 ff).

2.2.5. Die Feststellungen zu den mangelnden familiären, sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten des BF in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt, dass der BF über keine Barmittel verfügt, aufgrund der Eintragung in der Anhaltedatei. Anhaltspunkte dafür, dass der BF über einen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügt, liegen nicht vor, insbesondere verfügte er im Bundesgebiet über keine Meldeadresse außerhalb eines Polizeianhaltezentrums, wie sich aus dem Melderegister ableiten lässt (I411 2220748-2/2E; OZ 1 = Anhaltedatei; OZ 2 = Melderegister).

2.3. Zur Verhältnismäßigkeit und Dauer

2.3.1. Die Feststellung zur Unbescholtenheit des BF war aufgrund des im Akt aufliegenden Strafregisterauszuges zu treffen (OZ 2).

2.3.2. Dass der BF über einen Reisepass verfügt, der bis zum 20.04.2020 gültig war, war aufgrund der im Akt aufliegenden Reisepasskopie festzustellen (OZ 5 = Teil 1 Schubhaftakt, AS 7). Dass der BF bereits am 27.07.2021 seiner Vertretungsbehörde vorgeführt und identifiziert wurde, war aufgrund des unstrittigen Akteninhalts festzustellen (OZ 2 = Fremdenregister, S. 7; OZ 1 = Anhaltedatei). Die Mitteilung des nächstmöglichen Flugtermins gründet sich auf das dazu im Akt aufliegende Schreiben (OZ 4 = Flugdaten). Dass mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zeitnah zu rechnen ist, war festzustellen, zumal der BF bereits im Zuge seiner Vorführung vor die Vertretungsbehörde am 27.07.2021 identifiziert wurde und zudem ein (wenn auch seit 21.04.2020 abgelaufener) Reisepass vorliegt. Dass die Abschiebung des BF – unmittelbar nach Ausstellung des Heimreisezertifikates –realistisch ist, ergibt sich aufgrund des nächstmöglichen Flugtermins, der mit 10.08.2021 avisiert ist.

2.3.3. Dass der BF nicht vertrauenswürdig ist und er sich im Falle seiner Entlassung aus der Schubhaft vor den Behörden verborgen halten wird, um sich einer Abschiebung zu entziehen ergibt sich einerseits aufgrund des Vorverhaltens des BF, wonach dieser bereits zwei Mal unrechtmäßig in die Schweiz weitergereist ist und sich dadurch dem behördlichen Verfahren entzogen hat, andererseits aufgrund der eigenen Angaben des BF vor einem Beamten der Quartiersleitung, wonach er Österreich verlassen wolle.

2.3.4. Dass das Bundesamt seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen ist, war festzustellen, da der BF bereits am 27.07.2021 der Vertretungsbehörde vorgeführt wurde und die nächstmögliche Flugabschiebung mit 10.08.2021 avisiert wurde. Daraus war abzuleiten, dass die Abschiebung des BF zeitnah, jedenfalls innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer, bevorsteht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

3.1. Maßgebliche Rechtslage

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lauten:

„Schubhaft

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c.es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

„Gelinderes Mittel

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

„Dauer der Schubhaft

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-Verfahrensgesetzes idgF, lauten:

„Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

In Verfahren nach § 22a Abs. 4 BFA-VG vom BFA erstattete Stellungnahmen sind einem Parteiengehör zu unterziehen. Dies kann schriftlich oder auch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erfolgen. Jedenfalls ist dem in Schubhaft angehaltenen Fremden Gelegenheit zu geben, sich zu der Stellungnahme und zum maßgeblichen Sachverhalt zu äußern (vgl. VwGH 27.08.2020, Ro 2020/21/0010, mwN).

Die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes in Bezug auf einen ersten Folgeantrag gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 ändert jedenfalls dann, wenn sie vom VwG noch nicht im Wege des amtswegigen Überprüfungsverfahrens nach § 22 BFA-VG 2014 bestätigt worden ist, nichts daran, dass der Fremde Asylwerber ist und ihm vor dem Hintergrund der Verfahrens-RL (Richtlinie 2013/32/EU) ungeachtet der innerstaatlichen Regelung des § 22 Abs. 2 zweiter Satz BFA-VG 2014 grundsätzlich - auch wenn man schon die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005 als Entscheidung iS von Art. 40 Abs. 5 der Verfahrens-RL, den wiederholten Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zu betrachten, begreifen wollte - weiterhin ein Bleiberecht zukommt. Das steht einer Schubhaft auf Basis von Art. 15 der Rückführungs-RL (Richtlinie 2008/115/EG) und damit auf Grundlage von § 76 Abs. 2 Z 2 FrPolG 2005 entgegen. Im Fall eines ersten Folgeantrags könnte, solange keine gerichtliche Bestätigung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ergangen ist, nur das Vorliegen von Missbrauchsabsicht iSd Art. 41 Abs. 1 lit. a der Verfahrens-RL zu einem anderen Ergebnis führen (VwGH 15.02.2021, Ra 2020/21/0094).

3.3. Zu Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid und Anhaltung in Schubhaft seit 09.07.2021

3.3.1. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und war zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Schubhaftbescheides weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung Asylwerber iSd § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005, zumal sein Antrag auf internationalen Schutz noch nicht rechtkräftig abgeschlossen ist. Der faktische Abschiebeschutz wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.06.2021, rechtskräftig mit persönlicher Ausfolgung am 08.06.2021, aufgehoben. Dem BF kam daher seit dem 08.06.2021 ein Bleiberecht im Sinne der Aufnahme-RL nicht mehr zu, sondern war auf den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft die Rückführungs-RL (in Form seiner innerstaatlichen Umsetzung in § 76 Abs. 2 Z 2PFG) anzuwenden.

Daher war die Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur (VwGH 15.02.2021, Ra 2020/21/0094) grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich. Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist.

Wenn in der Beschwerde bzw. Stellungnahme vom 06.08.2021 behauptet wird, dass es keine gerichtliche Entscheidung im Hinblick auf die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gebe, wurde diese Behauptung seitens der Vertretung weder begründet oder untermauert. Der diesbzgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts wurde dem BF am 08.06.2021 persönlich ausgefolgt. In der Stellungnahme vom 06.08.2021 wird lediglich ausgeführt, dass die gerichtliche Überprüfung aufgrund der gesetzliche Bestimmung des § 22 Abs. 10 AsylG iVm § 22 BFA-VG nicht erfolgt sei, obwohl diese Behauptung nicht mit Aktenlage in Einklang zu bringen war und erfolgte sohin der Verweis auf die Rechtskraft der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Schubhaftbescheid und der Stellungnahme des Bundesamtes zu Recht.

3.3.2. Fluchtgefahr

Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Im vorliegenden Fall ging das Bundesamt von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus, wobei – offenbar aufgrund eines Formatierungsfehler – die Nummerierung der Ziffern falsch erfolgte:

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 4 FPG zu berücksichtigen, ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG sind bei Beurteilung der Fluchtgefahr der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Aus den zu den familiären und sozialen Anknüpfungspunkten des Beschwerdeführers in Österreich getroffenen Feststellungen ergeben sich keine Umstände, die gegen das Vorliegen einer Fluchtgefahr sprechen.

Nachdem der Beschwerdeführer im ersten laufenden Asylverfahren untertauchte und in die Schweiz weiterreiste und neuerlich nach rechtskräftig negativem Ausgang seines zweiten Asylverfahrens in Österreich wiederum untertauchte und sich dadurch seiner drohenden Abschiebung widersetzte und unrechtmäßig in die Schweiz weiterreiste, über keinerlei finanzielle Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes verfügt und weder beruflich noch sozial verankert ist und der faktische Abschiebeschutz bereits durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts rechtskräftig aufgehoben wurde, ging das Bundesamt zu Recht vom Vorliegen der Tatbestände des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3, Z 4 und (offenkundig gemeint) Z 9 FPG aus.

3.3.3. Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen.

In Österreich befinden sich keine Familienangehörige des Beschwerdeführers und verfügt er über keine engen sozialen Kontakte. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Der BF war in Österreich nicht berufstätig. Es liegt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor.

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.3.4. Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer keine Familienangehörige oder sonstige enge Bezugspersonen im Inland vorzuweisen hat, die im Rahmen der Abwägung geeignet wären, die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen.

Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht aufweisen konnte, die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der keine engen Kontakte in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers, zumal sich dieser bereits in der Vergangenheit zwei Mal dem behördlichen Zugriff durch seine unrechtmäßige Weiterreise in die Schweiz entzogen hat.

Der nächstmögliche Abschiebetermin für den Beschwerdeführer ist für den 10.08.2021 avisiert. Die Vertretungsbehörde hat den BF bereits identifiziert. Bei zeitgerechter Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist die Abschiebung des BF zeitnah möglich. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.3.5. Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht, zumal der BF bereits in der Vergangenheit unrechtmäßig in die Schweiz gereist ist, um sich dem behördlichen Zugriff zu entziehen und seine Absicht Österreich wiederum zu verlassen, kundgetan hat. Die in der Beschwerde ins Treffen geführten Varianten des gelinderen Mittels sind daher gegenständlich nicht geeignet, den BF vor dem Untertauchen bzw. seiner Weiterreise abzuhalten.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kam daher nicht in Betracht.

3.3.6. Ultima ratio

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt II. – Fortsetzungsausspruch

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und „ermächtigt“ das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage „in der Sache“ zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

Der Beschwerdeführer befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Der faktische Abschiebeschutz wurde rechtskräftig mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben. Als Termin für die nächstmögliche Flugabschiebung wurde der 10.08.2021 der Vertretungsbehörde im Hinblick auf die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bekanntgegeben. Der BF wurde bereits identifiziert und liegt ein am 21.04.2020 abgelaufener Reisepass vor. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Im Verfahren haben sich keine Hinweise ergeben, die gegen das Vorliegen einer Fluchtgefahr sprechen oder die diese auch nur geringfügig vermindern könnten. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich daher, dass die Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, 3, 4 und 9 FPG auch im Entscheidungszeitpunkt erfüllt sind.

Der Beschwerdeführer ist weder beruflich noch familiär derart verankert, dass keine Fluchtgefahr vorliegt, dies insbesondere in Zusammenschau mit dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers. Aufgrund des Vorliegens einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung, der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und dem Vorverhalten des BF, geht das Gericht davon aus, dass sich der Beschwerdeführer nicht freiwillig einer Abschiebung fügen wird, sodass Fluchtgefahr gegeben ist.

Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt die geforderte "Ultima-ratio-Situation" für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin vor und erweist sich diese auch als verhältnismäßig (siehe Ausführungen zu 3.3.3).

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

3.5. Zu Spruchpunkten III. und IV. – Kostenersatz

3.5.1. Die maßgebliche Bestimmung des § 35 VwGVG lautet:

„(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

(4) Als Aufwendungen gemäß Abs. 1 gelten:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

(5) Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht.

(6) Die §§ 52 bis 54 VwGG sind auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(7) Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.“

3.5.2. Die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wird in § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro.

Die Anordnung von Schubhaft sowie die Anhaltung des BF war rechtmäßig. Der Kostenantrag der BF war daher mangels Obsiegens abzuweisen und der Ersatz der Kosten an die Behörde als obsiegende Partei im gesetzlichen Ausmaß aufzutragen. Aufgrund der ordnungsgemäß und fristgerecht vorgelegten Aktenvorlage ist der Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei in Höhe von 57,40 Euro und der Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei in Höhe von 368,80 Euro, insgesamt daher 426,20 Euro aufzuerlegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.6. Entfall der mündlichen Verhandlung

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat. Der gesamte entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich bereits aus dem Inhalt der verwaltungsbehördlichen sowie gerichtlichen Akten. Parteiengehör zur Stellungnahme des BFA wurde dem BF ohnedies auf schriftlichem Wege gewährt.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 de

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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