Entscheidungsdatum
09.08.2021Norm
BBG §40Spruch
W217 2240305-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER sowie den fachkundigen Laienrichter Franz GROSCHAN als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 11.11.2020, OB: XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 02.03.2021, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer hat am 15.07.2020 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge „belangte Behörde“ genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO gestellt.
1.1. Im daraufhin eingeholten Sachverständigengutachten vom 07.10.2020, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 22.09.2020, wurde von DDr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie, Ärztin für Allgemeinmedizin, Folgendes festgehalten:
„Anamnese:
Hüfttotalendoprothese beidseits, 2010 bzw. 2012
letzter Rehabilitationsaufenthalt 2014
degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Lumboischialgie beidseits
Bluthochdruck
COPD II
Derzeitige Beschwerden:
‚Beschwerden habe ich vor allem im Bereich der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in beide Beine, Lähmungen habe ich nicht, die Füße schlafen immer wieder beim Stehen und beim Gehen ein. Verwende Krücken, weil ich mich damit sicherer fühle. Infiltrationen in die Lendenwirbelsäule haben keine Besserung gebracht. Hüften sind seit den Operationen in Ordnung.
Hergekommen mit Taxi.‘
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Medikamente: Candesartan, Folsan, Rosuvastatin, Spiolto Respimat, Proxen
Allergie: Parkemed
Nikotin:0
Hilfsmittel: 2 Unterarmstützkrücken
Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. XXXX
Sozialanamnese:
geschieden, 2 erwachsene Kinder, lebt alleine in Wohnung im Erdgeschoss, in Lebensgemeinschaft.
Berufsanamnese: Pensionist, früher Berufsmusiker, dann Hausarbeiter im Spital
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
MRT der LWS vom 26.6.2020 (klinische Angaben: Claudicatio spinalis Symptomatik, zusätzlich L5 Symptomatik pseudoradikulär beidseits. Befund: Herniation der Bandscheiben L4/L5, L5/S1, L3/L4, Einengung des Spinalkanals, vereinbar mit epidurale Lipomatose, Spondylarthrosen im gesamten Verlauf)
Nachgereichter Befund:
Befund Dr. XXXX Facharzt für Lungenkrankheiten 17.9.2020 (von pulmonaler Seite beschwerdefrei, Lungenfunktion besser, geringgradige bronchiale Obstruktion, COPD II, moderat)
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut, 72a
Ernährungszustand:
sehr gut
Größe: 182,00 cm Gewicht: 106,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen, sichtbare Schleimhautpartien unauffällig, Pupillen rund, isocor, prompte Reaktion auf Licht. Halsvenen nicht gestaut.
Thorax: symmetrisch, elastisch
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA, keine obstruktiven Geräusche, Lungenbasen etwas tiefer stehend. HAT rein, rhythmisch. Keine Dyspnoe, keine Zyanose.
Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.
Integument: unauffällig
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, Radialispulse beidseits tastbar, die Sensibilität wird als ungestört angegeben.
Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig.
Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar.
Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist zu 1/3 möglich.
Die Beinachse ist im Lot. Seitengleich mittelkräftig entwickelte Muskelverhältnisse.
Beinlänge ident.
Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich.
Hüftgelenk beidseits: Narbe lateroventral bei Hüfttotalendoprothese beidseits, kein Stauchungsschmerz, kein Rotationsschmerz.
Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften S bds 0/100, IR/AR 10/0/35, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule, ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: in allen Ebenen frei beweglich
BWS/LWS: FBA: 30 cm, Rotation und Seitneigen 20°
Lasegue bds. negativ, geprüfte Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit 2 Unterarmstützkrücken, das Gangbild ist behäbig, nicht hinkend, Trendelenburg negativ.
Bewegungsabläufe verlangsamt. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Status Psychicus:
Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Lumboischialgie beidseits
Oberer Rahmensatz, da anhaltende Beschwerden bei mittelgradigen funktionellen Einschränkungen ohne motorisches Defizit.
02.01.02
40
2
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD II
Unterer Rahmensatz, da medikamentös gut eingestellt.
06.06.02
30
3
Hüfttotalendoprothese beidseits
Unterer Rahmensatz, da gutes Operationsergebnis beidseits.
02.05.08
20
4
Bluthochdruck
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch Leiden 2 und 4 nicht erhöht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.
Leiden 3 erhöht nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
keine
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
kein Vorgutachten vorliegend
Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:
-
X Dauerzustand
Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:
Ja
Nein
Nicht geprüft
Die / Der Untersuchte
X
ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es liegen keine Funktionseinschränkungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten, es besteht kein ausgeprägt eingeschränktes Gangbild. Die behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken zum Zurücklegen kurzer Wegstrecken ist durch festgestellte Funktionseinschränkungen und dokumentierte Leiden nicht ausreichend begründbar.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
(…)
Begründung:
Hüfttotalendoprothese beidseits“
1.2. Im Rahmen des hierzu erteilten Parteiengehörs brachte der Beschwerdeführer vor, er beziehe eine Invaliditätspension, bereits im Jahr 2012 sei ihm wegen seiner Probleme Pflegegeld zuerkannt worden. Auf Grund seiner Beschwerden könne er kaum öffentliche Verkehrsmittel benützen, das Ein- und Aussteigen sei maximal bei Niederflurwagen möglich und nur außerhalb der Stoßzeiten, da er kaum mehr als 3-5 Minuten stehen könne. Bei anderen Verkehrsmitteln, wie Bus, S-Bahn usw., benötige er zum Ein- und Aussteigen eine Begleitperson. Auch sei die nächste Einkaufsmöglichkeit mehr als 2 km entfernt und gebe es bis dorthin keine öffentliche Verkehrsverbindung. Das Infiltrieren im OWS sei abgebrochen worden — das habe keine Verbesserung gebracht, ebenso wie die Reha. Von einer OP sei ihm abgeraten worden.
Unter Einem legte der Beschwerdeführer neue medizinische Unterlagen vor.
1.3. Die bereits befasste Fachärztin führt in ihrer Stellungnahme vom 05.11.2020 hierzu aus:
„Antwort(en):
Der Antragsteller erklärt sich mit dem Ergebnis der Begutachtung vom 22.09.2020 nicht einverstanden und bringt in der Stellungnahme vom 23.10.2020 vor, dass er eine Begleitperson und die Krücken benötige, und dass er Pflegegeld beziehe. Er könne kaum 50- 100 m schmerzfrei gehen und könne kaum öffentliche Verkehrsmittel benützen. Er lege einen Befund von Dr. XXXX vom 08.09.2020.
Befunde:
Laborbefund v. 15.09.2020 (Harnsäure 8,2, Glucose 140)
Lunge v. 17.09.2020 Dr. XXXX …bekannter Befund (Anamnese: von pulmonaler Seite beschwerdefrei Lungenfunktion: besser, geringgradige bronchiale Obstruktion, COPD II, moderat. Spiolto Respimat)
Elektro-Neurographie-Befund XXXX -Krankenhaus v. 01.10.2020 (Elektroneurographisch kein sicherer Hinweis auf eine PNP.)
Univ. Klinik für Neurochirurgie Dr. XXXX 08.09.2020 (Klagt seit 2017 über eine progrediente klassische Claudicatio spinalis-Symptomatik, die Gehstrecke beträgt derzeit etwa 50 m. Es kommt zum Auftreten von Kreuzschmerzen mit Ausstrahlung in beide Beine an der dorsalen Seite bis zur Mitte der Wade. Weiters beschreibt der Patient Dysästhesien strumpfförmig an beiden Beinen bei Belastung im Bereich der Füße, der Unterschenkel. Zusätzlich beschreibt der Patient permanente Dysästhesien im Bereich der Fußsohlen bds.)
Ambulanzkartei - Ambulanz Orthopädie/Traumatologie 02.07.2020 (Ausgeprägte Lipomatose und dadurch hervorgerufene Claudicatio spinalis. Der Pat. wird neurochir. zur Vorstellung gebracht - ÜW wird mitgegeben. Die Bilder werden in Form einer CT mitgegeben und der MRT-Befund. Kontrolle bei uns bei Ratlosigkeit der Neurochirurgen, dann evtl. Fusion L3-S1 und große Dekompression des Spinalkanals mit Laminektomie auf dieser Strecke als einzige Therapieoption, die derzeit meines Erachtens möglich ist. Gehstrecke deutlich vermindert mit 100 m.)
MRT der LWS 24.06.2020 ….bekannter Befund (Klinische Angaben Claudikatio spinalis Symptomatik, zusätzlich L5 Symptomatik pseudorad. bds.
Sämtliche Bandscheiben weisen einen degenerativ bedingten Wasserverlust auf. Herniation der Bandscheiben im Sinne einer Bulging disc mit V.a. Tangierung der regionär austretenden Nervenwurzeln bds. bei L4/L5, L5/S1, L3/L4. Auf Höhe von L3-S1 lassen sich hyperintense Areale um die Cauda equina Fasern darstellen mit Einengung des Spinalkanals, vereinbar mit epiduraler Lipomatose. Spondylarthrosen im gesamten Verlauf)
SVGA Dr. M. XXXX 22.10.12 (Makrozytäre Anämie Zustand nach Lungentuberkulose, Zustand nach Pneumonie, Lungenemphysem, Varikositas beide untere Extremitäten, Hyperurikämie, Hyperlipidämie, Zustand nach mehreren Knochenbrüchen (Unterschenkel, Ellbogen links), totale Endoprothese beider Hüftgelenke, Depression, Hepatopathie multisegmentale Spondylochondrosen, Bandscheibenprotrusion im Segment L4/L5 mit geringer Einengung des linksseitigen Neuroforamens L4/L5; Bandscheibenprotrusion im Segment L5/S1 mit Einengung des Neuroforamens in diesem Segment degenerative Veränderungen der Facettengelenke)
Stellungnahme:
Maßgeblich für die Einstufung behinderungsrelevanter Leiden nach den Kriterien der EVO sind objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde.
Die bei der Begutachtung am 22.09.2020 anhand einer gründlichen orthopädischen und allgemeinmedizinischen Untersuchung festgestellten Defizite, insbesondere im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates, wurden in der Beurteilung hinsichtlich Einstufung nach der EVO und hinsichtlich beantragter Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in vollem Umfang berücksichtigt, wobei jedoch die festgestellten Funktionsdefizite eine maßgebliche Einschränkung der Gehstrecke nicht ausreichend begründen.
Festgestellt wurden anhaltende Beschwerden der Wirbelsäule bei mittelgradigen funktionellen Einschränkungen ohne motorisches Defizit. Höhergradige Funktionseinschränkungen im Bereich von Wirbelsäule und Bewegungsapparat konnten nicht festgestellt werden.
Insbesondere ist keine intensivierte analgetische Behandlung bzw. Modulation der Therapie bei angegebener Claudicatio-Symptomatik dokumentiert, Therapieoptionen sind gegeben.
Die behinderungsbedingte Erfordernis der Verwendung von 2 Unterarmstützkrücken zum Zurücklegen kurzer Wegstrecken ist durch festgestellte Funktionseinschränkungen und dokumentierte Leiden nicht ausreichend begründbar, siehe Status, insbesondere Gangbildbeschreibung.
Befunde, die neue Tatsachen, noch nicht ausreichend berücksichtigte Leiden oder eine maßgebliche Verschlimmerung belegen könnten, wurden nicht vorgelegt. Die vorgebrachten Argumente und nachgereichten Befunde beinhalten keine neuen Erkenntnisse, welche das vorhandene Begutachtungsergebnis entkräften könnten, sodass daran festgehalten wird.“
2. Mit Bescheid vom 11.11.2020 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab. Begründend wurde ausgeführt, dass die ärztliche Begutachtung einen Grad der Behinderung von 40 % ergeben habe, weshalb die Voraussetzungen für die Ausstellung des Behindertenpasses nicht vorliegen würden.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte vor, entgegen dem Gutachten habe er sehr wohl Varizen. Er könne aufgrund seiner Beschwerden kaum öffentliche Verkehrsmittel benützen. Weiters legte er neue Befunde vor.
4. Die belangte Behörde holte in der Folge ein weiteres Gutachten ein. Frau Dr. XXXX , Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, hält in ihrem Sachverständigengutachten vom 25.02.2021, basierend auf einer persönlichen Begutachtung des Beschwerdeführers am 25.02.2021 fest:
Anamnese:
vorliegendes Vorgutachten:
unfallchirurgisches/allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten, BASB, BBG 22 09 2020:
1 Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Lumboischialgie beidseits GdB 40%
Oberer Rahmensatz, da anhaltende Beschwerden bei mittelgradigen funktionellen Einschränkungen ohne motorisches Defizit.
2 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD II GdB 30%
Unterer Rahmensatz, da medikamentös gut eingestellt.
3 Hüfttotalendoprothese beidseits GdB 20%
Unterer Rahmensatz, da gutes Operationsergebnis beidseits.
4 Bluthochdruck GdB 10%
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H. Zusatzeintragung: Prothese
keine Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit"
Stellungnahme der unfallchirurgischen/allgemeinmedizinischen Sachverständigen 05 11 2020 mit Berücksichtigung neu vorgelegter Befunde:
keine Änderung
aktuell: Beschwerdevorentscheidung - Beschwerdeschreiben vom 15 12 2020
vorbekannt:
Hüfttotalendoprothese beidseits, 2010 bzw. 2012
Beschwerden der Wirbelsäule seit vielen Jahren, Lumboischialgie beidseits
Bluthochdruck
COPD II seit 3-4 Jahren bekannt
Gicht seit vorigem bekannt
Ellenbogen Verrenkung links vor 20 Jahren - kons.
Blutzucker grenzwertig
Krampfadern bds.
Lungeninfarkt 2001
früher Alkoholabusus- ambulante Alkoholentwöhnungsbehandlung ca. 2010 im API
Nikotin: vor 13a beendet, vorher 50-60/die mindestens 20 Jahre
Alkohol: früher: viel, dzt wenig bis gar nichts
Derzeitige Beschwerden:
Im Vordergrund stehen die LWS Beschwerden, er könne keine 50 - 100 Meter gehen. Es beginne in der Lendenwirbelsäule und es strahle am eher seitlichen Oberschenkel bis zum hinteren Unterschenkel und gehe zum gesamten Fuß. Es sei dann dort ein Premasseln und Einschlafen. Es strahle in beide Seiten aus. Dann müsse er sich hinsetzen oder pausieren und es sei eine Erleichterung wenn er sich vorbeuge. Er könne auch nicht länger stehen.
Erleichterung bringe auch wenn er mit 2 UA Stützkrücken gehe.
Er habe auch immer wieder Krämpfe in der HWS linksseitig.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Voltaren 100 bei Bedarf: nahezu jeden Tag 1x1, manchmal auch mehr wenn er nach draußen müsse
Allopurinol 1x1
Pantoprazol 40 1x1
Candersatan
Spiolto Inh. in der Früh
Novalgin Tbl. b. Bed.: hin und wieder
2 UA Stützkrücken
Sockenanzieher
Duschgriff, Badebrett
Toilettenerhöhung
keine nervenfachärztliche Behandlung dzt.
Sozialanamnese:
VS, HS, 1 jähriger Lehrgang, 2a HTL, Industriekaufmann mit LAP
arbeitete nur kurz in diesem Beruf
arbeitete als Musiker (Klavier, Akkordeon) mit Unterbrechungen bis 1991
dann Hausarbeiter im XXXX bis 2002
Dann wegen Nervenschädigung ausgelöst durch Alkohol in Pension gegangen (IP). Er habe damals schon Beschwerden wie heute gehabt nur geringer.
geschieden, LG mit 2 Wohnsitzen, 2 erw. Kinder
Führerschein: ja, fahre auch selbst , selten
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Es werden nur die noch nicht im unfallchirurgischem/allgemeinmedizinischem Gutachten vom 22 09 2020 und in der Stellungnahme vom 05 11 2020 angeführten Befunde zitiert:
Ambulanzkarte Orthopädie XXXX KH 26 11 2020:
Weiterhin zunehmende Gehstreckenverminderung-100 m und phasenweise weniger. Weiterhin Rückenschmerz sowie Schwäche im beiden Beinen. Seitens der angiologischen Begutachtung keine Gefäßproblematik - Kontrolle in 18 Monaten empfohlen.
Ausgeprägte Lipomatosis mit entsprechender Einengung des Spinalkanals vorbekannt.
Wie besprochen erfolgte eine neurochirurgische Vorstellung -AKH XXXX , kein operatives Vorgehen geplant
Physiotherapie.
Ambulanzkarte Gefäßambulanz GZ XXXX 02 11 2020:
....keine Beinschwellungen....
Beurteilung:
CAVK (Carotisplaques extrakraniell) I ohne relevante Stenose
Unauffällige Beindurchblutung
Neurologischer Befund GZ XXXX 30 11 2020:
Anamnestisch Lumbago ausstrahlend L5 bds, auch bei längerem Stehen! (nicht nur bewegungsabhängig)
Neurologischer Status:
UE: Laseque bei 50 Grad positiv, Dysästhesie L5 bds., PSR bds. auslösbar, ASR bds. fehlend, bds stumme Sohle, Reithose frei
Die Subjektiven und Objektiven Befunde passen nicht ganz zusammen
Klinisch Neurologisch am ehesten L5 Symptomatik bds.
Röntgen gesamte Wirbelsäule 07 12 2020:
Schwerste degenerative Veränderung sämtlicher Segmente. Verdacht auf knöcherne Stenosen C4-C7 und wohl auch im Bereich der distalen LWS. Hier ergänzend gedrehte Aufnahmen empfohlen.
Röntgen Hüfte bds. im Stehen 07 12 2020:
Der Sitzbeinhöcker links um 6 mm höherstehend. Bei Zustand nach TEP kein Hinweis auf Prothesenlockerung oder periprothetischer Fraktur. Keine Dynamik zur Voruntersuchung 2014.
Röntgen LWS gedrehte Aufnahmen 11 12 2020:
Ergebnis:
Bild wie bei Osteopenie/Osteoporose.
Fehlstellung
Mäßiggradige bis deutliche nach kaudal zunehmende Achsenskelettdegenerationen,
Soweit einsehbar kein Nachweis auf Spondylolyse.
Befund Neurochirurgie AKH XXXX 01 12 2020:
Pat hat keine aktuelle Bildgebung. Laut Vorbrief zeigen MR-Bilder der LWS vom 24.06.2020 polysegmentale Bandscheibenprotrusionen von L3/4 bis L5/S1, keine Foramenstenosen des Spinalkanals, an sich nicht verengt. Spondylarthrosen L3/4 bis L5/S1 bds. mit Recessusstenosen. Auffallend ist eine ausgeprägte Lipomatose von epidural
L3 bis S1 mit Kompression des Duralsacks.
Angiogiologisch besteht kein Hinweis auf eine pAVK.
Neurologisch liegt laut Nervenleitmessungen der UE kein eindeutig interpretierbares Ergebnis
In RS mit Prof. XXXX besteht derzeit keine morphologische Grundlage zur operativen Intervention.
Foto der Partei Anm.: schlechte Qualität
Befund Orthopäde Dr. XXXX 11 12 2020:
Deutlich eingeschränkte Gehstrecke mit maximal 100m und ständige Schmerzen im Bereich der LWS mit Ausstrahlung in beide UE, wobei eine eindeutige radikuläre Zuordnung nicht möglich ist, da strumpfförmige Dysästhesien an bd. Unterschenkel und beiden Füßen bestehen, sowie eine bds. dorsale als auch laterale Schmerzaustrahlung im Bereich der Oberschenkel. Rechts besteht zusätzlich eine Schwäche des Großzehenhebers........
Herrn XXXX wurde empfohlen sich nochmals mit der Neurochirurgie zu beraten.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
72 jähriger in gutem AZ
Ernährungszustand:
adipös, BMI 31,7
Größe: 183,00 cm Gewicht: 106,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Stuhl: wechselnd
Miktion: unauffällig
Händigkeit: rechts
Neurologisch:
Hirnnerven:
Geruch: anamnestisch unauffällig
Gesichtsfeld: fingerperimetrisch keine Einschränkung
Visus: Brille
Pupillen mittelweit, rund isocor
Optomotorik frei,
keine Doppelbilder, Nystagmus: keiner
Sensibilität: unauffällig angegeben
Hörvermögen anamnestisch unauffällig,
Kopfdrehung und Schulterhebung: unauffällig
OE:
Rechtshänder
Kraft: seitengleich unauffällig
Trophik: minimale beginnende Dupuytrenveränderung Dig 3 links
Tonus: unauffällig
Motilität: Nackengriff endlagig eingeschränkt, Schürzengriff: nicht eingeschränkt
Seitabduktion bds. bis zur Senkrechten
Faustschluss und Fingerspreizen gut durchführbar
Pinzettengriff: bds. möglich
Feinmotorik: ungestört
MER (BSR, RPR, TSR): seitengleich schwach
Pyramidenbahnzeichen: negativ
Eudiadochokinese
AVV: beidseits gehalten ohne Absinken, ohne Pronation
FNV: zielsicher bds.
Sensibilität: seitengleich unauffällig
UE:
Kraft: seitengleich unauffällig
Trophik: unauffällig
Tonus: unauffällig
Motilität: nicht eingeschränkt
PSR: seitengleich schwach
ASR: nicht sicher auslösbar
Pyramidenbahnzeichen: negativ
Laseque: Anheben bis 60 Grad möglich ohne deutliche Schmerzangabe
Beinvorhalteversuch: kurz gehalten, dann wegen Schmerzen Absinken
Knie- Hacke- Versuch: zielsicher bds. aber wegen Schmerzen in der LWS werden die Fersen nur bis zur halben Wade des gegenseitigen Beines geführt
Sensibilität: sockenförmige Hyp/Parästhesie
Stand und Gang: in der Untersuchung leicht hinkendes Gangbild sicher, Fußschaufel wird gut angehoben und abgerollt, Fuß bds. auf der Ferse aufgesetzt
Romberg: unauffällig
Unterberger Tretversuch: wird nur zögerlich durchgeführt, kein Abweichen, keine Falltendenz
Zehen- und Fersenstand: mit Anhalten bds. möglich
Sprache und Sprechen: unauffällig
Gesamtmobilität – Gangbild:
kommt mit 2 UA Stützkrücken gehend zur Untersuchung, Begleitperson anwesend, kommt mit Taxi, alle Transfers selbstständig
An/Auskleiden der Hose Schuhe und Socken teils mit Hilfe der LG
Führerschein: ja, fahre auch selbst, selten
Status Psychicus:
Kooperativ und freundlich, gut auskunftsfähig, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent; Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen, stabil, gut affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos.Nr.
Gdb %
1
chronisches Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, Abnützungen der Wirbelsäule, Lumboischialgie bds.
Oberer Rahmensatz, da anhaltende Beschwerden bei funktionellen Einschränkungen ohne motorisches Defizit, includiert auch die angegebene sockenförmiger Gefühlsbeeinträchtigung
02.01.02
40
2
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
Unterer Rahmensatz, da medikamentös gut eingestellt.
06.06.02
30
3
Hüfttotalendoprothese beidseits (2010, 2012)
Unterer Rahmensatz, da gutes Operationsergebnis beidseits.
02.05.08
20
4
Bluthochdruck
Fixer Rahmensatz
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 wird durch Leiden 2 und 4 nicht erhöht, da keine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.
Leiden 3 erhöht nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Varicositas, der Beine, da aktuell keine relevanten Schwellungen, keine Ulcerationen, keine Dauertherapie.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Keine Änderung zum Gutachten vom 22 09 2020
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
s.o.
X Dauerzustand
Aufgrund der vorliegenden funktionellen Einschränkungen liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme nachstehender Zusatzeintragungen vor:
Ja
Nein
Nicht geprüft
Die / Der Untersuchte
X
ist Orthesenträgerin oder Orthesenträger
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Anhand der neurologischen Untersuchung, mit auch ausreichender Beweglichkeit der Gelenke ergeben sich keine Hinweise auf solche Schmerzzustände welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unmöglich machen. Es liegen keine relevanten fokalen neurologischen Ausfälle vor. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Extremitäten vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und das Überwinden üblicher Niveauunterschiede sind zumutbar, der sichere Transport ist möglich. Aus neurologischer Sicht ist die behinderungsbedingte ständige Notwendigkeit der Verwendung zweier Unterarmstützkrücken zur Fortbewegung unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden objektiven Befunde nicht nachvollziehbar. Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der psychischen oder intellektuellen Funktionen vor, die die Benützung der ÖVM erheblich erschweren würden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten?
Nein“
5. Am 02.03.2021 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.11.2020 betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen wurde. Begründend wurde auf das Sachverständigengutachten Dris. XXXX verwiesen.
6. Mit Schreiben vom 09.03.2021 hat der Beschwerdeführer ohne Vorlage weiterer Beweismittel rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt. Begründend wurde vorgebracht, dass Zweifel an der Genauigkeit der Gutachten bestünden. So sei im Gutachten vom 22.09.2020 angeführt, „keine Varizien“, obwohl diese deutlich sichtbar seien, im zweiten Gutachten vom 25.02.2021 sei angekreuzt „Orthesenträger“ anstelle von „Prothesenträger“. Seine Schmerzen beim Gehen von maximal 50 bis 100 m würden völlig ignoriert, obwohl ärztliche Befunde darauf hinwiesen. Ferner benötige er die 2 UA-Stützkrücken, da sich der Druck auf sein Rückgrad vermindern würde und er dadurch etwas schmerzfreier gehen könne.
7. Am 11.03.2021 langte die Beschwerde samt Fremdakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
8. Dieses ersuchte zunächst Frau Dr. XXXX um Aufklärung hinsichtlich der Voraussetzungen der Zusatzeintragung „Der Untersuchte ist Prothesenträger“.
Diese teilte in ihrem Schriftsatz vom 25.03.2021 mit, dass die Zusatzeintragung „Orthesenträger“ falsch angekreuzt worden sei. In der Vorlagenmaske seien die beiden Zusatzeintragungen knapp übereinander angeordnet, irrtümlich sei die falsche Zeile angekreuzt worden. Die korrekte Zusatzeintragung müsse, gleichlautend zum Vorgutachten vom 22.09.2020 lauten, „Der/Die Untersuchte ist Prothesenträgerin oder Prothesenträger“.
9. Mit Schreiben vom 07.04.2021 monierte der Beschwerdeführer die Genauigkeit der Begutachtung und deren Ergebnis.
10. In einem weiteren, vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten, nervenfachärztlichen Gutachten vom 25.05.2021 führt Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 25.05.2021 aus:
„Anamnese: Kommt in Begleitung ( XXXX , FS). Seit 2012 Beschwerden in der LWS bei degenerativen Veränderungen (Protrusionen L3/4-L5/S1) und Lipomatose von epidural L3-S1, bisher keine operativen Behandlungen, er stehe im XXXX KH in orthopädischer Behandlung (zuletzt vor 1 Monat)
Nervenärztliche Betreuung: keine
Subjektive derzeitige Beschwerden: kann nur 30m gehen, nach 100m müsse er sich niedersetzen wegen Schmerzen lumbal mit Ausstrahlung in die UE
Sozialanamnese: lebt alleine Pensioniert. Pflegestufe 1, keine Erwachsenvertretung
Medikamente (neurologisch/ psychiatrisch): Voltaren 100mg
Neurostatus:
Die Hirnnerven sind unauffällig, die Optomotorik ist intakt, an den oberen Extremitäten bestehen keine Paresen.
Die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Koordination ist intakt, an den unteren Extremitäten bestehen keine Paresen,
Fersen/Zehenspitzen/Einbeinstand bds. Mit wenig Anhalten möglich,
die Muskeleigenreflexe sind seitengleich nicht auslösbar.
Die Koordination ist intakt, die Pyramidenzeichen sind an den oberen und
unteren Extremitäten negativ. Die Sensibilität wird in den UE bds sockenförmig als vermindert angegeben
Das Gangbild ist ohne Hilfsmittel etwas breitbasig hinkend, am Gang relativ flüssig, Stiegensteigen alternierend mit Anhalten möglich, alle Transfers selbständig.
Psychiatrischer Status:
Örtlich, zeitlich, zur Person und situativ ausreichend orientiert,
keine Antriebsstörung, Auffassung regelrecht.
Affekt ausgeglichen. Stimmungslage dysthym, in beiden Skalenbereichen affizierbar, Ein und Durchschlafstörung,
keine produktive Symptomatik, keine Suizidalität.
1)
Abl. 28-46, 72+Rs, 74-84, 88-90. Keine Änderung der Einschätzung, da degenerative Veränderungen der LWS mit einer Lipomatose radiologisch festgestellt wurden, eine NLG Untersuchung der UE keine PNP ergab, keine nervenärztliche Behandlung vorliegt und keine maßgeblichen sensomotorischen Ausfälle vorliegen.
Abl. 20-24, 50-52, 92-100: Keine Änderung im Vergleich zum Vorgutachten, da eine Verschlechterung der Funktionsausfälle klinisch und befundmäßig nicht objektiviert werden kann.
Von nervenärztlicher Seite können keine maßgeblichen Funktionsausfälle im Sinne fokaler sensomotorischer Ausfälle objektiviert werden, die eine Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel bedingen. Es liegen aus nervenärztlicher Sicht keine maßgeblichen Einschränkungen der Extremitäten vor, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke und die Überwindung von Niveauunterschieden unzumutbar machen. Ein sicherer Transport ist möglich.
Im Vergleich zum VGA benutzt der BF nunmehr keine Krücken bei der Untersuchung. Es liegt auch kein rezenter FA Befund bezüglich einer Schmerztherapie vor. Die angegebene analgetische Medikation (1-2 Tabletten Voltaren ohne ärztliche Medikamentenliste) reicht nicht aus, um die Einschätzung zu ändern.
2.) Dauerzustand
3.) ab Antrag.“
11. Im Rahmen des hierzu gewährten Parteiengehörs führte der Beschwerdeführer aus, er könne nicht verstehen, warum er immer zu nervenfachärztlichen Sachverständigen geschickt werde. Sein Leiden und seine Schmerzen gingen vom Spinalkanal (Spinalkanalstenose) und von der LWS aus. Im Spinalkanal würden sich außergewöhnlich große Fettablagerungen befinden, weshalb er ins AKH geschickt worden sei. Dort sei jedoch nichts geschehen, außer dass er Schmerzmittel erhalten habe. Er habe noch nie eine Vorladung zu einem orthopädischen Sachverständigen bekommen, der sich seine MR-CD angesehen hätte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren, besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft und hat seinen Wohnsitz im Inland.
1.2. Der Beschwerdeführer begehrte am 15.07.2020 die Ausstellung eines Behindertenpasses sowie die Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO bei der belangten Behörde.
1.3. Beim Beschwerdeführer liegen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden, vor:
Lfd. Nr.
Pos.Nr.
Gdb %
1
chronisches Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, Abnützungen der Wirbelsäule, Lumboischialgie bds.
02.01.02
40
2
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
06.06.02
30
3
Hüfttotalendoprothese beidseits (2010, 2012)
02.05.08
20
4
Bluthochdruck
05.01.01
10
1.4. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 v.H.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1) Die getroffenen Feststellungen gründen auf dem diesbezüglich unbedenklichen Eintrag im Zentralen Melderegister und stehen überdies im Einklang mit den Angaben des Beschwerdeführers.
Zu 1.2) Die Feststellung hinsichtlich der Antragsstellung auf Ausstellung eines Behindertenpasses sowie eines Parkausweises gründet auf dem diesbezüglich schlüssigen Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdaktes.
Zu 1.3 bis 1.4) Die Feststellungen zur Höhe des Gesamtgrades der Behinderung und der Art und dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten von Dr. XXXX , welches das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vollinhaltlich bestätigt.
In diesem Gutachten wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei, im Einklang mit der medizinischen Wissenschaft und den Denkgesetzen, eingegangen, wobei die vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde und Beweismittel im Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme umfassend Berücksichtigung gefunden haben.
Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers wurde mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. eingeschätzt.
Führendes Leiden des Beschwerdeführers ist ein chronisches Schmerzsyndrom der Wirbelsäule, Abnützungen der Wirbelsäule und eine Lumboischialgie beidseits. Bereits die sachverständige Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie ordnete dieses Leiden zutreffend der Positionsnummer 02.01.02 der Anlage der Einschätzungsverordnung zu, welche Funktionseinschränkungen mittleren Grades der Wirbelsäule betrifft. Auch die Zuordnung zum oberen Rahmensatz dieser Positionsnummer mit 40 % („Rezidivierend und anhaltend, Dauerschmerzen eventuell episodische Verschlechterungen, maßgebliche radiologische und/oder morphologische Veränderungen maßgebliche Einschränkungen im Alltag und Arbeitsleben“) erläutert die Sachverständige nachvollziehbar mit „anhaltenden Beschwerden bei funktionellen Einschränkungen ohne motorisches Defizit, inkludiert auch die sockenförmige Gefühlsbeeinträchtigung.“ Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Schmerzsymptomatik wurde im vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Gutachten vom 25.05.2021 mitberücksichtigt und entsprechend eingeschätzt, wobei der Sachverständige hierzu begründend darauf hinweist, dass zwar degenerative Veränderungen der LWS mit einer Lipomatose radiologisch festgestellt wurden, eine NLG-Untersuchung der unteren Extremitäten jedoch keine Polyneuropathie ergeben hat, keine nervenärztliche Behandlung vorliegt und keine maßgeblichen sensomotorischen Ausfälle vorliegen. Es liege kein rezenter fachärztlicher Befund bezüglich einer Schmerztherapie vor, die angegebene analgetische Medikation (1-2 Tabletten Voltaren ohne ärztliche Medikamentenliste) reiche nicht aus, um die Einschätzung zu ändern.
Durch die vom Beschwerdeführer im Verfahrensverlauf vorgelegten Befunde konnte sohin eine Verschlechterung der Funktionsausfälle klinisch und befundmäßig nicht objektiviert werden.
Ebenso wies der Sachverständige darauf hin, dass der Beschwerdeführer bei der Untersuchung am 25.05.2021 im Vergleich zum Vorgutachten keine Krücken benutzte.
Der Beschwerdeführer ist dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Sachverständigengutacht