TE Vwgh Beschluss 2021/8/16 Ra 2020/06/0133

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Veröffentlicht am 16.08.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §13 Abs8
B-VG Art133 Abs6 Z1
COVID-19-VwBG 2020 §1
COVID-19-VwBG 2020 §2 Abs1 Z1
COVID-19-VwBG 2020 §6 Abs2
VwGG §26 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Vereins „L“ in S, vertreten durch die Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Teinfaltstraße 8/5.01, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. März 2020, W225 2222068-1/10E, betreffend UVP-Feststellungsbescheid zu einem Straßenbauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr, Abteilung Straßenneubau und -erhaltung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. Mai 2019 wurde aufgrund eines Antrags des Landes Oberösterreich als Straßenverwaltung und Projektwerber festgestellt, dass für das Vorhaben „3. Teilabschnitt - sog. Abschnitt S“ der Umfahrung M in der Gemeinde Schalchen keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) wurde die vom Revisionswerber und von der Gemeinde Schalchen gegen den genannten Bescheid vom 28. Mai 2019 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig erklärt.

3        Das angefochtene Erkenntnis wurde dem damaligen Rechtsvertreter des Revisionswerbers per webERV am 11. März 2020 übermittelt und somit am 12. März 2020 zugestellt.

4        Die vorliegende außerordentliche Revision wurde per webERV am 12. Juni 2020 eingebracht.

5        Zu ihrer Rechtzeitigkeit wird in der Revision ausgeführt, die Revisionsfrist sei „durch Art. 16 § 6 2. COVID-19-Gesetz unterbrochen“ worden und habe am 1. Mai 2020 neu zu laufen begonnen, weshalb die Revision rechtzeitig sei.

6        Diese Rechtsansicht trifft nicht zu.

7        Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes (Revisionsfrist) sechs Wochen. Sie beginnt (Z 1) in den Fällen des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber nur mündlich verkündet wurde, jedoch mit dem Tag der Verkündung.

8        Das am 21. März 2020 kundgemachte COVID-19-VwBG, BGBl. I Nr. 16/2020 in der hier maßgebenden Fassung zum Zeitpunkt der Revisionseinbringung, BGBl. I Nr. 42/2020, lautet auszugweise wie folgt:

Unterbrechung von Fristen

§ 1. (1) In anhängigen behördlichen Verfahren der Verwaltungsbehörden, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, und Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 - VVG, BGBl. Nr. 53/1991) anzuwenden sind, werden alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnen neu zu laufen. Bei der Berechnung einer Frist nach § 32 Abs. 1 AVG gilt der 1. Mai 2020 als Tag, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Bei der Berechnung einer Frist nach § 32 Abs. 2 AVG gilt der 1. Mai 2020 als Tag, an dem die Frist begonnen hat. Die vorstehenden Sätze gelten nicht für Fristen in Verfahren nach dem Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950.

(...)

Sonderregelungen für bestimmte Fristen

§ 2. (1) Die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 wird nicht eingerechnet:

1.   in die Zeit, in der ein verfahrenseinleitender Antrag (§ 13 Abs. 8 AVG) zu stellen ist,

(...)

Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes

§ 6. (...)

(2) Auf das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes sind die §§ 1 bis 3 und 5 sinngemäß anzuwenden.

(...)

Inkrafttreten und Außerkrafttreten

§ 9. (1) Dieses Bundesgesetz mit Ausnahme des § 6 Abs. 1 tritt mit Ablauf des Tages seiner Kundmachung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.

(...)

(3) Der Titel, § 1 Abs. 1 zweiter bis letzter Satz und Abs. 1a und § 2 samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2020 treten mit 22. März 2020 in Kraft.

(...)“

9        Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Revisionsfrist als Frist für einen „verfahrenseinleitenden“ Antrag im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 COVID-19-VwBG anzusehen und nach dieser Bestimmung daher für die dort genannte Dauer nur gehemmt worden (vgl. VwGH 17.3.2021, Ra 2020/11/0098; 20.4.2021, Ra 2020/07/0062; 1.6.2021, Ra 2020/05/0149 bis 0150; 17.6.2021, Ra 2020/06/0137 bis 0138).

10       Für den vorliegenden Revisionsfall folgt daraus, dass die Revisionsfrist am 12. März 2020, somit noch vor Inkrafttreten des COVID-19-VwBG am 22. März 2020, zu laufen begonnen hat und für die Zeit vom 22. März 2020 bis 30. April 2020 gehemmt war.

11       Ausgehend vom Beginn der Revisionsfrist hätte die sechswöchige Frist des § 26 Abs. 1 VwGG mit 23. April 2020 geendet (§ 32 Abs. 2 AVG). Unter Hinzurechnung der 40-tägigen Fristhemmung vom 22. März 2020 bis 30. April 2020 hat die Revisionsfrist im vorliegenden Fall erst mit Ablauf des 2. Juni 2020 geendet.

12       Die am 12. Juni 2020 einbebrachte Revision erweist sich daher als verspätet und war somit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 16. August 2021

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020060133.L00

Im RIS seit

10.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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