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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. März 1996, Zl. MA 11-NP/B/2434/95, betreffend Zurückverweisung einer Angelegenheit der Jugendwohlfahrt an die Erstbehörde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 11, Amt für Jugend und Familie für den 21. Bezirk, vom 14. November 1995, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Übernahme von Tageskindern nach dem Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz 1990 keine Folge gegeben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser erstinstanzliche Bescheid auf Grund der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde verwiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, daß die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift nicht begründet, aus welchen Gründen sie die vorliegende Beschwerde für unzulässig hält und deren Zurückweisung beantragt. Die Beschwerde ist vielmehr zulässig; dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Sachentscheidung über seine zulässige und rechtzeitige Berufung durch die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG verletzt sein kann.
Die Beschwerde ist aber unter diesem Gesichtspunkt nicht nur zulässig, sondern auch begründet.
Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den Erstbescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Nach dem ersten Satz des § 66 Abs. 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer in den in Abs. 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.
Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides zwar an, daß der Sachverhalt von der Erstbehörde nicht hinreichend geklärt worden sei, daß insbesondere ein näher genanntes Gutachten einzuholen wäre und bestimmte Personen als Zeugen einzuvernehmen wären sowie daß dem Beschwerdeführer zu den Ergebnissen dieser Ermittlungen Parteiengehör zu gewähren sei. Dies vermag aber die Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG nicht zu begründen, da in keiner Weise ersichtlich ist, wieso zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eine mündliche Verhandlung erforderlich wäre. Notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - sind gemäß § 66 Abs. 1 AVG von der Berufungsbehörde durch die Behörde erster Instanz durchführen zu lassen oder von der Berufungsbehörde selbst vorzunehmen; in jedem dieser Fälle hat aber die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG eine Sachentscheidung über die Berufung zu fällen (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 543 ff., wiedergegebene Rechtsprechung).
Aus dem genannten Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996110294.X00Im RIS seit
20.11.2000