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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)Norm
ABGB §1151Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der Leeb & Weinwurm Rechtsanwälte GmbH als Masseverwalterin im Konkursverfahren der A GmbH in N, vertreten durch Prof.Dipl.Ing.Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 2021, G305 2140349-1/24E, betreffend Pflichtversicherung und Beiträge nach dem ASVG und dem AlVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Gebietskrankenkasse nunmehr Österreichische Gesundheitskasse; mitbeteilige Parteien: 1. W R in G, 2. Pensionsversicherungsanstalt, 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt; weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht - in Bestätigung eines Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse - aus, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit für die A GmbH - die Revisionswerberin ist die Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen dieser Gesellschaft - in der Zeit von 1. Juli 2006 bis 31. März 2007 der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall-, Pensions- sowie Arbeitslosenversicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. Weiters verpflichtete das Bundesverwaltungsgericht die Revisionswerberin zur Nachentrichtung von Beiträgen, Nebenumlagen, Sonderbeiträgen und Zuschlägen sowie Verzugszinsen in näher bezeichneter Höhe. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
5 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht - soweit hier wesentlich - aus, der Erstmitbeteiligte sei für die A GmbH im maßgeblichen Zeitraum als Servicetechniker tätig gewesen, wobei seine Aufgabe ganz überwiegend laufend die Montage von Mauertrockenlegungsgeräten bei Kunden der A GmbH sowie die begleitende Durchführung von Messungen der Feuchte von Mauern gewesen sei. Diese Arbeit habe der Erstmitbeteiligte aufgrund der inhaltlichen sowie zeitlichen Vorgaben der A GmbH erbracht. Er sei persönlichen Kontrollen und Weisungen durch die A GmbH unterlegen und ausschließlich für dieses Unternehmen tätig geworden. Die Tätigkeit des Erstmitbeteiligten für die A GmbH sei nach den wahren wirtschaftlichen Verhältnissen nicht auf die Erbringung einzelner Werke, sondern auf eine dauerhafte Leistung von Diensten gerichtet gewesen. Entgegen der Bezeichnung des mit der A GmbH abgeschlossenen Vertrages sei somit im Sinn der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein Werkvertrag, sondern ein Dienstvertrag vorgelegen. Die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellten Kriterien eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 4 Abs. 2 ASVG seien vorgelegen.
6 Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, das Bundesverwaltungsgericht sei hinsichtlich der Abgrenzung eines Dienstvertrages von einem Werkvertrag von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Dabei seien wohl die Rechtssätze der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zutreffend wiedergegeben, aber keine korrekte Abwägung der Merkmale von Dienstvertrag und Werkvertrag vorgenommen worden.
7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung zwischen Dienstvertrag und Werkvertrag kommt es zur Unterscheidung entscheidend darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet. In diesem Fall liegt ein Dienstvertrag vor. Wird die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernommen, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, liegt ein Werkvertrag vor. Dagegen kommt es beim Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf die Bereitschaft des Dienstnehmers zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, an. Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet (vgl. etwa VwGH 29.1.2020, Ra 2018/08/0028, mwN).
8 Von dieser Rechtsprechung ist das Bundesverwaltungsgericht auch im vorliegenden Fall ausgegangen. Seine Beurteilung, es sei nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 539a ASVG) keine Aneinanderreihung einzelner Werkverträge, sondern im Sinn der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Verpflichtung des Mitbeteiligten gegenüber der A GmbH zur Erbringung einer Dienstleistung auf gewisse Zeit und damit ein Dienstvertrag vorgelegen, erweist sich jedenfalls nicht als unvertretbar.
9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 30. August 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021080065.L00Im RIS seit
15.09.2021Zuletzt aktualisiert am
15.09.2021