TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/18 96/11/0169

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Veröffentlicht am 18.02.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §52;
KDV 1967 §31;
KDV 1967 §34 Abs1 litd;
KDV 1967 §34 Abs3;
KFG 1967 §75 Abs1;
KFG 1967 §75 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/11/0215

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerden des B in S, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Salzburg 1.) vom 29. April 1996, Zl. 5/04-14/883/1-1996, betreffend Aufforderung gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 (hg. Zl. 96/11/0169), 2.) vom 15. Juli 1996, Zl. 5/04-14/883/2-1996, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung (hg. Zl. 96/11/0215), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und S 4.000,--, insgesamt also S 8.565,--, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1948 geborene Beschwerdeführer besaß seit 1966 eine Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B. Am 28. Juni 1995 stellte er den Antrag auf Ausdehnung der Lenkerberechtigung auf Kraftfahrzeuge der Gruppe A. Bei der vom ärztlichen Amtssachverständigen durchgeführten Untersuchung am 29. August 1995 stellte dieser beim Beschwerdeführer Finger- und Kopftremor und große Nervosität fest. Der Sachverständige war der Auffassung, daß noch ein aktueller Befund betreffend Leberfunktionsproben und ein Befund der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle des Kuratoriums für Verkehrssicherheit beizubringen sei, weil beim Beschwerdeführer ein Status nach Alkoholabusus bestehe, die Konzentrations- und Beobachtungsfähigkeit herabgesetzt sei und der Beschwerdeführer fahrig und zittrig sei.

Da der Beschwerdeführer bei der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle des Kuratoriums für Verkehrssicherheit nicht erschien, hielt der ärztliche Amtssachverständige in seiner handschriftlichen Äußerung vom 6. Dezember 1995 fest, daß der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen A und B nicht geeignet sei, und regte die Einleitung des Verfahrens zur Entziehung der Lenkerberechtigung an. Er führte aus, daß beim Beschwerdeführer eine ausgeprägte Symptomatik nach chronischem Alkoholmißbrauch bestehe, wie affektive Verflachung, mnestische Störungen, reduzierte Konzentrationsfähigkeit, Alkohol-Dermatose sowie Körper- und Fingertremor. Als Grundkrankheit wurde eine typische Depression ("major depression") genannt. Der Sachverständige vertrat die Ansicht, es sollte dem Beschwerdeführer die Chance eingeräumt werden, einen psychiatrischen Befund vorzulegen.

In seiner Stellungnahme vom 3. Jänner 1996 führte der Beschwerdeführer u.a. aus, er habe sich im Zeitpunkt der Untersuchung in einem schwierigen psychischen Zustand befunden, weil sein Vater kurz zuvor verstorben und seine Mutter ein Pflegefall sei. Da kein Grund für die Einleitung des Verfahrens zur Entziehung der Lenkerberechtigung vorliege, beantrage er die Einstellung des Verfahrens.

In seiner (in Maschinschrift verfaßten) Stellungnahme vom 18. Jänner 1996 führte der ärztliche Amtssachverständige aus, bei der am 29. August 1995 durchgeführten Untersuchung hätten sich wesentliche somatische und psychische Leistungsdefizite ergeben, die im Regefall eine Beeinträchtigung der kraftfahrspezifischen Leistungsqualitäten, insbesondere der Konzentration und der Beobachtungsfähigkeit, zur Folge hätten. Daneben seien eine wesentliche Beeinträchtigung der Stimmung und eine Fahrigkeit und Zittrigkeit zu beobachten gewesen. Der Beschwerdeführer habe private Gründe für seinen Gesundheitszustand angegeben, nämlich die schwere Krankheit von Vater und Mutter. Die Behauptung, der Vater sei kurz vor der Untersuchung verstorben, sei unrichtig, weil der Vater des Beschwerdeführers erst am 25. Oktober 1995 verstorben sei. Auf Grund der schwerwiegenden Hinweise auf die psychische Beeinträchtigung in Kombination mit Symptomen, wie sie häufig bei Alkoholmißbrauch beobachtet würden, und auf Grund der Anamnese, in der der Beschwerdeführer angegeben habe, regelmäßig Alkohol zu trinken, sei der Verdacht auf Alkoholabhängigkeit geäußert und der Beschwerdeführer eingeladen worden, den Gegenbeweis zu erbringen, und zwar

1. durch Vorlage aktueller Leberfunktionsproben, also jener enzymatischen Parameter, die einen Rückschluß auf eine alkoholtoxische Leberschädigung zuließen, sowie 2. durch einen Test des Kuratoriums für Verkehrssicherheit Salzburg, um die klinisch erkennbare Minderung der kraftfahrspezifischen Leistungen zu objektivieren. Da der Beschwerdeführer keine Befunde beigebracht habe, sei der Beschwerdeführer am 6. Dezember 1995 als nicht geeignet beurteilt und der Behörde anheimgestellt worden, das Entziehungsverfahren einzuleiten. Auf Grund der vom Beschwerdeführer aufgezeigten

- möglicherweise vorübergehenden - psychischen Störungen erscheine neben der Beibringung aktueller Leberfunktionsproben und einer verkehrspsychologischen Untersuchung auch das Einholen eines aktuellen psychiatrischen Befundes erforderlich. Eine seit der Untersuchung vom 29. August 1995 gepflogene Alkoholkarenz könne allenfalls laborchemisch und psychiatrisch unter Beweis gestellt werden.

In seiner Äußerung vom 5. März 1996 führte der - anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer aus, es sei seinem Vertreter nicht möglich, sämtliche handschriftlichen Eintragungen im "ärztlichen Gutachten" vom 6. Dezember 1995 zu entziffern und die verwendeten Abkürzungen zu verstehen. Der Amtsarzt möge das ärztliche Gutachten in Maschinschrift übertragen und die verwendeten Abkürzungen erläutern.

Mit Bescheid vom 14. März 1996 (zugestellt am 19. März 1996) forderte die Erstbehörde den Beschwerdeführer auf, binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides einen Leberfunktionsprobenbefund sowie einen verkehrspsychologischen und psychiatrischen Befund vom Institut für Forensische Psychiatrie in Salzburg vorzulegen.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, das Institut für Forensische Psychiatrie weise seiner Ansicht nach nicht die Qualifikation eines Verkehrspsychologen auf. Die zufolge § 34 Abs. 3 KDV 1967 nach Meinung des Amtssachverständigen erforderliche fachärztliche Untersuchung habe durch einen Facharzt für Neurologie und nicht durch einen Facharzt für Psychiatrie zu erfolgen, weshalb die Anordnung der Untersuchung beim Institut für Forensische Psychiatrie unzulässig sei. Im übrigen sei seinem Ersuchen um Mitteilung der Abkürzungen im amtsärztlichen Gutachten vom 6. Dezember 1995 nicht entsprochen worden. Der Beschwerdeführer habe bereits der Erstbehörde einen Leberfunktionsprobenbefund übermittelt, aus dem sich normale Leberwerte ergäben. Die Aufforderung sei auch deshalb rechtswidrig, weil dem Beschwerdeführer die Vorlage des Befundes einer bestimmten Stelle vorgeschrieben worden sei.

Am selben Tag wie die Berufung langte bei der Erstbehörde ein Schriftsatz vom 27. März 1996 ein, mit dem ein Befund eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 6. März 1996 vorgelegt und ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer lege hiemit auftragsgemäß einen Leberfunktionsprobenbefund vor.

Mit Bescheid vom 29. April 1996 (zugestellt am 7. Mai 1996) gab die belangte Behörde der Berufung lediglich insoweit Folge, als sie die Frist zur Vorlage der geforderten Unterlagen auf neun Wochen erstreckte. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Auffassung des Beschwerdeführers, dem Institut für Forensische Psychiatrie fehle die Qualifikation als verkehrspsychologische Untersuchungsstelle, könne nicht geteilt werden. Wenn der Amtsarzt im vorliegenden Fall neben einem verkehrspsychologischen auch einen psychiatrischen Befund als Beurteilungshilfe für erforderlich erachtet habe, könne dem nicht mit dem Argument entgegengetreten werden, daß eher ein neurologischer Befund zu verlangen gewesen sei. Dem Auftrag zur Vorlage eines Leberfunktionsprobenbefundes sei der Beschwerdeführer mit der Vorlage des Befundes vom 6. März 1996 nicht nachgekommen, weil in diesem Blutbefund gerade der chemische Befund betreffend Leberwerte, nämlich GOT, GPT und Gamma-GT, nicht enthalten sei. Die Vorlagefrist sei entsprechend zu erstrecken gewesen, sodaß der Beschwerdeführer die Befunde bis längstens 21. Mai 1996 vorzulegen habe.

Da der Beschwerdeführer dem Auftrag zur Vorlage der Befunde nicht nachkam, entzog ihm die Erstbehörde mit Bescheid vom 5. Juni 1996 (zugestellt am 11. Juni 1996) gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er geltend machte, daß die von der belangten Behörde mit Bescheid vom 29. April 1996 gesetzte Frist von neun Wochen erst mit der Zustellung dieses Bescheides und nicht mit der Übernahme des erstinstanzlichen Bescheides beginne, sodaß die Frist zur Vorlage erst am 9. Juli 1996 ablaufe.

Mit Bescheid vom 15. Juli 1996 gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge und führte aus, der Beschwerdeführer habe dem Auftrag zur Vorlage der Befunde innerhalb der (mit Bescheid der belangte Behörde vom 29. April 1996) gesetzten Frist, die am 21. Mai 1996 geendet habe, nicht entsprochen. Die Erstbehörde habe mit der Erlassung des Entziehungsbescheides noch zwei Wochen zugewartet und damit dem Beschwerdeführer die Möglichkeit gegeben, die geforderten Befunde nachzureichen. Es sei zulässig, einer Berufung gegen einen Aufforderungsbescheid (§ 75 Abs. 2 KFG 1967) gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung abzuerkennen. Die belangte Behörde habe mit der Erstreckung der Frist (bis 21. Mai 1996) vermeiden wollen, daß zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung die Vorlagefrist bereits abgelaufen sei. Da ein rechtskräftiger Aufforderungsbescheid vorliege, dem der Beschwerdeführer bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides nicht Folge geleistet habe, sei dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung gemäß § 75 Abs. 2 KFG 1967 zu Recht entzogen worden.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 29. April 1996 richtet sich die zu Zl. 96/11/0169 protokollierte Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht werden und dessen kostenpflichtige Aufhebung beantragt wird.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juli 1996 richtet sich die zu Zl. 96/11/0215 protokollierte Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in den von ihr erstatteten Gegenschriften jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und über sie erwogen:

Zur Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 29. April 1996:

Gemäß § 75 Abs. 1 KFG 1967 ist dann, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkerberechtigung noch gegeben sind (§ 64 Abs. 2), unverzüglich ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Gemäß § 75 Abs. 2 leg. cit. ist vor der Entziehung der Lenkerberechtigung wegen mangelnder geistiger oder körperlicher Eignung ein neuerliches ärztliches Gutachten gemäß § 67 Abs. 2 einzuholen. Leistet der Besitzer einer Lenkerberechtigung einem rechtskräftigen Bescheid u.a. mit der Aufforderung, zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderliche Befunde zu erbringen, keine Folge, so ist ihm die Lenkerberechtigung zu entziehen.

Der Beschwerdeführer vermißt die Einholung von Unterlagen zwecks Prüfung der fachlichen Qualifikation des Institutes für Forensische Psychiatrie als verkehrspsychologische Untersuchungsstelle. Er führt aber nicht näher aus, worauf sich seine allfälligen diesbezüglichen Bedenken gründen könnten, sodaß der belangten Behörde - im Hinblick auf die Erfahrungen aus mehreren Verfahren, in denen das genannte Institut diesbezügliche Befunde erstattet hatte - nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie davon ausgegangen ist, das genannte Institut sei als verkehrspsychologische Untersuchungsstelle anzusehen. Eine behördliche Prüfung oder Ermächtigung von verkehrspsychologischen Untersuchungsstellen ist weder im KFG 1967 noch in der KDV 1967 vorgesehen (vgl. hingegen hinsichtlich der zur Nachschulung ermächtigten Stellen § 64a Abs. 5 KFG 1967 und § 29c KDV 1967).

Mit seinem Vorbringen, nach den Behauptungen des ärztlichen Amtssachverständigen sei von einem Fall des § 34 Abs. 3 KDV 1967 auszugehen, weshalb die Untersuchung durch einen Facharzt für Neurologie angezeigt gewesen wäre, geht der Beschwerdeführer am Akteninhalt vorbei, weil der ärztliche Amtssachverständige unter ausdrücklichem Hinweis auf § 31 KDV 1967 den begründeten Verdacht auf Vorliegen einer typischen Depression ("major depression", siehe zu diesem Begriff Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch257, S. 311) geäußert hat.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist nach der Aktenlage nicht davon auszugehen, der Sachverständige habe den Beschwerdeführer am 29. August 1995 als bedingt geeignet angesehen, weil der Sachverständige nach dieser Untersuchung ausdrücklich die Beibringung eines aktuellen Leberfunktionsprobenbefundes und eines verkehrspsychologischen Befundes des Kuratoriums für Verkehrssicherheit verlangt hat. Es besteht daher kein Widerspruch zu der mit 6. Dezember 1995 datierten Äußerung. Dem Inhalt der über die Untersuchung vom 29. August 1995 gemachten Eintragungen nach kann lediglich davon ausgegangen werden, daß auf Grund der Notwendigkeit der Verwendung eines entsprechenden Sehbehelfes jedenfalls nur eine bedingte Eignung in Betracht gekommen wäre, daß aber im Hinblick auf die noch beizubringenden Befunde damals noch kein abschließendes Gutachten erstattet werden konnte. Der Sachverständige hat seine Eintragungen vom 29. August 1995 auch nicht unterfertigt.

Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte mangels entsprechender Sachkenntnis zu dem von ihm vorgelegten Befund die Stellungnahme eines ärztlichen Sachverständigen einholen müssen. Sie wäre dadurch zu dem Ergebnis gekommen, daß der vorliegende Befund ausreichend für die Beurteilung der angeblichen Leistungsdefizite und der Verkehrszuverlässigkeit sei.

Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Vorlage eines Leberfunktionsprobenbefundes der Prüfung des vom ärztlichen Amtssachverständigen geäußerten Verdachtes, beim Beschwerdeführer könne es an der ausreichenden Gesundheit im Grunde des § 34 Abs. 1 lit. d KDV 1967 mangeln, gedient hätte. Mit der Frage der Verkehrszuverlässigkeit hat dies nichts zu tun. Der Leberfunktionsprobenbefund hätte auch nicht der Prüfung von Leistungsdefiziten gedient; dies wäre vielmehr im Rahmen der in die fachärztliche Untersuchung einzubeziehenden Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit zu beurteilen gewesen. Der belangten Behörde kann auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den vom Beschwerdeführer vorgelegten, bereits vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides erstellten ärztlichen Befund vom 6. März 1996, der nicht als Leberfunktionsprobenbefund bezeichnet und dem auch der Grund für seine Erstellung nicht zu entnehmen ist, nicht als Leberfunktionsprobenbefund angesehen hat. Der ärztliche Amtssachverständige hat in seiner Stellungnahme vom 18. Jänner 1996 ausdrücklich "die Vorlage aktueller Leberfunktionsproben, also jener enzymatischen Parameter, die einen Rückschluß auf eine alkoholtoxische Leberschädigung zulassen", verlangt. Zu diesen Parametern gehören - wie aus zahlreichen Verfahren bekannt ist - auch die von der belangten Behörde genannten (vgl. GOT, GPT und Gamma-GT). Da der vom Beschwerdeführer vorgelegte Befund diese Parameter nicht enthält, kann er, auch ohne daß darüber ein Sachverständigengutachten eingeholt wurde, nicht als Leberfunktionsprobenbefund angesehen werden. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß der Beschwerdeführer dem erstinstanzlichen Auftrag, einen Leberfunktionsprobenbefund vorzulegen, im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides noch nicht entsprochen hatte, und ihm daher einen diesbezüglichen Auftrag erteilt hat.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist die vom ärztlichen Amtssachverständigen handschriftlich erstellte Äußerung vom 6. Dezember 1995 leserlich und es sind auch die darin verwendeten Abkürzungen verständlich. Die Äußerung hat den eingangs geschilderten Inhalt. Insbesondere unter Berücksichtigung des Inhaltes der in Maschinschrift verfaßten ausführlichen Stellungnahme des Sachverständigen vom 18. Jänner 1996 konnte beim Beschwerdeführer kein Zweifel am Inhalt der Äußerung des Sachverständigen bestehen, weshalb der vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vorliegt. Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers hat der Sachverständige - wie sich aus seiner Stellungnahme vom 18. Jänner 1996 ergibt - berücksichtigt, daß der Beschwerdeführer die schwere Krankheit seiner Eltern als Grund für seinen Zustand angegeben hat. Es kann aber im Hinblick auf den vom Sachverständigen beschriebenen Zustand des Beschwerdeführers nicht als verfehlt angesehen werden, wenn der Sachverständige zur Abklärung der Frage, ob beim Beschwerdeführer eine seelische Störung im Sinne des § 31 KDV 1967 vorliegt, eine Untersuchung durch einen Facharzt für Psychiatrie für erforderlich angesehen hat und die belangte Behörde dieser Auffassung gefolgt ist.

Der Beschwerdeführer rügt auch in der vorliegenden Beschwerde, daß ihm die belangte Behörde die Vorlage von Befunden einer bestimmten Stelle aufgetragen hat. Er vermag damit aber keine Rechtsverletzung darzutun. Der Aufforderung zur Beibringung eines verkehrspsychologischen und eines psychiatrischen Befundes des Institutes für Forensische Psychiatrie lag erkennbar die Auffassung der belangten Behörde zugrunde, daß von den an diesem Institut Tätigen sowohl verkehrspsychologische als auch fachärztliche Untersuchungen im Sinne des § 31 KDV 1967 durchgeführt und entsprechende Befunde erstellt werden. Es ist nicht ersichtlich, daß durch diese Vorgangsweise allein schon Rechte des Beschwerdeführers verletzt sein könnten. Anderes gälte gegebenenfalls dann, wenn der Beschwerdeführer vollständige Befunde einer anderen Untersuchungsstelle oder eines anderen Facharztes vorgelegt und die belangte Behörde dessen ungeachtet die Entziehung der Lenkerberechtigung wegen Nichtbeibringung eines Befundes der von ihr bezeichneten Untersuchungsstelle bzw. des von ihr bestimmten Arztes ausgesprochen hätte. Dies war jedoch nicht der Fall, weshalb sich nähere Ausführungen dazu erübrigen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1992, Zl. 92/11/0154).

Richtig ist, daß zufolge § 75 Abs. 2 KFG 1967 nur Besitzern einer Lenkerberechtigung, die einer RECHTSKRÄFTIGEN Aufforderung keine Folge geleistet haben, die Lenkerberechtigung nach dieser Gesetzesstelle zu entziehen ist. Dem Besitzer einer Lenkerberechtigung muß daher ab Rechtskraft der Aufforderung eine Frist zur Verfügung stehen, die ihm die Befolgung des Auftrages ermöglicht, sodaß die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen einen erstinstanzlichen Aufforderungsbescheid gemäß § 64 Abs. 2 AVG in diesem Zusammenhang ins Leere geht. Im vorliegenden Fall endete die von der belangten Behörde bestimmte Frist, wie sich aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides im Zusammenhalt mit dessen Begründung zweifelsfrei ergibt, am 21. Mai 1996. Dem Beschwerdeführer standen daher zur Befolgung der Aufträge zwei Wochen zur Verfügung. Diese Frist ist zwar kurz, doch ist einerseits zu bedenken, daß Aufträge im Sinne des § 75 Abs. 2 KFG 1967 dem Interesse der Verkehrssicherheit dienen und diesem Interesse mit kurzen Fristen eher gedient ist als mit langen, und andererseits zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer mit keinem Wort erwähnt, warum ihm die Befolgung der Aufträge innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides am 11. Juni 1996 unmöglich oder unzumutbar gewesen sein soll, und nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt dafür besteht, daß der Beschwerdeführer innerhalb der gesetzten Frist oder in der Folge überhaupt Anstalten getroffen hat, den Aufträgen zu entsprechen. Es ist daher nicht zu erkennen, daß der Beschwerdeführer durch die Bestimmung der Frist zur Befolgung der Aufträge in seinen Rechten verletzt wurde.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde gegen den Aufforderungsbescheid als unbegründet.

Zur Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juli 1996:

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, daß die von der belangten Behörde mit Bescheid vom 29. April 1996 "erstreckte" Frist von neun Wochen erst mit der Zustellung dieses Bescheides begonnen habe und nicht mit der Zustellung des erstinstanzlichen Aufforderungsbescheides. Die Frist zur Vorlage der Befunde sei daher im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Aufforderungsbescheides noch nicht abgelaufen gewesen.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen, wonach die mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. April 1996 gesetzte Frist am 21. Mai 1996 geendet hat. Selbst wenn man auf Grund des Spruches, nach dessen Inhalt der erstinstanzliche Bescheid dahin abgeändert wurde, daß die Frist zur Vorlage der Befunde auf neun Wochen erstreckt wird, noch Zweifel über die Berechnung dieser Frist haben konnte, ist durch die Begründung, in der ausgeführt wird, daß die Befunde auf Grund der Erstreckung der Frist bis längstens 21. Mai 1996 vorzulegen sind, klargestellt, welche Frist dem Beschwerdeführer gesetzt wurde.

Da der Beschwerdeführer innerhalb der gesetzten Frist und auch in der Folge bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides - eine verspätete Vorlage vor Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides hätte die Entziehung rechtswidrig gemacht (siehe das hg. Erkenntnis vom 19. September 1989, Slg. Nr. 12.991/A, mwN) - die im Aufforderungsbescheid verlangten Befunde nicht vorgelegt hat, erweist sich die auf § 75 Abs. 2 KFG 1967 gestützte Entziehung der Lenkerberechtigung als nicht rechtswidrig.

Da sich nach dem Gesagten beide Beschwerden als unbegründet erwiesen haben, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet Sachverständiger Fakultätsgutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110169.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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