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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §8;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):95/11/0101 E 18. Februar 1997Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dipl.-Tzt. F in F, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 26. Jänner 1995, Va-553/1994, betreffend Bestellung von Fleischuntersuchungstierärzten und Arbeitsaufteilung, (mitbeteiligte Parteien: 1. Dipl.-Tzt. M in F; 2. Dr. H in S;
3. Dipl.-Tzt. T in R)
Spruch
1. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Bestellung von Fleischuntersuchungstierärzten richtet, zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird im übrigen als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein in F niedergelassener Tierarzt, wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. März 1992 gemäß § 4 Abs. 2 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl 1982/522, zum Fleischuntersuchungstierarzt für die Gemeinden D, D-Berg, F, R, Sa und Schni bestellt. Mit einem weiteren Bescheid vom 3. März 1992 wurde er zum Fleischuntersuchungstierarzt für die Stadtgemeinde F bestellt. Den Bestellungsbescheiden zufolge war die zeitliche Aufteilung der Untersuchungstätigkeit zwischen ihm und dem Erstmitbeteiligten vorher einvernehmlich festgelegt worden.
Mit (Sammel)Bescheid der belangten Behörde vom 26. Jänner 1995 wurden gemäß § 4 Abs. 2 Fleischuntersuchungsgesetz idF BGBl 1994/118 (im folgenden: FlUG) für den Bereich des Landes Vorarlberg mit Ausnahme der Stadt D Fleischuntersuchungstierärzte zur Durchführung der "neuen" Kontrolluntersuchungen nach § 17 FlUG bestellt; gemäß § 4 Abs. 7 FlUG wurden die Arbeitsverteilung und die Vertretung im Sinne einer einvernehmlich erzielten Vereinbarung näher festgelegt. Danach wurden zur Vornahme der Kontrolluntersuchungen in den vorhin genannten sieben Gemeinden der Erstmitbeteiligte und als dessen Vertreter der Zweit- und der Drittmitbeteiligte bestellt.
Mit Erledigung vom 1. Februar 1995 setzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer von dem ihn betreffenden Inhalt des Bescheides vom 26. Jänner 1995 mit dem Bemerken in Kenntnis, die Bestellung erfolge nur für die Durchführung der Kontrolluntersuchungen und habe keinen Einfluß auf seine Tätigkeit in der Fleischuntersuchung.
Gegen den (dem Beschwerdeführer durch das Schreiben der belangten Behörde vom 1. Februar 1995 bekanntgewordenen) Bescheid vom 26. Jänner 1995 richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht, nur aus den im Gesetz genannten Gründen als Fleischuntersuchungstierarzt abberufen zu werden, verletzt und begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Wie sich aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, betrifft dieses Begehren lediglich den den Beschwerdeführer betreffenden Teil des Bescheides vom 26. Jänner 1995.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Zurückweisung bzw. Abweisung der Beschwerde unter Zuspruch von Aufwandersatz begehrt. Auch der Erst- und der Drittmitbeteiligte erstatteten jeweils eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 FlUG obliegt die Schlachttier- und Fleischuntersuchung sowie die Überwachung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen dem Landeshauptmann. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen hat sich der Landeshauptmann zur Erfüllung dieser Aufgaben besonders geschulter Organe (Fleischuntersuchungsorgane) zu bedienen. Diese sind vom Landeshauptmann nach Anhören der Gemeinde, in deren Bereich sie ihre Tätigkeit ausüben sollen, zu bestellen. Nach Abs. 6 dieses Paragraphen hat die Beauftragung der Fleischuntersuchungsorgane mit deren Zustimmung durch Bescheid des Landeshauptmannes zu erfolgen. Durch die Beauftragung wird kein Dienstverhältnis begründet.
Gemäß § 4 Abs. 7 FlUG hat der Landeshauptmann, wenn für den Bereich einer Gemeinde zwei oder mehrere Fleischuntersuchungsorgane bestellt sind, die Aufteilung der Arbeit dieser Organe untereinander in jenen Fällen mit Bescheid nachträglich festzulegen, in denen weder die Beauftragungsbescheide gemäß Abs. 6 eine geeignete Arbeitsverteilung enthalten noch eine Einigung der betroffenen Organe hierüber zustande kommt. Hiebei hat der Landeshauptmann die betroffenen Fleischuntersuchungsorgane anzuhören und nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu entscheiden. Gegen diesen Bescheid ist eine Berufung nicht zulässig. Die im Bescheid vorgeschriebene Arbeitsverteilung ist vom Bürgermeister in geeigneter Weise kundzumachen.
§ 6 FlUG zählt in den Abs. 4 und 5 Gründe auf, bei deren Vorliegen eine Bestellung zu widerrufen ist bzw. widerrufen werden kann.
Mit der Bestellung eines Tierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt nach § 4 FlUG erwächst ihm nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ein subjektives Recht auf diese Rechtsstellung (VfGH 15.3.1990, Slg 12331; VwGH 10.12.1986, 85/09/0166, 22.3.1991, 88/18/0041). In dieses Recht darf nur in den im Gesetz vorgesehenen Fällen eingegriffen werden (siehe die genannten hg. Erkenntnisse). Ein solcher Eingriff liegt aber nicht schon in der Bestellung eines anderen Tierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt, weshalb einem zum Fleischuntersuchungsorgan bestellten Tierarzt im Verfahren zur Bestellung eines anderen Tierarztes keine Parteistellung zukommt (VwGH 10.12.1986, 85/09/0166). Mit der Novelle BGBl 1994/118 eröffnete der Gesetzgeber nunmehr die zuvor fehlende Möglichkeit (siehe VwGH 22.3.1991, 88/18/0041), bei Vorhandensein mehrerer Fleischuntersuchungstierärzte in die Befugnisse der früher bestellten durch bescheidmäßige Aufteilung der Tätigkeit zwischen ihnen (in zeitlicher, räumlicher oder sachlicher Hinsicht) einzugreifen. Das subjektive Recht aus der Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt umfaßt somit im gegebenen Zusammenhang zum einen das Recht, daß ein gänzlicher Widerruf der Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 6 Abs. 4 und 5 FlUG) erfolgen darf, und zum anderen - bei Vorhandensein mehrerer Fleischuntersuchungstierärzte im selben Bereich - das Recht, daß die Tätigkeitsaufteilung zwischen ihnen nach sachlichen Kriterien erfolgt, nicht jedoch das Recht auf Mitwirkung als Partei im Verfahren zur Bestellung weiterer Fleischuntersuchungstierärzte für denselben Bereich. Für dieses Ergebnis spricht auch die Überlegung, daß kein sachlicher Grund ersichtlich ist, der ein mit der Einräumung der Parteistellung im Verfahren zur Bestellung weiterer Fleischuntersuchungstierärzte gegebenes Quasi-Gebietsmonopol der bestellten Fleischuntersuchungstierärzte in ihrem Bereich und den dadurch bewirkten de facto-Ausschluß anderer Tierärzte im selben Bereich von der Erlangung dieser Erwerbsmöglichkeit rechtfertigen könnte.
1. Die belangte Behörde führt in der Gegenschrift aus, bei ihrer vom Beschwerdeführer bekämpften Zuschrift vom 1. Februar 1995 handle es sich nicht um einen Bescheid, sondern lediglich um eine Benachrichtigung des Beschwerdeführers über die Regelung der Kontrolluntersuchungen nach § 17 FlUG in seinem örtlichen Tätigkeitsbereich als Fleischuntersuchungstierarzt. Der Bescheid vom 26. Jänner 1995, mit dem Tierärzte für die Vornahme dieser Kontrolluntersuchungen bestellt worden seien, sei dem Beschwerdeführer mangels Parteistellung nicht zuzuleiten gewesen. Die Beschwerde sei aus diesen Gründen als unzulässig zurückzuweisen.
Dazu ist festzuhalten: Es trifft zu, daß es sich beim Schreiben vom 1. Februar 1995 nicht um einen Bescheid handelt. Dieses Schreiben ist nicht als Bescheid bezeichnet und auch nach seinem Inhalt nicht als Bescheid zu werten. Sein Zweck liegt erkennbar allein darin, den Beschwerdeführer von dem ihn betreffenden Inhalt des Bescheides vom 26. Jänner 1995 zu informieren. Daß der - in der Beschwerde ausdrücklich bekämpfte - Bescheid vom 26. Jänner 1995 dem Beschwerdeführer (infolge der - wie noch auszuführen sei wird - unzutreffenden gänzlichen Verneinung seiner Parteistellung durch die belangte Behörde) nicht zugestellt wurde, steht der Erhebung der vorliegenden Beschwerde deshalb nicht entgegen, weil gemäß § 26 Abs. 2 erster Satz VwGG die Beschwerde auch erhoben werden kann, bevor der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt oder verkündet worden ist. Die Zurückweisung der Beschwerde aus diesem Grund kommt daher nicht in Betracht.
Die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Bestellung von Fleischuntersuchungstierärzten betrifft (was die belangte Behörde in ihrer über hg. Berichterverfügung erstatteten Stellungnahme vom 18. Oktober 1995 nochmals ausdrücklich klarstellt) ausschließlich die Durchführung der Kontrolluntersuchungen nach § 17 FlUG; die Schlachtvieh- und Fleischuntersuchung durch die bereits bestellten Fleischuntersuchungstierärzte bleibt davon unberührt. Durch die Novelle BGBl 1994/118 wurde die schon in § 17 FlUG (alt) vorgesehen gewesene Kontrolle von Betrieben durch den Fleischuntersuchungstierarzt neu gestaltet; gleichzeitig entfielen damit die nicht EG-konformen Kontrolluntersuchungen nach §§ 40, 41 FlUG (alt) (1136 BlgNR 18. GP 12f). Die Kontrolluntersuchung von Betrieben gehört zu den von bestellten Fleischuntersuchungstierärzten ex lege wahrzunehmenden Aufgaben (§ 17 Abs. 1 erster Satz FlUG idF vor und nach der Novelle BGBl 1994/118). Aufgrund des angefochtenen Bescheides sind nunmehr in Gemeinden, für die - wie im Beschwerdefall - ein anderer als der bisher bestellte Fleischuntersuchungstierarzt mit der Durchführung der Kontrolluntersuchungen nach § 17 FlUG betraut ist, zwei Tierärzte mit der Wahrnehmung der Agenden eines Fleischuntersuchungstierarztes betraut. Die Aufteilung der Tätigkeiten zwischen ihnen erfolgt in sachlicher Hinsicht, nämlich dahin, daß der mit dem angefochtenen Bescheid bestellte Tierarzt die Kontrolluntersuchungen nach § 17 FlUG, der bisher bestellte Fleischuntersuchungstierarzt hingegen die übrigen Agenden eines Fleischuntersuchungstierarztes wahrzunehmen hat.
Für den Beschwerdefall folgt daraus: Der Beschwerdeführer war kraft seiner Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt für die oben genannten sieben Gemeinden, die eine sachliche Einschränkung seiner Tätigkeit nicht vorsah, ab dem Inkrafttreten der Novelle BGBl 1994/118 zur Durchführung der "neuen" Kontrolluntersuchungen nach § 17 FlUG in diesen Gemeinden berechtigt. In diese Berechtigung greift der angefochtene Bescheid durch seinen Ausspruch betreffend die Festlegung der Arbeitsverteilung ein. Insoweit kommt dem Beschwerdeführer Parteistellung zu. Er ist daher in diesem Umfang zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde berechtigt.
In Ansehung des Bestellungsausspruches nach § 4 Abs. 2 FlUG kommt ihm allerdings keine Parteistellung zu. Die Beschwerde war daher in dem im Spruch bezeichneten Umfang gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
2. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid mangels einer Rechtsgrundlage für den damit vorgenommenen Eingriff in seine Rechte für rechtswidrig.
Dem ist entgegenzuhalten, daß - anders als in dem mit hg. Erkenntnis vom 22.3.1991, 88/18/0041, entschiedenen Fall, in dem es um die teilweise Zurücknahme der Berechtigung eines Fleischuntersuchungstierarztes durch Einschränkung seiner Untersuchungstätigkeit in zeitlicher Hinsicht ging - nunmehr § 4 Abs. 7 FlUG die Rechtsgrundlage für Eingriffe der gegenständlichen Art bietet. Diese - zur Ermöglichung einer ungehinderten Vollziehung der Fleischuntersuchungsvorschriften geschaffene (1136 BlgNR 18. GP 11) - Bestimmung ermächtigt den Landeshauptmann, bei Vorhandensein von mehr als einem Fleischuntersuchungstierarzt in einer Gemeinde und Fehlen einer geeigneten Arbeitsverteilung zwischen ihnen ihre Tätigkeit unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis festzulegen. Davon hat die belangte Behörde in der Weise Gebrauch gemacht, daß sie mit der Vornahme von Kontrolluntersuchungen nach § 17 FlUG ausschließlich die im angefochtenen Bescheid genannten Fleischuntersuchungstierärzte betraute und den nicht genannten Fleischuntersuchungstierärzten die Schlachttier- und Fleischuntersuchung beließ. Maßgebend für diese Arbeitsaufteilung war insbesondere die Überlegung, daß die Durchführung der "neuen" Kontrolluntersuchungen vorallem in Großbetrieben eine spezielle Ausbildung und eine entsprechend hohe zeitliche Inanspruchnahme des Fleischuntersuchungstierarztes erfordere; dies wurde den betroffenen Gemeinden und Fleischuntersuchungstierärzten von der belangten Behörde zuvor mitgeteilt (S. 137 des Verwaltungsaktes). Von den Fleischuntersuchungstierärzten, die die zur Vorbereitung auf die neuen Kontrolluntersuchungen abgehaltenen Fortbildungskurse absolviert hatten, wurden die im angefochtenen Bescheid genannten nach den Kriterien "freie Zeit für Tätigkeit und laufende Fortbildung", "räumliche Nähe", "bisher bewiesenes Interesse und Engagement" ausgewählt (S. 127). Die belangte Behörde brachte auch ihre Absicht, nur die im angefochtenen Bescheid genannten Tierärzte mit der Durchführung der neuen Kontrolluntersuchungen zu betrauen, den betroffenen Gemeinden und Fleischuntersuchungstierärzten (somit auch dem Beschwerdeführer) zur Kenntnis (S. 137). Der Beschwerdeführer hat sich dazu im Verwaltungsverfahren nicht geäußert. Bei dieser Sachlage ist nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid von ihrem Ermessen in einer den Grundsätzen des § 4 Abs. 7 FlUG widersprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte. Der Beschwerdeführer läßt bei seinem Vorbringen außer acht, daß seine durch die Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt geschaffene Rechtsstellung durch die Befugnis der belangten Behörde zur zweckmäßigen Gestaltung der Tätigkeit der Fleischuntersuchungstierärzte beschränkt ist.
3. Im Fehlen einer negativen Rechtsmittelbelehrung und des Hinweises nach § 61a AVG auf die Möglichkeit einer Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts liegt keine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.
4. Da sich die Beschwerde in Ansehung des Ausspruches nach § 4 Abs. 7 FlUG als nicht begründet erwiesen hat, war sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 1994/416.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995110076.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
11.07.2010