TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/12 LVwG-2021/25/2068-1

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Veröffentlicht am 12.08.2021
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Entscheidungsdatum

12.08.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §44a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geb xx.xx.xxxx, Adresse 1, **** Z, vertreten durch RA BB, Adresse 2, **** Y, vom 14.07.2021, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 21.06.2021, Zl ***, betreffend eine Übertretung der Gewerbeordnung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wird Herrn A Folgendes angelastet:

„Es wird Ihnen zur Last gelegt, dass Sie seit 25.09.2019 bis mindestens 04.03.2021 (am 22.07.2020 Vorsprache bei der Polizeiinspektion X durch den Beschuldigten selbst), Tätigkeiten in den Bereichen des Baumeisters, des Platten- und Fliesenlegers, des Tischlers, des Bodenlegers, des Malers, des Trockenbauers, des Gas- und Sanitärtechnikers, des Elektrikers durchführen und dadurch folgende reglementierten Gewerbe

I. „Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten“,

II. „Platten- und Fliesenleger“,

III. „Tischler“,

IV. „Bodenleger“,

V. „Maler- und Anstreicher“,

VI. „Trockenbauer“,

VII. „Gas- und Sanitärtechnik“ und

VIII. „Elektrotechnik“

IX. „Vermittlung von Werksverträgen“

selbstständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, obwohl Sie dafür keine Gewerbeberechtigung besitzen.

Es besteht der Verdacht, dass Sie mehrere Verwaltungsübertretungen nach § 366 Abs 1 Z 1 IVm §§ 1 Abs 2 und 5 Abs 1 GewO 1994 und § 94 GewO 1994 begangen haben.

Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Ihnen eine

Ermahnung erteilt.“

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher Herr A durch seinen Rechtsvertreter im Wesentlichen ausführt, dass er im Rahmen seines Gewerbes, welches nicht im Spruch erwähnt worden wäre, berechtigt sei, Vorarbeiten und Vollendungsarbeiten auf dem Gebiet anderer Gewerbe vorzunehmen. Mit dieser Argumentation habe sich die belangte Behörde in keiner Weise auseinandergesetzt. Der Bescheid sei deswegen mit Rechtswidrigkeit behaftet, da er nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z 1 VStG entspreche. Welche Tätigkeiten er an welchem Ort, zu welchem Zeitpunkt etc angeblich ausgeführt hätte, sei weder den Verfolgungshandlungen, noch dem Spruch des Straferkenntnisses zu entnehmen. Insbesondere Art und der Ort der angeblichen Tätigkeiten hätten ihm vorgeworfen werden müssen, damit er ein Tatvorwurf bezogenes Vorbringen erstatten kann. Die unkorrekten Vorwürfe der Erstbehörde beinhalteten die Gefahr einer neuerlichen Bestrafung, sodass mangels konkreten Spruches ein fehlerhafter Bescheid vorliege. Die belangte Behörde gehe von keiner erfolgten Verwaltungsübertretung aus, sondern nur von einem Verdacht. Eine derartige Annahme rechtfertige auch keine Ermahnung, die jedenfalls ein tatbestandsmäßiges Handeln und Verschulden voraussetze. Das erstinstanzliche Verfahren sei mangelhaft geblieben, da er zur Widerlegung der Vorwürfe Zeugen angeboten habe, deren Einvernahme ohne Begründung unterblieben sei. Deren Einvernahme hätte ergeben, dass er nur im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung agiert und für die darüberhinausgehenden Arbeiten Fachfirmen im Rahmen eines Werkvertrages beigezogen habe. Es werde Bescheidbehebung Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

II.      Sachverhalt:

Mit Anzeige der Wirtschaftskammer Tirol vom 25.09.2019 wird der Behörde mitgeteilt, dass von mehreren Mitgliedern Beschwerde über AA geführt worden sei, der ohne jeden Zweifel ohne die korrekten Gewerbeberechtigungen zu haben Tätigkeiten anbiete, die in den Bereich des Baumeisters, des Fließenlegermeisters, des Tischlers, Bodenlegers, Malers, Trockenbauers, Installateurs, Erdbauers und Elektrikers fielen. Herr A verfüge ausschließlich über drei Handelsgewerbescheine und keine entsprechende Berechtigung für die von ihm angebotenen Leistungen. Als Beweis werde auf die Homepage und beiliegende Werbung verwiesen und werde die Gewerbebehörde ersucht, mit aller Härte gegen Herrn A vorzugehen.

Daraufhin erging die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 04.03.2021, die einen inhaltlich identen Tatvorwurf enthält, wie der nunmehr angefochtene Bescheid. Im dagegen erhobenen Einspruch wird zusammengefasst vorgebracht, dass der Beschuldigte die angeführten Produkte bei Drittfirmen herstellen lasse, die seinen Kunden die Produkte lieferten und einbauten. Ihm sei es als gewerberechtliches Nebenrecht gestattet, Vorarbeiten und Vollendungsarbeiten auf dem Gebiet anderer Gewerbe vorzunehmen. Ein allenfalls anders entstandener Eindruck aus der Homepage entspräche nicht der Realität. Daraufhin erging der nunmehr bekämpfte Bescheid.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der Bezirkshauptmannschaft Y.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Verfahren ist folgende Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes anzuwenden:

㤠44a.

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

         1.       die als erwiesen angenommene Tat;

         2.       die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

         3.       die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

         4.       den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

         5.       im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.“

V.       Erwägungen:

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Dafür muss die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschrieben sein, dass die Identität der Tat unter anderem nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Die Tat muss im Spruch zu eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist.

Die Tatanlastung im bekämpften Straferkenntnis enthält keinen Tatort. Damit ist der Beschwerdeführer nicht davor geschützt, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Eine diesbezügliche Anlastung fand im Verfahren nicht statt.

Der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses hat somit nicht den Kriterien des § 44a VStG entsprochen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Tatort nicht bestimmt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.25.2068.1

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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