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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23. Oktober 1996, Zl. MA 65-8/287/96, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer seiner gesundheitlichen Nichteignung keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die bekämpfte Entziehungsmaßnahme stützt sich auf ein amtsärztliches Gutachten vom 5. September 1996, in dem der Beschwerdeführer im Hinblick auf den bei ihm konstatierten "Alkohol Abusus" als zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht geeignet qualifiziert wurde. Der medizinische Amtssachverständige verwertete dabei die vom Beschwerdeführer über Aufforderung der Erstbehörde im Auftrag der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, nämlich einen Psychologischen Befund vom 29. Mai 1996, einen Elektroneurodiagnostischen Befund vom 6. Mai 1996, einen Elektroencephalographischen Befund vom 6. Mai 1996 sowie einen Chemischen Befund vom 10. Juli 1996. Die drei erstgenannten Befunde attestierten dem Beschwerdeführer im Normbereich gelegenen Werte, lediglich der Chemische Befund wies einen überhöhten Gamma-GT-Wert aus. Auf diesen letztgenannten Befund wurde im amtsärztlichen Gutachten vom 5. September 1996 die Qualifikation des Beschwerdeführers als nicht geeignet gestützt. Die belangte Behörde setzte diesen Leberwert zu dem Ergebnis eines im erstinstanzlichen Verfahren erstellten verkehrspsychologischen Befundes vom 13. März 1996 in Beziehung und leitete daraus die gesundheitliche Nichteignung des Beschwerdeführers ab.
Gemäß § 34 Abs. 1 lit. d KDV 1967 gilt eine Person als zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht hinreichend gesund, bei der Alkoholabhängigkeit oder chronischer Alkoholismus festgestellt wurde. Gemäß § 34 Abs. 3 KDV 1967 ist dann, wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung zur Feststellung der Gesundheit u.a. gemäß Abs. 1 lit. d ein krankhafter Zustand ergibt, der die Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, eine Untersuchung durch einen entsprechenden Facharzt, die eine Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeiten einzuschließen hat, anzuordnen.
Wie der Beschwerdeführer zutreffend rügt, wurde diese rechtlich zwingend gebotene Vorgangsweise im Ermittlungsverfahren nicht eingehalten. Die eingeschlagene Vorgangsweise, mehrere nicht von einem entsprechenden Facharzt erstellte Befunde durch den Beschwerdeführer beibringen zu lassen, die dann vom Amtsarzt in seinem Gutachten verwertet werden, welches wiederum von der Behörde unter Heranziehung eines älteren verkehrspsychologischen Befundes gewürdigt wird, entspricht nicht der Rechtslage. Eine Untersuchung der gesundheitlichen Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen unter dem Aspekt einer gesundheitlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 34 Abs. 1 lit. d KDV 1967 durch einen entsprechenden Facharzt, die auch eine Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeiten eingeschlossen hat, hat nicht stattgefunden. Das von der belangten Behörde durchgeführte bzw. veranlaßte Ermittlungsverfahren hat damit nicht den rechtlichen Mindestanforderungen entsprochen. Diese schließen jedenfalls in sich, daß sich der Facharzt und nicht erst der (eine entsprechende Qualifikation nicht aufweisende) Amtsarzt, geschweige denn erst die Behörde, mit dem Ergebnis der Prüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeiten auseinanderzusetzen hat. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Gutachten Auswertung fremder BefundeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996110339.X00Im RIS seit
12.06.2001