Entscheidungsdatum
13.01.2021Norm
AVG §13 Abs7Spruch
W234 2231589-1/23E
W234 2231770-1/24E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Thomas HORVATH als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Beisitzerin und die Richterin Dr. Daniela SABETZER als Beisitzerin über die Beschwerden des Österreichischen Rundfunks und dessen Generaldirektors, XXXX , beide vertreten durch Dr. Ulrike SCHMID (unter Beteiligung der mitbeteiligten Partei XXXX , vertreten durch RA Dr. Peter ZÖCHBAUER), gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria vom 15.01.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der angefochtene Bescheid wird wegen Unzuständigkeit der Behörde zu seiner Erlassung ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Mit verfahrenseinleitendem Antrag vom 12.04.2019 erhob die XXXX (im Folgenden: mitbeteiligte Partei) Beschwerde an die Kommunikationsbehörde Austria – KommAustria (im Folgenden: belangte Behörde) gegen den Österreichischen Rundfunk gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G. Die mitbeteiligte Partei beantragte die Feststellung, dass der Österreichische Rundfunk durch einen am XXXX im Fernsehprogramm XXXX im Rahmen der Sendung „ XXXX “ ausgestrahlten und anschließend sieben Tage in der ORF-TVthek (http://tvthek.orf.at) bereit gehaltenen Beitrag die Bestimmungen der § 4 Abs. 5 Z 1 und 3 sowie § 10 Abs. 5 und 7 ORF-G verletzt habe.
2. Nach dem Austausch diverser Stellungnahmen der Parteien des Verwaltungsverfahrens erledigte die belangte Behörde diese Beschwerde mit Bescheid vom 15.01.2020, Zl. XXXX , wie folgt:
„1. Der Beschwerde gegen den am XXXX im Fernsehprogramm XXXX im Rahmen der Sendung „ XXXX “ um ca. XXXX Uhr ausgestrahlten sowie vom XXXX bis zum XXXX unter http://tvthek.orf.at abrufbar gehaltenen Beitrag mit dem Titel XXXX “ wird gemäß §§ 35, 36 Abs. 1 Z 1 lit. a und § 37 ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 61/2018, Folge gegeben und festgestellt, dass der ORF die Bestimmungen des § 4 Abs. 5 Z 1 und Z 3 iVm § 10 Abs. 5 und 7 und § 18 Abs. 1 ORF-G dadurch verletzt hat, dass er der XXXX keine Möglichkeit zur Stellungnahme zu den für den Beitrag wesentlichen Aussagen und Vorwürfen eingeräumt hat und seinen Nachforschungspflichten nicht ausreichend nachgekommen ist.
2. Dem ORF wird gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G aufgetragen, den Spruchpunkt 1. innerhalb von sechs Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides an einem Werktag im Fernsehprogramm XXXX im Rahmen der ab XXXX Uhr ausgestrahlten Sendung „ XXXX “ in folgender Weise durch Verlesung zu veröffentlichen:
„Die KommAustria hat aufgrund einer Beschwerde Folgendes festgestellt: In der Sendung , XXXX ‘ wurde am XXXX im Programm XXXX ein Beitrag über ein mögliches Verlustrisiko für die XXXX in Folge eines Urteils des XXXX XXXX ausgestrahlt. Zu den wesentlichen Aussagen und Vorwürfen dieses Beitrags hat der ORF der XXXX keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt und ist seinen Nachforschungspflichten nicht ausreichend nachgekommen. Dadurch hat der ORF gegen das Objektivitätsgebot des ORF-Gesetzes verstoßen.“
Darüber hinaus hat er die diese Veröffentlichung enthaltende Sendung für sieben Tage nach Ausstrahlung unter http://tvthek.orf.at bereit zu stellen.
3. Der KommAustria sind gemäß § 36 Abs. 4 ORF-G unverzüglich Aufzeichnungen dieser Veröffentlichung und eine Dokumentation der Bereitstellung zum Nachweis der Erfüllung des Auftrages zur Veröffentlichung vorzulegen.“
3. Gegen diesen Bescheid richten sich die hier zu erledigenden Beschwerden des Österreichischen Rundfunks und seines Generaldirektors, XXXX , die mit einem gemeinsamen Schriftsatz vom 20.02.2020 erhoben und dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben der belangten Behörde vom 03.06.2020 zur Entscheidung vorgelegt wurden.
4. Nach Mitteilung der Beschwerden an die mitbeteiligte Partei erstattete diese eine Äußerung vom 30.07.2020 und beantragte, den Beschwerden keine Folge zu geben.
5. Nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung für den 15.12.2020 zog die mitbeteiligte Partei mit Schriftsatz vom 09.12.2020 ihre verfahrenseinleitende Beschwerde an die KommAustria vom 12.04.2019 mit dem Hinweis zurück, dass dadurch die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheids verloren gehe und dieser daher ersatzlos aufzuheben sein werde. Die mitbeteiligte Partei habe sich zur Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags entschlossen, weil sie einem der durch die beschwerdeführenden Parteien zur Einvernahme in der mündlichen Verhandlung beantragten und durch das Bundesverwaltungsgericht geladenen Zeugen keine (weitere) Gelegenheit für unwahre Vorwürfe gegen sie geben wolle.
6. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte die für 15.12.2020 in Aussicht genommene mündliche Verhandlung ab.
7. Über Parteiengehör des Bundesverwaltungsgerichts äußerten sich die beschwerdeführenden Parteien mit Schreiben vom 10.12.2020 zur Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags durch die mitbeteiligte Partei dahingehend, dass diese den Wegfall der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheids nach sich ziehe, weswegen dieser durch das Bundesverwaltungsgericht ersatzlos zu aufzuheben sein werde.
8. Über Parteiengehör des Bundesverwaltungsgerichts teilte die belangte Behörde am 22.12.2020 telefonisch mit, zu der Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags keine Stellungnahme abzugeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen
1.1 Mit verfahrenseinleitendem Antrag vom 12.04.2019 erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde an die belangte Behörde gegen den Österreichischen Rundfunk gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G. Die mitbeteiligte Partei beantragte die Feststellung, dass der Österreichische Rundfunk durch einen am XXXX im Fernsehprogramm XXXX im Rahmen der Sendung „ XXXX “ ausgestrahlten und anschließend sieben Tage in der ORF-TVthek (http://tvthek.orf.at) bereit gehaltenen Beitrag die Bestimmungen der §§ 4 Abs. 5 Z 1 und 3 sowie § 10 Abs. 5 und 7 ORF-G verletzt habe.
1.2 Mit Bescheid vom 15.01.2020, Zl. XXXX , erledigte die belangte Behörde diese Beschwerde wie folgt:
„1. Der Beschwerde gegen den am XXXX im Fernsehprogramm XXXX im Rahmen der Sendung „ XXXX “ um ca. XXXX Uhr ausgestrahlten sowie vom XXXX bis zum XXXX unter http://tvthek.orf.at abrufbar gehaltenen Beitrag mit dem Titel XXXX “ wird gemäß §§ 35, 36 Abs. 1 Z 1 lit. a und § 37 ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 61/2018, Folge gegeben und festgestellt, dass der ORF die Bestimmungen des § 4 Abs. 5 Z 1 und Z 3 iVm § 10 Abs. 5 und 7 und § 18 Abs. 1 ORF-G dadurch verletzt hat, dass er der XXXX keine Möglichkeit zur Stellungnahme zu den für den Beitrag wesentlichen Aussagen und Vorwürfen eingeräumt hat und seinen Nachforschungspflichten nicht ausreichend nachgekommen ist.
2. Dem ORF wird gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G aufgetragen, den Spruchpunkt 1. innerhalb von sechs Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides an einem Werktag im Fernsehprogramm XXXX im Rahmen der ab XXXX Uhr ausgestrahlten Sendung „ XXXX “ in folgender Weise durch Verlesung zu veröffentlichen:
„Die KommAustria hat aufgrund einer Beschwerde Folgendes festgestellt: In der Sendung , XXXX ‘ wurde am XXXX im Programm XXXX ein Beitrag über ein mögliches Verlustrisiko für die XXXX in Folge eines Urteils des XXXX XXXX ausgestrahlt. Zu den wesentlichen Aussagen und Vorwürfen dieses Beitrags hat der ORF der XXXX keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt und ist seinen Nachforschungspflichten nicht ausreichend nachgekommen. Dadurch hat der ORF gegen das Objektivitätsgebot des ORF-Gesetzes verstoßen.“
Darüber hinaus hat er die diese Veröffentlichung enthaltende Sendung für sieben Tage nach Ausstrahlung unter http://tvthek.orf.at bereit zu stellen.
3. Der KommAustria sind gemäß § 36 Abs. 4 ORF-G unverzüglich Aufzeichnungen dieser Veröffentlichung und eine Dokumentation der Bereitstellung zum Nachweis der Erfüllung des Auftrages zur Veröffentlichung vorzulegen.“
1.3 Gegen diesen Bescheid richten sich die hier zu erledigenden Beschwerden, die mit einem gemeinsamen Schriftsatz vom 20.02.2020 erhoben und dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben der belangten Behörde vom 03.06.2020 zur Entscheidung vorgelegt wurden.
1.4 Mit Schriftsatz vom 09.12.2020 zog die mitbeteiligte Partei ihre verfahrenseinleitende Beschwerde an die KommAustria vom 12.04.2019 zurück.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage.
3. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 36 KOG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Rechtsachen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist, durch Senat.
Hier liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Das Bundesgesetz über den Österreichischen Rundfunk (ORF-Gesetz, ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 150/2020, lautet auszugsweise:
„Öffentlich-rechtlicher Kernauftrag
§ 4 (5) Der Österreichische Rundfunk hat bei Gestaltung seiner Sendungen und Angebote weiters für
1. eine objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen in Form von Nachrichten und Reportagen einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und gegebenenfalls der Übertragung ihrer Verhandlungen;
[…]
3. eigene Kommentare, Sachanalysen und Moderationen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität
[…]
Inhaltliche Grundsätze
§ 10 (5) Die Information hat umfassend, unabhängig, unparteilich und objektiv zu sein. Alle Nachrichten und Berichte sind sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen, Nachricht und Kommentar deutlich voneinander zu trennen.
[…]
(7) Kommentare, Analysen und Moderationen haben sachlich zu sein und auf nachvollziehbaren Tatsachen zu beruhen.
[…]
Anforderungen an Teletext und Online-Angebote
§ 18. (1) Auf die Veranstaltung von Teletext und die Bereitstellung von Online-Angeboten im öffentlich-rechtlichen Auftrag finden die Regelungen dieses Bundesgesetzes uneingeschränkt Anwendung. Die Einnahmen des Österreichischen Rundfunks aus kommerzieller Kommunikation in seinen Online-Angeboten im öffentlich-rechtlichen Auftrag dürfen in jedem Geschäftsjahr die Höhe von 3 vH, ab 1. Jänner 2013 4 vH und ab 1. Jänner 2016 5 vH der Einnahmen des im vorangegangenen Kalenderjahr im Weg von § 31 Abs. 1 eingehobenen Programmentgelts nicht übersteigen.
(2) Auf die Veranstaltung von Teletext und die Bereitstellung von Online-Angeboten im Rahmen der kommerziellen Tätigkeiten (§ 8a) finden in inhaltlicher Hinsicht §§ 10 und 13 bis 17 Anwendung, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Der Anteil kommerzieller Kommunikation in diesen Angeboten wird durch Beschluss des Stiftungsrates festgelegt.
[…]
Regulierungsbehörde
§ 35 (3) Regulierungsbehörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, soweit nicht Abweichendes bestimmt wird, die KommAustria.
Rechtsaufsicht
§ 36. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet neben den anderen in diesem Bundesgesetz und im KommAustria-Gesetz genannten Fällen – soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist – über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme der Bestimmungen des 5a. Abschnittes oder über die Verletzung des Umfangs eines Angebotskonzepts einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilten Auflagen
1. auf Grund von Beschwerden
a. einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet;
[…]
(3) Beschwerden sind innerhalb von sechs Wochen, Anträge sind innerhalb von sechs Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt der behaupteten Verletzung dieses Bundesgesetzes, einzubringen. Offensichtlich unbegründete Beschwerden und Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
[…]“
3.2. Das KommAustria-Gesetz (KOG), BGBl. I Nr. 32/2001 idF BGBl. I Nr. 151/2020, lautet auszugsweise:
„1. Abschnitt
Aufgaben und Ziele der KommAustria
§ 2. (1) Die Verwaltungsführung und Besorgung der Regulierungsaufgaben im Sinne des § 1 Abs. 1 umfasst die der KommAustria durch gesonderte bundesgesetzliche Vorschriften zugewiesenen Aufgaben, insbesondere:
[…]
9. Wahrnehmung der Rechtsaufsicht über den Österreichischen Rundfunk und seine Tochtergesellschaften sowie Führen von Verwaltungsstrafverfahren nach Maßgabe des ORF-Gesetzes,
[…]
Regulierungsbehörde
Zuständigkeit
§ 13. (1) Die KommAustria besorgt jene Aufgaben, die ihr in § 2 dieses Bundesgesetzes sowie auf Grund gesonderter bundesgesetzlicher Regelungen zugewiesen sind.
[…]
5. Abschnitt
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
Zuständigkeit
§ 36. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist (§ 9 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I. Nr. 33/2013), durch Senat.
Wahrnehmung von Aufgaben und Befugnissen
§ 37. Soweit in Bundesgesetzen der KommAustria in erster Instanz Aufgaben und Befugnisse als Regulierungsbehörde zugewiesen sind, stehen diese auch dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu.
[…]
Verfahrensvorschriften
§ 39 (2) Dem Generaldirektor des Österreichischen Rundfunks oder einem von ihm bestellten Vertreter kommt im Verfahren vor der KommAustria und vor dem Bundesverwaltungsgericht, soweit es sich um ein Verfahren auf Grund der Bestimmungen des ORF-Gesetzes handelt, jedenfalls Parteistellung zur Wahrung der Rechte des Österreichischen Rundfunks zu.“
3.3. Das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018, lautet auszugsweise:
„3. Abschnitt: Verkehr zwischen Behörden und Beteiligten
Anbringen
§ 13 (7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.“
3.4. Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags
Gemäß § 13 Abs. 7 AVG können Anbringen „in jeder Lage des Verfahrens“ zurückgezogen werden. Dazu zählt nicht nur das Verfahren vor der belangten Behörde, sondern auch das daran anschließende Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht (vgl. VwGH 16.08.2017, Ro 2017/22/0005 mwN). Die Zurückziehung des das Verwaltungsverfahren einleitenden Antrags durch beschwerdeführende Parteien ist sohin auch nach Bescheiderlassung und Beschwerdeerhebung zulässig.
Im Unterschied zur Zurückziehung der Beschwerde führt die Zurückziehung des das Verwaltungsverfahren einleitenden Antrags während des Beschwerdeverfahrens nicht zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach § 28 Abs. 1 VwGVG. Sie führt – bei antragsgebundenen Verfahren – zur nachträglichen Unzuständigkeit der belangten Behörde:
Sofern nämlich ein Materiengesetz vorsieht, dass eine behördliche Entscheidung ausschließlich auf Antrag der dazu legitimierten Person und nicht bereits von Amts wegen erfolgen darf, begründet erst ein Antrag die Entscheidungskompetenz der Behörde. Folglich geht diese Entscheidungskompetenz mit Zurückziehung des Antrags wieder verloren (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 3 und 41 [Stand 01.01.2014, rdb.at]). Im hier einschlägigen Fall eines Verfahrens gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G wird eine Entscheidungszuständigkeit der belangten Behörde erst und nur durch den verfahrenseinleitenden Antrag der Beschwerde einer Person begründet. Eine amtswegige Verfahrensführung ist für diesen Fall nicht vorgesehen; die belangte Behörde führte also ein antragsbedürftiges Verfahren.
3.5. Nachträgliche Unzuständigkeit
Wird ein verfahrenseinleitender Antrag in einem antragsbedürftigen Verfahren nach Bescheiderlassung während des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens zurückgezogen, führt dies zum (nachträglichen) Wegfall der Zuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde und somit zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid daher wegen Unzuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde ersatzlos zu aufzuheben (vgl. zuletzt VwGH 26.02.2020, Ra 2019/05/0065 mwN).
Infolge der Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages mit Schriftsatz der mitbeteiligen Partei vom 09.12.2020 ist die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheids daher nachträglich weggefallen. Der Bescheid ist deswegen ersatzlos aufzuheben.
3.6. Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 2 Z 1 dieser Bestimmung kann die Verhandlung unter anderem dann entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Dies ist trifft auf das gegenständliche Verfahren zu. Der Bescheid ist aufgrund des Wegfalls der Zuständigkeit der Behörde schon nach der Aktenlage zweifelsfrei ersatzlos aufzuheben. Eine Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte daher unterbleiben. Auch sind keine komplexen Rechtsfragen aufgetreten und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung ließ keine weitere Klärung des Sachverhalts erwarten.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des ab, noch fehlt es an Rechtsprechung (vgl. VwGH 26.02.2020, Ra 2019/05/0065 mwN); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Antragszurückziehung Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Kassation öffentlich - rechtlicher Auftrag Online - Angebot Rechtsaufsicht Stellungnahme unzuständige Behörde Unzuständigkeit verfahrensleitender Antrag Wegfall Zurückziehung Zurückziehung Antrag ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W234.2231770.1.00Im RIS seit
31.08.2021Zuletzt aktualisiert am
31.08.2021