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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 litf;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Landeshauptstadt Linz gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8. April 1994, Zl. BauR-011053/1-1993 Stö/Vi, betreffend einen Bauauftrag (mitbeteiligte Parteien: 1. K in L, 2. C in A, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Landeshauptstadt Linz Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Magistrat der Stadt Linz trug nach Wahrnehmung konsensloser Bauführungen bzw. konsensloser Änderungen des Verwendungszweckes den Mitbeteiligten, das sind die Eigentümer der Liegenschaft EZ nn1, KG Linz, mit Bescheid vom 10. Februar 1993 (u.a.) die Beseitigung nachstehender (hier noch gegenständlicher) baulicher Anlagen auf:
"a) D-Straße 40:
Umwidmung des Kellerbereiches in Küche - Änderungen der bestehenden Kanalisationsanlage
...
b) S-Str. 47:
Zweckwidmungsänderung im ersten Obergeschoß durch die Errichtung von Wohn- bzw. Schlafräumen 32 Schlafstätten
..."
Der dagegen von den Mitbeteiligten erhobenen Berufung gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz mit Bescheid vom 17. Juni 1993 hinsichtlich der hier gegenständlichen Aufträge keine Folge. In seiner Begründung verwies er auf das Gutachten des Amtssachverständigen, wonach der Einbau einer Großküche mit zwei Kühlräumen sowie die hiefür erforderliche Änderung der bestehenden Kanalisationsanlage im als Lager-Kellerraum bewilligten Kellergeschoß des Objektes D-Straße 40 eine bei Erteilung der Baubewilligung nicht berücksichtigte Beeinflussung der Festigkeit tragender Bauteile, des Brandschutzes sowie der Hygiene darstelle und eine nicht berücksichtigte Gefahr oder eine Belästigung von Personen zu erwarten sei. Hinsichtlich der mit Bescheid vom 26. Oktober 1963 als Büroräume ausgewiesenen Räumlichkeiten im ersten Obergeschoß sei ohne bauliche Änderungen eine Umwidmung in Wohn- und Schlafräume mit insgesamt 32 Schlafstätten erfolgt. Die Räume entsprächen weder in hygienischer noch in schallschutztechnischer Hinsicht den Anforderungen für Wohnräume; es stünden lediglich zwei WC-Anlagen mit Waschgelegenheiten zur Verfügung. Diese Umwidmung stelle somit eine bei der Erteilung der Baubewilligung nicht berücksichtigte Beeinflussung der Gesundheit und Hygiene dar. Nach Auffassung der Berufungsbehörde bedürften die Zweckwidmungsänderungen daher nach § 41 Abs. 1 lit. f O.ö. BauO. einer baubehördlichen Genehmigung.
Der dagegen von den Mitbeteiligten erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde hinsichtlich der hier gegenständlichen Aufträge Folge und hob den Bescheid insoweit auf. Ein baupolizeilicher Auftrag müsse so bestimmt sein, daß sein Spruch Titel einer Vollstreckungsverfügung sein könne. Baupolizeiliche Aufträge seien so zu konkretisieren, daß der Verpflichtete zum einen erkennen muß, welche konkreten Maßnahmen er genau durchführen muß, und zum anderen diese Maßnahmen auch im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden könnten. Hinsichtlich der Umwidmung im Kellerbereich des Hauses D-Straße 40 und der Zweckwidmungsänderung im ersten Obergeschoß des Hauses S-Straße 47 könne nicht genau festgestellt werden, zu welchen konkreten baulichen Maßnahmen der Bescheidadressat verpflichtet sei. Insbesondere gehe aus der Verhandlungsschrift vom 23. November 1992 hervor, daß im ersten Obergeschoß des Hauses S-Straße 47 keine baulichen Änderungen vorgenommen worden seien. Im Falle einer bloßen konsenslosen Änderung des Verwendungszweckes einer baulichen Anlage im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. f O.ö. BauO. biete § 61 O.ö. BauO. keine taugliche Rechtsgrundlage für einen baupolizeilichen Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.
Gegen diesen Bescheid der Aufsichtbehörde richtet sich die vorliegende, gem. Art. 119a Abs. 9 B-VG erhobene Beschwerde der Landeshauptstadt Linz. Sie beantragt, den Bescheid im geschilderten Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die Mitbeteiligten - eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier herangezogenen Abs. 1 und 4 des § 61 O.ö. BauO. 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/1983 (im folgenden: BO) lauten:
"(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, so hat sie - unbeschadet der Bestimmungen des § 56 - dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.
...
(4) Stellt die Baubehörde bei der Überprüfung einer baubehördlich bewilligten Anlage bewilligungspflichtige Abweichungen oder das Erlöschen der Baubewilligung fest, oder wurde die rechtswirksame Baubewilligung nachträglich aufgehoben bzw. für nichtig erklärt, so gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 sinngemäß."
Gemäß § 41 Abs. 1 lit. f BO bedarf einer Bewilligung der Baubehörde jede Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, wenn durch die Änderung des Verwendungszweckes eine bei der Erteilung der Baubewilligung nicht berücksichtigte Beeinflussung der Festigkeit tragender Bauteile, des Brandschutzes, der Gesundheit, der Hygiene oder, falls das Vorhaben nicht einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedarf, eine bei der Erteilung der Baubewilligung nicht berücksichtigte sonstige Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen zu erwarten ist.
Ausgehend von den Feststellungen der Baubehörden kann kein Zweifel daran bestehen, daß die vorgenommenen Veränderungen den Bewilligungstatbestand des § 41 Abs. 1 lit. f BO erfüllen; selbst die Mitbeteiligten widersprechen dem nicht. Daß eine Baubewilligung für die vorgenommenen Veränderungen vorläge, behaupten sie nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt aber auch die Auffassung der Beschwerdeführerin, daß gemäß § 61 Abs. 4 BO jeder baubewilligungspflichtigen Abweichung, also auch einer gemäß § 41 Abs. 1 lit. f BO baubewilligungspflichtigen Abweichung, durch einen Auftrag gemäß § 61 Abs. 1 BO zu begegnen ist. Die Frage der Anwendbarkeit des Tatbestandes des § 62 Abs. 2 BO (die dort verwiesene Norm des § 62 Abs. 1 BO betrifft bauliche Anlagen, die nicht entprechend den für sie geltenden baurechtlichen Vorschriften benützt werden) stellt sich nicht, weil schon die Bestimmung des § 61 Abs. 4 BO greift (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. November 1990, Zl. 90/05/0111, und das von der Beschwerdeführerin zitierte hg. Erkenntnis vom 24. September 1991, Zl. 91/05/0150). Ob mit der Widmungsänderung eine bauliche Änderung verbunden ist, ist entgegen der Auffassung der belangten Behörde ohne Bedeutung, weil der herangezogene Bewilligungstatbestand BAULICHE Veränderungen nicht voraussetzt.
Die belangte Behörde stützte ihre Aufhebung auch darauf, daß dem Konkretisierungsgebot für baupolizeiliche Aufträge nicht entsprochen worden sei, weil nicht genau festgestellt werden könne, zu welcher konkreten baulichen Maßnahme der Bescheidadressat verpflichtet werde.
Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung zur erledigen. Ein Spruch, durch den eine Verpflichtung auferlegt wird, muß so bestimmt gefaßt sein, daß seine Durchsetzung im Wege des Vollstreckungsverfahrens möglich ist (hg. Erkenntnis vom 18. September 1984, Slg. Nr. 11.518/A). Der Abspruch eines baupolizeilichen Befehls muß so bestimmmt sein, daß kein Zweifel besteht, was im Detail beseitigt werden soll (siehe die Nachweise bei Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 448).
Allerdings ist zur Auslegung eines allenfalls unklaren Spruches die Begründung heranzuziehen; weiters ist eine Berufungsentscheidung, mit der dem Rechtsmittel nicht Folge gegeben wird, als Erlassung eines mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden Bescheides anzusehen (siehe das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, Zl. 92/05/0250, ergangen zu § 61 BO).
Im vorliegenden Fall mag zwar insbesondere eine Anordnung zur Beseitigung von "Änderungen der bestehenden Kanalisationsanlage" als unklar angesehen werden. Im Hinblick auf die oben wiedergegebenen Darlegungen in der Begründung des Berufungsbescheides kann jedoch von einer mangelnden Konkretisierung des erteilten Auftrages keine Rede sein. Die vorgenommenen Änderungen sind dort beschrieben. Hinsichtlich des vorhandenen Konsenses mußten die mitbeteiligten Eigentümerinnen informiert sein; jedenfalls können sie sich jederzeit durch Einsichtnahme in die bei der Baubehörde aufliegenden Bauakten Informationen über den Konsens verschaffen. Schließlich mußten die Mitbeteiligten von dem zumindest die Umwidmung im Keller des Hauses D-Straße 40 deckenden Bauansuchen, welches rechtskräftig abgewiesen wurde (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 93/05/0203), schon wegen der gemäß § 43 Abs. 2 lit. b BO geforderten Grundeigentümerzustimmung informiert sein.
Weiters fehlt auch dem Auftrag zur Beseitigung der Widmungsänderung früherer Büroräume durch Errichtung von Wohn- und Schlafräumen mit 32 Schlafstätten nicht die geforderte Deutlichkeit. Auch diesbezüglich entspricht der baupolizeiliche Auftrag den Anforderungen des § 59 Abs. 1 AVG.
Da die belangte Behörde von einer anderen Rechtsauffassung ausging, indem sie zum Teil § 61 BO nicht als taugliche Rechtsgrundlage ansah und eine Verletzung des Konkretisierungsgebotes annahm, belastete sie ihren aufhebenden Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1994050123.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009