TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/15 W165 2239636-1

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Veröffentlicht am 15.03.2021
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Entscheidungsdatum

15.03.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W165 2239636-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.02.2021, Zl. 1273065203-210031909, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), brachte nach irregulärer Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 07.01.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Der BF hatte zuvor am 03.12.2020 in der Slowakei einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt (EURODAC-Treffermeldung der Kategorie „1“ zur Slowakei vom 03.12.2020).

In der polizeilichen Erstbefragung am 08.01.2021 gab der BF an, dass er keine an der Einvernahme hindernden oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigenden Beschwerden oder Krankheiten habe. Er könne der Einvernahme ohne Probleme folgen. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Seine Gattin lebe mit den beiden Kindern in der Türkei. Eine erwachsene Schwester lebe in Holland. Er habe seinen Herkunftsstaat Anfang 2017 zu Fuß mittels Schleppers in die Türkei verlassen und habe dort bis Anfang 2020 gemeinsam mit der Familie gelebt. Dann sei er über Griechenland, Albanien, Nordmazedonien, Serbien, Rumänien, Ungarn und von dort mit einem LKW bis zur slowakisch-österreichischen Grenze gebracht worden, wo er von der Polizei aufgegriffen worden sei. In der Slowakei habe er einen Asylantrag stellen müssen. Dort seien die Fingerabdrücke abgenommen worden. Dort seien sie einen Monat in Quarantäne gewesen. Dann seien sie in ein Camp gebracht worden. Mehr sei dort nicht gewesen. Wie weit der Stand des Verfahrens sei, könne er daher nicht angeben. Im Camp habe er einen Schlepper organisiert, mit dem er nach ca. einem Monat illegal in einem LKW nach Österreich weitergereist sei. Das Camp habe er mit einem Zettel verlassen dürfen. Sonst sei dort nichts gewesen. Sein Reiseziel sei Österreich gewesen, da es hier eine Familienzusammenführung gebe und diese schnell erfolge. Wegen der Asylgesetze hier habe er nach Österreich wollen. Er habe in keinem anderen Land ein Visum oder einen Aufenthaltstitel erhalten. In Ungarn sei er nur auf der Durchreise gewesen. Er habe dort nichts mitbekommen. Nach einer Rückkehr in das Land der Asylantragstellung entgegenstehenden Gründen befragt, erklärte der BF, dass er nicht in die Slowakei zurückwolle, da er dort für eineinhalb Jahre in Haft müsste. Er habe gegen die dortigen Auflagen verstoßen und sei ihm gesagt worden, dass dies mit einer Haftstrafe geahndet werde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), richtete am 13.01.2021 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO), gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an die Slowakei.

Mit per E-Mail übermitteltem Schreiben vom 27.01.2021 stimmte die slowakische Dublin-Behörde der Wiederaufnahme des BF auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu.

In seiner Einvernahme vor dem BFA am 04.02.2021 gab der BF an, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, der Einvernahme zu folgen. Auf Frage, ob er an Erkrankungen leide und in ärztlicher Behandlung stehe, führte der BF an, dass er im Krieg durch eine Splitterbombe an der linken Wade verletzt und dort auch operiert worden sei. Außerdem sei er im Jahr 2017 in der Türkei im Afterbereich wegen einer Wunde operiert worden und sei jetzt die Beule wieder im Wachsen. In der Slowakei sei sein linkes Handgelenk gebrochen worden. In Österreich sei ein Gips angelegt worden. Am 11.02.2021 müsse er zur Kontrolle ins Spital. Nach sonstigen derzeitigen ärztlichen Behandlungen oder Befunden befragt, erklärte der BF, dass er hier seinen „Terminzettel“ für 11.02. habe. Seine linke Wade hätte nochmals operiert werden sollen, aber dazu sei es in der Türkei nicht mehr gekommen. Seine vor der Polizei gemachten Angaben würden der Wahrheit entsprechen. In Österreich habe er keine Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestünde. Er habe nur weite Verwandte aus dem Dorf und eine Schwester in Holland. Zu den Verwandten in Österreich habe er keinen Kontakt. Auf Hinweis, dass beabsichtigt sei, den Antrag zurückzuweisen, die Außerlandesbringung in die Slowakei zu veranlassen und die Slowakei seiner Übernahme bereits zugestimmt habe, entgegnete der BF, dass er nicht zurückwolle, weil man ihm dort mit eineinhalb Jahren Gefängnis gedroht habe, falls er die Slowakei verlasse. Das habe ihm dort der Richter gesagt, er sei dort einen Monat im Gefängnis gewesen. Er sei nur einen Tag im Camp gewesen und habe gesehen, wie schlimm es zuginge. Dort hätten ihm die Flüchtlinge erzählt, dass man teilweise bis zu drei Jahre auf eine Entscheidung oder Familienzusammenführung warte. Man habe ihm einen Zettel gegeben, dass sein Antrag erst nach acht Monaten bearbeitet würde. Seine Frau und zwei Kinder seien in Tschechien und habe er Angst gehabt, dass er sie nie wiedersehen würde. Sonstige Probleme bzw. Vorfälle in der Slowakei wurden auf Nachfrage verneint, aber er sei von der slowakischen Polizei geschlagen und an der linken Hand verletzt worden, da er seine Fingerabdrücke nicht abgeben habe wollen. Außerdem habe die Polizei Feuerschüsse im Grenzbereich abgefeuert, um ihnen Angst zu machen. Er habe in der Slowakei schlimme Sachen erlebt und glaube, dass sich sein Handgelenk nie erholen werde. Ungeachtet dessen, dass man ihm sein Handgelenk gebrochen habe, habe man sich geweigert, ihn zu behandeln, als er Schmerzen gehabt habe. Dies sei erst in Österreich erfolgt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Slowakei für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge dessen Abschiebung in die Slowakei gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in der Slowakei wurden im Bescheid wie folgt wiedergegeben (unkorrigiert und ungekürzt durch das BVwG):

Allgemeines zum Asylverfahren

In der Slowakei gibt es ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (MVSR o.D.a; vgl. MVSR o.D.b; MVSR o.D.c; EMN 4.2019; MVSR/UNHCR o.D.; USDOS 13.3.2019; für ausführliche Informationen siehe dieselben Quellen).

(Quelle: MO 6.2019)

Quellen:

-EMN – European Migration Network (4.2019): Annual Report on Migration and Asylum in the Slovak Republik in 2018, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24 _slovak_republic_arm2018_part2_en.pdf, Zugriff 31.10.2019

-MO – Migration Office of the Ministry of Interior of the Slovak Republic (6.2019): 25 years (1993-2018), http://www.minv.sk/?tlacove-spravy-6&sprava=migracny-urad-mv-sr-posobi-uz-viac-ako-stvrtstorocie, Zugriff 31.10.2019

-MVSR – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky (Innenministerium) (o.D.a): Migra?ný úrad MV SR, https://www.minv.sk/?migracny-urad-mv-sr, Zugriff 31.10.2019

-MVSR – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky (Innenministerium) (o.D.b): Formy medzinárodnej ochrany, https://www.minv.sk/?formy-medzinarodnej-ochrany, Zugriff 31.10.2019

-MVSR – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky (Innenministerium) (o.D.c): Zámerom migra?nej politiky Slovenskej republiky je zabezpe?i?, https://www.minv.sk/?zamer-migracnej-politiky-slovenskej-republiky, Zugriff 31.10.2019

-MVSR/UNHCR – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky (Innenministerium) / UN High Commissioner for Refugees (o.D.): Guide for asylum applicants in the Slovak Republik, https://www.minv.sk/?novy-start-v-sr, Zugriff 31.10.2019

-USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Slovakia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004286.html, Zugriff 31.10.2019

3.Dublin-Rückkehrer

Der Zugang zum Asylverfahren nach Dublin-Rücküberstellung ist vom Stand des Verfahrens in der Slowakei abhängig. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von der Slowakei im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren automatisch wieder aufgenommen. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche die Slowakei verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten und deren Rechtsmittelfrist verstrichen ist, ist diese Entscheidung endgültig. Der Rückkehrer kann aber einen neuen Antrag stellen, der als Folgeantrag betrachtet wird (EASO 12.2015; vgl. EASO 24.10.2017).

Die Slowakei macht bei der Bereitstellung von Versorgungsleistungen keinen Unterschied zwischen verschiedenen Verfahrensarten. Alle Antragsteller erhalten dieselbe Versorgung. Die Slowakische Republik sieht für Dublin-Rückkehrer und für Asylwerber Unterbringung, Verpflegung, grundlegende Hygieneartikel und sonstige notwendige Gegenstände des täglichen Bedarfs vor. Darüber hinaus soll vom Ministerium dringende medizinische Versorgung übernommen werden, wenn ein Antragssteller keine öffentliche Versicherung hat. Während des Aufenthalts im Aufnahme- oder Integrationszentrum erhalten Asylwerber ein Taschengeld (EASO 2.2016; vgl. EASO 24.10.2017).

Quellen:

-EASO – European Asylum Support Office (12.2015): Quality Matrix Report: Dublin procedure, per E-Mail

-EASO – European Asylum Support Office (2.2016): Quality Matrix Report: Reception conditions, per E-Mail

-EASO – European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query. Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail

4.Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable

2018 wurden von den staatlichen Stellen 27 unbegleitete Minderjährige (UM) (von denen zehn Asyl beantragten) registriert (EMN 4.2019).

2017 kam es zu einer Gesetzesänderung im Zusammenhang mit der Verpflichtung der UM. Demnach muss sich der Betroffene einer medizinischen Untersuchung zwecks Altersfeststellung unterziehen, wenn der Verdacht besteht, dass er erwachsen ist (EMN 5.2018). Als Grundlage der Altersfeststellung dient eine Knochenanalyse. Die Entscheidung kann nicht angefochten werden. Die Knochenanalyse wird allerdings als unzuverlässig kritisiert, insbesondere bei Personen im Alter von 16 bis 18 Jahren. UNHCR und die UN Kinderrechtskonvention (UNCRC) haben die Slowakei aufgefordert, das Altersbestimmungsverfahren nur in solchen Fällen durchzuführen, in denen ernsthafte Zweifel am Alter der Person bestehen und sicherzustellen, dass das Verfahren nur nach Aufklärung und mit Einwilligung des Betroffenen von Experten durchgeführt wird und in seinem besten Interesse erfolgt (GDP 1.2019).

Nach der neuesten Gesetzgebung kommen UM nach der Einleitung des Asylverfahrens nicht in eine Aufnahme- oder Unterbringungseinrichtung, in der sich alle Asylwerber während des Asylverfahrens aufhalten und betreut werden, sondern sie bleiben im Pflegeheim für unbegleitete Minderjährige. Wird ein UM während des Asylverfahrens volljährig, wird er weiterhin als Minderjähriger behandelt. 2018 gab es in 18 Fällen eine Entscheidung über die Unterbringung von UM im Pflegeheim in Medzilaborce und somit wurden dort insgesamt 26 unbegleitete Minderjährige betreut, von denen neun untertauchten (EMN 4.2019). Trotz der in den letzten Jahren eingeführten Präventionsmaßnahmen gegen das Untertauchen von UM, bleibt dieses Phänomen weiterhin ein Problem (EMN 5.2018; vgl. EMN 4.2019).

Hinsichtlich des Schutzes der Rechte von UM fungiert die zuständige Behörde als Betreuer (bei elf UM; Stand 31.12.2018) oder Vormund (14 UM; Stand 31.12.2018) und vertritt sie sowohl in rechtlichen und anderen Verfahren als auch vor und nach der Einleitung des Asylverfahrens (EMN 4.2019).

Die Beratung von UM in den staatlichen Einrichtungen wurde 2018 vom Migration Information Centre (MIC) der IOM fortgesetzt. Deren Leistungen umfassen hauptsächlich Slowakisch-Sprachkurse und individuelle Rechtsberatung (EMN 4.2019).

Für die Unterbringung von Familien und vulnerablen Gruppen ist das Unterbringungszentrum Opatovská Nová Ves bestimmt (MVSR/UNHCR o.D.).

Quellen:

-EMN – European Migration Network (4.2019): Annual Report on Migration and Asylum in the Slovak Republik in 2018, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24_ slovak_republic_arm2018_part2_en.pdf, Zugriff 31.10.2019

-EMN – European Migration Network (5.2018): Annual Report on Migration and Asylum in the Slovak Republik in 2017, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/ 24a_slovak_arm_part2_2017_en.pdf, Zugriff 31.10.2019

-GDP – Global Detention Project (1.2019): Country Report – Immigration detention in Slovakia: Punitive conditions paid for by the detainees, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/ resources/Immigration-Detention-in-Slovakia-Online-.pdf, Zugriff 31.10.2019

-MVSR/UNHCR – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky (Innenministerium) / UN High Commissioner for Refugees (o.D.): Guide for asylum applicants in the Slovak Republik, https://www.minv.sk/?novy-start-v-sr, Zugriff 31.10.2019

5.Non-Refoulement

Die slowakischen Gesetze sehen vor, dass das Wohlergehen einzelner Antragsteller bei Außerlandesbringungen in Nicht-EU-Länder nicht gefährdet sein darf. Einige Beobachter kritisieren, die verantwortliche Grenz- und Fremdenpolizei verfüge nicht über die notwendigen Informationen, dies zu beurteilen. Die Slowakei kennt subsidiären Schutz für Antragsteller, die sich nicht für internationalen Schutz qualifizieren, deren Außerlandesbringung aber aufgrund von Sicherheitsbedenken im Heimatland nicht möglich ist (USDOS 13.3.2019).

Darüber hinaus gibt es in der Slowakei noch die Möglichkeit eines humanitären Schutzes (MVSR/UNHCR o.D.).

Quellen:

-MVSR/UNHCR – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky (Innenministerium) / UN High Commissioner for Refugees (o.D.): Guide for asylum applicants in the Slovak Republik, https://www.minv.sk/?novy-start-v-sr, Zugriff 31.10.2019

-USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Slovakia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004286.html, Zugriff 31.10.2019

6.Versorgung

Zur Erstaufnahme verfügt die Slowakei über 524 Unterbringungsplätze im Zentrum Humenne, in dem sich jeder Antragsteller einer 20-tägigen medizinischen Quarantänephase unterziehen muss. Das Zentrum darf währenddessen nicht verlassen werden (MO 6.2019; vgl. EASO 2.2016). Während des gesamten Aufenthalts in der Aufnahmeeinrichtung steht dem Antragssteller eine professionelle Sozialberatung zur Verfügung (MO 6.2019). Der Antragssteller wird in der Regel innerhalb eines Monats nach Einreichung des Asylantrags in eines der Unterbringungszentren Opatovská Nová Ves oder Rohovce verlegt. Diese haben eine Kapazität von je 140 Plätzen (in .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 9 von 13

Summe 280 Plätze). Opatovská Nová Ves ist für Familien und vulnerable Gruppen vorgesehen; Rohovce ist hauptsächlich für erwachsene Männer bestimmt (MO 6.2019; vgl. MVSR/UNHCR o.D.). Die Zentren bieten eine umfassende Versorgung für Antragssteller, die unter anderem Unterkunft, Verpflegung und dringende medizinische Versorgung beinhaltet. Außerdem werden Slowakisch-Sprachkurse, Sozial- und Rechtsberatungsdienste, aber auch psychologische Beratung und Freizeitaktivitäten angeboten. Auf Antrag und nach Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen ist es für Asylwerber möglich, auf eigene Kosten außerhalb des Unterbringungszentrums untergebracht zu werden (MO 6.2019).

Seit Juli 2015 haben Asylwerber bereits nach neun Monaten Zugang zum Arbeitsmarkt (zuvor 12 Monate) (EK o.D.).

Die Migrationsbehörde bietet in Zusammenarbeit mit Slovenskej Humanitnej Rady (SHR) im Rahmen des sogenannten Efektívne služby pre žiadate?ov o azyl-Programms zusätzliche Dienstleistungen für Asylwerber an, die in den staatlichen Zentren untergebracht werden. Die Leistungen umfassen unter anderem Slowakisch-Sprachkurse, psychologische Beratung, Sozialarbeit, Finanzierung von Freizeitaktivitäten usw. Das Projekt Liga bietet Rechtsberatung für Asylwerber an (MVSR o.D.d).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Quellen:

-EK – Europäische Kommission (European Migration Network) (o.D.): Country Fact Sheet ; Slvakia 2015, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24a_slovakia country_factsheet_2015.pdf, Zugriff 31.10.2019

-MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail

-MO – Migration Office of the Ministry of Interior of the Slovak Republic (6.2019): 25 years (1993-2018), http://www.minv.sk/?tlacove-spravy-6&sprava=migracny-urad-mv-sr-posobi-uz-viac-ako-stvrtstorocie, Zugriff 31.10.2019

-MVSR – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky (Innenministerium) (o.D.d): Migra?ný úrad MV SR sa aktuálne podie?a na nasledovných projektoch, https://www.minv.sk/?projekty-na-ktorych-sa-migracny-urad-podiela, Zugriff 31.10.2019

-MVSR/UNHCR – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky (Innenministerium) / UN High Commissioner for Refugees (o.D.): Guide for asylum applicants in the Slovak Republik, https://www.minv.sk/?novy-start-v-sr, Zugriff 31.10.2019

7.Schutzberechtigte

In der Slowakei gab es 2018 178 Asylanträge (155 Erst- und 23 Folgeanträge), von denen fünf Asylstatus und 37 subsidiären Schutz erhielten (EMN 4.2019; vgl. IOM 5.4.2019; TSS 19.3.2019). International Schutzberechtigte besitzen ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in der Slowakei. Subsidiär Schutzberechtigte müssen ihren Schutzstatus nach einem Jahr erneuern lassen, danach alle zwei Jahre (USDOS 13.3.2019; vgl. PiN 6.2019). Nach 5 Jahren kommen sie für einen dauerhaften Aufenthalt infrage (EK 12.2015). Neben internationalem und subsidiärem Schutz gibt es in der Slowakei noch die Möglichkeit eines humanitären Schutzes (PiN 6.2019; vgl. MVSR o.D.b). Wer diese Schutzform genießt, hat ein Recht auf dieselben Integrationsmaßnahmen wie andere Inhaber eines Schutzstatus, außer der Familienzusammenführung (EK 12.2015).

Schutzberechtigte haben Zugang zum Gesundheitswesen, einigen Sozialleistungen, Bildung und Arbeitsmarkt wie slowakische Bürger. Alle Inhaber eines Schutzstatus in der Slowakei gelten als sogenannte benachteiligte Arbeitnehmer und brauchen damit keine Arbeitserlaubnis (PiN 6.2019; vgl. MVSR/UNHCR o.D.). Es gibt Berichte über subsidiär Schutzberechtigte mit beschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung. Das Innenministerium gibt die Krankenversicherungsdokumente direkt an die Subschutzberechtigten aus, was manchmal zu Verwirrung bei den Gesundheitsdienstleistern führt, die nicht wissen, welche Behandlung durch diese Dokumente abgedeckt ist (USDOS 13.3.2019).

Die Integration wird durch verschiedene Projekte von NGOs durchgeführt, die entweder vom Staatsbudget oder vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) finanziert werden. Bei den Integrationsprojekten (z.B. Skills2Work, Projekt EU-Frank, Step 3, IOM Migration Information Centre (MIC) usw.) wird ein besonderer Wert auf Unterbringung, Slowakisch-Sprachkurse, Arbeitssuche, Jobtrainings und psychosoziale sowie rechtliche Beratung gelegt (PiN 6.2019; vgl. EMN 4.2019; IOM o.D.; MVSR o.D.d.). Die Teilnahme an den Projekten erfolgt auf freiwilliger Basis (PiN 6.2019).

Die Bereitstellung geeigneter Wohnungen und die Gewährleistung der sozialen Sicherheit, insbesondere bei vulnerablen Personengruppen, gelten als die wichtigsten und gleichzeitig kompliziertesten Bereiche der Integration von Schutzberechtigten. Laut dem Asylgesetz sollten Personen mit Schutzstatus unter anderem vorübergehend in einem Integrationszentrum untergebracht werden, aber die einzige für diese Zwecke eingerichtete Einrichtung wird nicht benutzt. In der Praxis werden die Unterkünfte für die Betroffenen zu Beginn der Integration von den für die Durchführung der Integrationsprojekte zuständigen NGOs vermittelt. Einzelpersonen werden normalerweise in Pensionen oder in Studentenheimen untergebracht, während Familien mit Kindern bzw. ältere Menschen in Privatwohnungen wohnen. Im letzteren ist die Miete hoch. Schutzberechtigte erhalten staatliche Wohnungsbeihilfe als Teil der materiellen Leistungen (material need benefit) für Schutzberechtigte, sie haben allerdings in der Anfangsphase der Integration aufgrund der Nichterfüllung der dazu notwendigen Kriterien (bestimmtes Einkommen, Mindestaufenthaltszeit in der jeweiligen Stadt) keinen Zugang zu Sozialwohnungen. Die fehlenden Kontakte und Finanzmittel von Schutzberechtigten führen dazu, dass sie weiterhin auf die finanzielle Unterstützung und Kapazitäten der NGOs angewiesen sind. Die Stadt Košice bietet fünf Zweizimmer-Sozialwohnungen für Schutzberechtigte, ansonsten gibt es beim Integrationsprozess nur eine geringe Beteiligung seitens der lokalen Behörden. In Bratislava bieten NGOs in Kooperation mit der Kirche Unterkünfte an. Im Privatsektor werden Wohnungen ungern an Ausländer, insbesondere Flüchtlinge, vermietet (PiN 6.2019).

Bei der Sozialhilfe besonders bei Witwenpension, Invaliditätsentschädigung und Rente müssen Schutzberechtigte die gleichen Bedingungen wie slowakische Bürger erfüllen; was in der Praxis jedoch unmöglich ist. Wenn Schutzberechtigte die Anforderungen für die Sozialhilfe nicht erfüllen und sie über kein anderes Einkommen verfügen, sind sie von staatlichen Leistungen abhängig. Diese sind aber unzureichend und bergen somit ein Armutsrisiko. Positiv zu bewerten ist jedoch der Zugang zu Sozialdiensten und zu den staatlichen Familienleistungen. Zu letzteren haben nur anerkannte Flüchtlinge den gleichen Zugang wie slowakische Staatsbürger (PiN 6.2019).

Quellen:

-EMN – European Migration Network (4.2019): Annual Report on Migration and Asylum in the Slovak Republik in 2018, https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/24_ slovak_republic_arm2018_part2_en.pdf, Zugriff 31.10.2019

-IOM – International Organisation for Migration Slovakia (5.4.2019): Migration in Slovakia, https://www.iom.sk/en/migration/migration-in-slovakia.html, Zugriff 31.10.2019

-IOM – International Organisation for Migration Slovakia (o.D.): IOM Migration Information Centre (MIC), https://www.iom.sk/en/activities/migrant-integration/iom-migration-information-centre.html, Zugriff 31.10.2019

-MVSR – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky (Innenministerium) (o.D.b): Formy medzinárodnej ochrany, https://www.minv.sk/?formy-medzinarodnej-ochrany, Zugriff 31.10.2019

-MVSR – Ministerstvo vnútra Slovenskej republiky (Innenministerium) (o.D.d): Migra?ný úrad MV SR sa aktuálne podie?a na nasledovných projektoch, https://www.minv.sk/?projekty-na-ktorych-sa-migracny-urad-podiela, Zugriff 31.10.2019

-PiN – People in Need – Migration Awareness Programme (Autor), veröffentlicht von ReliefWeb (6.2019): Asylum Seekers and Beneficiaries of International Protection in V4 Countries (Updated Report); V4NIEM: Visegrad Countries National Integration, Evalutation Mechanism Report 2019, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/cr-v4niem-2019.pdf, Zugriff 31.10.2019

-TSS – The Slovak Spectator (19.3.2019): Slovakia only granted five people asylum last year, https://spectator.sme.sk/c/22079443/slovakia-asylum-applications-statistics.html, Zugriff 31.10.2019

-USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Slovakia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004286.html, Zugriff 31.10.2019

Im Bescheid wurde ausgeführt, dass der BF an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheit leide. Private Anknüpfungspunkte zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen hätten nicht festgestellt werden können. Der BF verweise auf entfernte Verwandte und auf Gattin und Kinder in Tschechien. Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich sei nicht vorhanden. Die Überstellung des BF in die Slowakei würde keine Verletzung des Art. 8 EMRK bedeuten. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF bei einer Überstellung in die Slowakei einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wäre. Ein real risk einer Verletzung des Art. 3 EMRK würde auch im Hinblick auf die Covid-19-Pandemie nicht drohen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 treffe zu und habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Am 15.02.2021 brachte der BF durch seinen bevollmächtigten Vertreter fristgerecht Beschwerde ein, in der im Wesentlichen wie im Verfahren vor der Behörde vorgebracht wurde. Die Behörde habe sich zu Unrecht nicht näher mit den Erlebnissen des BF in der Slowakei sowie mit seinem Gesundheitszustand auseinandergesetzt. Der BF habe insbesondere vorgebracht, dass er in der Slowakei schlecht behandelt und körperlich misshandelt worden sei. Auf die Versorgungszustände in der Slowakei gehe die Behörde ebenso unzureichend ein wie auf die vom BF geschilderten Vorfälle. Die Behörde wäre dazu angehalten gewesen, sich nicht bloß mit der rechtlichen, sondern mit der tatsächlichen Situation in Rumänien (sic!) auseinanderzusetzen und den BF zu seinem Vorbringen diesbezüglich detaillierter zu befragen. Dies habe sie jedoch verabsäumt, wodurch ihr schwere Fehler im Ermittlungsverfahren unterlaufen seien. Das aktuelle Wissen anhand verschiedenster Länderberichte über die tatsächliche Lage der sozialen Versorgung von Asylsuchenden, Flüchtlingen und Schutzberechtigten in der Slowakei reiche aus, um zur Einschätzung zu gelangen, dass der BF mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine derartige prekäre Situation geraten würde, sollte er tatsächlich in die Slowakei abgeschoben werden. Unklar sei, weshalb die Behörde davon ausgehe, dass sich aus den dargestellten Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben würden, dass das Asylwesen grob systematische Mängel aufweise und der BF auch keine individuellen unmittelbaren und vor allem hinreichend konkreten Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, vorgebracht habe. Die Slowakei sei dafür bekannt, eine restriktive Asylpolitik zu führen und Asyl nur in einer sehr begrenzten Anzahl von Fällen zu gewähren. Der Behörde sei auch dahingehend zu widersprechen, dass es sich beim BF um keine besonders vulnerable Person in Zusammenhang mit der derzeit vorherrschenden COVID-19-Pandemie handeln würde, zumal der BF an einigen gesundheitlichen, medizinischer Behandlung erfordernden Problemen leiden würde. Die aktuelle Lage für Asylwerber in der Slowakei zeichne sich durch systematische Mängel im Bereich der Grundversorgung im Sinne der Aufnahmerichtlinie der EU aus. Eine Abschiebung in die Slowakei würde den BF der konkreten Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung aussetzen und verstoße daher gegen Art. 3 EMRK sowie Art. 4 GRC. Österreich sei somit verpflichtet, von seinem Selbsteintrittsrecht gemäß § 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen.

Der Beschwerde war eine weitere, durch den BF handschriftlich selbst verfasste Beschwerde in arabischer Sprache samt einer (undatierten) deutschen Übersetzung, deren Urheber daraus nicht hervorgeht, angeschlossen. Laut deutscher Übersetzung hätten die slowakischen Grenzschutzbeamten angefangen, auf sie zu schießen, als sie von diesen festgenommen worden seien. Als sie sie erwischt hätten, seien sie mit Gummistöcken geschlagen und getreten worden. Er sei zum Fingerabdruck gezwungen worden, nachdem sie ihn geschlagen hätten. Der slowakische Staat und die lokalen Behörden könnten die Coronaepidemie nicht nur nicht innerhalb der Stadt, sondern auch innerhalb des Gefängnisses und innerhalb der für Flüchtlinge vorgesehenen Quarantäne nicht kontrollieren. Es mangle an Interesse an den Flüchtlingen und daran, Menschen mit Corona zu behandeln. Als sie um Hilfe gebeten hätten, sie zum Arzt zu bringen, sei ihre Bitte ignoriert worden. Da er Einwände gegen die Abnahme seines Fingerabdrucks gehabt habe, hätten sie ihm die Hand gebrochen und sich geweigert, ihn zu behandeln. Als sie in der Slowakei festgenommen worden seien, sei das Mobiltelefon zerstört, sie ins Gefängnis gebracht worden und ihnen ein Geldbetrag von schätzungsweise 400,-- Euro abgenommen worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der unter I. dargelegte Verfahrensgang.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Slowakei an.

Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Überstellung in die Slowakei Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten, individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Seitens des BF wurde keinerlei Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

Der BF leidet an keine schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankungen. Der BF gab an, dass er in der Türkei wegen einer sich im Herkunftsstaat zugezogenen Splitterverletzung an der Wade operiert worden sei. Weiters sei er in der Türkei im Afterbereich wegen einer Wunde operiert worden. Weiters hätten slowakische Polizeiorgane sein linkes Handgelenk gebrochen und die Behandlung verweigert. Die Verletzung sei erst in Österreich behandelt worden. Befunde wurden nicht vorgelegt.

In der Slowakei sind alle Krankheiten behandelbar und alle gängigen Medikamente erhältlich. Es besteht ausreichend medizinische Versorgung für Asylwerber, welche auch in der Praxis zugänglich ist.

Besondere private, familiäre oder berufliche Bindungen des BF im Bundesgebiet sind nicht vorhanden. Der BF hat in Österreich weite Verwandte aus dem Dorf, zu denen kein Kontakt besteht. Die Ehefrau und die beiden Kinder des BF sind in Tschechien aufhältig. Eine erwachsene Schwester des BF lebt in Holland.

Die aktuelle Situation hinsichtlich der Covid-19-Pandemie begründet keine Unmöglichkeit einer Rückkehr des BF in die Slowakei.

Bei Covid-19 handelt es sich um eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Mit Stichtag 19.03.2021 hat es in der Slowakei 80356 betätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 8814 Todesfälle gegeben. In Österreich hat es zum selben Stichtag 29615 betätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 8982 Todesfälle gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg des BF einschließlich der EURODAC-Treffermeldung der Kategorie „1“ zur Slowakei vom 03.12.2020 und der Durchführung des Konsultationsverfahrens zwischen der österreichischen und der slowakischen Dublin-Behörde beruhen auf dem Akteninhalt und den Angaben des BF.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen.

Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in der Slowakei auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO), samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Aus den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das slowakische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in der Slowakei, den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substantiell widersprechen würden, wurden seitens des BF nicht dargetan.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF beruhen auf den eigenen Angaben und der Aktenlage. Die vom BF vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen wurden in keiner Weise befundmäßig unterlegt. Eine noch aus dem Herkunftsstaat stammende Kriegsverletzung (Verletzung der Wade durch Splitter), die, ebenso wie eine Wunde im Afterbereich, in der Türkei operativ versorgt worden sei, lässt keinen akuten Behandlungsbedarf erkennen. Dass diesbezüglich bisher in Österreich medizinische Betreuung in Anspruch genommen worden wäre, wurde weder behauptet noch ist dies aktenkundig. Was die behauptete Bruchverletzung des linken Handgelenkes, die dem BF anlässlich seiner unfreiwilligen Abgabe der Fingerabdrücke durch slowakische Polizeiorgane zugefügt worden sein soll, betrifft, so ist diese bereits als solche nicht durch ärztliche Unterlagen dokumentiert. Der BF hat lediglich einen „Terminzettel“ für einen Arzttermin am 11.02.2021 vorgelegt. Eine Diagnose (Bruchverletzung) ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen, ebenso nicht das Datum der Verletzung, geschweige denn, dass diese dem BF bereits in der Slowakei (durch gewaltsames Verhalten von Polizeibeamten) hinzugefügt worden sein soll.

Die festgestellten persönlichen Verhältnisse des BF ergeben sich aus der Aktenlage und dessen Vorbringen.

Die getroffenen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von Covid-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den Anwendungsbereich der Dublin III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben, respektive keine Dublin-Rückkehrer übernehmen bzw zwischenzeitig allenfalls wieder aufgenommene Überstellungen aufgrund der Pandemiesituation zum Teil nach wie vor Einschränkungen unterworfen sind. Die Mitgliedstaaten stehen diesbezüglich aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen nur dann durchgeführt werden, wenn sich die einzelnen Mitgliedstaaten dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen, sodass insofern insgesamt eine Situation gegeben ist, die jener vor Ausbruch der Pandemie nahekommt.

Allfällige derzeit bestehende Überstellungshindernisse bzw -einschränkungen sind aus heutiger Sicht - aller Wahrscheinlichkeit nach - zeitlich begrenzt. Es ist davon auszugehen, dass Reisebewegungen jedenfalls in den Maximalfristen der Verordnung (Art. 29 Dublin III-VO) erfolgen können.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zur Slowakei nicht zu beanstanden, zumal davon auszugehen ist, dass Überstellungen nur dann durchgeführt werden, wenn die Slowakei für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards nach den Länderfeststellungen garantieren kann.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idgF geregelt (§ 1). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 17 AsylG 2005 idgF).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-Verordnung) lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Art. 12 Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa

(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 16 Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen.

Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wiederaufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird.

In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art. 19 Übertragung der Zuständigkeit

(1) Erteilt ein Mitgliedstaat dem Antragsteller einen Aufenthaltstitel, so obliegen diesem Mitgliedstaat die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1.

(2) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels.

Ein nach der Periode der Abwesenheit im Sinne des Unterabsatzes 1 gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

(3) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben c und d erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Wiederaufnahme er ersucht wurde, nach Rücknahme oder Ablehnung des Antrags das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines Rückführungsbeschlusses oder einer Abschiebungsanordnung verlassen hat.

Ein nach einer vollzogenen Abschiebung gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

Art. 20 Einleitung des Verfahrens

(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.

(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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