TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/31 G308 2197319-3

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Veröffentlicht am 31.03.2021
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Entscheidungsdatum

31.03.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch


G308 2197319-3/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft von XXXX , geb. XXXX , StA. MAROKKO, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BFA-W) vom XXXX .2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)       

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der betroffene Fremde (im Folgenden auch kurz BF), ein Staatsangehöriger von Marokko stellte am 10.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser Antrag wurde vollinhaltlich abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen, sowie die Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko festgestellt, die eingebrachte Beschwerde wurde am 15.11.2017 zur GZ. I411 2169955-1/7E, als unbegründet abgewiesen.

Der BF wurde in Österreich rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt. Gegen der BF besteht seit 22.06.2018 ein Einreiseverbot in der Dauer von 5 Jahren.

Vom Bundesamt wurde am 26.09.2017 ein Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates gestellt. Am 14.03.2018 wurde der BF als Staatsbürger von Marokko identifiziert.

Der BF ist seit 27.02.2018 in Österreich ohne behördliche Meldung aufhältig. Der BF hat im Jahr 2018 an der Organisation seiner Ausreise nach Marokko durch das Bundesamt mitgewirkt. Das Bundesamt das Heimreisezertifikat für der BF trotz Identifizierung durch die Vertretungsbehörde nicht zeitgerecht beschafft, weshalb die Abschiebung der BF im Jahr 2018 scheiterte. Der BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.10.2018 das gelindere Mittel einer Meldeverpflichtung aufgetragen. Der BF hat diese Meldeverpflichtung missachtet und sich vor den Behörden im Verborgenen aufgehalten. Der BF hat am 30.01.2020 einen Antrag auf freiwillige Ausreise gestellt.

Am 05.12.2020 wurde der BF im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle kontrolliert und festgenommen. Dabei wies sich der BF mit einem total gefälschten griechischen Personalausweis aus. Am XXXX 2020 wurde der BF vom Bundesamt einvernommen und am selben Tag der gegenständlich bekämpfte Schubhaftbescheid zur Sicherung der Abschiebung des Der BFs erlassen. Seit dem XXXX .2020 befindet sich der Der BF in Schubhaft.

Am 04.01.2021 wurde das BFA informiert, dass am 22.12.2020 gegen den BF Anklage durch die Staatsanwaltschaft erhoben wurde (AZ XXXX ).

Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 23.12.2020, am 22.02.2021 schriftlich ausgefertigt, wurde die Beschwerde des BF gegen den oben genannten Bescheid abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Am 26.03.2021 wurde der Akt von der belangten Behörde dem BVwG zur amtswegigen Überprüfung der Anhaltung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zur Person:

Der BF befindet sich seit XXXX .2020 in Schubhaft.

Der BF ist Staatsangehöriger von Marokko. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist volljährig. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

2. Am 10.09.2015 stellte der BF einen Asylantrag in Österreich.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 21.08.2017 wurde der Asylantrag abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko festgestellt. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.11.2017, GZ. I411 2169955-1/7E, als unbegründet abgewiesen.

3. Vom Bundesamt wurde am 26.09.2017 ein Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates gestellt. Am 14.03.2018 wurde der BF positiv als Staatsbürger von Marokko identifiziert.

4. Der BF ist haftfähig. Dem BF wurde vor seiner Einreise nach Österreich in Griechenland ein Tumor aus dem Kopf operativ entfernt. Eine Folgebehandlung aufgrund dieser Operation war nicht erforderlich.

1.2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

1. Gegen den BF besteht eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme und seit 22.06.2018 ein Einreiseverbot in der Dauer von 5 Jahren.

2. Der BF hat keine Familienangehörigen in Österreich. Die Mutter und die Geschwister des BFs und seine Lebensgefährtin leben in Marokko. Der BF hat Kontakt zu seiner Mutter und zu seiner Lebensgefährtin.

Der BF ist seit 27.02.2018 in Österreich ohne behördliche Meldung aufhältig (s. Melderegister).

Der BF hat seinen tatsächlichen Aufenthaltsort dem Bundesamt nicht bekannt gegeben und war der tatsächliche Aufenthaltsort des BFs dem Bundesamt nicht bekannt.

Das Bundesamt musste aufgrund des unbekannten Aufenthaltsortes des BFs einen Festnahmeauftrag erlassen.

Der BF wurde im Rahmen einer Zufallskontrolle am 05.12.2020 von der Polizei kontrolliert und festgenommen. Dabei wies sich der BF mit einem total gefälschten griechischen Personalausweis aus. Er wollte damit seine Identität verschleiern.

Der BF wollte unter Verwendung des gefälschten Ausweises am 05.12.2020 bzw. am darauffolgenden Tag unrechtmäßig unter Verwendung des gefälschten Ausweises nach Italien reisen. Der BF wusste, dass dies nicht erlaubt ist.

Der BF verfügt in Österreich über keine Meldeadresse außerhalb des AHZ. Der BF verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (Melderegister).

Der BF war in Österreich seit 27.02.2018 bis zu seiner Festnahme nicht behördlich gemeldet, sondern untergetaucht (Melderegister).

Dem BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.10.2018 eine Meldeverpflichtung bei der Polizeiinspektion aufgetragen. Der BF hat diese Meldeverpflichtung missachtet und sich vor den Behörden im Verborgenen aufgehalten.

Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung und über kein Bargeld. Der BF erhält monatlich etwa 250 Euro von seiner Tante (Anhaltedatei).

3. Der BF ist in Österreich vorbestraft. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX .2018 wurde der BF wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§27 Abs. 2a zweiter Fall und Abs. 3 und Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG, § 15 StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt. Ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe, nämlich 6 Monate wurde unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen. Der Verurteilung lagen Tathandlungen im Zeitraum seit der Einreise des BFs nach Österreich im Jahr 2015 bis 25.02.2018 zugrunde. Der BF hat gewerbsmäßig an einem allgemein zugänglichen Ort, öffentlich, wobei die Tathandlung durch zumindest 15 Personen im unmittelbaren Umfeld wahrnehmbar war, gegen Entgelt einem verdeckten Ermittler Kokain überlassen. Weiters hat der BF seit seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2015 bis 25.02.2018 in mehreren Angriffen eine nicht mehr festzustellenden Menge Marihuana und Kokain zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen.

4. Der BF missachtete in der Vergangenheit die Bestimmungen des österreichischen Strafgesetzes und des Meldegesetzes (Strafregister, Melderegister). Der BF hat dem Bundesamt seinen tatsächlichen Aufenthaltsort nicht bekannt gegeben. Der BF ist seiner behördlichen Meldeverpflichtung nicht nachgekommen (Melderegister).

5. Der BF hat einen Antrag auf unterstützte freiwillige Ausreise am 20.01.2020 gestellt. Davor sind keine Schritte für das Bemühen um eine freiwillige Ausreise aktenkundig. Die Zustimmung zur freiwilligen Ausreise war bis 03.05.2020 gültig. Am 16.12.2020 hat der BF neuerlich einen Antrag auf freiwillige Ausreise gestellt. Dieser wurde am 17.12.2020 genehmigt.

6. Der BF hat im Jahr 2018 an der Organisation seiner Ausreise nach Marokko durch das Bundesamt mitgewirkt. Das Bundesamt konnte das Heimreisezertifikat für den BF trotz Identifizierung durch die Vertretungsbehörde nicht zeitgerecht beschaffen, weshalb die Abschiebung des BFs im Jahr 2018 scheiterte.

7. Am 27.10.2018 wurde der BF vom Bundesamt über die bestehende Ausreiseverpflichtung in Kenntnis gesetzt.

Der BF hat von 27.10.2018 bis zur Stellung des Antrages auf freiwillige Ausreise am 30.01.2020 keine Schritte zur Umsetzung seiner Ausreiseverpflichtung gesetzt. Der BF hat sich nicht um die Erlangung von Dokumenten bemüht. Insbesondere hat der BF keinen Kontakt mit seinen Familienangehörigen und Bezugspersonen in Marokko aufgenommen. Der BF hat sich im Verborgenen aufgehalten. Der BF hat sich im November 2020 einen gefälschten Ausweis beschafft um seine unrechtmäßige Weiterreise nach Italien vorzubereiten.

8. Der BF wird seit XXXX .2020 in Schubhaft angehalten (Anhaltedatei). Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der BF untertauchen und sich vor den Behörden erneut verborgen halten.

9. Der BF wurde bereits am 14.03.2018 positiv identifiziert. Das Bundesamt hat es im Jahr 2018 verabsäumt ein Heimreisezertifikat zu erlangen. Das Gericht geht jedoch davon aus, dass für den BF, der bereits als Staatsangehöriger von Marokko identifiziert wurde, die Erlangung eines Heimreisezertifikates – die Mitwirkung des BFs vorausgesetzt – zeitnah möglich sein wird. Auch die Effektuierung der Abschiebung nach Marokko wird auch im Hinblick auf die Covid-Situation möglich sein, zumal gegenwärtig von Lockerungen der Einschränkungen im Flugverkehr auszugehen ist.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt des Bundesamtes und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus dem vom BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck. Einsicht genommen wurde in das Melderegister, in das Strafregister, die Vollzugsinformation sowie in das GVS-Informationssystem.

2.1. Zur Person des BFs und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

1. Dass der BF Staatsangehöriger von Marokko ist, war aufgrund seiner diesbezüglich glaubhaften Angaben in der Beschwerdeverhandlung am 23.12.2020 vor dem BVwG und im Zusammenhang mit den weiteren Angaben des BFs zu seinem Geburtsort, dem Aufenthaltsort seiner Familienangehörigen und der Tatsache festzustellen, dass der BF bereits von der Vertretungsbehörde von Marokko identifiziert wurde. Dass er die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt ergibt sich ebenfalls aufgrund dieser Erwägungen. Dass der BF volljährig ist, ergibt sich aufgrund seiner eigenen Angaben zu seinem Geburtsdatum. Dass er weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter ist, ergibt sich aufgrund der Abweisung seiner Beschwerde gegen den negativen Asylbescheid mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.11.2017.

2. Die Feststellung zur Asylantragstellung und dem erstinstanzlichen Bescheid des Bundesamtes sowie dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens fußen auf der Einsichtnahme in die im Akt aufliegende Erstbefragung und in den Bescheid vom 21.08.2017 sowie den Zustellnachweis und dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts im Asylverfahren.

3. Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates waren aufgrund der Stellungnahme des Bundesamtes vom 18.12.2020 zu treffen.

4. Die Feststellungen zur Haftfähigkeit und zum Gesundheitszustand des BFs ergaben sich aufgrund seiner eigenen Angaben in der Beschwerdeverhandlung und der Einsicht in die Anhaltedatei.

2.2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

1. Dass gegen den BF eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme vorliegt, ergibt sich aufgrund der Beschwerdeabweisung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.11.2017 hinsichtlich der im Asylverfahren unter anderem ergangen Rückkehrentscheidung. Dass gegen den BF seit 22.06.2018 ein Einreiseverbot in der Dauer von 5 Jahren besteht fußt auf der Einsichtnahme in den diesbezüglich vom Bundesamt erlassenen und im Akt aufliegenden Bescheid.

2. Die Feststellungen zu den Familienangehörigen des BFs waren aufgrund der diesbezüglich im gesamten Verfahren und in der Beschwerdeverhandlung am 23.12.2020 vor dem BVwG gleichbleibenden Angaben des BFs zu treffen.

Dass der BF seit 27.02.2018 in Österreich ohne behördliche Meldung aufhältig ist, war aufgrund der Einsicht in das Melderegister festzustellen (Melderegister).

Die Feststellungen zum Aufenthaltsort des BFs waren aufgrund seiner eigenen Angaben in der Beschwerdeverhandlung zu treffen, ebenso, dass er seinen tatsächlichen Aufenthaltsort dem Bundesamt nicht bekanntgegeben hat.

Dass das Bundesamt aufgrund des unbekannten Aufenthaltsortes des BFs einen Festnahmeauftrag erlassen musste, ergibt sich aufgrund des im Akt einliegenden Festnahmeauftrag.

Die Feststellungen zur Festnahme des BFs im Rahmen einer polizeilichen Zufallskontrolle und der Verwendung eines gefälschten Personalausweises, ergeben sich aufgrund des im Akt befindlichen Polizeiberichtes vom 05.12.2020. Dass der BF durch das Legitimieren mit einem gefälschten Dokument seine Identität verschleiern wollte, ergibt sich aufgrund seiner eigenen Angaben, wonach er den Ausweis verwendet hat, damit ihn die Polizeibediensteten „gehen lassen“.

Die Feststellungen zur beabsichtigten Weiterreise des BFs nach Italien und dem Wissen um die Unrechtmäßigkeit dieses Vorhabens waren aufgrund der eigenen Angaben des BFs in der mündlichen Verhandlung am 23.12.2020 festzustellen.

Die Feststellungen zur behördlichen Meldung und dem Wohnsitz des BFs waren aufgrund der Einsicht in das Melderegister zu treffen. Dass der BF über keinen gesicherten Wohnsitz verfügt, war zudem festzustellen, da er zwar Beschwerdeverhandlung am 23.12.2020 vor dem BVwG angegeben hat, bei einer Frau wohnen zu können und gelegentlich Miete zu bezahlen. Da der BF allerdings keinerlei Angaben zu dieser Person machen konnte und die Verfügungsberechtigte dem BF jederzeit die Unterkunft in ihrer Wohnung verwehren kann, war festzustellen, dass der BF über keinen gesicherten Wohnsitz verfügt. Dass der BF untergetaucht war, ergibt sich daraus, dass er ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet aufhältig war und dem Bundesamt seinen tatsächlichen Aufenthaltsort auch nicht mitgeteilt hat.

Die Feststellungen zum gelinderen Mittel fußen aufgrund des im Akt aufliegenden Bescheides und dem Beschwerdeschriftsatz.

Die Feststellungen zur Erwerbstätigkeit und den finanziellen Mitteln des BFs fußen aufgrund seiner eigenen Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Von einer nachhaltigen Existenzsicherung kann auch bei Vorliegen monatlicher Unterstützungsleistungen durch die Tante des BFs nicht ausgegangen werden, da einerseits die monatliche Unterstützungsleistung zu gering ist, um die Lebensbedürfnisse zu befriedigen und auf diese Leistungen kein Rechtsanspruch besteht (Anhaltedatei).

3. Die Feststellungen zur Verurteilung des BFs ergeben sich aufgrund der Einsichtnahme in das Strafregister und das im Akt liegende Strafurteil.

4. Dass der BF in der Vergangenheit die Bestimmungen des österreichischen Strafgesetzes missachtete, ergibt sich aufgrund seiner gerichtlichen Verurteilung. Dass er die Bestimmungen des Meldegesetzes missachtete, ergibt sich aufgrund der Unterkunftnahme des BFs ohne seine behördliche Anmeldung zu veranlassen (Strafregister, Melderegister). Dass der BF dem Bundesamt seinen tatsächlichen Aufenthaltsort nicht bekannt gegeben hat, fußt auf seinen eigenen Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Dass der BF seiner behördlichen Meldeverpflichtung nicht nachgekommen ist ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in das Melderegister.

5. Die Feststellungen zu den Anträgen des BFs auf freiwillige Ausreise fußen auf dem Akteninhalt.

6. Die Feststellungen zur gescheiterten Abschiebung des BFs im Jahr 2018 ergeben sich aufgrund der im Akt aufliegenden Unterlagen zur Flugbuchung.

7. Dass der BF am 27.10.2018 vom Bundesamt über die bestehende Ausreiseverpflichtung in Kenntnis gesetzt wurde, ergibt sich aufgrund der im Akt aufliegenden Niederschrift von diesem Tag.

Die Feststellungen zum Unterbleiben der Umsetzung der Ausreiseverpflichtung bzw. der Erlangung von Dokumenten zur Heimreise, sondern der Aufenthalt des BFs im Verborgenen und die Beschaffung eines gefälschten Ausweises zur unrechtmäßigen Weiterreise ergeben sich aufgrund der eigenen Angaben des BFs in der Beschwerdeverhandlung. Dabei ist es dem BF nicht gelungen glaubhaft darzulegen, welche konkreten Bemühungen er zur Erlangung von Dokumenten gesetzt hat. Insbesondere waren seine Angaben, wonach seine Familienangehörigen seit Jänner 2020 keinerlei Dokumente für ihn beschaffen konnten nicht schlüssig und nicht glaubhaft.

8. Dass der BF seit XXXX 2020 in Schubhaft angehalten wird ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in die Anhaltedatei. Dass sich der BF im Falle seiner Entlassung aus der Schubhaft vor den Behörden erneut verborgen halten und untertauchen wird, war aufgrund seines Vorverhaltens festzustellen. Der BF ist in der Vergangenheit seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, hat das gelindere Mittel missachtet und sich vor den Behörden im Verborgenen aufgehalten um seine Abschiebung zu verhindern. Auch konnte er im Zuge seiner Befragung beim Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die von ihm geplante unrechtmäßige Weiterreise nach Italien nicht glaubhaft darlegen, dass er sich in Freiheit seiner Abschiebung stellen wird.

9. Die Feststellungen zum Heimreisezertifikatsverfahren ergeben sich aufgrund der Stellungnahme des Bundesamtes. Nachdem der BF bereits von der Vertretungsbehörde positiv als Staatsangehöriger von Marokko identifiziert wurde, ist von der Ausstellung eines Heimreisezertifikates zeitnah auszugehen und liegen keine gegenteiligen Erkenntnisse vor. Dass von einer Lockerung der Einschränkungen im Flugverkehrs auszugehen ist, ergibt sich aufgrund der diesbezüglichen Informationen des Bundesamtes und dem Bestehen von Flügen nach Marokko auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchteil A):

3.1. Gesetzliche Grundlagen

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten:

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.       drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.       sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.       die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.       eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.       der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.       die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem BF gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.2. Als maßgebliche Judikatur wurden u.a. herangezogen:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.3. Allgemeine Voraussetzungen:

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und war zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Schubhaftbescheides weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Daher war die Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich.

Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

Im vorliegenden Fall wurde mit Bescheid vom XXXX .2020 Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnet. Gegen den BF besteht eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Gegen den BF musste aufgrund seines unbekannten Aufenthalts ein Festnahmeauftrag erlassen werden.

Mit der Abschiebung des BFs im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft war insofern zu rechnen, als bereits eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag und der BF positiv identifiziert wurde.

3.4. Fluchtgefahr:

Das Verfahren hat ergeben, dass der BF nicht ausreisewillig ist und sich bereits in der Vergangenheit nicht behördlich gemeldet hat bzw. nicht an der dem Bundesamt zuletzt bekanntgegebenen Adresse aufhältig war. Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Im vorliegenden Fall ging das Bundesamt zu Recht von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 3, 7 und 9 FPG aus:

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den BF eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 7 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt.

Da der BF seine Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachgekommen ist, liegt der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 7 FPG vor.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des BFs Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Die Unterkunftmöglichkeit bei einer Bekannten, vermochte eine solcherart starke Verankerung nicht zu begründen zumal der BF über sie keine Angaben machen konnte und keine Hinweise für eine enge Bindung zu Tage getreten sind. Der BF verfügt im Inland über keinerlei sonstige enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Das Bundesamt ging daher zu Recht von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 3, Z 7 und Z 9 FPG aus.

3.5. Sicherungsbedarf:

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des BFs gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des BFs vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen.

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des BFs noch ist er sonst sozial verankert. Der BF verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach. Der BF ist untergetaucht und war an der von ihm zuletzt bekanntgegeben Adresse nicht mehr aufhältig und gänzlich ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet. Seinen tatsächlichen Aufenthaltsort hat der BF dem Bundesamt nicht bekanntgegeben.

Es liegt eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. Im Verfahren zur Erlangung des Heimreisezertifikates ist bereits eine positive Identifizierung erfolgt. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Es war daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.6. Verhältnismäßigkeit:

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Betrachtet man die Interessen des BFs an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der BF familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Die freiwillige Ausreisebereitschaft des BFs – relativiert sich durch den langen Zeitraum seines Aufenthalts im Verborgenen in Österreich und der Nichtbefolgung des gelinderen Mittels.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der BF wurde strafrechtlich verurteilt, wobei dieser Verurteilung Tathandlungen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften zugrunde lagen, wobei der BF seit seiner Einreise im Jahr 2015 bis Februar 2018 Marihuana und Kokain zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen hat. Weiters hat er im Februar 2018 gewerbsmäßig einem verdeckten Ermittler öffentlich Kokain gegen Entgelt überlassen. Daher besteht ein besonders hohes öffentliches Interesse an der baldigen Außerlandesbringung des BFs.

Betrachtet man die Interessen des BFs an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der BF nachhaltige familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht glaubhaft machen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren.

Der BF hat Suchtmitteldelikte begangen, es wurde auch ein Einreiseverbot für die Dauer von 5 Jahren verhängt. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des erkennenden Gerichts nunmehr ausreichend klar dargestellt, dass ein Verbleib des BFs im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des BFs besteht. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des BFs, der keine engen Kontakte und soziale Bindungen in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des BFs.

Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung konnte das Bundesamt zu Recht davon ausgehen, dass aufgrund der bereits vorliegenden positiven Identifizierung des BFs durch die marokkanische Vertretungsbehörde auch bei Flugbuchung ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden wird. Aufgrund der Erlassung im Mandatsverfahren waren diesbezügliche weitere Feststellungen nicht erforderlich. Das Verfahren zur Erlangung des Heimreisezertifikates wurde unverzüglich eingeleitet und ist der BF bereits positiv identifiziert. Es liegen keine Hinweise vor, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates aufgrund der bereits erfolgten Identifizierung – bei Mitwirkung des BFs nicht möglich sein wird. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.7. Gelinderes Mittel:

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom BF in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des BFs besteht, da der BF bereits dem gelinderen Mittel der Meldeverpflichtung nicht nachgekommen ist.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kam daher nicht in Betracht.

3.8. Ultima ratio:

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BFs zu gewährleisten.

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und „ermächtigt“ das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage „in der Sache“ zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil B)

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Schlagworte

Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G308.2197319.3.01

Im RIS seit

01.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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