TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/6 G307 2219203-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.04.2021
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Entscheidungsdatum

06.04.2021

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


G307 2219203-1/11E

Im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am 30.09.1993, StA: Nordmazedonien, vertreten durch RA Mag. Dr. Andreas MAUHART in 4400 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.03.2019, Zahl XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Anlässlich einer wiederholten Verurteilung des Beschwerdeführers (im Folgenden: BF) wurde dieser mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 10.10.2018, darüber in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, gegen ihn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu erlassen. Zugleich wurde der BF zur Abgabe einer dahingehenden Stellungnahme und Bekanntgabe seiner persönlichen wie finanziellen Verhältnisse binnen 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens aufgefordert.

2. Mit am 29.10.2018 beim BFA eingelangtem Schreiben gab der BF dazu eine Stellungnahme ab.

3. Mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX zu Zahl XXXX , vom XXXX .2019, wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a (1) 5. Fall SMG sowie des Vergehens der versuchten Nötigung gemäß §§ 12 2. Fall, 15, 105 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten, wovon 1 Jahr unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

4. Mit rechtskräftigem Urteil des LG XXXX zu Zahl XXXX , vom XXXX .2019, wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a (1) 5. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.

5. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF persönlich zugestellt am 01.04.2019, wurde gegen diesen gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Ferner wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Abschiebung des BF nach Mazedonien (nunmehr Nordmazedonien) gemäß § 46 FPG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.), festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist zur freiwilligen Ausreise 14 Tage betrage (Spruchpunkt III.) sowie gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 0 (wohl gemeint Z 1) FPG ein auf 7 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

6. Mit per E-Mail am 15.04.2019 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seinen Rechtsvertreter (im Folgenden: RV), Beschwerde gegen den oben im Spruch angeführten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu die gänzliche Behebung des angefochtenen Bescheides, die Herabsetzung der Befristung des Einreiseverbotes sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

7. Die Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem BVwG vorgelegt und langten dort am 23.05.2019 ein.

8. Am 23.02.2021 fand vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF und sein RV persönlich teilnahmen und die Mutter sowie die Lebensgefährtin (im Folgenden LG) des BF als Zeuginnen einvernommen wurden.

Die belangte Behörde wurde korrekt geladen, verzichtete jedoch auf die Entsendung eines Vertreters.

9. Mit per E-Mail am 26.02.2021 beim BVwG eingebrachtem Schriftsatz wurden durch den RV des BF diverse Unterlagen ergänzend in Vorlage gebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist nordmazedonischer Staatsbürger, ledig, kinderlos, gesund und arbeitsfähig.

1.2. Der BF wurde in Nordmazedonien geboren und hält sich seit 23.01.2005 durchgehend gemeldet in Österreich auf. Er hat in Österreich eine Klasse der Hauptschule besucht und den Lehrberuf des Einzelhandelskaufmanns begonnen, jedoch nach einem Jahr wieder abgebrochen.

1.3. Der BF ist seit XXXX 2010 im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“, und hat am 13.11.2020 einen Antrag auf Verlängerung des seinen Aufenthalt bescheinigenden und am XXXX .2020 abgelaufenen Dokumentes beantragt. Über den Antrag wurde durch die zuständige NAG-Behörde bis dato nicht entschieden.

1.4. Der BF weist per 22.02.2021 Ersparnisse in Höhe von € 9.000,00 auf und konnte das Bestehen von offenen Verbindlichkeiten nicht festgestellt werden.

1.5. Der BF war von 16.09.2009 bis 06.11.2016 insgesamt knapp mehr als 43 Monate, wiederholt, unterbrochen durch teils längere Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges, erwerbstätig. Am XXXX 2016 erlitt der BF einen Arbeitsunfall (Sturz von einem Baugerüst) dessentwegen er bis XXXX .2016 vorübergehend erwerbsunfähig war. Der BF ging zudem von 25.05.2020 bis 21.12.2020 einer Erwerbstätigkeit als Arbeiter bei der XXXX , nach und ist er seit 01.03.2021 erneut beim selben Unternehmen aufrecht beschäftigt.

1.6. Im Bundesgebiet halten sich die Eltern, XXXX , geb. XXXX und XXXX , geb. XXXX , sowie ein Bruder, XXXX , geb. XXXX , allesamt nordmazedonische Staatsbürger, sowie Cousins und Cousinen auf. Die Eltern sowie der Bruder des BF sind jeweils im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“.

1.7. Im Herkunftsstaat halten sich weiterhin Verwandte des BF auf, jedoch pflegt der BF nur zu seiner Großmutter regelmäßig telefonisch Kontakt.

1.8. Der BF ist der albanischen Sprache hinreichend mächtig und hielt sich seit seinem Aufenthalt in Österreich nur vorübergehend im Herkunftsstaat auf.

1.9. Der BF lebt mit seinen Eltern und seinem Bruder durchgehend im gemeinsamen Haushalt.

1.10. Der Vater des BF weist eine 60 %ige Behinderung auf und bezieht eine Invaliditätspension in der Höhe von monatlich Netto € 1.574,20 inkl. Ausgleichszulage und Kinderzuschuss. Die Mutter des BF lukriert kein Einkommen und lebt von den Einkünften ihres Mannes.

1.11. Der Vater des BF bedarf familiärer Unterstützung, die vom BF, seiner LG und der Mutter des BF wahrgenommen wird.

1.12. Der BF führt seit 2016 mit der serbischen Staatsbürgerin, XXXX , geb. XXXX , eine Beziehung. Die LG des BF unterstützt die Familie des BF bei täglichen Erledigungen und fungiert als Dolmetscherin für die Eltern des BF. Sie ist im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“, als Bürokauffrau erwerbstätig und bringt monatlich netto zwischen € 1.600,00 bis € 1.900,00 ins Verdienen.

1.13. Der BF hat eine Deutschprüfung auf dem Niveau „A2“ erfolgreich absolviert.

1.14. Der BF beging den Großteil seiner Straftaten wegen seiner Suchmittelabhängigkeit, insbesondere zu deren Finanzierung. Mittlerweile ist der BF abstinent, zeigt sich hinsichtlich seiner Straftaten einsichtig und reuig aber auch willig, zukünftig ein Straffreies Leben zu führen.

1.15. Der BF weist folgende Verurteilungen in Österreich auf:

1.       LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2014, wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 (1) Z 1 1. 2. Fall SMG sowie des Verbrechens der Vorbereitung des Suchtgifthandels gemäß § 28 (1) 1. 2. Fall SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten, als junger Erwachsener.

Der BF wurde darin für schuldig befunden, er habe

I.       ab einem unbekannten Zeitpunkt bis zum XXXX 2014 in XXXX vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde und zwar dadurch, dass er insgesamt 1.200 Gramm Marihuana mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 6 % in XXXX in einem Keller lagerte;

II.      erworben und besessen, nämlich Marihuana.

2.       LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2015, in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2015, wegen des Vergehens der Hehlerei gemäß § 164 Abs. (1,2) StGB, zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je EUR 4,- (= EUR 400,-), als junger Erwachsener.

Dem BF wurde darin angelastet, er habe am XXXX .2014 in XXXX Teile des von A.N.A. gestohlenen Suchtgiftes, somit eine Sache, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, durch Übernahme an sich gebracht.

Als mildernd wurden das reumütige Geständnis sowie das Alter unter 21 Jahren gewertet.

3.       BG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2016, in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2016, wegen des Vergehens der Hehlerei gemäß § 164 Abs. 2 StGB. Von der Verhängung einer Zusatzfreiheitsstrafe wurde unter Bedachtnahme auf das Urteil des LG XXXX vom XXXX 2015, abgesehen.

Der BF wurde darin für schuldig befunden, er habe ca. Mitte März 2015 in XXXX eine gestohlene Sonnenbrille im Wert von etwa € 300,00, mithin eine Sache, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, durch Ankauf an sich gebracht.

Als erschwerend wurde die neuerliche Tatbegehung nach § 164 StGB gewertet.

4.       LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX 2016, in Rechtskraft erwachsen am XXXX 2016, wegen des Vergehens des Raufhandels gemäß § 91 (1) 1. und 2. Fall StGB, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten.

Darin wurde dem BF angelastet, er habe am XXXX .2015 in XXXX an einer Schlägerei mit den (teils) abgesondert verfolgten B.P, G.M, F.B, R.K. und S.E. tätlich teilgenommen, wobei diese den Tod des S.E. sowie die schwere Verletzung des F.B. in Form einer Stichwunde im mittleren Rückenbereich mit Eindringen in die Bauchhöhle und Verletzung der Leber, jeweils von B.P durch Versetzen von Messerstichen vorsätzlich herbeigeführt sowie die an sich schwere Körperverletzung des A.B (§ 84 Abs. 1 StGB) durch eine Stichverletzung am Bauch und eine Schnittverletzung am linken Oberarm verursacht habe.

Als mildernd wurde das Geständnis gewertet.

5.        LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2018, in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2018, wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 88 (3) StGB, zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je € 4,00 (= € 480,-).

Darin wurde der BF dafür belangt, dass er am XXXX .2018 in XXXX im ersten Stock eines Parkhauses eines Einkaufszentrums E.K. dadurch grob fahrlässig (§ 6 Abs. 3 StGB) am Körper oder an der Gesundheit in Form einer Stauchung und Zerrung des linken Mittelfußes geschädigt habe, dasser mit seinem PKW so knapp an der am Begrenzungsstreifen stehenden und gut sichtbaren E.K. vorbeifuhr, dass er ihr mit dem vorderen Rad über den linken Fuß gefahren sei.

Als mildernd wurde dabei das Geständnis, als erschwerend zwei einschlägige Vorstrafen gewertet

6.       LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2019, in Rechtskraft erwachsen am 25.01.2019, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a (1) 5. Fall SMG sowie des Vergehens der Nötigung gemäß § 12 2. Fall StGB, § 15 StGB, § 105 (1) StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten wovon 1 Jahr bedingt nachgesehen wurde.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe in XXXX

I.       vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, nämlich im Zeitraum zwischen April 2018 und Anfang Oktober 2018 insgesamt zumindest 1.500 g, Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 10 % THCA und 0,5 % Delta-9-THC dem M.H. (1.000 g), dem A.J.M.G.D. (zumindest 300 g) und dem am XXXX geborenen P.E.G (zumindest 200 g);

II.      zu einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt zwischen XXXX .2018 und XXXX .2018 als Bestimmungstäter (§ 12 2. Fall StGB) M.K. durch die von G.B. am XXXX .2018 in einer Justizanstalt getätigte Äußerung, er solle seine Aussage überdenken und den „R.“ raushalten; er solle die Aussage zurücknehmen, sonst würde es blöd für ihn ausgehen; wenn er dann wieder draußen sein würde, solle er aufpassen und sich immer umdrehen; seine Familie sollte auch aufpassen, sonst werde seiner Familie auch etwas passieren und er würde dann auch nicht mehr sicher durch die Stadt gehen können, somit durch gefährliche Drohung mit zumindest der Zufügung einer Körperverletzung (an ihm oder einer Sympathieperson), zu einer Handlung, nämlich zur Zurücknahme seiner belastenden Angaben gegen R.J. zu nötigen versucht, indem er G.B. zu dieser Handlung aufforderte.

Als mildernd wurden das teilweise Geständnis und, dass es teilweise beim Versuch geblieben sei, als erschwerend drei einschlägige Vorverurteilungen sowie das Zusammentreffen strafbarer Handlungen, gewertet.

7.       LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2019, in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2019, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a (1) 5. Fall SMG, zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten.

Der BF wurde darin angelastet, er habe von Sommer 2018 bis XXXX .2019 in XXXX und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest 8,69 5 THCA und 0,66 Delta-9-THC sowie Methampetamin mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 50 %

1.       in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen in zahlreichen Angriffen gewinnbringend überlassen, nämlich insgesamt zumindest ca 1.902 Gramm Cannabiskraut an teils bekannte, teils unbekannte Abnehmer zu einem Preis von € 7,00 bis 10,00 teils an Minderjährige sowie unbekannte Mengen Methampetamin

1.1.    von Sommer 2018 bis Anfang April 2019 bis zu seiner Festnahme am XXXX .2019 in mehreren Angriffen zumindest 600 Gramm Cannabiskraut an Dominik H und Carina H;

1.2.    seit Februar 2019 bis zu seiner Festnahme am XXXX .2019 in mehreren Angriffen, teilweise unentgeltlich, teilweise entgeltlich zu einem unbekannten Preis ca 200 Gramm Cannabiskraut an Marc C.;

1.3.    seit Februar 2019 bis zu seiner Festnahme am XXXX .2019 zu einem Preis von € 5,00 bis 6,00 ca 1.000 Gramm Cannabiskraut an Marcel F;

1.4. seit Anfang April 2019 bis zu seiner Verhaftung am XXXX 2019 ca. 100 Gramm Cannabiskraut an Daniel Fischer;

1.5. unbekannte Mengen an Cannabiskraut an bislang unbekannte Täter;

1.6. zu einem unbekannten Zeitpunkt XXXX 2-3g Cannabiskraut;

1.7. zu einem unbekannten Zeitpunkt dem minderjährigen XXXX , geboren am XXXX .2001, unbekannte Mengen Methamphetamin.

2.       in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, nämlich am XXXX 2019 zumindest 417 Gramm Cannabiskraut in einem Versteck in seinem Keller.

3.       wiederholt erworben und besessen, nämlich Cannabiskraut sowie Crystal Meth von unbekannten Tätern in unbekannter Menge, sowie zumindest 0,8 Gramm Crystal Meth von XXXX am XXXX .2019 in XXXX , wobei er die Tat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging.

Als mildernd wurden hiebei das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung durch teilweise Sicherstellung des tatverfangenen Suchtgiftes, als erschwerend 6 einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen strafbarer Handlungen, die Weitergabe an Minderjährige, der rasche Rückfall sowie die teilweise Begehung bei anhängigem Strafverfahren gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die genannten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.

1.16. Der BF wurde während folgender Zeiten in Justizanstalten angehalten:

?        vom XXXX .2014 bis XXXX .2014

?        vom XXXX .2018 bis XXXX .2019

?        vom XXXX 2019 bis XXXX .2020

1.17. Mit Beschluss des LG XXXX zu Zahl XXXX , vom XXXX .2020, wurde jüngsten Strafhaft wurde der BF regelmäßig von seinen Eltern und seiner LG besucht.

2. Beweiswürdigung

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Insoweit oben Feststellungen zu Identität (Name und Geburtsdatum), Staatsbürgerschaft, Gesundheitszustand, Familienstand, Kinderlosigkeit, Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet sowie Aufenthalt der Eltern in Österreich getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen weder in der gegenständlichen Beschwerde noch in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten wurde.

Die Ausstellung von unbefristeten Aufenthaltstiteln an den BF und seine Eltern sowie seinen Bruder beruht auf einer Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister. Diesem kann zudem entnommen werden, dass das den Aufenthaltstitel des BF bescheinigende Dokument am 08.12.2020 abgelaufen ist und er am 13.11.2020 einen bis dato unerledigten entsprechenden Verlängerungsantrag gestellt hat, was er in der mündlichen Verhandlung auch thematisiert hat.

Die Verurteilungen des BF in Österreich samt den jeweiligen näheren Ausführungen sowie die Feststellungen, dass der BF die genannten Straftaten begangen und die jeweils beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat, beruhen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie jeweils einer Ausfertigung der oben näher ausgeführten Strafurteile.

Die Erwerbstätigkeiten des BF sowie dessen wiederholter Bezug von Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung sind dem Inhalt des auf seinen Namen lautenden Sozialversicherungsauszuges zu entnehmen und beruht die Erwerbsfähigkeit des BF auf seinem oben festgestellten Gesundheitszustand sowie seinen Erwerbstätigkeiten in Österreich.

Ferner haben der BF und seine Mutter in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend angegeben, dass er seit seinem gegenwärtig durchgehenden Aufenthalt in Österreich nur selten und jeweils nur für kurze Zeiträume in seinem Herkunftsstaat aufhältig war und dorthin kaum berücksichtigungswürdige Bezugspunkte bestünden. Der BF selbst brachte vor, einzig mit seiner in Nordmazedonien lebenden Großmutter telefonisch Kontakt zu halten.

Der Besitz der oben erwähnten Ersparnisse hat der BF durch die Vorlage eines Kontoauszuges nachweisen können (siehe Beilage zu Verhandlungsprotokoll).

Die Feststellung hinsichtlich des erlittenen Arbeitsunfalles beruht auf den konkreten Angaben des BF, die dieser durch die Vorlage medizinischer Unterlagen des Unfallkrankenhauses XXXX belegen konnte. Diesen lässt sich zudem die vorübergehende Erwerbsunfähigkeit des BF entnehmen (siehe OZ 9).

Die Behinderung des Vaters des BF wiederum konnte durch Vorlage eines Sachverständigengutachtens der XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom XXXX .2019 (siehe OZ 9) belegt werden. Ferner ergeben sich der Bezug von Invaliditätspension, Ausgleichszulage und Kinderzuschuss durch den Vater des BF aus der Vorlage einer Ablichtung eines diesbezüglichen Nachweises der Pensionsversicherungsanstalt vom Jänner 2021 (siehe Beilage zum Verhandlungsprotokoll).

Die Einkommenslosigkeit der Mutter des BF folgt deren eigenen glaubwürdigen Angaben in der mündlichen Verhandlung sowie ihrem Sozialversicherungsauszug.

Den übereinstimmenden Angaben des BF, seiner Mutter und seiner LG folgen zudem die Feststellungen hinsichtlich der Unterstützungsbedürftigkeit des Vaters des BF. Zudem wurden diverse medizinische Unterlagen hinsichtlich dessen Gesundheitszustandes in Vorlage gebracht (siehe OZ 9), denen unter anderem auch die übernommenen Dolmetschleistungen der LG des BF bei einzelnen Untersuchungen des Vaters des BF entnommen werden können.

Ferner gaben der BF und seine LG gleichlautend an, seit 2016 eine Beziehung zu führen und brachte der BF glaubwürdig vor, regelmäßig von seinen Eltern und seiner LG in Haft besucht worden zu sein. Auch beteuerte der BF, der albanischen Sprache mächtig zu sein.

Die erfolgreiche Absolvierung einer Deutschprüfung des Niveaus „A2“ konnte der BF durch Vorlage einer diesbezüglichen Bestätigung der Volkshochschule XXXX , vom XXXX .2010 belegen (siehe Beilage zum Verhandlungsprotokoll).

Dass der BF bisher im Haushalt seiner Eltern gemeinsam mit seinem Bruder gelebt hat und nach der Entlassung aus seiner letzten Strafhaft erneut bei seinen Eltern Unterkunft genommen hat, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in den die genannten Personen betreffenden Auszug des Zentralen Melderegisters. Ferner wurde dies auch von der Mutter des BF in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

Auch die Anhaltungen des BF in Justizanstalten konnten durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ermittelt werden.

Letztlich beruhen die obigen Feststellungen zur Einsicht und Reue des BF sowie zu seiner Sucht, der Kausalität in Bezug auf die Straffälligkeit und deren Überwindung sowie zur Absicht, sein Leben ändern zu wollen, auf dem glaubwürdigen konkreten Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung. Ferner hat er zum Nachweis seiner Abstinenz Laborbefunde in Vorlage gebracht, wonach bei Harnproben des BF keine Suchtmittel nachgewiesen werden konnten (siehe Beilagen zum Verhandlungsprotokoll).

Der Besuch der Hauptschule sowie der Beginn und die frühzeitige Beendigung eines Lehrberufs in Österreich folgen den konkreten Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung, die teilweise durch einen Sozialversicherungsauszug gestützt werden. Zudem hat der BF die Ablichtung eines Jahreszeugnisses der Berufsschule XXXX für das Schuljahr 2009/10 als Beweismittel vorgelegt (siehe Beilage zum Verhandlungsprotokoll).

Die Ausübung der Erwerbstätigkeit der LG des BF sowie deren monatliches Einkommen erschließt sich aus den gleichlautenden Angaben des BF und seiner LG sowie dem Inhalt ihres Sozialversicherungsdatenauszuges. Dem Fremdenregister kann zudem entnommen werden, dass die LG des BF im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels ist.

Die bedingte Entlassung des BF aus seiner letzten Freiheitsstrafe beruht auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie einer Ausfertigung des oben zitierten Beschlusses des LG XXXX .

2.2.2. Der BF vermittelte während der gesamten mündlichen Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck. Er war in der Lage, die ihm gestellten Fragen zügig und ohne Umschweife konkret zu beantworten und decken seine Angaben einander mit jenen seiner als Zeuginnen einvernommenen Mutter und LG. Zudem konnte das erkennende Gericht sich einen persönlichen Eindruck vom BF im Zuge der mündlichen Verhandlung machen und hat dieser überzeugend und nachvollziehbar seine Suchtproblematik und dessen Zusammenhang mit seiner Straffälligkeit, aber auch seine Reue sowie seinen Willen, in Zukunft ein straffreies Leben führen zu wollen, vorgebracht. Ferner hat der BF nachvollziehbar dargelegt und auch durch die Vorlage von Laborbefunden belegen können, gegenwärtig abstinent zu sein und sich des Zusammenhangs seiner Sucht mit seiner Straffälligkeit sowie damit einhergehend der Notwendigkeit, seine Sucht zu überwinden, bewusst zu sein.

Anhaltspunkte, dass der BF oder die als Zeugen einvernommenen Angehörigen des BF die Unwahrheit vorgebracht hätten, konnten nicht festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jemand der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, und gemäß Abs. 4 Z 10 leg cit, ein Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist als Drittstaatsangehöriger.

Der BF ist aufgrund seiner nordmazedonischen Staatsangehörigkeit Drittstaatsangehöriger iSd. § 4 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.1.2. Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2.       dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4.       ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a.      nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4.       der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.       den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7.       bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.        an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

3.1.    ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.2.    ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.3.    ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.4.    ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

3.5.    ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.6.    auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

3.7.    auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

3.8.    ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

3.9.    der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit „Gültigkeitsdauer von Aufenthaltstiteln“ betitelte § 20 NAG lautet:

„§ 20. (1) Befristete Aufenthaltstitel sind für die Dauer von zwölf Monaten oder für die in diesem Bundesgesetz bestimmte längere Dauer auszustellen, es sei denn, es wurde jeweils eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

(1a) Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 sind für die Dauer von drei Jahren auszustellen, wenn der Fremde

1.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 9 IntG) erfüllt hat und

2.       in den letzten zwei Jahren durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war,

es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

(2) Die Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels beginnt mit dem Ausstellungsdatum, die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.

(3) Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45) sind in Österreich unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesen Aufenthaltstiteln entsprechenden Dokuments unbefristet niedergelassen. Dieses Dokument ist für einen Zeitraum von fünf Jahren auszustellen und, soweit keine Maßnahmen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 durchsetzbar sind, abweichend von § 24 auch nach Ablauf auf Antrag zu verlängern.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Abs. 3 erlischt, wenn sich der Fremde länger als zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhält. Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht oder dem Zivildienst vergleichbaren Dienstes, kann sich der Fremde bis zu 24 Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhalten, wenn er dies der Behörde vorher mitgeteilt hat. Liegt ein berechtigtes Interesse des Fremden vor, hat die Behörde auf Antrag festzustellen, dass der Aufenthaltstitel nicht erloschen ist. Der Nachweis des Aufenthalts im EWR-Gebiet obliegt dem Fremden.

(4a) Abweichend von Abs. 4 erster Satz erlischt der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“, der einem Inhaber eines Aufenthaltstitels „Blaue Karte EU“ oder dessen Familienangehörigen erteilt wurde erst, wenn sich der Fremde länger als 24 aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhält.

(5) Abs. 4 gilt nicht für Inhaber eines Aufenthaltstitels Daueraufenthalt – EU, wenn

1.       sein Ehegatte, eingetragener Partner oder Elternteil Österreicher ist, der in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft steht und dessen Dienstort im Ausland liegt, oder

2.       sein Ehegatte, eingetragener Partner oder Elternteil Österreicher ist, der in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Körperschaft öffentlichen Rechts steht und dessen Dienstort im Ausland liegt, soweit die Tätigkeit dieser Körperschaft im Ausland im Interesse der Republik liegt und

er die beabsichtigte Aufgabe der Niederlassung (§ 2 Abs. 2) der Behörde vorher mitgeteilt hat. Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Z 1 oder 2 hat der Fremde nachzuweisen. Der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ ist auch nach Aufgabe der Niederlassung auf Antrag zu verlängern.“

„Personen, die über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügen, kommt nach § 20 Abs. 3 NAG 2005 in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesem Aufenthaltstitel entsprechenden Dokumentes - ein unbefristetes Niederlassungsrecht zu (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024). Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist in diesem Fall am Maßstab des § 52 Abs. 5 FrPolG 2005 zu prüfen, wobei sich Einschränkungen der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung auch noch aus § 9 BFA-VG 2014 ergeben.“ (vgl. VwGH 29,05,2018, Ra 2018/21/0067)

3.1.3.  Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind.

In Ermangelung der Verwirklichung der in § 20 Abs. 3, 4 und 4a NAG genannten Tatbestände und bis dato nicht erfolgter Aufenthaltstitel-Aberkennung durch die zuständige NAG-Behörde ist der BF, ungeachtet des noch offenen Antrages auf Verlängerung der den Aufenthaltstitel des BF bescheinigenden Dokumentes (Karte), im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ und hält sich somit rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Eine Rückkehrentscheidung ist daher iSd. § 52 Abs. 5 FPG zu prüfen. Insofern die belangte Behörde ihre Entscheidung auf § 52 Abs. 4 FPG stützte, verkannte sie, dass der BF im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels ist, und § 52 Abs. 4 FPG auf den Besitz eines befristeten Aufenthaltstitels abstellt.

Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

3.1.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. „legitimate family“ bzw. „famille légitime“) oder einer unehelichen Familie („illegitimate family“ bzw. „famille naturelle“), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, ?erife Yi?it, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche – in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte – Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

?        die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

?        das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

?        die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

?        den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

?        die Bindungen zum Heimatstaat,

?        die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

?        auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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