TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/18 95/11/0205

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Veröffentlicht am 18.02.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;
86/01 Veterinärrecht allgemein;

Norm

AVG §8;
FleischUG 1982 §4 Abs2;
FleischUG 1982 §4 Abs7 idF 1994/118;
FleischUG 1982 §6 Abs3;
FleischUG 1982 §6 Abs4;
FleischUG 1982 §6 Abs5;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Dr. R in F, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 20. April 1995, Zl. Agrar11-166/6/95, betreffend Bestellung von Fleischuntersuchungstierärzten und Arbeitsverteilung, (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. P, F; 2. Dr. M, F) zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein in Ferlach niedergelassener Tierarzt, wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 1991 gemäß § 4 Abs. 2 Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl 1982/522, zum Fleischuntersuchungstierarzt für die Stadtgemeinde Ferlach bestellt. Mit weiteren Bescheiden der belangten Behörde wurden der Erstmitbeteiligte zum ersten Stellvertreter und der Zweitmitbeteiligte zum zweiten Stellvertreter des Beschwerdeführers für die Stadtgemeinde Ferlach bestellt.

Aufgrund aufgetretener Unstimmigkeiten insbesondere im Zusammenhang mit dem Schlacht- und Fleischereibetrieb M. in Ferlach ordnete die belangte Behörde, nachdem ein Versuch, zwischen allen Beteiligten eine einvernehmliche Lösung zu erzielen, fehlgeschlagen war, mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 4 Abs. 2 und 7 Fleischuntersuchungsgesetz idF der Novelle BGBl 1994/118 (FlUG) eine bis 31. Dezember 2000 befristete "Aufteilung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung" im Schlacht- und Fleischereibetrieb M. zwischen dem Beschwerdeführer und den Mitbeteiligten an. Danach ist diese Untersuchungstätigkeit jeweils wahrzunehmen am Montag und Dienstag vom Erstmitbeteiligten, am Mittwoch und Donnerstag vom Beschwerdeführer und am Freitag und Samstag vom Zweitmitbeteiligten. Zum Stellvertreter des Erstmitbeteiligten wurde der Zweitmitbeteiligte, zum Stellvertreter des Beschwerdeführers und des Zweitmitbeteiligten der Erstmitbeteiligte bestellt. Im übrigen wurde die Bestellung der Fleischuntersuchungstierärzte für die Stadtgemeinde Ferlach unverändert beibehalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer die Verletzung in dem Recht, nur aus den im Gesetz genannten Gründen als Fleischuntersuchungstierarzt abberufen zu werden, geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Der Beschwerdeführer hat darauf repliziert. In der Folge haben die belangte Behörde und der Beschwerdeführer noch je einen Schriftsatz erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 FlUG obliegt die Schlachttier- und Fleischuntersuchung sowie die Überwachung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen dem Landeshauptmann. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen hat sich der Landeshauptmann zur Erfüllung dieser Aufgaben besonders geschulter Organe (Fleischuntersuchungsorgane) zu bedienen. Diese sind vom Landeshauptmann nach Anhören der Gemeinde, in deren Bereich sie ihre Tätigkeit ausüben sollen, zu bestellen. Nach Abs. 6 dieses Paragraphen hat die Beauftragung der Fleischuntersuchungsorgane mit deren Zustimmung durch Bescheid des Landeshauptmannes zu erfolgen. Durch die Beauftragung wird kein Dienstverhältnis begründet.

Gemäß § 4 Abs. 7 FlUG hat der Landeshauptmann, wenn für den Bereich einer Gemeinde zwei oder mehrere Fleischuntersuchungsorgane bestellt sind, die Aufteilung der Arbeit dieser Organe untereinander in jenen Fällen mit Bescheid nachträglich festzulegen, in denen weder die Beauftragungsbescheide gemäß Abs. 6 eine geeignete Arbeitsverteilung enthalten noch eine Einigung der betroffenen Organe hierüber zustande kommt. Hiebei hat der Landeshauptmann die betroffenen Fleischuntersuchungsorgane anzuhören und nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis zu entscheiden. Gegen diesen Bescheid ist eine Berufung nicht zulässig. Die im Bescheid vorgeschriebene Arbeitsverteilung ist vom Bürgermeister in geeigneter Weise kundzumachen.

§ 6 FlUG zählt in den Abs. 4 und 5 Gründe auf, bei deren Vorliegen eine Bestellung zu widerrufen ist bzw. widerrufen werden kann.

Mit der Bestellung eines Tierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt nach § 4 FlUG erwächst ihm nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ein subjektives Recht auf diese Rechtsstellung (VfGH 15.3.1990, Slg 12331; VwGH 10.12.1986, 85/09/0166, 22.3.1991, 88/18/0041). In dieses Recht darf nur in den im Gesetz vorgesehenen Fällen eingegriffen werden (siehe die genannten hg. Erkenntnisse). Ein solcher Eingriff liegt aber nicht schon in der Bestellung eines anderen Tierarztes zum Fleischuntersuchungstierarzt, weshalb einem zum Fleischuntersuchungsorgan bestellten Tierarzt im Verfahren zur Bestellung eines anderen Tierarztes keine Parteistellung zukommt (VwGH 10.12.1986, 85/09/0166). Diese dem Gesetzgeber der Novelle BGBl 1994/118 bekannte Rechtsprechung veranlaßte ihn nicht etwa zu ihrer Korrektur. Vielmehr griff er sie in der Weise auf, daß er nunmehr die zuvor fehlende Möglichkeit (siehe VwGH 22.3.1991, 88/18/0041) eröffnete, bei Vorhandensein mehrerer Fleischuntersuchungstierärzte in die Befugnisse der früher bestellten durch bescheidmäßige Aufteilung der Tätigkeit zwischen ihnen (in zeitlicher, räumlicher oder sachlicher Hinsicht) einzugreifen. Das subjektive Recht aus der Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt umfaßt somit im gegebenen Zusammenhang zum einen das Recht auf gänzlichen Widerruf der Bestellung zum Fleischuntersuchungstierarzt nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 6 Abs. 4 und 5 FlUG) und zum anderen - bei Vorhandensein mehrerer Fleischuntersuchungstierärzte im selben Bereich - das Recht, daß die Tätigkeitsaufteilung zwischen ihnen nach sachlichen Kriterien erfolgt, nicht jedoch das Recht auf Mitwirkung als Partei im Verfahren zur Bestellung weiterer Fleischuntersuchungstierärzte für denselben Bereich. Für dieses Ergebnis spricht auch die Überlegung, daß kein sachlicher Grund ersichtlich ist, der ein mit der Einräumung der Parteistellung im Verfahren zur Bestellung weiterer Fleischuntersuchungstierärzte gegebenes Quasi-Gebietsmonopol der bestellten Fleischuntersuchungstierärzte in ihrem Bereich und den dadurch bewirkten de facto-Ausschluß anderer Tierärzte im selben Bereich von der Erlangung dieser Erwerbsmöglichkeit rechtfertigen könnte.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden, obwohl im Einleitungssatz seines Spruches nur von der Aufteilung der Untersuchungstätigkeit die Rede ist, nicht nur eine solche Aufteilung im Sinne des § 4 Abs. 7 FlUG vorgenommen, sondern auch gemäß § 4 Abs. 2 FlUG für die Stadtgemeinde Ferlach, und zwar nur für den Schlacht- und Fleischereibetrieb M., die Mitbeteiligten neben dem Beschwerdeführer zu Fleischuntersuchungstierärzten bestellt. Das ergibt sich aus dem übrigen Teil des Spruches, der ausdrücklich auch Abs. 2 des § 4 FlUG als angewendete Norm anführt und die Mitbeteiligten nunmehr NEBEN dem Beschwerdeführer mit der Durchführung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung an bestimmten Wochentagen betraut. Die nicht näher begründete gegenteilige Ansicht des Beschwerdeführers ist unzutreffend.

Die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Aufteilung der Fleischuntersuchungsagenden in Ferlach gemäß § 4 Abs. 7 FlUG berührt die Rechtssphäre des Beschwerdeführers als bestellter Fleischuntersuchungstierarzt für Ferlach. Er ist daher zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde berechtigt.

Soweit der Beschwerdeführer gegen diesen Ausspruch einwendet, es liege im Beschwerdefall keiner der im § 6 Abs. 4 taxativ aufgezählten Entziehungsgründe vor und die belangte Behörde habe das Vorliegen eines solchen Grundes weder behauptet noch geprüft, geht sein Vorbringen ins Leere. Die belangte Behörde hat im Beschwerdefall nicht § 6 Abs. 4, sondern die neugeschaffene Bestimmung des § 4 Abs. 7 FlUG angewendet.

Gegen die Anwendbarkeit dieser Bestimmung wendet der Beschwerdeführer einerseits ein, es fehle an der Grundvoraussetzung, daß für eine Gemeinde bereits zwei oder mehrere "gleichwertige" Fleischuntersuchungstierärzte bestellt seien, hier liege lediglich eine Vertretungsregelung für den Fall seiner Verhinderung vor, er sei "der einzige im Bereich der Gemeinde bestellte Fleischuntersuchungstierarzt". Andererseits führt er aus, mit der Stellvertretungsregelung liege bereits eine "eindeutige Arbeitsverteilung im Sinne des § 4 Abs. 7" vor bzw. sei "bereits mit dem Bescheid Agrar11-166/6/95 eine Aufteilung zwischen bestellten Fleischuntersuchungstierärzten" erfolgt.

Dazu ist zu bemerken, daß eine bloße Stellvertretungsregelung noch keine Aufteilung der Tätigkeiten von Fleischuntersuchungstierärzten in einer Gemeinde in räumlicher, sachlicher oder zeitlicher Hinsicht, wie sie durch § 4 Abs. 7 FlUG ermöglicht werden soll, bedeutet. Zu einer Regelung bloß für den Fall der Verhinderung eines Fleischuntersuchungstierarztes bedurfte es dieser Bestimmung nicht; dies war schon nach der früheren Rechtslage möglich. Mit der (wenn auch räumlich eingeschränkten) Bestellung weiterer Fleischuntersuchungstierärzte für Ferlach neben dem Beschwerdeführer war die Voraussetzung für die Anwendung des § 4 Abs. 7 FlUG, das Vorhandensein von mehr als einem Fleischuntersuchungstierarzt in ein und demselben Gebiet ohne eine geeignete Arbeitsverteilung zwischen ihnen, gegeben. Aus welchen Gründen sich die belangte Behörde in Ausübung des ihr zustehenden Organisationsermessens zur Bestellung weiterer Fleischuntersuchungstierärzte veranlaßt sah, braucht nicht geprüft zu werden, weil dem Beschwerdeführer insoweit keine Parteistellung zukommt. Es kann daher auch dahinstehen, ob (was der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 25. Juni 1996 der Sache nach bestreitet) die Größe des Schlacht- und Fleischereibetriebes M. die Bestellung weiterer Fleischuntersuchungstierärzte erforderte. Mit ihrer Bestellung war jedenfalls die Notwendigkeit einer Arbeitsaufteilung zwischen den Fleischuntersuchungstierärzten gegeben. Es braucht auch nicht geprüft zu werden, ob im Falle einer Einigung zwischen ihnen die belangte Behörde daran gebunden gewesen wäre, weil eine solche Einigung offenbar nicht zustandegekommen ist. Der Beschwerdeführer bestreitet zwar die Feststellung der belangten Behörde, daß eine Einigung nicht erzielt worden sei, er behauptet aber selbst nicht, daß eine solche Einigung tatsächlich zustandegekommen sei, und es findet sich dementsprechend in seinen Ausführungen auch kein Hinweis auf den Zeitpunkt des Zustandekommens und den Inhalt einer allfälligen Einigung.

Da sich die Beschwerde als nicht begründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 1994/416.

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995110205.X00

Im RIS seit

08.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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