TE Bvwg Erkenntnis 2021/4/22 W211 2240843-1

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Veröffentlicht am 22.04.2021
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Entscheidungsdatum

22.04.2021

Norm

AVG §57 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
FPG §114 Abs1
FPG §114 Abs3
FPG §114 Abs4 Fall1
FPG §92 Abs1 Z4
FPG §93
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §94 Abs1
FPG §94 Abs5
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W211 2240843-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a SIMMA LL.M. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. SYRIEN, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, und §§ 94 Abs. 5, 93 Abs. 1 Z 1, 92 Abs. 1 Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

XXXX (in Folge: Beschwerdeführer), einem syrischen Staatsangehörigen, wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) vom XXXX 2014, GZ: XXXX , Asyl zuerkannt.

Der Beschwerdeführer erhielt nach Antragstellung am XXXX .2018 einen Konventionsreisepass mit der Nummer XXXX ausgestellt.

Mit Berichterstattung der LPD XXXX vom XXXX .2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verdachts der Schlepperei gegen Entgelt zur Anzeige gebracht. Bei seinem Aufgriff im Grenzgebiet zu Ungarn wies sich der Beschwerdeführer mit seinem Konventionspass aus.

Mit XXXX .2020 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Aberkennungsverfahren betreffend seinen Asylstatus und ein Verfahren zur Entziehung des Konventionsreisepasses eingeleitet.

Mit Mandatsbescheid vom XXXX 2020 wurde dem Beschwerdeführer der Konventionsreisepass gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG entzogen.

Der Beschwerdeführer erhob dagegen das Rechtsmittel der Vorstellung.

Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2021 zur GZ XXXX (in der Strafsache wegen §§ 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2, Abs. 4 1. Fall FPG) wurde gegen den Beschwerdeführer wegen Vorfällen am XXXX .2020 und am XXXX .2021 die Untersuchungshaft verhängt.

Im Verfahren betreffend die Entziehung des Konventionsreisepasses wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom XXXX .2021 die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt. Mit Schreiben vom XXXX .2021 führte der Beschwerdeführer dazu aus, dass, solange jemand nicht verurteilt, dieser als unschuldig anzusehen sei. Der Beschwerdeführer benötige seinen Konventionsreisepass, um nach Enthaftung der ihm zustehenden Reise- und Bewegungsfreiheit nachkommen zu können.

Mit Bescheid vom XXXX .2021 wurde dem Beschwerdeführer der Konventionsreisepass entzogen und ihm aufgetragen, das Dokument unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen (Spruchpunkt I.). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt II.). Begründend führte die Behörde soweit wesentlich aus, dass der dringende Tatverdacht bestehe, dass der Beschwerdeführer im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit bislang unbekannten Mittätern, zumindest den Organisatoren „ XXXX “ und „ XXXX sowie Fußschleppern, die rechtswidrige Einreise bzw. Durchreise in Bezug auf mindestens drei Fremde, die nicht zum Aufenthalt auf österreichischem Staatsgebiet berechtigt seien, mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, gefördert zu haben, und zwar am XXXX .2020 und am XXXX .2021. Es sei zu befürchten, dass der Beschwerdeführer ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens eine weitere strafbare Handlung mit schweren Folgen begehen würde. Für die Versagung eines Konventionsreisepasses sei nicht erst eine rechtskräftige Verurteilung notwendig; es reiche bereits der begründete Verdacht aus, dass der Beschwerdeführer Schlepperei begangen und an ihr mitgewirkt habe.

Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben und der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Der Beschwerdeführer moniert in seiner Beschwerde insbesondere, dass die Behörde kein Ermittlungsverfahren geführt und den Beschwerdeführer zu den Vorwürfen nicht befragt habe. Die Unterstellung der Begehung einer schweren Straftat vor Ende des Strafverfahrens stehe im Widerspruch zur Unschuldsvermutung. Der Beschwerdeführer habe den Konventionsreisepass nie benutzt, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken. Es gebe damit keine Tatsachen für die Annahme der Behörde, dass der Beschwerdeführer mithilfe des Dokuments Schlepperei begehen werde, da er hierfür das Dokument gar nicht benötige. Durch den Besitz des Passes könnten daher auch nicht die öffentlichen Interessen der Republik Österreich beeinträchtigt werden, sodass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen sei. Eine mündliche Verhandlung werde beantragt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2021 zu GZ W211 2240843-1/3E wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides, wodurch die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid ausgeschlossen wurde, abgewiesen. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass sich aus dem Verwaltungsakt Anhaltspunkte dafür ergäben, dass der Beschwerdeführer seinen Konventionsreisepass dafür verwendet habe, Personen die illegale Einreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen. Der vom BFA durchgeführten Abwägung der öffentlichen Interessen (Verhinderung der Begehung von Straftaten und der illegalen Einreise von Personen in das Bundesgebiet) mit jenen des Beschwerdeführers (nach der Haftentlassung ins Ausland zu verreisen), die zugunsten ersterer ausgefallen war, werde in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der Beschwerdeführer ist ein am XXXX geborener, syrischer Staatsangehöriger, dem am XXXX 2014 mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2014, Zl. XXXX , der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

Am XXXX .2018 wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesamt der Konventionsreisepass Nr. XXXX , mit Gültigkeit bis zum XXXX .2023, ausgestellt.

2. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2021 zur GZ XXXX wurde gegen den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft wegen des gegen ihn bestehenden Verdachts der Begehung des Verbrechens der Schlepperei gemäß §§ 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2, Abs. 4 erster Fall Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) am XXXX .2020 und am XXXX .2021 verhängt.

Das oben dargestellte Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer ist weder eingestellt noch aus anderen Gründen beendet worden. Es liegt derzeit keine Anklage gegen den Beschwerdeführer vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der dahingehend unbedenklichen Aktenlage und sind nicht weiter strittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

Gemäß § 94 Abs. 5 in Verbindung mit § 93 Abs. 1 Z 1 FPG ist ein Konventionsreisepass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Konventionspasses rechtfertigen würden. Gemäß § 94 Abs. 5 FPG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 4 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Konventionsreisepasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der/die Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken.

Gemäß § 20 Abs. 1 Strafprozessordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018 (in Folge: StPO), leitet die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren; ihr allein steht die Erhebung der öffentlichen Anklage zu. Sie entscheidet, ob gegen eine bestimmte Person Anklage einzubringen, von der Verfolgung zurückzutreten oder das Verfahren einzustellen ist. Allerdings hat das Gericht gemäß § 108 Abs. 1 StPO das Ermittlungsverfahren auf Antrag des/der Beschuldigten einzustellen, wenn (1.) auf Grund der Anzeige oder der vorliegenden Ermittlungsergebnisse feststeht, dass die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht oder die weitere Verfolgung des/der Beschuldigten sonst aus rechtlichen Gründen unzulässig ist, oder (2.) der bestehende Tatverdacht nach Dringlichkeit und Gewicht sowie im Hinblick auf die bisherige Dauer und den Umfang des Ermittlungsverfahrens dessen Fortsetzung nicht rechtfertigt und von einer weiteren Klärung des Sachverhalts eine Intensivierung des Verdachts nicht zu erwarten ist.

Gemäß § 108 Abs. 2 StPO ist der Antrag bei der Staatsanwaltschaft einzubringen. Ein Antrag auf Einstellung gemäß § 108 Abs. 1 Z 2 StPO darf frühestens drei Monate, wird dem/der Beschuldigten jedoch ein Verbrechen zur Last gelegt, sechs Monate ab Beginn des Strafverfahrens eingebracht werden. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren einzustellen (§§ 190, 191 StPO) oder den Antrag längstens binnen vier Wochen mit einer allfälligen Stellungnahme an das Gericht weiterzuleiten. § 106 Abs. 5 StPO letzter Satz gilt sinngemäß.

Gemäß § 190 StPO hat die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer Straftat abzusehen und das Ermittlungsverfahren insoweit einzustellen, als (1.) die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung des/der Beschuldigten aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre oder (2.) kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung des/der Beschuldigten besteht. Auf § 191 StPO braucht im gegebenen Fall nicht eingegangen werden.

Gemäß § 114 Abs. 1 FPG ist, wer die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines/einer Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit dem Vorsatz fördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

Gemäß § 114 Abs. 3 Z 2 FPG ist, wer die Tat nach Abs. 1 in Bezug auf mindestens drei Fremde begeht, vom Gericht mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

Gemäß § 114 Abs. 4 erster Fall leg cit ist, wer die Tat nach Abs. 1 als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begeht, vom Gericht mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 leg cit kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung [vor dem Bundesverwaltungsgericht] unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen wird auf § 24 VwGVG verwiesen.

2. Das bedeutet für den gegenständlichen Fall:

Der Beschwerdeführer ist ein in Österreich aufhältiger Asylberechtigter. Gegen ihn wird von der Staatsanwaltschaft wegen schwerer Straftaten ermittelt, für die dem Beschwerdeführer eine Haftstrafe von bis zu fünf, allenfalls zehn Jahren droht. Das entsprechende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft ist noch aufrecht; es wurde die Einstellung dieses Verfahrens oder auch nur ein Antrag auf Einstellung durch den Beschwerdeführer nicht behauptet.

Insoweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde bemängelt, dass die Behörde kein Ermittlungsverfahren geführt und ihn zu den Vorwürfen nicht befragt habe, ist auf die dem Beschwerdeführer vom BFA erteilte Möglichkeit zur Stellungnahme im Verfahren zur Entziehung seines Konventionsreisepasses vom XXXX .2021 zu verweisen, der der Beschwerdeführer mit Erstattung einer solchen am XXXX .2021 nachgekommen ist, die im Verfahren als Beweismittel aufgenommen und im Rahmen der freien Beweiswürdigung von der Behörde gewürdigt wurde. Dadurch wurde das Recht auf Parteiengehör des Beschwerdeführers gewahrt.

Wenn der Beschwerdeführer weiters argumentiert, die Unterstellung der Begehung einer schweren Straftat vor Ende des Strafverfahrens stehe im Widerspruch zur Unschuldsvermutung, und er habe den Konventionsreisepass nie benutzt, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken, lässt er damit unberücksichtigt, dass es für die Entziehung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 und § 92 Abs. 1 Z 4 FPG bereits ausreicht, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde dieses Dokument benutzen wolle, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken. Der Richtigkeit dieser Annahme sowie des Vorliegens eines noch anhängigen Strafverfahrens, wobei in jedem Fall die in § 8 StPO normierte Unschuldsvermutung zum Tragen kommt, tritt der Beschwerdeführer auch nicht inhaltlich entgegen (vgl. VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0211; dieses Erkenntnis des VwGH erging zwar zum Tatbestand des § 92 Abs. 1 Z 1 FPG – Entzug vor einer Strafverfolgung –; die darin getätigten Aussagen können aber ebenso für den Tatbestand der Begehung der Schlepperei, § 92 Abs. 1 Z 4 FPG, herangezogen werden). Schließlich kann auch nicht übersehen werden, dass der Beschwerdeführer noch nach Verhängung des Mandatsbescheids über die Entziehung des Konventionsreisepasses wegen eines Vorfalls am XXXX .2020 an einem weiteren Vorfall beteiligt war, nämlich am XXXX .2021, bei dem er auch festgenommen wurde und nach dem das Landesgericht XXXX die Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Schlepperei verhängte.

Die von der Beschwerde unter Punkt 1. ihrer Begründung thematisierte Stichhaltigkeit der strafrechtlichen Vorwürfe und Prüfung etwaiger Mängel im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft sind dagegen als solche weder ein Tatbestandserfordernis der eben genannten Bestimmungen des FPG, noch ist die Behörde oder das Verwaltungsgericht (sondern vielmehr letztlich das Strafgericht) zu einer entsprechenden inhaltlichen Prüfung berufen (vgl. VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0211).

Daher liegen die Voraussetzungen für die Entziehung des Konventionsreisepasses gemäß §§ 94 Abs. 5, 93 Abs. 1 Z 1, 92 Abs. 1 Z 4 FPG vor, und muss auf die Frage, ob auch die Voraussetzungen des § 92 Abs. 1 Z 5 FPG vorliegen, daher nicht weiter eingegangen werden.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher abzuweisen.

3. Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten außer Betracht zu bleiben hat (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Gegenständlich ist der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben worden und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es liegt hinsichtlich des gegenständlichen Verfahrens auf Grund der klaren Rechtslage keine offene Rechtsfrage und daher auch keine offene Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor; die Revision ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Entziehung Entziehungsbescheid Entziehungsgrund Fremdenpass Gefährdung der Sicherheit Konventionsreisepass Mandatsbescheid öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Reisedokument Schlepperei Untersuchungshaft Verbrechen Versagungsgrund Wiederholungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W211.2240843.1.00

Im RIS seit

31.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

31.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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