Entscheidungsdatum
11.05.2021Norm
AsylG 2005 §12Spruch
W226 1268096-3/4E
BESCHLUSS
In dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.04.2021, Zl. 742334106-210562432, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX StA. Russische Föderation, beschließt das Bundesverwaltungsgericht durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter:
A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, und § 22 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, rechtmäßig.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und brachte der gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers beim ehemaligen Bundesasylamt für diesen einen Antrag gemäß § 3 Asylgesetz 1997 ein.
Mit Bescheid des ehemaligen Unabhängigen Bundesasylsenates vom 27. November 2006, Zl.238.398/6-VIII/40/06, wurde dem (zum damaligen Zeitpunkt minderjährigen) Beschwerdeführer, der Status des Asylberechtigten im Wege des Familienverfahrens zuerkannt. Im Rahmen dieses Antrages machte der Beschwerdeführer keine eigenen Gründe geltend.
1.2. Infolge einer strafgerichtlichen Verurteilung leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 18. April 2016 ein Aberkennungsverfahren ein, welches am 14. Dezember 2016 eingestellt wurde.
1.3. Auf Grund einer weiteren strafgerichtlichen Verurteilung leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 7. August 2018 ein weiteres Aberkennungsverfahren ein.
Im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers am 21. Augst 2018 brachte dieser nach Belehrung über den Verfahrensgegenstand vor, er sei gesund, nehme keine Arzneimittel ein und könne der Einvernahme folgen. Er sei weder verheiratet noch lebe er in einer Beziehung, auch habe er keine Kinder.
Er habe bis vor einem Monat ein Monat hindurch gearbeitet, davor habe er Notstandshilfe bezogen. Zuletzt habe er als Paketzusteller € 1 200 brutto bezogen. In Österreich habe er die Volksschule besucht, dann zwei Klassen Hauptschule absolviert, diese dann abgebrochen und erst später abgeschlossen. 2014 habe er eine Malerlehre begonnen, danach ein Jahr hindurch eine Lehre als Koch angefangen. Abgeschlossen habe er keine Berufsausbildung.
Er sei in keinen Vereinen oder Organisationen tätig, treffe in seiner Freizeit Freunde, Österreicher und Tschetschenien, mit denen er hauptsächlich Fußball spiele.
In Österreich aufhältig seien seine Mutter, Schwester und eine Tante. In der Russischen Föderation leben eine Tante und Onkel samt Cousins und seine Großmutter. Er selbst habe zu diesen Verwandten in der Russischen Föderation keinen Kontakt, seine Mutter telefoniere mit diesen jede Woche. Sein Onkel und seine Tante seien in Pension, seine Großmutter lebe mit ihrem Sohn, dem Bruder seiner Mutter, in einem Haus.
Selbst sei er seit 2003 in Österreich, sei ca. vor sechs oder sieben Jahren zweimal in der Russischen Föderation gewesen, um seine Großmutter zu besuchen. Kontakt mit russischen Behörden habe es nicht gegeben.
Befragt, was im Falle einer Abschiebung in die Russische Föderation passieren würde, führte der Beschwerdeführer aus, er wisse es nicht. Er habe keine Arbeit dort, keine Bekannten und kenne sich dort nicht aus.
Über Vorhalt, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten im Zusammenhang mit den Tschetschenienkriegen zuerkannt worden sei, nach aktuellen Informationen es jedoch seit 2011 nicht mehr zur Verfolgung von Veteranen der Tschetschenienkriege oder deren Angehörigen komme, antwortete der Beschwerdeführer, dass dies nicht stimme. Es gäbe noch immer Tschetschenen, die von dort flüchten würden. Konkretes wisse er jedoch darüber nicht.
Über Vorhalt seiner strafgerichtlichen Verurteilung wegen der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung rechtfertigte sich der Beschwerdeführer, er sei damals geblendet gewesen und habe dies getan, ohne nachzudenken. Er sei nach XXXX geflogen und nach einer Woche wieder retour. In XXXX habe er nachgedacht, nachdem er zuvor mit seiner Mutter und anderen telefoniert habe und sei schließlich nach Österreich zurückgeflogen. Zu seiner Verurteilung wegen Diebstahls merkte der Beschwerdeführer an, es habe sich eigentlich um einen Streit zwischen einem Busfahrer und ihm gehandelt, da dieser vermeinte, der Beschwerdeführer sei auf dem vorgelegten Ausweis nicht abgebildet. Gegen eine neuerliche Delinquenz spreche sein Wunsch, weiter arbeiten zu wollen und die Kochlehre zu Ende zu bringen. Er wollte eine Familie gründen und eine Wohnung suchen. Er werde nicht mehr straffällig werden.
1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der mit Bescheid des ehemaligen Unabhängigen Bundesasylsenates vom 27. November 2006, Zl. 268.096/0-XVII/59/06, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 2 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG), aberkannt. Gemäß § 7 Absatz 4 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.).
Unter Spruchpunkt II. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt.
Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, sondern gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 3 FPG erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde die Frist zur freiwilligen Rückkehr mit vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Mit weiterem Spruchpunkt wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Identität des Beschwerdeführers fest, dieser sei russischer Staatsangehöriger, gehöre der Volksgruppe der Tschetschenen an und sei muslimischen Glaubens. Er verfüge über Kenntnisse der russischen und tschetschenischen Sprache, leide an keinen lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankungen und sei arbeitsfähig. Er sei ledig und habe keine Kinder. In Österreich habe der Beschwerdeführer die Volksschule und die Hauptschule besucht, ansonsten habe er keine berufliche oder allgemeine Ausbildung in Österreich erfolgreich absolviert.
Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten wurde festgestellt, dass sich die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers seit der Zuerkennung maßgeblich und nachhaltig geändert habe. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer mehrmals in Österreich strafgerichtlich verurteilt worden, weshalb die Ablaufhemmung gemäß § 7 Abs. 3 Asylgesetz 2005 nicht zur Anwendung gelange.
Für den Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat sei dieser keinen Verfolgungshandlungen seitens der russischen Behörden oder Dritter ausgesetzt und könne eine Wiedereinreise in die Russische Föderation gefahrlos erfolgen. Der Beschwerdeführer sei ein junger Mann und in der Lage, selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Er verfüge über Kenntnisse der russischen und tschetschenischen Sprache und beherrsche auch Deutsch. Darüber hinaus verfüge der Beschwerdeführer über Angehörige in der Russischen Föderation. Zu seinem Privat-und Familienleben wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahre 2004 in Österreich aufhältig sei, in Österreich seine Mutter, seine Schwester und eine Tante leben würden und der Beschwerdeführer zweimal strafgerichtlich geteilt wurde. Er sei in der Zeit seit dem 7. August 2013 lediglich 22 Monate einer bezahlten Erwerbstätigkeit nachgegangen, ansonsten sei er stets von Transferleistungen abhängig gewesen. Eine nennenswerte Integration in die österreichische Gesellschaft sei für die Behörde nicht ersichtlich, seine familiären bzw. privaten Interessen hätten hinter jenen der Öffentlichkeit zurückzutreten.
Zur Erlassung eines Einreiseverbotes führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilungen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.
Mit Verfahrensanordnung gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG vom 19. September 2018 wurde dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der „Arge Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe“ als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
1.5. Mit Schriftsatz vom 3. Oktober 2018 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den genannten Bescheid und focht den Bescheid in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung und mangelhaften Ermittlungsverfahrens an.
Dem Vorhalt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, die Lage in Tschetschenien habe sich verbessert, weswegen dem Beschwerdeführer eine Rückkehr zugemutet werden könne, seien die Länderberichte entgegenzuhalten, wonach die Sicherheits- und Menschenrechtslage in Tschetschenien und allgemein in der Russischen Föderation schlecht sei. Zudem sei anzugeben, dass der Beschwerdeführer fürchte, aufgrund seiner früheren Sympathien für den IS in Tschetschenien bzw. Russland von den Behörden verfolgt zu werden. Der Beschwerdeführer könnte nach seiner Haftentlassung wieder bei seiner Familie wohnen, die ihn unterstützen würden. Ebenso könnte er wieder als Paketzusteller arbeiten. Zu den Besuchen des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation sei anzugeben, dass diese bereits mehrere Jahre zurückliegen würden und der Beschwerdeführer keinen Bezug zur Russischen Föderation habe.
1.6. Für den 7. Oktober 2019 wurde der Beschwerdeführer zu einer Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen, zu welcher er unentschuldigt nicht erschien.
1.7. Am 5. März 2020 fand zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinem Gesundheitszustand, seinem Rückkehrbefürchtungen, seinem Privat- und Familienleben in Österreich und seinen zwischenzeitig drei strafgerichtlichen Verurteilungen und Alltag befragt wurde.
1.8 Mit Schreiben vom 17. März 2020 teilte der Beschwerdeführer mit, er habe viele Fehler gemacht ohne nachzudenken. Er sei freiwillig von der Türkei im Jahre 2015 wieder nach Österreich zurückgekehrt. Dann sei er auf „die falsche Bahn“ gekommen, habe angefangen zu Rauchen, „Kiffen“ und Alkohol getrunken; seit 2015 bis 2019, ohne dass es seiner Mutter und seinem Stiefvater aufgefallen wäre (außer Zigarette auch deswegen habe es Streit gegeben). Die letzten vier Jahre sei es ein Kampf zwischen ihm und seiner Sucht gegen seine Eltern gewesen. Der einzige Grund, weshalb er es geschafft habe, sei, dass er wieder Er selbst sei, sei sein Glauben, Sport und Geduld. Heute sei er wieder Er und müsse sich nicht mehr vor seinen Eltern verstellen. Diese seien glücklich, dass er wieder er selbst sei. Er selbst habe heute keine Sorgen mehr, außer, dass er mit seiner Familie leben könne. Falls er hier in Österreich keine Chance mehr erhalte, sei er zumindest froh, dass seine Familie hier leben dürfe. Er habe seinen Aufenthalt nicht schätzen können wie seine Mutter, weil er als Kind nach Österreich gekommen sei; jetzt wisse er dies zu schätzen.
1.9 Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. Juni 2020 wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkte I. bis V. gemäß § 7 Absatz 1 Ziffer 2 iVm § 7 Absatz 4, § 8 Absatz 1 Ziffer 2, § 10 Absatz 1 Ziffer 4 sowie § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 46, § 52 Absatz 9, § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 und § 55 Fremdenpolizeigesetz (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2019, als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.
Das Bundesverwaltungsgericht begründete dies u.a. folgendermaßen:
„(…)Der Beschwerdeführer hat in Österreich zahlreiche Familienangehörige, ist ledig und hat keine Kinder. Er besuchte in Österreich die Volksschule und zwei Jahre hindurch die Hauptschule. Zwischenzeitig hat er den Hauptschulabschluss nachgeholt, jedoch darüber hinaus weder eine Berufsausbildung oder sonstige Ausbildung absolviert. Er verfügt über gute Deutschkenntnisse und spricht neben Tschetschenisch auch Russisch.
Der Beschwerdeführer ist volljährig, wohnt alleine und führt ein eigenständiges Leben. Der Beschwerdeführer geht zurzeit keiner Arbeit nach und ist beim Arbeitsmarktservice gemeldet. In der Vergangenheit war er knapp zwei Jahre rechtmäßig erwerbstätig. Die meiste Zeit bezog er Transferleistungen der öffentlichen Hand.
Der Beschwerdeführer leidet unter keiner akuten oder lebensbedrohlichen psychischen oder physischen Erkrankung.
1.2. Für den Beschwerdeführer scheinen im österreichischen Strafregister folgende Verurteilungen auf:
1) LG XXXX , rechtskräftig am selben Tag, §278b Abs. 2 StGB, Freiheitsstrafe 15 Monate, davon 10 Monate bedingt.
2) BG XXXX , rechtskräftig am 03.10.2017, §127 StGB, Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 40,-Euro, davon 40 Tagessätze bedingt.
3) LG XXXX , rechtskräftig am selben Tag, §142 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt.
1.4. Festgestellt wird, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation keine asylrelevante Verfolgung droht.
Dem Beschwerdeführer droht im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation keine Folter oder unmenschliche Behandlung auf Grund seiner Verurteilung in Österreich oder des dieser Verurteilung zugrundeliegenden Verhaltens.
Dem Beschwerdeführer droht im Falle der Rückkehr in sein Heimatland keine Verfolgung wegen der Asylantragstellung in Österreich und wegen des langjährigen Aufenthaltes außerhalb der Russischen Föderation.
Es kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte. Weiters liegen keine stichhaltigen Gründe vor, dass dieser konkret Gefahr liefe, in seinem Herkunftsstaat der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Es ist dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar, sich in der Russischen Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus niederzulassen und anzumelden. (…)
Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
Der Beschwerdeführer stellt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. (…)
Eine asylrelevante Verfolgung von Angehörigen der tschetschenischen Volksgruppe in der Russischen Föderation kann auf Grund der aktuellen Länderberichte jedenfalls nicht mehr festgestellt werden: Während bis 2010 die Sicherheit der Zivilbevölkerung in Tschetschenien den Länderberichten in Erkenntnissen des Asylgerichtshofes zufolge nicht gewährleistet war, ist den aktuellen Länderberichten zufolge die Sicherheitslage für gewöhnliche Bürger nunmehr stabil. In INGUSCHETIEN etwa stellen Tschetschenen laut WIKIPEDIA die mit Abstand zweitgrößte Bevölkerungsgruppe dar. Im Gegensatz zur Situation bei der Ausreise im Jahr 2005 wurde mittlerweile das alte PROPISKA-System durch ein neues Meldewesen ersetzt; auch wenn es möglich ist, dass Personen aus dem Kaukasus zusätzlich kontrolliert werden, ist die Registrierung nun auch für Tschetschenen kein Problem, selbst wenn es möglicherweise zu Diskriminierung oder korruptem Verhalten seitens der Beamten kommen kann, im Endeffekt bekommen sie die Registrierung. Tschetschenen können sich folglich auch außerhalb Tschetscheniens ansiedeln; dies wird dadurch dokumentiert, dass laut den Daten im Länderinformationsblatt die Mehrheit der Tschetschenen mittlerweile außerhalb Tschetscheniens lebt. Auch wenn Tschetschenen in anderen Teilen der Russischen Föderation ausweislich des aktuellen Länderinformationsblattes immer noch auf eine anti-kaukasische Stimmung treffen, ist die Lage der Tschetschenen in anderen Teilen der Russischen Föderation nicht mehr mit den Länderfeststellungen der Jahre 2004 bzw. 2010 (Anschlag auf das Moskauer Musical-Theater, Bombenanschlag auf die Moskauer Metro, Jahre vor Ende des zweiten Tschetschenienkrieges) vergleichbar, denen zufolge Diskriminierungen und Misshandlungen sowohl durch Privatpersonen, als auch durch Beamte in Uniform weit verbreitet waren und Tschetschenen mit willkürlichen Verhaftungen, konstruierten Anklagen, illegalen Identitätskontrollen aber auch Angriffen durch Gruppen von Privatpersonen rechnen mussten, insbesondere mit Revancheaktionen nach Terroranschlägen. Aus dem aktuellen Länderinformationsblatt ergibt sich darüber hinaus, dass mittlerweile aktuelle Kämpfer und Angehörige des fundamentalistischen Islam sowie Rückkehrer aus SYRIEN und dem IRAK alte Rebellen des ersten und zweiten Tschetschenienkrieges aus dem Focus der Behörden verdrängt haben. Es kommt hinzu, dass ausweislich der Länderberichte die umfangreiche tschetschenische Diaspora nicht unter der unmittelbaren Kontrolle von KADYROW steht.
Der Beschwerdeführer bringt nunmehr vor, auf Grund seiner Verurteilung in Österreich in seinem Heimatstaat verfolgt zu werden. Aus diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist eine aktuelle Bedrohung im Heimatland jedoch nicht abzuleiten.
Den zugrundeliegenden Länderinformationen ist klar zu entnehmen, dass es keine pauschale Bestrafung in Form einer Doppelbestrafung gibt.
Im Falle des Beschwerdeführers ist insbesondere zu beachten, dass er selbst nie in Syrien war und den IS im Kampf nicht tatsächlich aktiv unterstützt hat. Insofern handelt es sich bei dem Beschwerdeführer auch um keinen „Foreign Fighter“ der direkt aus Syrien in die Russische Föderation zurückkehrt. Der Beschwerdeführer hat zwar versucht, nach Syrien auszureisen, hat sich aber zu keinem Zeitpunkt aktiv am Kampf beteiligt. Daher stehen die getroffenen Feststellungen, wonach „Foreign Fighters“ in der Russischen Föderation mit Strafverfolgung zu rechnen haben, einer Rückkehr des Beschwerdeführers nicht entgegen. Abgesehen davon haben sich im Verfahren auch sonst keine Hinweise dahingehend ergeben, dass die Absicht des Beschwerdeführers, nach Syrien zu reisen, um dort den IS oder dessen strafbare Handlungen zu fördern, den russischen Behörden bekannt geworden ist oder werden wird.
Im Falle des Beschwerdeführers ist insbesondere auch zu beachten, dass dieser wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung in Österreich bereits rechtskräftig verurteilt wurde. Die Russische Föderation ist Mitglied des Europarates und trat für diese das 7. Zusatzprotokoll zur EMRK am 1.8.1998 in Kraft. Damit hat sich die Russische Föderation im Rahmen der EMRK zur Einhaltung des Prinzips „ne bis in idem“ und damit zum Doppelbestrafungsverbot verpflichtet. Selbst wenn es in der Russischen Föderation zu einer solchen unzulässigen Doppelbestrafung kommen würde, wäre der Beschwerdeführer im Falle einer erneuten Verurteilung auf den innerstaatlichen Rechtsweg und in weiterer Folge auf die Möglichkeit einer Beschwerdeerhebung an den EGMR zu verweisen.
Wie sich aus der im Akt einliegenden Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 29.6.2017 ergibt, konnte zudem aus deren Kenntnis keine Verfolgung von Personen festgestellt werden, die wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation verurteilt wurden und die ihre Haftstrafe bereits verbüßt haben.
Vor diesem Hintergrund kann auch das erkennende Gericht nicht nachvollziehen, warum mehr als 14 Jahre nach der Ausreise des Beschwerdeführers – noch dazu als Kleinkind – nunmehr bei einer allfälligen Rückkehr desselben die russischen Sicherheitsdienste landesweit auf die Idee kommen könnten, den Beschwerdeführer in irgendeine Verbindung zu Gewalttaten oder extremistischen Gruppierungen zu bringen.
Auch von Amts wegen sind somit keine asylrelevanten Gründe hervorgekommen, die einer Rückkehr des Beschwerdeführers entgegenstehen würden.“
2.1 Der Beschwerdeführer kam in weiterer Folge der freiwilligen Ausreise nicht nach. Der Beschwerdeführer ließ die Frist zur freiwilligen Ausreise verstreichen und bemühte sich in weiterer Folge auch nicht um eine freiwillige Ausreise.
2.2 Am 9. Februar 2021 wurde ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer beantragt.
2.3 Der Beschwerdeführer wurde am 12. März 2021 XXXX aufgegriffen. Im Zuge dieses Aufgriffs wurde der russische Reisepass des Beschwerdeführers sichergestellt. Der Beschwerdeführer wurde für den Russland-Charter am XXXX angemeldet. Der Beschwerdeführer hätte am 6. April 2021, gemäß § 34 Absatz 3 Ziffer 3 BFA-VG (Erlassung Abschiebeauftrag) festgenommen werden sollen, um am XXXX mittels Charter in die Russische Föderation abgeschoben zu werden. Dieser behördlich angeordnete Festnahmeauftrag konnte nicht umgesetzt werden, da der Beschwerdeführer am 6. April 2021 nicht greifbar war.
2.4 Der Beschwerdeführer fand sich am 6. April 2021 bei der PI XXXX ein und stellte dort einen Folgeantrag Asyl.
Der Beschwerdeführer wurde am 6. April 2021 auf die PI XXXX Fremdenpolizei FGP verbracht und erkennungsdienstlich behandelt. Mit dem Beschwerdeführer wurde am selben Tag eine Einvernahme durchgeführt. Dabei gab der Beschwerdeführer zum Grund seines Folgeantrages zu Protokoll, dass er mit seiner Mutter vor dem Krieg geflüchtet sei. Er sei in Österreich aufgewachsen sei, seine Mutter, Schwester, Tante würden hier leben und in Tschetschenien habe er niemanden. Er möchte bei seiner Familie in Österreich bleiben, fühle sich wohl in Österreich und habe keinen Bezug zu Tschetschenien.
2.5 Der Beschwerdeführer wurde am 6. April 2021 auf Anordnung der Behörde festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum XXXX eingeliefert.
2.6 Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 7. April 2021 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 1 FPG iVm § 57 Absatz 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.
2.7 Mit Verfahrensanordnung vom 7. April 2021 wurde dem Beschwerdeführer ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
2.8 Am 8. April 2021 wurde dem Beschwerdeführer eine Verfahrensanordnung gemäß §§ 29 Absatz 3 und 15a AsylG nachweislich ausgefolgt, mit welchem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer mitteilte, dass beabsichtigt ist seinen Folgeantrag zurückzuweisen und ihn begleitet oder mit Charter in die Russische Föderation abzuschieben.
2.9 Am 23. April 2021 langte die Beschwerde gegen die Schubhaft beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, welche von dieser am 26. April 2021 gemeinsam mit einer Stellungnahme vorgelegt wurde.
Am 27. April 2021 fand die mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Schubhaft statt. Mit dem im Anschluss an die Verhandlung mündlich verkündeten Erkenntnis wurde die Beschwerde gemäß § 22 Absatz 1 BFA-VG iVm § 76 Absatz 2 Ziffer 1 FPG als unbegründet abgewiesen und gemäß § 22a Absatz 3 BFA-VG iVm § 76 Absatz 2 Ziffer 1 FPG iVm § 76 Absatz 3 Ziffer 1 und 5 FPG iVm § 76 Absatz 2a FPG festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
2.10. Am 28. April 2021 fand die Einvernahme zum Folgeantrag Asyl vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er gesund sei, von Notstandshilfe lebe, in keinen Vereinen oder Organisationen tätig sei und bei der Cousine seiner Mutter wohne. In Tschetschenien seien sein Onkel und seine Tante väterlicherseits und seine Oma mütterlicherseits aufhältig. Zu seiner Tante und seiner Oma habe er einmal im Jahr Kontakt. Seine Mutter, mit welcher er täglichen Kontakt habe, Tanten, Halbgeschwister und Schwester würden in Wien leben. Nach dem Grund seines Folgeantrags und einer Änderung seiner Fluchtgründe befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er Probleme im Zusammenhang mit seiner Verurteilung im Jahr 2015 und seiner damit zusammenhängenden geplanten Ausreise nach Syrien befürchte. Er kenne zwar keine Länderberichte, habe aber gehört, dass ihm in Russland etwas zustoße, wenn er wegen einer terroristischen Verurteilung zurückkehre. Die Gefahr wegen seiner Verurteilung getötet zu werden, sei sehr hoch. Außerdem seien die Fluchtgründe, die seine Mutter ursprünglich genannt habe, gleich geblieben.
2.11. Mit dem im Anschluss an die Einvernahme mündlich verkündeten Bescheid vom 28. April 2021 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 12a Absatz 2 AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12 AsylG 2005 aufgehoben. Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Asylverfahren keine neue Fluchtgründe vorgebracht habe. Der Beschwerdeführer habe keinen neuen glaubhaften Fluchtgrund vorgebracht, ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt könne nicht festgestellt werden. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt habe sich seit Rechtskraft des Aberkennungsverfahrens nicht geändert. Sein nunmehriges Vorbringen, aufgrund der Verurteilung wegen Terrorismus nicht in die Russische Föderation zurückkehren zu können, sei außerdem nicht glaubwürdig. Dem Beschwerdeführer drohe keine asylrelevante Verfolgung und im Falle einer Rückkehr keine Folter oder unmenschliche Behandlung aufgrund dessen Verurteilung wegen Terrorismus oder dem dieser zugrundeliegendem Verhalten. Das Vorbringen, auf welches der Beschwerdeführer nunmehr seinen Folgeantrag stütze, sei im Wesentlichen ident mit dem des Aberkennungsverfahrens und dort ausreichend gewürdigt worden. Der Beschwerdeführer habe keinerlei Beweismittel zur Untermauerung seines Vorbringens vorgelegt, der dem Vorbringen zugrundeliegende Sachverhalt sei bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Aberkennungsverfahren für nicht glaubhaft befunden worden. Gegen den Beschwerdeführer bestehe eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und seien weniger als 18 Monate vergangen.
Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer, im Fall der Rückkehr, in eine dauerhaft aussichtslose Lage geraten würde. Die wirtschaftlich stärkeren Metropolen und Regionen in Russland würden trotz der derzeitigen Wirtschaftskrise entsprechende Chancen auch für russische Staatsangehörige aus den Kaukasusrepubliken bieten.
Bezogen auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verwies die belangte Behörde darauf, dass trotz seines langjährigen Aufenthaltes und der Beherrschung der deutschen Sprache eine Integration des Beschwerdeführers in Österreich angesichts seiner mehrfachen Straffälligkeit und seiner fast durchgehenden finanziellen Abhängigkeit von staatlichen Leistungen nicht festzustellen war. Auch von den in Österreich aufhältigen Familienangehörigen bestehe keine Abhängigkeit des Beschwerdeführers.
2.12 Der Beschwerdeführer befindet sich seit 7. April 2021 in Schubhaft.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund der Anträge auf internationalen Schutz, der Erstbefragungen bzw Einvernahmen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der Bescheide, Erkenntnisse, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungs- und Gerichtsakte, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in das Strafregister werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
Der Beschwerdeführer führt den im Spruch angeführten Namen, ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und des muslimischen Glaubens. Seine Identität steht fest.
Der Ablauf des Verfahrensganges wird festgestellt, wie er unter Punkt I. wiedergegeben ist.
Gegen den Beschwerdeführer besteht eine aufrechte Rückkehrentscheidung sowie ein unbefristetes Einreiseverbot.
Im aktuellen Asylverfahren zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz bezieht sich der Beschwerdeführer ausschließlich auf Gründe, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses seines Aberkennungsverfahrens Bestand hatten bzw. die er bereits in diesem Verfahren vorbrachte. Neue Fluchtgründe brachte der Beschwerdeführer im Vergleich zu seinem Aberkennungsverfahren, im Zuge dessen auch eine neuerliche Erfüllung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft geprüft wurde, nicht vor. Der Folgeantrag wird daher voraussichtlich zurückzuweisen sein, zumal diese Fluchtgründe bereits im Aberkennungsverfahrens ausreichend gewürdigt worden sind.
Eine entscheidungswesentliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss des Aberkennungsverfahrens kann ebensowenig festgestellt werden, wie das Vorliegen einer maßgeblichen Bedrohung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation.
Auch die weltweite Ausbreitung des Covid-19 Erregers kann für den Herkunftsstaat Russische Föderation derzeit keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageveränderung erkennen lässt.
Auch an der privaten und/ oder familiären Situation des Beschwerdeführers in Österreich haben sich keine Änderungen ergeben:
Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich mehrfach in Erscheinung getreten, er weist insgesamt drei Verurteilungen auf (1. LG XXXX , rechtskräftig am selben Tag, §278b Abs. 2 StGB, Freiheitsstrafe 15 Monate, davon 10 Monate bedingt; 2. BG XXXX , rechtskräftig am 03.10.2017, §127 StGB, Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 40,- Euro, davon 40 Tagessätze bedingt; 3. LG XXXX vom XXXX , rechtskräftig am selben Tag, §142 Abs. 1 StGB, Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 16 Monate bedingt). Der Beschwerdeführer hat in Österreich Familienangehörige, ist ledig und hat keine Kinder. Er besuchte in Österreich die Volksschule und zwei Jahre hindurch die Hauptschule. Er hat den Hauptschulabschluss nachgeholt, jedoch darüber hinaus zwischenzeitig weder seine Berufsausbildung als Koch oder Maler fertiggemacht oder eine sonstige Ausbildung absolviert. Er ist weiterhin in keinen Vereinen oder Organisationen tätig, verfügt über gute Deutschkenntnisse und spricht neben Tschetschenisch auch Russisch. Der Beschwerdeführer ist volljährig, wohnt bei der Cousine seiner Mutter und führt ein eigenständiges Leben. Der Beschwerdeführer ist weiterhin nicht selbsterhaltungsfähig und bezieht Notstandshilfe. Der Beschwerdeführer verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in Tschetschenien, wo sein Onkel und seine Tante väterlicherseits und seine Oma mütterlicherseits aufhältig sind. Zu seiner Tante und seiner Oma hat er Kontakt.
Es konnte im Fall des Beschwerdeführers insbesondere angesichts seiner mehrfachen Straffälligkeit und seiner fast durchgehenden finanziellen Abhängigkeit von staatlichen Leistungen keine besonders schützenswerte Integration im Bundesgebiet festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Zum Verfahrensgang, der Person des Beschwerdeführers und der Lage in der Russischen Föderation:
Der oben unter Punkt I. angeführte sowie festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes zum Schubhaftverfahren und Aberkennungsverfahren.
Die Feststellung zur Identität des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes zum Schubhaftverfahren und Aberkennungsverfahren.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer an keinen lebensbedrohlichen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, ist auf dessen Angaben in der Einvernahme vom 28. April 2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich seiner Gesundheit gestützt.
Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation des Beschwerdeführers sowie seiner mangelnden Integration in Österreich ergeben sich aus Abfragen aus den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem), den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes zum Aberkennungsverfahren sowie aus der Einvernahme vom 28. April 2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.
Die Feststellung zur mehrfachen strafgerichtlichen Bescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
Dass die allgemeine Situation in der Russischen Föderation seit rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens im Wesentlichen unverändert geblieben ist und sich die maßgebliche Lage im Herkunftsstaat für den Betroffenen nicht geändert hat, ergibt sich aus den im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl enthaltenen Feststellungen zur Russischen Föderation.
2.2. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:
Wie bereits dargestellt wurde das Vorbringen betreffend die behaupteten Probleme des Beschwerdeführers bereits in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2020 behandelt, wobei keine asylrelevante Verfolgung festgestellt werden konnte. Aus diesem Vorbringen wurde somit in einer rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts keine aktuelle Bedrohung abgeleitet.
Dies begründete das Bundesverwaltungsgericht wie im Folgenden:
Eine asylrelevante Verfolgung von Angehörigen der tschetschenischen Volksgruppe in der Russischen Föderation kann auf Grund der aktuellen Länderberichte jedenfalls nicht mehr festgestellt werden: Während bis 2010 die Sicherheit der Zivilbevölkerung in Tschetschenien den Länderberichten in Erkenntnissen des Asylgerichtshofes zufolge nicht gewährleistet war, ist den aktuellen Länderberichten zufolge die Sicherheitslage für gewöhnliche Bürger nunmehr stabil. In INGUSCHETIEN etwa stellen Tschetschenen laut WIKIPEDIA die mit Abstand zweitgrößte Bevölkerungsgruppe dar. Im Gegensatz zur Situation bei der Ausreise im Jahr 2005 wurde mittlerweile das alte PROPISKA-System durch ein neues Meldewesen ersetzt; auch wenn es möglich ist, dass Personen aus dem Kaukasus zusätzlich kontrolliert werden, ist die Registrierung nun auch für Tschetschenen kein Problem, selbst wenn es möglicherweise zu Diskriminierung oder korruptem Verhalten seitens der Beamten kommen kann, im Endeffekt bekommen sie die Registrierung. Tschetschenen können sich folglich auch außerhalb Tschetscheniens ansiedeln; dies wird dadurch dokumentiert, dass laut den Daten im Länderinformationsblatt die Mehrheit der Tschetschenen mittlerweile außerhalb Tschetscheniens lebt. Auch wenn Tschetschenen in anderen Teilen der Russischen Föderation ausweislich des aktuellen Länderinformationsblattes immer noch auf eine anti-kaukasische Stimmung treffen, ist die Lage der Tschetschenen in anderen Teilen der Russischen Föderation nicht mehr mit den Länderfeststellungen der Jahre 2004 bzw. 2010 (Anschlag auf das Moskauer Musical-Theater, Bombenanschlag auf die Moskauer Metro, Jahre vor Ende des zweiten Tschetschenienkrieges) vergleichbar, denen zufolge Diskriminierungen und Misshandlungen sowohl durch Privatpersonen, als auch durch Beamte in Uniform weit verbreitet waren und Tschetschenen mit willkürlichen Verhaftungen, konstruierten Anklagen, illegalen Identitätskontrollen aber auch Angriffen durch Gruppen von Privatpersonen rechnen mussten, insbesondere mit Revancheaktionen nach Terroranschlägen. Aus dem aktuellen Länderinformationsblatt ergibt sich darüber hinaus, dass mittlerweile aktuelle Kämpfer und Angehörige des fundamentalistischen Islam sowie Rückkehrer aus SYRIEN und dem IRAK alte Rebellen des ersten und zweiten Tschetschenienkrieges aus dem Focus der Behörden verdrängt haben. Es kommt hinzu, dass ausweislich der Länderberichte die umfangreiche tschetschenische Diaspora nicht unter der unmittelbaren Kontrolle von KADYROW steht.
Der Beschwerdeführer bringt nunmehr vor, auf Grund seiner Verurteilung in Österreich in seinem Heimatstaat verfolgt zu werden. Aus diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist eine aktuelle Bedrohung im Heimatland jedoch nicht abzuleiten.
Den zugrundeliegenden Länderinformationen ist klar zu entnehmen, dass es keine pauschale Bestrafung in Form einer Doppelbestrafung gibt.
Im Falle des Beschwerdeführers ist insbesondere zu beachten, dass er selbst nie in Syrien war und den IS im Kampf nicht tatsächlich aktiv unterstützt hat. Insofern handelt es sich bei dem Beschwerdeführer auch um keinen „Foreign Fighter“ der direkt aus Syrien in die Russische Föderation zurückkehrt. Der Beschwerdeführer hat zwar versucht, nach Syrien auszureisen, hat sich aber zu keinem Zeitpunkt aktiv am Kampf beteiligt. Daher stehen die getroffenen Feststellungen, wonach „Foreign Fighters“ in der Russischen Föderation mit Strafverfolgung zu rechnen haben, einer Rückkehr des Beschwerdeführers nicht entgegen. Abgesehen davon haben sich im Verfahren auch sonst keine Hinweise dahingehend ergeben, dass die Absicht des Beschwerdeführers, nach Syrien zu reisen, um dort den IS oder dessen strafbare Handlungen zu fördern, den russischen Behörden bekannt geworden ist oder werden wird.
Im Falle des Beschwerdeführers ist insbesondere auch zu beachten, dass dieser wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung in Österreich bereits rechtskräftig verurteilt wurde. Die Russische Föderation ist Mitglied des Europarates und trat für diese das 7. Zusatzprotokoll zur EMRK am 1.8.1998 in Kraft. Damit hat sich die Russische Föderation im Rahmen der EMRK zur Einhaltung des Prinzips „ne bis in idem“ und damit zum Doppelbestrafungsverbot verpflichtet. Selbst wenn es in der Russischen Föderation zu einer solchen unzulässigen Doppelbestrafung kommen würde, wäre der Beschwerdeführer im Falle einer erneuten Verurteilung auf den innerstaatlichen Rechtsweg und in weiterer Folge auf die Möglichkeit einer Beschwerdeerhebung an den EGMR zu verweisen.
Wie sich aus der im Akt einliegenden Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 29.6.2017 ergibt, konnte zudem aus deren Kenntnis keine Verfolgung von Personen festgestellt werden, die wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation verurteilt wurden und die ihre Haftstrafe bereits verbüßt haben.
Vor diesem Hintergrund kann auch das erkennende Gericht nicht nachvollziehen, warum mehr als 14 Jahre nach der Ausreise des Beschwerdeführers – noch dazu als Kleinkind – nunmehr bei einer allfälligen Rückkehr desselben die russischen Sicherheitsdienste landesweit auf die Idee kommen könnten, den Beschwerdeführer in irgendeine Verbindung zu Gewalttaten oder extremistischen Gruppierungen zu bringen.
Auch von Amts wegen sind somit keine asylrelevanten Gründe hervorgekommen, die einer Rückkehr des Beschwerdeführers entgegenstehen würden.“
Dieser Begründung pflichtete auch die belangte Behörde bei. Angesichts der Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Folgeantrag ergibt sich kein Grund eine andere Einschätzung zu treffen.
Im Ergebnis ist der belangten Behörde daher Recht zu geben, dass die vorgebrachten Gründe somit nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung der Behörde zu bewirken und darin kein neuer, entscheidungsrelevanter asyl- bzw. refoulementrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann und das Vorbringen vielmehr im unmittelbaren Zusammenhang mit der Abschiebung steht und somit nur der Hintanhaltung der fremdenbehördlichen Effektuierung dienen soll.
Darüber hinaus hat sich an der familiären oder privaten Situation des Beschwerdeführers nichts geändert, sodass unverändert bei einer Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber dem Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers die öffentlichen Interessen überwiegen müssen.
Insoweit am 07.05 2021 dem erkennenden Gericht durch den Stiefvater des BF ein „neues Beweismittel“ vorgelegt wurde, ist daraus für den Folgeantrag nichts gewonnen, erweist sich dieses neue „Beweismittel“ doch als offensichtlich vom BF oder Angehörigen selbst verfasst.
Vorgelegt wurde eine der Mutter des BF von einem unbekannten Absender übermittelte WhatsApp Nachricht mit dem Inhalt, der BF solle nicht nach Tschetschenien zurückkommen; die Nummer des Absenders sei für Rückrufe blockiert, der Stiefvater vermute, dass diese „wahrscheinlich jemand des Kadyrov-Regimes geschrieben hat.“
Unabhängig von der Frage, warum jemand aus dem Kadyrow-Regime von der beabsichtigten Abschiebung wissen sollte und unabhängig von der Frage, warum dann den Eltern eine solche banal anmutende Nachricht von den tschetschenischen Behörden übermittelt werden sollte, scheinen die Umstände doch klar darauf hinzudeuten, dass es sich bei dieser „Nachricht“ um einen untauglichen Versuch der Angehörigen handelt, den weiteren Aufenthalt des BF zu erzwingen. Dem Schreiben kommt angesichts des Zeitpunkts der Vorlage – kurz vor beabsichtigter Abschiebung - und der völligen Unnachvollziehbarkeit jedenfalls keinerlei Beweiswert zu, sodass ein neuer Sachverhalt nicht festgestellt werden kann.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen (in der Sache) lauten:
§ 12a Abatz. 1 - 3 AsylG 2005 („Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen“):
„§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn
1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,
2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,
3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben., und
4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.
(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.“
(3) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gemäß Abs. 2 binnen achtzehn Tagen vor einem bereits festgelegten Abschiebetermin gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn zum Antragszeitpunkt
1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,
2. der Fremde über den Abschiebetermin zuvor nachweislich informiert worden ist und
3. darüber hinaus
a) sich der Fremde in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft befindet;
b) gegen den Fremden ein gelinderes Mittel (§ 77 FPG) angewandt wird, oder
c) der Fremde nach einer Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 BFA-VG iVm § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG angehalten wird.
Liegt eine der Voraussetzungen der Z 1 bis 3 nicht vor, ist gemäß Abs. 2 vorzugehen. Für die Berechnung der achtzehntägigen Frist gilt § 33 Abs. 2 AVG nicht.
§ 22 Absatz 10 AsylG 2005 („Entscheidungen“):
„§ 22. (10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.“
§ 22 BFA-VG („Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes“):
§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
3.2. Zu den Voraussetzungen des § 12a Absatz 2 AsylG 2005, bezogen auf den gegenständlichen Fall, im Detail:
Das Verfahren über die Aberkennung des Asylstatus des Beschwerdeführers wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. Juni 2020, GZ. W147 1268096-2/28E, rechtskräftig abgeschlossen. Bei dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 6. April 2021 handelt es sich somit unzweifelhaft um einen Folgeantrag iSd § 2 Absatz 1 Ziffer 23 AsylG 2005. Ein Fall des § 12a Absatz 1 oder 3 AsylG 2005 liegt nicht vor.
3.2.1. Aufrechte Rückkehrentscheidung:
Das Vorliegen einer aufrechten Rückkehrentscheidung ist notwendiges Tatbestandselement des § 12a Absatz 2 AsylG 2005. Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Absatz 2 und 3 FPG festgesetzt.
Gegen den Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. Juni 2020, GZ. W147 1268096-2/28E, rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung erlassen. Der Beschwerdeführer hat Österreich nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylaberkennungsverfahrens nicht verlassen, weswegen gegenständlich eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt.
3.2.2. Res iudicata
Der Antrag vom 6. April 2021 ist voraussichtlich zurückzuweisen, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist. Aus dem Vorbringen zum Folgeantrag ergibt sich – wie oben in der Beweiswürdigung bereits dargelegt – kein entscheidungswesentlicher neuer Sachverhalt. Auch die Ländersituation ist im Wesentlichen gleichgeblieben. Es ist daher davon auszugehen, dass der Folgeantrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein wird.
3.2.3. Verletzung der EMRK
Bereits im Aberkennungsverfahren sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde. In der Begründung des gegenständlichen mündlich verkündeten Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Gefährdung seiner Person im Sinne des § 12 Absatz 2 Ziffer 3 AsylG 2005 glaubhaft habe machen können. Auch aus der allgemeinen Situation im Heimatland bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine ließe sich eine solche nicht ableiten.
Auch im gegenständlichen Asylverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sind bis dato keine Risiken für den Beschwerdeführer im Sinne von § 12a Absatz 2 Ziffer 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Beschwerdeführers wurde kein entsprechendes Vorbringen hierzu getätigt.
Vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK ist zudem der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl beizupflichten, dass kein schützenswertes Familien- oder Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich feststellbar ist. Bereits im Aberkennungsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde ein solches schützenswertes Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verneint, im Ergebnis wurden rechtskräftige Rückkehrentscheidungen sowie ein rechtskräftiges unbefristetes Einreiseverbot erlassen.
Trotz der familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers überwiegen vor allem angesichts der strafrechtlichen Verurteilungen – hervorzuheben ist insbesondere die Verurteilung wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB, womit der Beschwerdeführer eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt und sich trotz Verurteilung nicht von der Begehung einer weiteren Straftat abhalten ließ -und des völlig ungesicherten Unterhalts die öffentlichen Interessen an der Außerlandesbringung die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet.
In Anbetracht der – trotz seines langjährigen Aufenthaltes in Österreich – nur gering vorhandenen Integrationsleistung (strafgerichtliche Verurteilungen, keine Selbsterhaltungsfähigkeit), kann auch kein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers erkannt werden.
3.2.4. Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Absatz 2 AsylG 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorgelegen sind, ist der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28. April 2021 rechtmäßig erfolgt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.3. Gemäß § 22 Absatz 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da in der gegenständlichen Entscheidung die maßgeblichen Rechtsfragen klar waren und keiner Auslegung bedurften, ging das Bundesverwaltungsgericht nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aus.
Im vorliegenden Fall liegen daher die Voraussetzungen für die Zulassung der ordentlichen Revision nicht vor; es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Einvernahme faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Gefährdungsprognose individuelle Verhältnisse Interessenabwägung öffentliche Interessen Pandemie Resozialisierung Rückkehrentscheidung Schubhaft strafrechtliche Verurteilung VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W226.1268096.3.00Im RIS seit
01.09.2021Zuletzt aktualisiert am
01.09.2021