TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/13 W277 2241977-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.05.2021
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Entscheidungsdatum

13.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §114 Abs1
FPG §114 Abs3
FPG §114 Abs4 Fall1
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs6
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W277 2241977-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a ESCHLBÖCK, MBA, über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I.-V. wird abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf fünf Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste spätestens am XXXX in das Bundesgebiet ein. Aufgrund einer verdächtigen Wahrnehmung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgte eine Fahndung durch die Bezirksleitzentrale XXXX nach dem durch den BF gelenkten PKW mit dem XXXX Kennzeichen XXXX . Im Fahrzeug befanden sich fünf männliche, XXXX Staatsangehöriger, darunter drei Minderjährige, welche über keine Dokumente für einen Aufenthalt in Österreich verfügten (AS 5, 33, 34). Der BF wurde aufgrund des dringenden Tatverdachtes der Begehung der Schlepperei vorläufig festgenommen und in die XXXX eingeliefert (AS 36).

2. Mit Beschluss des LG XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , wurde über den BF die Untersuchungshaft verhängt. Es sei von einer erhöhten Fluchtgefahr aufgrund der hohen Mobilität von Schleppern und der hohen Strafdrohung auszugehen, zumal der BF XXXX Staatsangehöriger und ohne Wohnsitz oder sonstiger Integration im Inland sei (AS 15). Der Beschuldigte sei nicht geständig (AS 16).

3. Am XXXX wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) niederschriftlich einvernommen und gab dabei im Wesentlichen an, dass seine Frau, seine XXXX jährige Tochter, seine Eltern, die fünf Schwestern und fünf Brüder gegenwärtig in der XXXX leben. Zu seinen Familienangehörigen habe er regelmäßigen Kontakt. Der BF sei im Herkunftsstaat als Mechaniker und Bauarbeiter tätig. Sein Nettoeinkommen betrage circa XXXX . Er sei Eigentümer eines Hauses und eines Grundstücks in der XXXX . Er sei am Tag seiner Festnahme erstmals nach Österreich eingereist, weil er „die Leute hierherbringen“ wollte. Im Bundesgebiet habe er keine Anknüpfungspunkte. Im Jahr XXXX sei er immer wieder „für die Arbeit“ für ein oder zwei Monate in XXXX gewesen und spreche nichts gegen eine Rückkehr in die XXXX . In seinem Herkunftsstaat werde weder nach ihm gefahndet, noch sei er in der XXXX jemals verurteilt worden. Im Falle einer Abschiebung habe er „ XXXX “ über XXXX auszureisen. Er möchte zu seiner Familie im Herkunftsstaat zurückkehren (AS 103 ff).

4. Der BF wurde mit Urteil des LG XXXX vom XXXX , Zl. XXXX wegen §§ 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 1. Fall FPG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von XXXX Monaten verurteilt (AS 127).

5. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und weiters gem. § 46 FPG die Zulässigkeit seiner Abschiebung in die XXXX festgestellt (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde gem. § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und weiters unter Spruchpunkt V. einer Beschwerde gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Dem Bescheid wurden folgende Feststellungen zu Grund gelegt: Der BF sei Staatsangehöriger der XXXX und gesund. Seine Identität stehe fest. Die illegale Einreise in das Bundesgebiet sei spätestens am XXXX und lediglich zum Zweck der Begehung des Tatbestandes der Schlepperei erfolgt. Er habe in Österreich nirgends Unterkunft genommen, keine familiären oder sonstigen Beziehungen und sei im Bundesgebiet nicht beruflich oder sozial verankert. Im Hinblick auf die Verurteilung gehe vom BF eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus und sei seine Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten, weshalb einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei. Gleichzeitig sei mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung festzustellen, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt werden könne. Der BF habe im Herkunftsland keinerlei Verfolgungen zu befürchten, zumal er selbst angegeben habe, dass nichts gegen eine Rückkehr in die XXXX spreche und er dorthin zu seiner Familie zurückkehren wolle.

5.1. Das BFA stellte dem BF amtswegig einen Rechtsberater zur Seite (AS 139).

6. Gegen den Bescheid vom XXXX erhob der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte im Wesentlichen an, dass das BFA in dem belangten Bescheid zu den Lebensumständen des BF zutreffend ausgeführt habe, dass sich sein Lebensmittelpunkt in der XXXX befindet, wo seine Frau und seine Tochter leben. Der BF habe keinen Bezug zu Österreich, habe hier nie gearbeitet oder gewohnt, und es würden auch keine familiären Bindungen im Bundesgebiet bestehen. Der BF verfüge seit dem Jahre XXXX über einen Aufenthaltstitel für XXXX , wo er gemeinsam mit seinem Bruder ein Bauunternehmen in Form einer GmbH führe; er selbst sei Geschäftsführer und Gesellschafter. Dies habe er auch beim BFA gesagt, jedoch sei im bekämpften Bescheid „kein Wort darüber“ zu lesen. Der BF hätte im Prinzip keine Einwände gegen ein Einreiseverbot nach Österreich. Da Einreiseverbote für den gesamten Schengenraum gelten, sei bei der Prüfung und Bemessung unter Verweis auf VwGH 26.03.2015, 2013/22/0284 auch die Situation im Hinblick auf Art. 8 EMRK in den anderen Mitgliedsstaaten zu prüfen. Gleichzeitig sei unter Verweis auf EuGH vom 16.01.2018 zu C-240/17 die Frage zu stellen, ob XXXX verständigt worden sei bzw. den Aufenthaltstitel zurückgezogen oder die Anfrage nicht beantwortet habe. Ungeachtet dessen wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, dass Gesamtverhalten des BF in Betracht zu ziehen, sowie anhand konkreter Feststellungen eine Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Seine Verurteilung im Bundesgebiet zu einer unbedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von vierzehn Monaten erscheine jedenfalls tat- und schuldangemessen. Da der BF „Ersttäter“ sei, wäre davon auszugehen, dass die Erfahrung der Freiheitsstrafe ihn von der Begehung weiterer Straftaten abhalten solle. Eine darüberhinausgehende Gefährlichkeit des BF sei jedoch nicht anzunehmen.

7. Mit Beschwerdevorlage vom XXXX legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor (OZ 1).

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte eine Strafregisterauskunft durch. Es scheint folgende Verurteilung auf:

01) LG XXXX

§§ 114 (1), 114 (3) Z 2, 114 (4) 1. Fall FPG

Datum der (letzten) Tat XXXX

Freiheitsstrafe XXXX

II. Für das Bundesverwaltungsgericht ergibt sich daraus wie folgt:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

1.1.1. Der BF ist volljähriger Staatsangehöriger der XXXX . Seine Identität steht fest.

Er ist in XXXX geboren und lebte zuletzt in XXXX . Der BF besuchte 12 Jahre lang die Grundschule und arbeitete im Herkunftsstaat als Mechaniker sowie als Bauarbeiter. Der BF spricht XXXX und Russisch.

Er ist Eigentümer eines Grundstücks und eines Hauses im Herkunftsstaat.

Im Herkunftsstaat leben gegenwärtig seine Ehefrau, seine Tochter, seine Eltern sowie die fünf Schwestern und fünf Brüder des BF. Er hat Kontakt zu seinen in der XXXX aufhältigen Familienangehörigen.

Er ist gesund.

1.1.2. Der BF reiste spätestens am XXXX in das Bundesgebiet ein. Aufgrund einer verdächtigen Wahrnehmung eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgte eine Fahndung durch die Bezirksleitzentrale XXXX nach dem durch den BF gelenkten PKW mit dem XXXX Kennzeichen XXXX . Im Fahrzeug befanden sich fünf männliche XXXX Staatsangehöriger, darunter drei Minderjährige, welche über keinen Aufenthaltstitel in Österreich verfügten. Der BF wurde aufgrund des dringenden Tatverdachtes der Begehung der Schlepperei vorläufig festgenommen und in die Justizanstalt XXXX eingeliefert.

1.1.3. Der BF ist strafgerichtlich bescholten. Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX , Zl. XXXX , wurde er wegen §§ 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 1. Fall FPG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von XXXX Monaten verurteilt. Dem Urteil liegt Folgendes zu Grunde:

Der BF hat am XXXX im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit den nicht ausgeforschten unbekannten Tätern XXXX oder XXXX oder „ XXXX “ sowie „ XXXX “, „ XXXX “, „ XXXX “, „ XXXX “ und weiteren bisher unbekannten Tätern, die rechtswidrige Einreise von Fremden, welche über keine gültigen Reisedokumente für die Einreise in oder den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und den Schengenraum verfügten, nämlich jene der XXXX Staatsangehörigen XXXX und XXXX , in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich ausgehend von der XXXX Grenze durch XXXX bis nach Österreich, mit dem Vorsatz gefördert, sich oder Dritte durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, indem er im Vorhinein zusagte, die genannten Fremden nach deren Grenzübertritt von XXXX nach Österreich im Grenzbereich, an einer vorab verabredeten Stelle, gezielt abzuholen und weiter Richtung XXXX zu transportieren, sowie schließlich die genannten Fremden nach deren Übertritt der österreichisch- XXXX Grenze an besagter Stelle im Grenzbereich in seinem Pkw der Marke XXXX , XXXX Kennzeichen XXXX , aufnahm und weiter nach Österreich brachte, wobei er wenig später in XXXX angehalten und festgenommen wurde. Als mildernd wurde bei der Strafbemessung der bisherige Lebenswandel sowie das reumütige Geständnis gewertet.

Das Urteil ist rechtskräftig, der BF verzichtete auf ein Rechtsmittel.

Über den BF wurde am XXXX die Untersuchungshaft verhängt und er befindet sich aktuell in der Strafhaft im Bundesgebiet.

1.1.4. Der BF hat in Österreich keine Verwandten oder Familienangehörigen und er ist im Bundesgebiet nicht sozial oder beruflich verwurzelt. Er verfügt weder über eine Wohnmöglichkeit, noch ist er im Bundesgebiet behördlich gemeldet. Der BF spricht nicht Deutsch.

1.1.5. Der BF verfügte bis XXXX über ein Visum für XXXX , wo er gemeinsam mit seinem Bruder die Baufirma „ XXXX “ mit Sitz in XXXX führte und ebendort gelegentlich aufhältig war. Die Auftragslage des Unternehmens ist gut.

1.2. Zur Abschiebung des BF

1.2.1. Die XXXX ist ein sicherer Herkunftsstaat iSd Herkunftsstaaten-Verordnung. Die Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat, wo gegenwärtig die Familie des BF unbehelligt lebt, ist zulässig.

1.2.2. Er ist im Herkunftsstaat nicht in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht.

1.2.3. Der BF läuft im Herkunftsstaat nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten. Er verfügt in der XXXX über ein familiäres und soziales Netz, und hat weiters ein Grundstück sowie ein Haus im Herkunftsstaat.

1.2.4. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr ausschließen, liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung

2.1. Zur Person des BF

2.1.1. Die Identität des BF wurde von der belangten Behörde festgestellt (AS 160). Aufgrund von Vorlage des XXXX Reisepasses, Nr. XXXX , haben sich keine Hinweise ergeben an seiner Identität zu zweifeln (AS 25).

Die Feststellungen zu den Umständen im Herkunftsstaat, seiner Ausbildung und den Familienverhältnissen ergeben sich aus den im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA am XXXX zum gegenständlichen Verfahren erhobenen Daten und dem unbestrittenen Akteninhalt (AS 103, 105).

Dass der BF gesund ist folgt seinen Angaben bzw. haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben, dass der BF an einer akut lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Krankheit leidet.

2.1.2. Die Feststellungen zur Einreise des BF und seiner Festnahme aufgrund eines dringenden Tatverdachtes ergeben sich aus der Berichterstattung und dem Anlass-Bericht der LPD XXXX vom XXXX , GZ: XXXX (AS 3 und AS 33, 34) und dem Abschlussbericht der LPD XXXX vom XXXX (AS 53). Dass der BF aufgrund des dringenden Tatverdachtes der Begehung der Schlepperei umgehend festgenommen und in die Justizanstalt XXXX eingeliefert wurde, ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt (AS 36).

2.1.3. Die Feststellungen zur rechtskräftigen Verurteilung des BF und der zu Grunde liegenden Straftat ergeben sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister und dem im Akt aufliegenden Urteil des LG XXXX (AS 127, 133).

Dass über den BF die Untersuchungshaft verhängt wurde und er sich aktuell in Strafhaft befindet, ergibt sich aus dem Beschluss des LG XXXX und dem Akteninhalt (AS 15, 23).

2.1.4. Die mangelnden Anknüpfungspunkte des BF in Österreich ergeben sich aus dem sehr kurzen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet seit seiner Einreise am XXXX , seinen eigenen Angaben in der Einvernahme vor dem BFA am XXXX und dem Beschwerdeschriftsatz (AS 109). Dass der BF im Bundesgebiet gegenwärtig nicht gemeldet ist ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.1.5. Dass der BF bis zum XXXX über ein Visum für XXXX , Zl. XXXX , verfügte, ist seinem Reisepass, Nr. XXXX , auf S. 24 („ XXXX “) zu entnehmen. Weiters ergibt sich aus dem Reisepass, dass der BF vom XXXX über Visa für XXXX verfügte. Dass der BF gegenwärtig über einen „Aufenthaltstitel für XXXX “ verfügt (AS 189ff), kann weder den vorgelegten Passkopien entnommen werden, noch wurden Dokumente betreffend das Vorliegen eines aktuellen, XXXX Aufenthaltstitels vorgelegt. Aus den vorgelegten Unterlagen kann daher ausschließlich festgestellt werden, dass der BF zuletzt bis XXXX über ein Visum für XXXX verfügte.

Bei der Einvernahme beim BFA am XXXX gab der BF an, seit 2009 „immer wieder“ in XXXX für ein oder zwei Monate „für die Arbeit“ zu gewesen zu sein (AS 107) Bei der Beschuldigtenvernehmung vor der LPD XXXX am XXXX gab der BF an, sich mit „einer Firma in XXXX im Baugewerbe selbständig“ gemacht zu haben, welche ihren Firmensitz in XXXX habe und „ XXXX “ heiße. Die Auftragslage der Firma sei momentan sehr gut. (AS 45). In seinem Beschwerdeschriftsatz gab der BF an, in XXXX mit seinem Bruder ein Bauunternehmen mit Sitz in XXXX zu führen (AS 186). Als Beweis werde hierfür ein Eintrag des Unternehmens auf einer XXXX Website genannt ( XXXX )), woraus sich ergebe, dass der BF konkret als „ XXXX )“ geführt werde. Der BF habe zuletzt legal in XXXX gearbeitet, wobei er regelmäßig für die Dauer der Bauvorhaben in XXXX gewohnt und sich anschließend für ein paar Tage in der XXXX aufgehalten habe.

Dem Reisepass ist auf den Seiten 7, 13, 17,23 und 25 zu entnehmen, dass der BF an folgenden Tagen in das XXXX Staatsgebiet eingereist ist:

-01.06.2017,

-24.07.2017,

-07.08.2017,

-03.06.2018,

-22.04.2018,

-17.06.2018,

-30.07.2018,

-06.03.2019,

-23.04.2019,

-22.05.2019,

-05.02.2020,

-05.05.2020.

Dem Reisepass ist auf den Seiten 7, 13, 17,23 und 25 sind folgende Ausreisen aus dem XXXX Staatsgebiet zu entnehmen:

-19.06.2017,

-02.08.2017,

-22.08.2017,

-24.04.2018,

-08.06.2018,

-08.07.2018,

-07.07.2020,

-02.08.2018,

-07.04.2019,

-24.04.2019,

-18.05.2019,

-07.06.2019,

-16.03.2020.

Hieraus ergibt sich, dass der BF seit dem XXXX mehrmals in das XXXX Staatsgebiet ein- und wieder ausgereist und bis zu seiner Inhaftierung im Bundesgebiet gelegentlich ebendort aufhältig war.

Dem Reisepass ist weiters zu entnehmen, dass der BF am XXXX in XXXX („ XXXX “) eingereist sowie am selben Tag ausgereist ist.

Dass der BF bereits beim BFA gesagt hätte, in XXXX mit seinem Bruder ein Bauunternehmen mit Sitz in XXXX zu führen, jedoch im bekämpften Bescheid kein Wort darüber zu lesen sei, kann vor dem Hintergrund, dass die Niederschrift vom XXXX rückübersetzt wurde, der BF angab keine weiteren Ergänzungen oder Änderungen hinzufügen zu wollen (AS 111), sowie jede einzelne Seite unterschrieben hat (AS 103-111), nicht nachvollzogen werden. Der BF gab weiters an, die Dolmetscher beim BFA verstanden sowie kein weiteres Vorbringen hinzufügen zu wollen (AS 111). Folglich ist davon auszugehen, dass das im Akt aufliegende Protokoll der niederschriftlichen Einvernahme beim BFA die Angaben des BF abbildet, und wird daher der Beweiswürdigung zugrunde gelegt.

Unter dem im Beschwerdeschriftsatz angeführten Verweisziel XXXX ist XXXX XXXX . Es kann daher festgestellt werden, dass XXXX gegenwärtig als XXXX Unternehmensregister geführt wird, zumal ebendort als Status „aktiv“ vermerkt ist. Diesbezüglich weitere Unterlagen wurden vom BF nicht vorgelegt. Es haben sich keine Hinweise ergeben, an seinen Angaben, dass das Unternehmen mit Sitz in XXXX vor seiner Einreise in das Bundesgebiet mit dem Bruder des BF betrieben wurde, zu zweifeln. Dass die Auftragslage der Firma mit Sitz in XXXX „momentan sehr gut“ ist, ergibt sich konkret aus seinen Angaben zur Person in seiner Beschuldigtenvernehmung vor der LPD XXXX (AS 45).

2.1.6. Es haben sich keine Hinweise ergeben, an seinen Angaben in seiner behördlichen Einvernahme XXXX aktuell regelmäßigen Kontakt zu seinen Familienangehörigen in der XXXX zu pflegen, zu zweifeln (AS 107).

2.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung des BF

2.2.1. Der BF gab keine Gründe an, die seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden. Vielmehr führte er auch in seiner Einvernahme vor dem BFA an, dass er „zurück zu seiner Familie in den Herkunftsstaat“ möchte (AS 109). Auch im Beschwerdeschriftsatz gab er an keinen Bezug zu Österreich und ebenda nie gearbeitet oder gewohnt zu haben. Der BF führte weiters an, dass keine familiären Bindungen zu anderen Personen im Bundesgebiet bestehen und er „im Prinzip“ keine Einwände gegen ein Einreiseverbot nach Österreich habe (AS 184).

In der XXXX leben seine Frau, seine Tochter, seine Eltern, sowie seine zehn Geschwister unbehelligt, zu denen er in regelmäßigem Kontakt steht. Er hat im Herkunftsstaat ein Grundstück, sowie ein Haus, welches in seinem Eigentum steht. Es haben sich keine Hinweise ergeben, an seinen Angaben im Herkunftsstaat -vor seiner Ausreise- ein monatliches Nettoeinkommen von XXXX verdient zu haben, zu zweifeln (AS 103).

2.2.2. Dass im Falle einer Abschiebung in den Herkunftsstaat der BF in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre, ist auch nicht objektivierbar und wurde im Verfahren zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht.

2.2.3. Da der BF über ein breites familiäres Netz verfügt, läuft er nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten. Gegenteiliges hat der BF auch nicht behauptet, sondern vielmehr konstant angegeben, zu seiner Familie in den Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen (AS 109).

2.2.4. Sonstige außergewöhnliche Gründe, die einer Rückkehr entgegenstehen, sind weder im Verfahren hervorgekommen, noch konkret im Beschwerdeschriftsatz angegeben, und sind insbesondere vor dem Hintergrund, dass es ich beim Herkunftsstaat XXXX um einen sicheren Drittstaat iSd Herkunftsstaaten-Verordnung handelt, nicht hervorgetreten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zum Spruchteil A)

3.1.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels besonderer Schutz

3.1.1.1. Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gem. § 57 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt (Z 1), wenn dies zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel notwendig ist (Z 2) oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).

Der Aufenthalt des BF seit XXXX ist nicht geduldet und er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, und wurden im Übrigen vom BF auch nicht behauptet.

3.1.2. Zur Rückkehrentscheidung

3.1.2.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 52 Abs. 6 FPG hat sich ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

Nach der Judikatur des VwGH ist § 52 Abs. 6 FPG vor dem Hintergrund der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG zu lesen. Schon aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu dieser Bestimmung ergibt sich unzweifelhaft, dass der Gesetzgeber damit die Umsetzung des Art 6 Abs. 2 Rückführungsrichtlinie beabsichtigte (vgl. 1078 BlgNR XXIV. GP, S 29). In der Bestimmung wird angeordnet, dass ein nicht rechtmäßig aufhältiger Drittstaatsangehöriger mit einem Aufenthaltstitel oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates zunächst zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Nur wenn dieser Ausreiseverpflichtung nicht entsprochen wird oder eine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist, hat eine Rückkehrentscheidung zu erfolgen. Demnach bedarf es also vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung einer „Verpflichtung“ des Drittstaatsangehörigen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Die Frage der „Unverzüglichkeit“ stellt sich in Bezug auf die Zeitspanne, die seit Ausspruch der „Verpflichtung“ ergangen ist. Wird ihr „unverzüglich“ entsprochen, hat eine Rückkehrentscheidung zu unterbleiben (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234). Nur dann, wenn er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommt oder wenn seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FrPolG zu erlassen (vgl. VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0146 mit Verweis auf VwGH 28.5.2020, Ra 2020/21/0128).

Im gegenständlichen Fall verfügte der BF bei der Einreise in das Bundesgebiet zwar über eine Genehmigung des Grenzübertritts XXXX . Die Einreise in Österreich erfolgte jedoch unbestritten zum Zweck der Begehung des Tatbestandes der Schlepperei. So befindet sich der BF seit dem Tag seiner Einreise in Österreich im Stande der Anhaltung und wurde über ihn sogleich die Untersuchungshaft verhängt. Der BF wurde mit Urteil des LG XXXX , wegen §§ 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 1. Fall FPG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von XXXX Monaten verurteilt. Er ist somit nicht unbescholten und befindet sich – wie auch während seines gesamten Aufenthaltes im Bundesgebiet – auch weiterhin in Strafhaft. Der BF war in Österreich zudem zu keinem Zeitpunkt behördlich gemeldet, verfügt über keine Unterkunft und hat auch keinerlei Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Der BF stellt aufgrund der genannten Umstände und seines Verhaltens eine Gefährdung für die Öffentlichkeit dar.

Den vorgelegten Unterlagen kann nicht entnommen werden, dass der BF zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung zum Aufenthalt in XXXX berechtigt war. Auch bei Wahrunterstellung, dass er am XXXX zum Aufenthalt in XXXX berechtigt war, hat richtigerweise keine Aufforderung gemäß § 52 Abs. 6 FPG erfolgen müssen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet jenes Mitgliedstaates – XXXX – zu begeben, von dem die ihm erteilte Aufenthaltsberechtigung stammt. Dies wurde auch weder vom BF, noch von seiner rechtsfreundlichen Vertretung beanstandet.

Im Konnex des § 52 Abs. 6 FPG ist zudem auch zu berücksichtigen, wie der VwGH jüngst ausgesprochen hat, dass es nicht schlichtweg auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ankommt, sondern (iS eines zusätzlichen Kriteriums) darauf, ob angesichts einer solchen Gefährdung die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus dem Bundesgebiet erforderlich ist (VwGH 03.07.2018, Ro 2018/21/0007).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist zur Gefährdungsprognose hinsichtlich der Frage, ob von einem BF eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht und daher seine sofortige Ausreise erforderlich ist, zu prüfen, ob sich aus dem gesamten Fehlverhalten des Fremden ableiten lässt, dass ein weiterer Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0453). Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 15.12.2011, 2011/21/0237, zur Rechtslage nach dem FrÄG 2011 ausgeführt, dass unter Beachtung der Gesetzesmaterialien zu dieser Novelle (ErlRV 1078 BlgNR 24. GP, 29 ff) bei Bemessung eines Einreiseverbotes nach § 53 FPG eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, bei der die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen hat, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchem zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311 mit Verweis auf VwGH 10.4.2014, 2013/22/0310, 30.7.2014, 2013/22/0281). Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG anzunehmen. Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet (vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349 mit Verweis auf etwa VwGH 24.5.2018, Ra 2017/19/0311, Rn. 12 und 19, mwN).

Dementsprechend wird gegenständlich gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, welche ein Einreiseverbot in der höchstmöglichen Dauer von höchstens zehn Jahren zu rechtfertigen vermag, indiziert, zumal der BF – wie zuvor erwähnt – nur zum Zwecke der Begehung einer Straftat einreiste, dementsprechend auch verurteilt wurde und weder über Wohnmöglichkeiten noch über soziale Anknüpfungspunkte verfügt (siehe weitere Ausführungen zum Einreiseverbot unter Pkt.II.3.1.5).

Das BFA hat folglich zu Recht eine Rückkehrentscheidung gegen den BF erlassen.

3.1.2.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung des Rechts auf Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa wenn ein gemeinsamer Haushalt vorliegt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd. Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VwGH vom 26.06.2007, 2007/01/0479).

3.1.2.1.1. Der BF hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Die Rückkehrentscheidung greift sohin nicht in sein Recht auf Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK ein.

3.1.2.1.2. Zu prüfen ist, ob die Rückkehrentscheidung einen Eingriff in sein Privatleben darstellen kann.

Der Aufenthalt des BF seit XXXX ist als äußerst kurz zu bezeichnen und erfolgte mit der alleinigen Absicht, das Verbrechen der Schlepperei zu begehen. So befindet sich der BF seit dem Tag seiner Einreise in Österreich im Stande der Anhaltung und wurde über ihn sogleich die Untersuchungshaft verhängt. Der BF wurde mit Urteil des LG XXXX vom XXXX , wegen §§ 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 1. Fall FPG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von XXXX Monaten verurteilt. Er ist somit nicht unbescholten und befindet sich – wie auch während seines gesamten Aufenthaltes im Bundesgebiet – auch weiterhin in Strafhaft.

Im Falle des BF ist keine Integration vorhanden und wurde eine solche bei seiner Einreise in das Bundesgebiet auch nicht von ihm bezweckt. Das Vorhandensein einer Integration in Österreich wurde auch weder in seiner Einvernahme vor dem BFA am XXXX , noch im Beschwerdeschriftsatz behauptet, vielmehr gab der BF an, keinen Bezug zu Österreich zu haben (AS 184). Der BF ist im Bundesgebiet weder kranken- noch sozialversichert, war in Österreich nicht erwerbstätig und kann die Sicherung der zu seinem Unterhalt und seiner sozialen Versorgung erforderlichen Mittel im Bundesgebiet nicht aufbringen. Eine angemessene Unterkunft ist ebenfalls nicht vorhanden, zumal der BF am Tag seiner Einreise das erste Mal im Bundesgebiet war. Er hat weiters weder familiäre Anbindungen, noch Freunde oder Bekannte in Österreich.

Der BF ist in der XXXX aufgewachsen, wo er zur Schule ging, sozialisiert wurde, vor seiner Inhaftierung im Bundesgebiet einer Berufstätigkeit nachging und zurückkehren möchte, zumal sich seine Frau, seine Tochter und seine Eltern sowie seine zehn Geschwister im Herkunftsstaat befinden, zu denen regelmäßiger Kontakt besteht. Er ist mit der dortigen Sprache und Kultur vertraut. Die deutsche Sprache beherrscht er nicht.

Die Behörde ist völlig zu Recht davon ausgegangen, dass der BF über keinerlei schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich verfügt, weshalb weitergehende Erwägungen zu diesem Punkt unterbleiben können.

Die Behörde hat daher zu Recht keinen Anhaltspunkt erkannt, vor dessen Hintergrund die gemäß § 9 BFA-VG oder Art. 8 EMRK durchzuführende Interessensabwägung zu Gunsten des BF hätte ausgehen können. Auch in der Beschwerde wurde diesem Ergebnis in keiner Weise entgegengetreten und nicht aufgezeigt, in wie fern die zu beurteilende Rückkehrentscheidung mit einem Eingriff in die privaten und familiären Interessen des BF einhergeht. Vielmehr wurde angeführt, dass der BF keinen Bezug zu Österreich hat (AS 184).

Das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des BF wiegt angesichts des bereits Ausgeführten im gegenständlichen Fall in einer Gesamtbetrachtung in Summe eindeutig höher als die– im Bundesgebiet nicht vorhandenen – persönlichen Interessen der BF an einem Verbleib in Österreich. In Summe kann daher nicht erkannt werden, dass sich die Rückkehrentscheidung zum Entscheidungszeitpunkt im Hinblick auf Art 8 EMRK als unzulässig erweist.

3.1.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung

Gem. § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gem. § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gem. § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für die Betroffene als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG 2005. Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entgegensteht.

Der BF gab zu keinem Zeitpunkt im Verfahren etwaige Gründe, die gegen eine Rückkehr in die XXXX sprechen würden an. Vielmehr gab der BF in seiner Einvernahme vor dem BFA am XXXX an, dass er zurück zu seiner in der XXXX lebenden Frau und Tochter wolle. Zudem leben dort auch seine Eltern und seine Geschwister unbehelligt und haben sich auch in diesem Zusammenhang keinerlei Rückkehrhindernisse ergeben. Es haben sich sohin weder aus den eigenen Angaben des BF, noch in dem durch seine rechtsfreundliche Vertretung vorgelegten Beschwerdeschriftsatz Hinweise für eine Gefährdung seiner Person ergeben.

Auch im Hinblick darauf, dass die XXXX ein sicherer Herkunftsstaat iSd Herkunftsstaaten-Verordnung ist, waren in einer Gesamtbetrachtung des gegenständlichen Falles etwaige Rückkehrhindernisse schlichtweg nicht objektivierbar.

Sohin wurde die Abschiebung des BF in die XXXX im angefochtenen Bescheid zurecht für zulässig erklärt.

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Eine solche Empfehlung des EGMR für die XXXX liegt nicht vor.

3.1.4. Zu den Spruchpunkten IV. und V. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, Frist für die freiwillige Ausreise)

3.1.4.1. Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist vom Bundesamt einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen, wenn

1.       die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.       der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.       Fluchtgefahr besteht.

Wie unter Pkt. II.3.1.2. ausgeführt (und siehe weiter Pkt.II.3.1.5.) stellt das Verhalten des BF eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar und war zudem davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten ist. Aus diesem Grund ging das BFA zu Recht davon aus, dass die unverzügliche Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist, weshalb die Z 1 des § 18 Abs. 2 BFA-VG als erfüllt anzusehen ist.

Weiters ist – wie unter Pkt.II.3.1.3. ausgeführt wird- für den Fall einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung seiner Menschenrechte gegeben.

3.1.4.2. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Gründe für das Erfordernis einer Gewährung der aufschiebenden Wirkung wurden nicht vorgebracht. Vielmehr möchte der BF ehestmöglich in seinen Herkunftsstaat zurückkehren.

Das BFA gewährte zu Recht keine Frist zur freiwilligen Ausreise. Die Beschwerde ist somit auch hinsichtlich der Spruchpunkte IV. und V. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

3.1.5. Zur Erlassung eines Einreiseverbotes (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides)

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf die Z1 des § 53 Abs. 3 FPG und mit dem Umstand begründet, dass der BF auf Grund der von ihm begangenen Straftat eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, zumal er wegen eines Verbrechens zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von XXXX Monaten verurteilt worden sei. Letztlich liege auch eine negative Gefährlichkeitsprognose vor.

Bei der Prüfung, ob die Annahme einer solchen Gefährdung gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden (vgl. VwGH 22.3.2018, Ra 2017/22/0194). Dabei ist auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme (hier: eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit) gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289). Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109; 31.8.2017, Ra 2017/21/0120).

Dass der BF rechtskräftig vom LG XXXX wegen des Verbrechens der Schlepperei verurteilt wurde, ist unbestritten. Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX , Zl XXXX , wurde er wegen §§ 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 2 und Abs. 4 1. Fall FPG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von XXXX Monaten verurteilt. Dem Urteil liegt zu Grunde, dass er am XXXX im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit weiteren bisher unbekannten Tätern, die rechtswidrige Einreise von mindestens drei Fremden, worunter sich auch drei Minderjährige befanden, ohne gültige Reisedokumente für die Einreise in oder den Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union und den Schengenraum bis nach Österreich, mit dem Vorsatz gefördert zu haben, sich oder Dritte durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern. Als mildernd wurden der bisherige Lebenswandel und das reumütig Geständnis gewertet.

Dieses Delikt stellt ohne Zweifel ein die öffentliche Sicherheit und Ordnung besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar, zumal Schlepperei ein grenzüberschreitendes Verbrechen ist.

Im Falle des BF ist auch von einer negativen Zukunftsprognose auszugehen. Zu berücksichtigen ist hierbei auch die Tatsache, dass der einzige Grund seiner Einreise in das Bundesgebiet jene war, den Tatbestand dieses Deliktes zu erfüllen. Die in der Person des BF liegende Bereitschaft, sich durch das Schicksal flüchtender Menschen ausbeuterisch zu bereichern und dies in grenzüberschreitender Form, stellt eine für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehende Gefährdung dar.

Vor dem Hintergrund seiner Angaben über einen bisher ordentlichen Lebenswandel und dem Vorliegen stabiler, familiärer Verhältnisse – und zwar in Form, seiner Frau und seiner Tochter, sowie seinen Eltern und Geschwistern in der XXXX – als auch einer wirtschaftlich gesicherten Stellung durch eigene Berufstätigkeit, geregeltes Einkommen, ein gut laufendes Unternehmen in XXXX , ein Grundstück und ein Haus in seinem Herkunftsstaat, kann nicht von einer positiven Zunftsprognose ausgegangen werden, da selbst ein vorhandenes familiäres Netzwerk und eine finanziell gesicherte Situation, ihn nicht davon abhalten konnten, grenzübergreifende Verbrechen zu begehen.

Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (vgl. VwGH, 22.03.2018, Ra 2017/22/0194, VwGH, 22.01.2015, Ra 2014/21/0009). Der BF befindet sich noch in Strafhaft und wird den Wegfall der durch seine strafgerichtlichen Verurteilungen indizierten Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit nach dem Strafvollzug unter Beweis stellen müssen.

Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF (siehe auch Pkt.II.3.1.2.) mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen.

Zwar wird in der Beschwerde in diesem Zusammengang zurecht moniert, dass die Frage nach dem durch eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot bewirkten Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein in Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden darf, sondern auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten „in den Blick“ zu nehmen ist. Das folgt unzweifelhaft daraus, dass diese aufenthaltsbeendenden Maßnahmen grundsätzlich auf das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten bezogen sein sollen (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172).

Diesbezüglich ist dem einerseits jedoch klar zu entgegnen, dass das Delikt der Schlepperei grenzüberschreitend erfolgt und dessen Ahndung jedenfalls im Interesse aller Mitgliedstaaten liegt und dem Interesse eines geordneten Fremdenwesens im gesamten Schengenraum ein sehr hoher Stellenwert zukommt.

Andererseits machte der BF in seiner Einvernahme vor dem BFA am XXXX lediglich geltend, nur hin und wieder „wegen der Arbeit“ in XXXX aufhältig zu sein, weshalb der Behörde nicht anzulasten ist, dass der BF sein behauptetes, ausgeprägtes berufliches Privatleben in XXXX aus eigenem kaum erwähnte. Dass der BF konkret ein Bauunternehmen in XXXX betreibt ergibt sich vielmehr aus seiner Beschuldigtenvernehmung vor der LPD XXXX (AS 43) und dem Beschwerdeschriftsatz. Es wird zwar nicht verkannt, dass auch Geschäftsbeziehungen vom Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK mitumfasst und geschützt werden, jedoch gestalteten sich weder die eigenen Angaben in der behördlichen Einvernahme, noch im Beschwerdeschriftsatz als derart intensiv, dass sie einem Einreiseverbot aufgrund der strafgerichtlich Verurteilung und der vom BF ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit – und zwar im gesamten Schengenraum - entgegenstehen könnten. Da der BF das angeführte Unternehmen gemeinsam mit seinem Bruder betreibt, steht es diesem jedenfalls frei, die Firma für jenen Zeitraum, in welchem das Einreiseverbot gilt, auch alleine Vorort weiterzuführen. Das verhängte Einreiseverbot wird das Weiterbestehen des Bauunternehmens nicht gefährden und könnte der BF auch von seinem Herkunftsstaat gewisse Aufgabenbereiche (etwa administrative Tätigkeiten oder Videokonferenzen) übernehmen.

In diesem Kontext gilt es weiters anzumerken, dass das gegenständliche Einreiseverbot zwar bedingt, dass der BF nicht nach Österreich wiedereinreisen darf und das Einreiseverbot im SIS (Schengener Informationssystem) ausgeschrieben ist. Jedoch steht es dem BF aber weiterhin frei, nach seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet wieder einen Aufenthaltstitel für XXXX zu beantragen. Im konkreten Fall obliegt es dem Mitgliedsstaat XXXX zu beurteilen, ob ein Aufenthaltstitel auf XXXX Staatsgebiet erteilt wird. Art 25 SDÜ und das im Beschwerdeschriftsatz zitierte Urteil des EuGH (vom 16.01.2018 zu C-240/17) besagen, dass der ausschreibende Mitgliedsstaat so früh wie möglich und spätestens nach Erlassung des Einreiseverbotes, Konsultationen mit dem Mitgliedsstaat führen muss, der den Aufenthaltstitel erteilt hat. Wird der Aufenthaltstitel nicht eingezogen, so zieht der ausschreibende Mitgliedsstaat die Ausschreibung zurück, wobei es ihm unbenommen bleibt, den betroffenen Fremden in eine nationale Ausschreibungsliste aufzunehmen.

Daher ist die belangte Behörde zu Recht von der Rechtsmäßigkeit der Verhängung eines Einreiseverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf den BF als erforderlich, um der von ihr ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.

Im gegenständlichen Fall ist jedoch nach einer Gesamtbetrachtung mit einem Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren der vom BF ausgehenden Gefährdung Genüge getan. So handelte es sich um seine erste Verurteilung und er gab sich im Strafverfahren zunächst nicht geständig (AS 16), jedoch in weiterer Folge reumütig. Zudem wurde das angedrohte Strafausmaß des § 114 Abs. 4 FPG von zehn Jahren bei Weitem nicht ausgeschöpft, sondern bewegt sich mit XXXX Monaten um den unteren Rahmen. Auch im gegenständlichen Verfahren zeigte der BF, dass er (abgesehen vom Einreiseverbot für die Dauer von XXXX Jahren) einsichtig ist und mit den von der Behörde gesetzten fremdenpolizeilichen Maßnahmen einverstanden ist. Angesichts dessen wäre es unverhältnismäßig, im gegenständlichen Fall ein über die Dauer von fünf Jahren - in denen der BF sein Wohlverhalten bzw. die Abkehr seines kriminellen Lebenswandels unter Beweis stellen kann - hinausgehenden Einreiseverbot zu bestimmen. Dabei wird auch berücksichtigt, dass es dem BF nicht auf die Dauer verunmöglicht sein soll, wieder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats aufhältig sein zu können.

Unter diesen Prämissen ist die von der belangten Behörde vorgenommene Ausschöpfung der Höchstdauer des Einreiseverbotes im befristeten Ausmaß von sieben Jahren zu hoch bemessen. Daher war in einer Gesamtbetrachtung die Dauer des Einreiseverbots auf fünf Jahre herabzusetzen.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides war daher insofern stattzugeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG auf fünf Jahre herabgesetzt wird.

3.1.6. Unterbleiben der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung sind im gegenständlichen Fall erfüllt. Das BFA führte ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren, der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist weiterhin aktuell, zumal der BF vor wenigen Wochen am XXXX niederschriftlich einvernommen wurde. Zudem wurde in der Beschwerde dem Ermittlungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Auch teilt das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung.

In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (vgl. dazu VwGH 30.10.2019, Ro 2019/14/0007). Ein solch eindeutiger Fall liegt hier vor. Aufgrund der der Umstände der Einreise und der darauffolgenden Straffälligkeit, den mangelnden Anknüpfungspunkten sowie der nicht vorhandenen Integration des BF im Bundesgebiet handelt es sich um einen eindeutigen Fall. Es ist nicht ersichtlich, welches weitere Ermittlungsergebnis eine Vernehmung des BF hervorbringen würde. Selbst bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten ist kein günstigeres Ergebnis für ihn zu erwarten. Die Anberaumung einer Verhandlung auch nicht zur Klärung einer Rechtsfrage notwendig.

Im vorliegenden Beschwerdefall konnte daher eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist und eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt.

3.2. Zum Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im gegenständlichen Fall konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Es ist daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.


Schlagworte

Abschiebung Angemessenheit Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe illegaler Aufenthalt Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Schlepperei Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Verhältnismäßigkeit Wiederholungsgefahr Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W277.2241977.1.00

Im RIS seit

31.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

31.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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