TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/25 W165 2242120-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.05.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.05.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W165 2242120-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.04.2021, Zl. 1275798201-210350338, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 idgF und § 61 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Syriens, brachte nach irregulärer Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 13.03.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Zuvor hatte der BF am 07.02.2021 einen Asylantrag in Rumänien gestellt (EURODAC-Treffermeldung der Kategorie „1“ zu Rumänien vom 07.02.2021).

In seiner polizeilichen Erstbefragung am 14.03.2021 gab der BF zu Protokoll, dass er keine an der Einvernahme hindernden oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigenden Beschwerden oder Krankheiten habe. Er könne der Einvernahme ohne Probleme folgen. In Österreich habe er keine Familienangehörigen. Er habe seinen Herkunftsstaat vor rund fünf Monaten schlepperunterstützt zu Fuß in die Türkei verlassen. Danach sei er über Griechenland, Albanien, Serbien, Rumänien, Ungarn und abermals Rumänien und Ungarn nach Österreich gelangt. Zum Aufenthalt in den durchreisten EU-Ländern gab der BF an, dass sie in Griechenland nur in der Wohnung gewesen seien. Sie hätten nicht viel gesehen, aber es sei dort nicht gut. Von Ungarn und Rumänien habe er auch nicht viel gesehen. An der ungarischen Grenze sei er angehalten und nach Rumänien zurückgeschickt worden. Er habe in keinem dieser Länder oder in einem anderen Land um Asyl angesucht, aber habe in Ungarn und Rumänien seine Fingerabdrücke abgeben müssen. Er wolle in keines dieser Länder zurück. Er habe in keinem anderen Land ein Visum oder einen Aufenthaltstitel erhalten. Er habe so viele Probleme gehabt, nach Österreich zu kommen, jetzt wolle er nicht wieder zurück.

Mit Schreiben vom 18.03.2021 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), unter Hinweis auf den EURODAC-Treffer der Kategorie „1“ zu Rumänien vom 07.02.2021 und die Reiseroute ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden: Dublin III-VO), gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Rumänien.

Mit Schreiben an das BFA vom 01.04.2021 stimmte Rumänien der Wiederaufnahme des BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu. Unter einem teilte Rumänien mit, dass der BF am 07.02.2021 um internationalen Schutz angesucht habe und sein Antrag noch in Prüfung stehe.

Am 20.04.2021 fand eine Einvernahme vor dem BFA statt. Der BF gab an, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Der BF verneinte, an irgendwelchen Krankheiten zu leiden oder Medikamente zu benötigen: „Nein, ich bin gesund und nehme auch keine Medikamente zu mir“. Er habe in Österreich, der Europäischen Union, Norwegen, Island, Liechtenstein oder der Schweiz keine Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung bestünde. In Österreich gäbe es keine Personen, von denen er abhängig wäre oder zu denen ein besonderes enges Verhältnis bestünde. Seine im Zuge der Erstbefragung zum Reiseweg und seinen Antragsgründen gemachten Angaben würden stimmen. Er habe sämtliche Gründe, die ihn zu diesem Antrag auf internationalen Schutz veranlasst hätten, vollständig geschildert. In Rumänien sei er ca. eine Woche bis zehn Tage aufhältig gewesen. Nach konkret ihn während seines Rumänienaufenthaltes betreffenden Vorfällen befragt, führte der BF an, dass er dort in Haft gewesen und nicht gut behandelt worden sei. Zum Grund der Haft erklärte der BF, dass er, als er angehalten worden sei, für vier Tage eingesperrt worden sei und kein Essen bekommen habe. Die Behörden hätten seine Fingerabdrücke verlangt und habe er diese nicht hergeben wollen. Er habe der Polizei gesagt, dass er nach Österreich reisen wolle. Auf Frage, was konkret damit gemeint sei, dass er in Rumänien nicht gut behandelt worden sei, gab der BF zu Protokoll, dass er kein Essen bekommen habe und am Boden schlafen habe müssen. Die Polizisten seien zudem sehr laut gewesen. Er sei bei den Behörden in Timisoara untergebracht gewesen. Er sei dort vier Tage in Haft gewesen, danach habe er sich in einer Wohnung des Schleppers aufgehalten, ehe er weitergereist sei. Auf Hinweis, dass die Zurückweisung seines Asylantrages und seine Außerlandesbringung beabsichtigt seien und Rumänien seiner Übernahme bereits zugestimmt habe, hielt der BF an dem konkret entstehenden Gründen entgegen, dass er nicht nach Rumänien zurückkönne. Es sei ihm lieber, nach Syrien zurückzukehren als nach Rumänien zu gehen. Zu den ihm ausgefolgten Länderfeststellungen zu Rumänien merkte der BF an, dass Rumänien keine Asylwerber unterstütze und man nach der erkennungsdienstlichen Behandlung auf die Straße geschickt werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf internationalen Schutz, ohne in die Sache einzutreten, gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Rumänien für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Rumänien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Rumänien wurden im angefochtenen Bescheid wie folgt wiedergegeben (unkorrigiert und ungekürzt durch das BVwG):

Zur Lage im Mitgliedsstaat:
1.         Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren (USDOS 13.3.2019; vgl. IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d) mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d, für weitere Informationen siehe dieselben Quellen). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. a): Asylum procedures, http://igi.mai.gov.ro/en/content/asylum-procedures-0, Zugriff 27.5.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. b): Dublin procedure, http://igi.mai.gov.ro/en/content/dublin-procedure, Zugriff 27.5.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. c): General description, http://igi.mai.gov.ro/en/content/general-description, Zugriff 27.5.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. d): The submission of the asylum application, http://igi.mai.gov.ro/en/content/submitting-application-asylum, Zugriff 27.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019
2.         Dublin-Rückkehrer

Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab. Sämtliche Rückkehrer werden am Flughafen empfangen und in die regionalen Zentren begleitet, wo sie dann noch am selben Tag einen Asylantrag stellen können.

?        Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses fortgesetzt. Der Rückkehrer wird am Flughafen über den aktuellen Stand des Verfahrens informiert und darauf hingewiesen, sich im Hinblick auf die Fortsetzung des Verfahrens ins regionale Zentrum zu begeben. Die Unterbringung kann entweder im Zentrum oder privat erfolgen.

?        Wurde ein Asylverfahren eröffnet und in der Folge beendet, weil sich der AW abgesetzt hat, wird der Rückkehrer als illegaler Fremder für längstens 18 Monate in Gewahrsam genommen. Er kann einen Folgeantrag stellen. Dieser hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung, ebenso wie eine Beschwerde gegen Nichtzulassung des Folgeantrags. Für die Zulassung des Folgeantrags müssen aber neue Beweise vorgelegt werden.

?        Wenn Asylwerber das Land vor dem Asylinterview verlassen haben und binnen neun Monaten zurückkehren, wird ihr Antrag als Erstantrag behandelt (VB 4.6.2019).

Bei Rückkehrern gemäß Art. 18 (1) (a) und (b) der Dublin-III-VO wird das Verfahren von den rumänischen Behörden geführt bzw. abgeschlossen. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (c) haben die Möglichkeit, einen neuen Antrag einzubringen, der nicht als Folgeantrag gilt. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (d) können einen Folgeantrag einbringen (EASO 24.10.2017).

Für vulnerable Fälle gibt es eine limitierte Anzahl separater Hafträume. Einige Vulnerable profitieren von einer Änderung im Fremdengesetz, gemäß derer auf Haft verzichtet wird, sofern sie eine alternative Unterbringung nachweisen können. Hierbei werden sie von NGOs unterstützt. UMA werden bei Rückkehr nicht in Haft genommen, sondern in einem Zentrum der Kinderschutzbehörde untergebracht (VB 4.6.2019).

Es gibt keine wesentlichen Unterschiede beim Zugang zur Unterbringung und medizinischen Versorgung von Dublin-Rückkehrern und regulären Asylwerbern (EASO 24.10.2017).

Quellen:

- EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query zu Dublin-Rückkehrer, per E-Mail

- VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail
3.         Non-Refoulement

Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Abschiebungen können nur durchgeführt werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht. In diesen Fällen wird sobald wie möglich eine Entscheidung gefällt, in der begründet wird, warum der Aufenthalt auf rumänischem Territorium verweigert wird. Die Entscheidung wird dem Asylwerber direkt zugestellt, entweder persönlich bei der IGI-DAI oder per Post. Beschwerde kann binnen zwei Tagen nach Zustellung eingelegt werden (AIDA 27.3.2019).

Vom Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr sind jene Fremden ausgeschlossen, die in Zusammenhang mit Terrorismus stehen. UNHCR berichtete im Jahr 2018 von mehreren Vorfällen von Zugangsverweigerung zum Land, Zurückweisungen und Abweichungen vom Asylverfahren in Grenzregionen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019
4.         Versorgung

Asylwerber, die selbst über keine Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens in Rumänien das Recht auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration (IGI o.D.g) in Timi?oara, ?omcuta Mare, R?d?u?i, Gala?i, Bucharest and Giurgiu (AIDA 27.3.2019). Die sechs Aufnahme- und Unterbringungszentren bieten 900 Unterkunftsplätze (JRS 12.3.2018; vgl. AIDA 27.3.2019), wobei die Kapazität auf 1.090 Plätze erhöht werden kann. Per 31.12.2018 waren 350 Plätze belegt (AIDA 27.3.2019).

Die Unterbringungszentren können nur nach Genehmigung durch die IGI-DAI verlassen werden. Sollte die Unterkunft länger als 72 Stunden ohne Genehmigung verlassen werden, so können Unterstützungsleistungen gekürzt oder ausgesetzt werden. Asylwerber können aus Kapazitätsgründen auch aus einem Unterbringungszentrum in ein anderes verlegt werden. Gegen die Verlegung ist keine Beschwerde zulässig. Staatliche Unterstützungsleistungen beinhalten: Unterkunft in einer der Aufnahmezentren; finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (AIDA 27.3.2019).

Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen (IGI o.D.g). Asylwerbern, die außerhalb eines Zentrums wohnen, steht eine Unterstützung für die Unterkunft zu (VB 4.6.2019). Ein Asylwerber, der im Zentrum untergebracht ist, erhält einen Betrag von 16,- Lei/Tag (ca. 110,- EUR im Monat). Die Unterbringungszentren erfüllen generell die Standards von EU und UNHCR. Sie sind für die Nahrungszubereitung entsprechend ausgestattet. Es gibt Beihilfen (Tagsätze) für Neugeborene, Wöchnerinnen, usw. Es gibt außerdem Beihilfen (saisonbedingt: 67,- Lei im Sommer und 100,- Lei im Winter) für Bekleidung (VB 4.6.2019; vgl. AIDA 27.3.2019, IGI o.D.g).

Asylwerber dürfen arbeiten, wenn ihr Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist (IGI o.D.g; vgl. USDOS 13.3.2019). Trotzdem haben viele arbeitsberechtigte Asylwerber Probleme, legale Arbeit zu finden (USDOS 13.3.2019).

Die Regierung gewährt Asylwerbern eine finanzielle Zuwendung von 16 Lei/Tag; für Vulnerable ist dieser Satz etwas erhöht. Im Hinblick auf die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten ist dieser Betrag eher gering angesetzt und trifft insbesondere Personen mit besonderen Bedürfnissen oder Vulnerable (USDOS 13.3.2019).

Laut der NGO Civic Resource Centre ist der Staat alleine nicht in der Lage, die Versorgung der Asylwerber zu garantieren. Er ist auf die Unterstützung von NGOs angewiesen, die Nahrung, Unterkunft und sonstige Notfalldienste für Schutzsuchende zur Verfügung stellen. Weiters berichten Asylwerber über schlechte Unterbringungsbedingungen, wie Überbelegung oder hygienische Mängel in den staatlichen Unterbringungszentren (IRIN News 16.10.2017, vgl. AIDA 27.3.2019).

Im Jahr 2018 gab es 2.118 Asylanträge. In rumänischen Unterbringungseinrichtungen stehen 900 Plätze zur Verfügung, von diesen sind aktuell 294 belegt. Für den Fall, dass die Zentren irgendwann einmal überfüllt wären und Personen daher Privatunterkünfte nehmen müssten, würden diese mit 450,- Lei (ca. 95,- € ) für die Miete sowie mit 120,- Lei (ca. 25,- €) im Sommer bzw. 155,- Lei (ca. 33,- €) im Winter für Betriebskosten unterstützt werden. Das Relocation-Programm wurde mit Ende 2017/Anfang 2018 eingestellt (VB 4.6.2019).

Die Insassen der Schubhaftzentren haben das Recht auf rechtliche, medizinische und soziale Hilfe, sowie auf Information über Haftgründe, Rechte und Pflichten (VB 4.6.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.g): Assistance to asylum seekers, http://igi.mai.gov.ro/en/content/assistance-asylum-seekers, Zugriff 13.6.2019

- IRIN News (16.10.2017): Old route, new dangers: Migrant smugglers revive Black Sea route to Europe, http://www.irinnews.org/feature/2017/10/16/old-route-new-dangers-migrant-smugglers-revive-black-sea-route-europe, Zugriff 19.12.2017
- JRS - Jesuit Refugee Service (12.3.2018): Policy Blog: quantifying the Romanian asylum system, https://jrseurope.org/news_detail?TN=NEWS-20180312050052&L=EN, Zugriff 5.6.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

- VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail

4.1.    Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf kostenlose medizinische Erstversorgung und Behandlung, klinische Behandlung bei lebensbedrohlichen akuten oder chronischen Krankheiten. Im Falle besonderer Bedürfnisse haben Asylwerber Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung. Asylwerber unterliegen der Verpflichtung, sich medizinischen Untersuchungen zu unterziehen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen (IGI o.D.f). Die Gesundheitsversorgung von Asylwerbern wird durch medizinisches Personal in den Aufnahmezentren sichergestellt, das im Krankheitsfall primäre Gesundheitsversorgung leistet und kostenfreie Behandlungen durchführt (IGI o.D.h).

Mit Stand 2018 haben Asylbewerber in allen Regionalzentren Zugang zu einem Allgemeinmediziner. In Giurgiu ist der Arzt jedoch seit November 2018 krank. Nach Angaben des Rechtsberaters in Giurgiu hat diesen der Arzt der ICAR-Stiftung ersetzt, zumal es auch keine Krankenschwester gab. Dennoch ist Giurgiu das einzige Zentrum, in dem seit August 2018 ein Psychologe im Auftrag von IGI-DAI arbeitet. In R?d?u?i wurde im Sommer 2018 ein Arzt eingestellt. In Timi?oara wurden ab Frühjahr 2018 ein Arzt und zwei Krankenschwestern von IGI-DAI eingestellt. In Bukarest wird die ärztliche Untersuchung von einem Arzt und der Krankenschwester durchgeführt. Die Asylbewerber werden auf Anzeichen von Ekzemen, Tollwut, Läusen überprüft und eine Krankenakte erstellt. Bei medizinischen Problemen werden die Asylwerber an das Krankenhaus des Innenministeriums verwiesen (AIDA 27.3.2019).

Laut USDOS bleibt die staatliche soziale, psychologische und medizinische Unterstützung ungenügend, speziell für Traumatisierte und Folteropfer. Viele Asylwerber sind auf die Unterstützung von durch NGOs durchgeführte Projekte angewiesen (USDOS 13.6.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.f): Rights and obligations, http://igi.mai.gov.ro/en/content/rights-and-obligations, Zugriff 4.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.h): Access to health care, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-health-care, Zugriff 13.6.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019
5.         Schutzberechtigte

Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte haben Zugang zu Bildung, Wohnungen, Erwachsenenbildung, Arbeit, Krankenversorgung und Sozialleistungen (USDOS 13.3.2019; vgl. IGI o.D.h, IGI o.D.i, IGI o.D.j, IGI. oD.k, IGI o.D.l, AIDA 27.3.2019). Aber der faktische Zugang zu diversen Leistungen ist nicht überall im Land gleich (USDOS 13.3.2019; vgl. IGI o.D.h, IGI o.D.i, IGI o.D.j, IGI. oD.k, IGI o.D.l). Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte haben vor allem weiterhin Probleme bei der Integration, inklusive Zugang zu beruflicher Fortbildung, Beratungsprogrammen und Einbürgerung. Zugang zu Bildung ist problematisch, ebenso wie zu Arbeitsplätzen. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft ist gemäß UNHCR ein beschwerlicher, teurer und schwieriger Prozess. Bestimmte Anforderungen, insbesondere zur finanziellen Situation, sind schwierig zu erfüllen (USDOS 13.6.2019).

Aufenthaltsbewilligungen für Schutzberechtigte (anerkannte Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte) können für Antragsteller mit Flüchtlingsstatus für drei Jahre, und für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre erteilt werden. Diese können problemlos verlängert werden. Eine permanente Aufenthaltsbewilligung kann Schutzberechtigten (anerkannten Flüchtlingen oder subsidiär Schutzberechtigten) gewährt werden, sofern diese vor der diesbezüglichen Antragstellung fünf Jahre rechtmäßig in rumänischem Staatsgebiet aufhältig waren. Bestimmte Kriterien (u.a. Kenntnis der rumänischen Sprache, AW darf keine Bedrohung für die nationale Sicherheit sein, Krankenversicherung, Unterkunft muss vorhanden sein, Einkommen in bestimmter Höhe) müssen darüber hinaus erfüllt sein. Die Erlangung der Staatsbürgerschaft kann nach acht Jahren erfolgen, oder fünf Jahren nach Heirat mit einem/r rumänischen Staatsbürger/in. Weitere Kriterien sind hierfür die Voraussetzung, neben finanziellen Voraussetzungen und gutem Leumund unter anderem auch die Kenntnis der rumänischen Sprache und Kultur, um in des rumänische Sozialgefüge integriert werden zu können (AIDA 27.3.2019).

Dem Generalinspektorat für Immigration zufolge erhalten Schutzberechtigte, die an dem Integrationsplan teilnehmen, eine monatliche finanzielle Unterstützung in der Höhe von 540 Lei (ca. 110 Euro) bis zu zwölf Monate lang und einen Sprachkurs (IGI o.D.i).

In Rumänien ist jede Behörde (Innenministerium, Bildungsministerium, Arbeitsministerium, Gesundheitsministerium, etc.) verantwortlich für die Integration Fremder auf ihrem Fachgebiet. Die Koordination liegt beim im Innenministerium angesiedelten Generalinspektorat für Immigration (IGI). Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen umfassen zum einen den Zugang zu Rechten (auf Arbeit, Wohnung, Bildung, Krankenversorgung, Sozialleistungen) und die Umsetzung von Integrationsprogrammen (kulturelle Orientierung, Beratung, Erwerb der rumänischen Sprache). Hauptaufgabe aller Integrationsmaßnahmen ist es, Fremden mit einem Schutzstatus in Rumänien die Selbsterhaltung und Unabhängigkeit von der Hilfe des Staates bzw. NGOs zu ermöglichen. Um diese Ziele zu erreichen unterstützt das IGI über seine Regionalzentren und im Rahmen des zwölfmonatigen Integrationsprogramms die Schutzberechtigten mit verschiedenen Maßnahmen (IGI o.D.i). Bei entsprechender Begründung kann das Integrationsprogramm für Vulnerable auch über die vorgesehene maximale Dauer von einem Jahr hinaus verlängert werden (IGI o.D.e). Um am Integrationsprogramm teilnehmen zu können, ist binnen 30 Tagen ab Statuszuerkennung ein Antrag nötig (IGI o.D.i).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.e): Vulnerable categories, http://igi.mai.gov.ro/en/content/vulnerable, Zugriff 4.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.h): Access to health care, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-health-care, Zugriff 13.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.i): Integration program, http://igi.mai.gov.ro/en/content/integration-program, Zugriff 14.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.j): Access to labor market, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-labor-market, Zugriff 14.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.k): Access to education, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-education, Zugriff 14.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.l): Access to social benefits, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-social-benefits, Zugriff 14.6.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

COVID-19

Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In Rumänien wurden bisher 1.037.009 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 26.793 Personen verstorben sind.

Quellen:

?        https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 22.04.2021

Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind.

Quellen:

?        https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 22.04.2021

Im Bescheid wurde festgehalten, dass die Identität des BF nicht feststehe. Der BF leide an keinen schweren, lebensbedrohenden oder überstellungshinderlichen Krankheiten. Besonders enge familiäre oder andere enge private Anknüpfungspunkte bzw. Abhängigkeiten zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen hätten nicht festgestellt werden können. Eine besondere Integrationsverfestigung in Österreich sei nicht vorhanden. Die Überstellung nach Rumänien würde keine Verletzung des Art. 8 EMRK bedeuten. Es seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass der BF in Rumänien Gefahr liefe, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt zu sein oder ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Gegen den Bescheid wurde durch den bevollmächtigten Vertreter mit Schriftsatz vom 01.05.2021 fristgerecht Beschwerde eingebracht. Als „Beschwerdevorbringen“ wurde ein AIDA- Länderbericht aus 2019 und ein Länderbericht aus 2020 (beides in englischer Sprache) abgedruckt. Darüber hinaus wurde (in deutscher Sprache) ausgeführt, dass beim BF somit die Gefahr bestehe, dass er erst neun Monate nach seiner Asylantragstellung nach Rumänien überstellt und sein Asylantrag somit als Folgeantrag beurteilt werde. Im angefochtenen Bescheid werde nicht festgestellt, ob Überstellungen durchgeführt würden. Im Falle seiner Überstellung nach Rumänien müsse der BF im Zusammenhang mit den zuvor angeführten „Urkunden“ damit rechnen, zunächst wegen seiner illegalen Ausreise bestraft zu werden. Weiters, dass ihm kein faires Verfahren offenstehe, ihm die Glaubwürdigkeit abgesprochen werde und er unter unmenschlichen Lebensbedingungen das Ergebnis seines Asylantrages abwarten müsse. Sollte ihm eventuell sogar Asyl zuerkannt werden, werde er in Rumänien keine Existenzgrundlage aufbauen können, da ihm praktisch der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt sei. Unter einem wurde (mit selbiger Begründung) die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde begehrt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang.

Zur Person des BF liegt eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie „1“ zu Rumänien vom 07.02.2021 vor.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur allgemeinen Situation im Mitgliedstaat Rumänien an.

Konkrete, in der Person des BF gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen würden, liegen nicht vor.

Beim BF liegt kein überstellungshinderlicher Gesundheitszustand vor. Der BF hat in der Einvernahme vor dem BFA angegeben, dass er gesund sei und auch keine Medikamente einnehme. Auch der Aktenlage sind keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen zu entnehmen.

Die gegenwärtige COVID-19 Pandemie steht einer Überstellung des BF nach Rumänien nicht entgegen.

Bei Covid-19 handelt es sich um eine durch das Corona-Virus SARS-COV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15 % der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung so schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf. Zum 25.05.2021 hat es in Rumänien insgesamt 1076154 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen, 10999 aktive Fälle und 30040 Todesfälle gegeben. Zum selben Datum waren in Österreich insgesamt 642138 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen, 7038 aktive Fälle und 10551 Todesfälle zu verzeichnen.

In Österreich bestehen keinerlei verwandtschaftliche Bindungen des BF.

Es bestehen keine sonstigen privaten oder beruflichen Bindungen des BF an Österreich.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Reiseweg des BF inklusive der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung der Kategorie „1“ zu Rumänien ergeben sich aus der Aktenlage und den Angaben des BF zu seiner Reiseroute.

Die Feststellung hinsichtlich des Wiederaufnahmegesuches seitens der österreichischen Dublin-Behörde an Rumänien und der ausdrücklichen Zustimmungserklärung Rumäniens hiezu beruht auf dem - im Verwaltungsakt dokumentierten - durchgeführten Konsultationsverfahren.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF stützen sich auf dessen Angaben und die Aktenlage, der ebenso keine überstellungshinderlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu entnehmen sind.

Die Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von Covid-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den Anwendungsbereich der Dublin III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben, respektive keine Dublin-Rückkehrer übernehmen bzw. zwischenzeitig allenfalls wieder aufgenommene Überstellungen aufgrund der Pandemiesituation zum Teil nach wie vor Einschränkungen unterworfen sind. Die Mitgliedstaaten stehen diesbezüglich aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen nur dann durchgeführt werden, wenn sich die einzelnen Mitgliedstaaten dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen, sodass insofern insgesamt eine Situation gegeben ist, die jener vor Ausbruch der Pandemie nahekommt.

Die skizzierten derzeit bestehenden Überstellungshindernisse bzw -einschränkungen sind aus heutiger Sicht - aller Wahrscheinlichkeit nach - zeitlich begrenzt. Es ist davon auszugehen, dass Reisebewegungen jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin III-VO geregelte grundsätzliche sechsmonatige Überstellungsfrist) erfolgen können.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des BF ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen im Zusammenhalt mit der vorliegenden Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Es ist zunächst zu prüfen, welcher Mitgliedstaat zur inhaltlichen Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Dabei ist eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung die Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (VfGH 27.06.2012, U462/12). Dies, sofern maßgeblich, unter Berücksichtigung der Urteile des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 10.12.2013 in der Rechtssache C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich, vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-63/15, Mehrdad Ghezelbash/Niederlande sowie vom 07.06.2016 in der Rechtssache C-155/15, Karim.

Zur Frage der Unzuständigkeit Österreichs zur Durchführung des gegenständlichen Asylverfahrens pflichtet das Bundesverwaltungsgericht der Behörde bei, dass sich aus dem festgestellten Sachverhalt die Zuständigkeit Rumäniens ergibt.

Die materielle Zuständigkeit Rumäniens zur Führung des Asylverfahrens ist in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da der BF aus einem Drittstaat (Serbien) kommend, die Landgrenze Rumäniens illegal überschritten hat. Der Umstand, dass sich der BF zuvor in Griechenland aufgehalten hat, ist ohne Belang, zumal in Griechenland nach wie vor systemische Mängel im Asylwesen bestehen, sodass eine Überstellung nach Griechenland von vornherein nicht in Betracht kommt.

Die Verpflichtung Rumäniens zur Wiederaufnahme des BF beruht auf Art. 18 Dublin III-VO. In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-VO findet eine neuerliche Überprüfung der Richtigkeit der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt. Es ist vielmehr zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, K 6 zu Art 18). Rumänien hat der Wiederaufnahme des BF - mit den sich daraus ergebenden Verpflichtungen - auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO auch ausdrücklich zugestimmt.

Anhaltspunkte dafür, dass die Zuständigkeit Rumäniens in der Zwischenzeit untergegangen sein könnte, bestehen nicht. Die Überstellungsfrist ist noch offen.

Eine Anwendung des Art. 16 Dublin III-VO (abhängige Personen) kommt nicht in Betracht. Auch die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) liegen im gegenständlichen Fall nicht vor.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und – soweit damit noch notwendig und vereinbar – aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der BF im Fall der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Rumänien gemäß §§ 5 AsylG 2005 und 61 FPG – unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation – in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt würde, wobei der Maßstab des „real risk“ anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Sofern keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist“ (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung etwa im Fall, dass der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15, Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass […] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriteriums [ ] geltend machen kann.

Damit im Einklang steht das Urteil des EuGH ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15, Karim (Große Kammer), wonach ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 2. Unterabs. der Verordnung geltend machen kann.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, (zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO) befasst und, ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland, ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten (Rn. 86). An dieser Stelle ist auch auf das damit in Einklang stehende Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 14.11.2013 in der Rechtssache C-4/11, Bundesrepublik Deutschland/Kaveh Puid zu verweisen (Rn. 36, 37).

Nach der jüngeren Rechtsprechung des EuGH im Urteil vom 16.02.2017 in der Rechtssache C-578/16 PPU, C.K. u.a./Slowenien, ist Art. 4 GRC dahingehend auszulegen, dass die Überstellung eines Asylwerbers im Rahmen der Dublin III-VO, auch wenn es keine wesentlichen Gründe für die Annahme gibt, dass in dem für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen bestehen (vgl. Art. 3 Abs. 2 zweiter Unterabsatz Dublin III-VO), nur unter Bedingungen vorgenommen werden darf, die es ausschließen, dass mit seiner Überstellung eine tatsächliche und erwiesene Gefahr verbunden ist, dass er eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne dieses Artikels erleidet, [Tenor wiedergegeben in VwGH 20.06.2017, Ra 2016/01/0153-16 (Rz 28)].

Zuletzt hat sich der EuGH im Urteil vom 19.03.2019 in der Rechtssache C-163/17, Jawo/Bundesrepublik Deutschland, u.a. mit dem Umgang mit potentiellen Verletzungen von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK - dort konkret im Kontext mit Überstellungen nach Italien - befasst und ausgeführt, dass Überstellungen im Rahmen der Dublin III-VO im Lichte des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK nur im Falle „extremer materieller Not“ für die zu überstellende Person, die unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen einträte, unzulässig sind. Dies sei zu unterscheiden von (bloß) „großer Armut oder einer starken Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betroffenen Person“ (Rz 93). Damit umschreibt der EuGH die diesbezüglichen Prüfungsmaßstäbe wesentlich enger als bei einer regulären Art 3 EMRK Prüfung in Bezug auf Nichtmitgliedstaaten und nimmt gleichzeitig auf bestehende Judikatur Bezug: Bereits im Urteil vom 05.04.2016 in den verbundenen Rechtssachen C-404/15, Aranyosi, und C-659/15 PPU, C?ld?raru, hatte der EuGH ein - von den Spezifika der dort zugrundeliegenden Verfahren betreffend die Vollstreckung Europäischer Haftbefehle unabhängiges und auch für Verfahren nach der Dublin III-VO gültiges - mehrstufiges Prüfungskonzept festgelegt (Rz 90). Ausgeführt wurde dort, dass in einem ersten Schritt zu prüfen ist, ob im Aufnahmestaat systemische oder allgemeine Mängel [hier: im Asylverfahren und/oder in der Unterbringungs- und Versorgungssituation] vorliegen (Rz 89), und in einem zweiten Schritt, ob es ernsthafte Gründe für die Annahme gibt, dass der Betroffene einer solchen Gefahr auch subjektiv ausgesetzt wird (Rz 92). Nur im kumulativen Vorliegen dieser objektiven und subjektiven Elemente erkennt der EuGH jene „außergewöhnliche Umstände“, die eine Einschränkung der Grundsätze des gegenseitigen Vertrauens und der gegenseitigen Anerkennung zwischen den Mitgliedstaaten rechtfertigen kann.

Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber (objektiv) vorliegen, und, zum anderen, aus unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Erwägungen, der BF im Falle der Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG 2005 und 61 FPG – unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation (subjektiv) – in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder 8 EMRK verletzt würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen (vgl. dazu auch Baumann/Filzwieser in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht - Jahrbuch 2018, Seiten 213ff.).

In diesem Zusammenhang führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass mit § 5 Abs. 3 AsylG 2005 eine gesetzliche „Beweisregel“ geschaffen wurde, die es - im Hinblick auf die vom Rat der Europäischen Union vorgenommene normative Vergewisserung - grundsätzlich nicht notwendig macht, die Sicherheit des Asylwerbers vor „Verfolgung“ im nach dem Dublin-System zuständigen Mitgliedstaat von Amts wegen in Zweifel zu ziehen. Die damit aufgestellte Sicherheitsvermutung ist jedoch unter näher bezeichneten Voraussetzungen widerlegbar (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra 2015/17/0113 bis 0120, mwN auf die bisherige Rechtsprechung). Dieser Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 nur durch eine schwerwiegende, die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC übersteigende allgemeine Änderung der Rechts- und Sachlage im zuständigen Mitgliedstaat widerlegt werden kann [vgl. aktuell dazu auch VwGH 20.06.2017, Ra 2016/01/0153-16 (Rz 33, 35); 09.11.2017, Ra 2017/18/0272 bis 0273 (Rz 10); 04.09.2018, Ra 2017/01/0252 mwN; 15.04.2019, Ra 2019/01/0109 (Rz 8) mit Verweis auf EuGH 19.03.2019, C-163/17, Rs Jawo, zum Prinzip des gegenseitigen Vertrauens].

Der angefochtene Bescheid enthält ausführliche Feststellungen zum rumänischen Asylwesen.

Schon aufgrund der erstinstanzlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass in Bezug auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Rumänien überstellt werden, aufgrund der rumänischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.

Von einer wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebenen Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann in Rumänien nicht gesprochen werden.

Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien, die Anwendung der Dublin II-VO (nunmehr der Dublin III-VO) demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden Selbsteintritt (EuGH C-411/10 und C-493/10).

Auch vor dem Hintergrund der jüngsten Lagebeurteilung durch UNHCR und der erstinstanzlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-VO nach Rumänien überstellt werden, aktuell aufgrund der rumänischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.

Rumänien bietet nach den maßgeblichen Länderberichten Refoulementschutz.

Aus den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass die staatlichen Unterstützungsleistungen für Asylwerber Unterkunft, finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld beinhalten. Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen. Asylwerber, die in einem Zentrum untergebracht sind, erhalten einen Betrag von ca. 110 € monatlich. Die Unterbringungszentren erfüllen generell die Standards der EU und von UNHCR. Vulnerable Asylwerber erhalten entsprechende Unterbringung und Unterstützung. Neben dem staatlichen Versorgungssystem für Asylwerber bieten auch NGOs rechtliche Beratung, soziale Hilfe und Hilfe für Vulnerable an. Asylwerber dürfen auch arbeiten, sofern der Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist.

Es soll zwar nicht in Abrede gestellt werden, dass im rumänischen Asylwesen ein gewisser Verbesserungsbedarf bestehen dürfte. Die Unterbringungs- und Versorgungsstandards in den einzelnen Mitgliedstaaten können allerdings in ihrer Qualität durchaus voneinander abweichen, wie schließlich auch der Lebensstandard der einheimischen Bevölkerung in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht homogen ist. Es ist jedoch davon auszugehen, dass in einzelnen Bereichen vorhandene Schwachstellen noch keine die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK übersteigende Eingriffsintensität bewirken. Anhaltspunkte dafür, dass der BF als Dublin-Rückkehrer keinen Zugang zum Asylverfahren und zu den für Asylwerber vorgesehenen Versorgungsleistungen hätte, sind jedenfalls nicht vorhanden. Rumänien hat der Wiederaufnahme des BF mit den sich daraus ergebenden Verpflichtungen auch ausdrücklich zugestimmt, sodass davon auszugehen ist, dass dessen Versorgung sowohl in allgemeiner als auch in medizinischer Hinsicht gewährleistet ist und der BF nicht – gleichsam sich selbst überlassen – in eine ausweglose Situation geraten würde.

Würden die Standards der Flüchtlingsversorgung in Rumänien tatsächlich die von der Europäischen Union vorgegebenen Normen massiv unterschreiten, wäre bereits ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der Europäischen Kommission gegen Rumänien wegen Missachtung der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG, Richtlinie 2005/85/EG, Richtlinie 2003/9/EG) eingeleitet worden, was jedoch nicht der Fall ist.

Der BF selbst hat ohnehin kein substantiiertes Vorbringen zu allfälligen gravierenden Mängeln während seines Rumänienaufenthaltes erstattet. So gab der BF in seiner Erstbefragung in Bezug auf Rumänien zunächst überhaupt nur an, dass er von Rumänien - wie auch von Griechenland und Ungarn - nicht viel gesehen habe. An der ungarischen Grenze sei er nach Rumänien zurückgeschickt worden und habe in Rumänien seine Fingerabdrücke abgeben müssen. Dies ohne weiteren Kommentar. An einer Rückkehr entgegenstehenden Gründen erklärte der BF lediglich, dass er viele Probleme gehabt habe, nach Österreich zu gelangen und nicht wieder zurückwolle. Ein konkretes, einer Rückkehr nach Rumänien entgegenstehendes Vorbringen wurde demnach nicht erstattet. In seiner Einvernahme vor der Behörde nur rund einen Monat später brachte der BF plötzlich vor, dass er in Rumänien in Haft gewesen und nicht gut behandelt worden sei. Hierzu ist zunächst anzumerken, dass eine Inhaftierung in Rumänien - sollte es tatsächlich zu einer solchen gekommen sein - wohl bereits in der Erstbefragung Erwähnung gefunden und der BF seine damalige Schilderung zu Rumänien nicht auf die Bemerkung beschränkt hätte, dass er vom Land nicht viel gesehen habe. Die Verhängung asylrechtlicher Haft ist für sich genommen auch kein Indiz für eine Grundrechtsverletzung, da eine Inhafttierung grundsätzlich nur im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen erfolgt. Die behauptete Inhafttierung muss zudem im Zusammenhang mit der illegalen Einreise des BF und dem Umstand gesehen werden, dass der BF den rumänischen Polizeiorganen gegenüber ausdrücklich seinen Unwillen zur Abgabe seiner Fingerabdrücke bekundet hat. („Ich sagte der Polizei, dass ich nach Österreich reisen möchte“). Abgesehen davon sind sämtliche Mitgliedstaaten der EU, so auch Österreich, gehalten, irregulär eingereiste Fremde einer erkennungsdienstlichen Behandlung zuzuführen, um deren Identität festzustellen. Es handelt sich dabei um eine gesetzlich vorgesehene Maßnahme, die insbesondere zur Wahrung der Sicherheit der Mitgliedstaaten notwendig ist und somit um einen zumutbaren Eingriff.

Wenn der BF gleichzeitig damit zum Ausdruck bringt, dass es in sein Belieben gestellt sein sollte, seine Fingerabdrücke anderswo freiwillig, nämlich in seinem „Zielland“ Österreich, abzugeben, um dann den dort gewünschten Asylantrag zu stellen, so ist diese Auffassung zu korrigieren. Asylwerber können sich im Zuge der Feststellung des für das Asylverfahren zuständigen Dublin-Staates nicht jenen Mitgliedstaat aussuchen, in welchem sie die bestmögliche Unterbringung, Versorgung und günstigsten Lebensbedingungen erwarten können oder den sie aus sonstigen Gründen „auswählen“. Die Dublin-VO stellt zwar sicher, dass Asylwerber effektiv Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft erhalten. Dies hat jedoch nach den in der Verordnung geregelten Kriterien zu erfolgen, wonach eine allgemeine, von individuellen Wünschen der Asylwerber losgelöste Zuständigkeitsregelung zu treffen ist.

Wie erwähnt, brachte der BF im Zuge seiner Einvernahme vor der Behörde erstmals vor, dass er in Rumänien nicht gut behandelt worden sei. Auf Nachfrage konkretisierte er diese nicht gute Behandlung dahingehend, dass er kein Essen erhalten habe, am Boden schlafen habe müssen und die Polizisten sehr laut gewesen seien. So wie bereits die angebliche viertägige Inhafttierung war allerdings auch all dies dem BF in seiner Erstbefragung nicht mehr bzw. noch nicht wieder in Erinnerung.

Nach seiner Entlassung aus der Haft hat der BF jedenfalls das Land verlassen und sich somit der Möglichkeit begeben, in die für Asylwerber vorgesehenen Versorgungsleistungen samt Unterbringung eingebunden zu werden.

Das in Rumänin eröffnete Asylverfahren des BF befindet sich laut Mitteilung der rumänischen Behörden noch in Prüfung. Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, wird ein noch laufendes Verfahren bei Rückkehr fortgesetzt. Rückkehrer werden am Flughafen über den aktuellen Verfahrensstand informiert und angewiesen, sich im Hinblick auf die Fortsetzung ihres Verfahrens in das regionale Zentrum zu begeben. Die Unterbringung kann entweder im Zentrum oder privat erfolgen. Daraus folgt zum einen, dass das anhängige Asylverfahren in Rumänien grundsätzlich fortgeführt wird und entgegen dem Dafürhalten des BF kein Folgeantrag zu stellen ist. Zum anderen, dass nach Rückkehr eine Unterbringung zur Verfügung gestellt wird.

Würden die Standards der Flüchtlingsversorgung in Rumänien tatsächlich die von der Europäischen Union vorgegebenen Normen massiv unterschreiten, wäre bereits ein Vertragsverletzungsverfahren seitens der Europäischen Kommission gegen Rumänien wegen Missachtung der Status-, Verfahrens- oder Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG, Richtlinie 2005/85/EG, Richtlinie 2003/9/EG) eingeleitet worden, was jedoch nicht der Fall ist.

Aus der Rechtsprechung des EGMR lässt sich eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Rumänien nicht erkennen.

Zusammengefasst konnte der BF letztlich keine besonderen Gründe, die für eine reale Gefahr der Verletzung des Art. 3 EMRK In Rumänien sprechen würden, glaubhaft machen, weshalb die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005, wonach ein Asylwerber in einem Dublin-Staat Schutz vor Verfolgung findet, greift.

Jedenfalls hat der BF die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in seinen Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Rumänien und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Art. 39 EGMR-VerfO, geltend zu machen.

Medizinische Krankheitszustände, Behandlung in Rumänien:

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Rumänien nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin III-VO zwingend auszuüben wäre.

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führt der VfGH aus, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt.

Weitere Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in „Dublin-Verfahren“) bestätigen diese Einschätzung, wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass EU-Staaten verpflichtet sind, die Aufnahmerichtlinie umzusetzen und sohin jedenfalls eine begründete Vermutung des Bestehens einer medizinischen Versorgung besteht.

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art. 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG 2005 in der Stammfassung). Dabei sind die von den Asylinstanzen festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine „erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit“ handelt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Falle von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere erhalten kranke Personen eine entsprechende Menge der benötigten verordneten Medikamente. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt. Bei Vorliegen schwerer psychischer Erkrankungen und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.

Fallgegenständlich ergeben sich aus den Angaben des BF und dem Akteninhalt, wie oben dargelegt, keine lebensbedrohlichen Erkrankungen. Der BF ist gesund.

Nach den getroffenen Feststellungen zur Gesundheitsversorgung in Rumänien haben Asylwerber das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung und Nothilfe in Spitälern. Die medizinische Versorgung für Asylwerber in Rumänien ist somit ausreichend gegeben. Aufgrund des aktuellen guten Gesundheitszustandes des BF ist zudem nicht davon auszugehen, dass dieser in besonderem Maße auf medizinische Betreuung angewiesen wäre.

Im Hinblick auf die derzeit bestehende Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist schließlich festzuhalten, dass es sich beim BF um einen gesunden Mann im Alter von 20 Jahren handelt, womit dieser nicht unter die Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit einschlägigen Vorerkrankungen fällt. Eine mögliche Ansteckung des BF mit dem Corona-Virus ist mittlerweile dem allgemeinen Lebensrisik

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten