Entscheidungsdatum
25.05.2021Norm
AsylG 2005 §57Spruch
W144 2242262-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Huber als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. von Serbien, vertreten durch Mag. Dr. Martin Mahrer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 25.03.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und dieser wird ersatzlos behoben.
II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II. bis IV. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 46, 52 Abs. 1 Z 2 und Abs. 9, und § 55 Abs. 4 FPG sowie §§ 9, 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wie folgt lautet: „Gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung erlassen.“
III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wird teilweise Folge gegeben und dieser Spruchpunkt dahingehend abgeändert, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 Monate herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
I.1. Die Beschwerdeführerin (BF), eine volljährige Staatsangehörige von Serbien, wurde am 24.03.2021 beim Schwarzfahren in einem öffentlichen Verkehrsmittel betreten und einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen.
Nach Feststellung eines unrechtmäßigen Aufenthalts wurde sie gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG festgenommen und am 25.03.2021 dem BFA zur niederschriftlichen Einvernahme vorgeführt.
Im Zuge dieser Einvernahme am 25.03.2021 gab die BF im Wesentlichen Folgendes an:
Sie sei gesund und befinde sich seit dem 31.08.2020 in Österreich. Sie sei früher schon öfters in Österreich für ein paar Tage bzw. eine Woche gewesen, ihr Mann wohne hier. Nach Vorhalt, dass sie die visumfreie Reisezeit von 90 Tagen überschritten habe und sich bereits 116 Tage illegal im Bundesgebiet aufhalte, erklärte die BF, sie lebe hier gemeinsam mit ihrem Mann und habe schon früher nach Serbien wollen, aber wegen Corona hätten sie das verschoben. Ihr Mann sei Serbe und habe eine Aufenthaltskarte. Sie sei mit ihm seit fünf Jahren zusammen und seit einem Jahr verheiratet. In Serbien würden sich ihre zwei Kinder aus erster Ehe im Alter von 18 und 20 Jahren, ihre Mutter und ihr Bruder aufhalten. Sie habe acht Jahre die Grundschule und vier Jahre ein Gymnasium besucht und keinen Beruf erlernt. Sie sei arbeitsfähig, es sei jedoch schwierig, in Serbien Arbeit zu finden, und Frauen würden unterbezahlt werden. Nach Vorhalt, dass durch das Verhalten der BF die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot für die Dauer von bis zu fünf Jahren zulässig sei, gab die BF an, sie wolle kein Einreiseverbot. Sie liebe ihren Mann und die Kinder seien groß. Sie willige in ihre Abschiebung nach Serbien ein und werde sich nicht widersetzen.
I.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25.03.2021 hat das BFA einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen die BF gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), sowie gegen die BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).
Begründend wurde dargelegt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vorliegen würden und die Rückkehrentscheidung keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben zur Folge habe. Dem in Österreich aufhältigen serbischen Ehemann der BF sei es möglich, sich in Serbien niederzulassen. Die Kernfamilie der BF befinde sich im Heimatland, wodurch sie über starke Bindungen zu Serbien verfüge. Sie habe keinen legalen, langfristigen Aufenthalt in Österreich belegen können und sollten während eines ungewissen Aufenthaltszeitraums private Bindungen aufgebaut worden seien, habe der BF bekannt sein müssen, dass sie das Bundesgebiet zu verlassen habe. Aufgrund des illegalen Aufenthalts der BF und der Tatsache, dass sie nicht über genügend Mittel zur Finanzierung ihres Unterhalts verfüge, sei ihre sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich, sodass der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen und keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren gewesen sei. Im Falle der BF sei § 53 Abs. 2 Z 6 FPG erfüllt, zumal sie weder über ein geregeltes Einkommen, noch über Bargeld, ein Bankkonto oder Sparguthaben verfüge und auch keine legale finanzielle Unterstützung durch Dritte eindeutig belegen habe können. Ihre familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich seien nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung eines Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer sei daher gerechtfertigt und notwendig, um die von ihr ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.
I.3. Die BF wurde am 27.03.2021 auf dem Luftweg nach Belgrad abgeschoben.
I.4. Gegen den dargestellten, am 25.03.2021 zugestellten, Bescheid des BFA richtet sich die durch den rechtsfreundlichen Vertreter der BF am 21.04.2021 eingebrachte vollumfängliche Beschwerde, zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass das Unterschriftserfordernis nach § 58 Abs. 3 und § 18 Abs. 4 AVG nicht erfüllt sei, zumal jeglicher Schriftzug auf dem zugestellten Bescheid fehle. Das Beifügen des Namens des Genehmigenden vermöge die geforderte Unterschrift nicht zu ersetzen. Im Übrigen lasse sich nicht erkennen, ob der genannte Genehmigende über die erforderliche Approbationsbefugnis verfüge. Es liege daher kein Bescheid vor, sondern ein nichtiger Akt. Zudem fehle jegliche Zustellverfügung „im bekämpften Bescheid“. Das BFA habe sich angesichts der Kompetenzverteilung zu Unrecht auf Belange des Sozialsystems bezogen und habe darüber hinaus zudem Aspekte einer nirgends verifizierten strafrechtlichen Verurteilung in Belange der öffentlichen Ordnung und Sicherheit miteinbezogen. Die öffentlichen Interessen iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK würden die privaten Interessen der BF daher nicht überwiegen. Auch die Bemessung des Einreiseverbots mit einer Dauer von zwei Jahren sei vor diesem Hintergrund und aufgrund des Umstandes, dass „die – im Übrigen nirgends festgestellte – Freiheitsstrafe ausschließlich ,neben‘ den anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen als Bemessungsfaktor für die Dauer des Einreiseverbots relevierbar“ sei, verfehlt. Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Feststellungen würden außerdem vielmehr die rechtliche Beurteilung betreffen und es finde eine Vermengung von Feststellungen und rechtlicher Beurteilung statt, weshalb der angefochtene Bescheid wegen eines Begründungsmangels zu beheben sei. Das BFA habe es auch verabsäumt, sich im angefochtenen Bescheid mit dem Zusatzkriterium der „Gefahr im Verzug“ ansatzweise auseinanderzusetzen, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung rechtswidrig sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die volljährige und gesunde BF, eine Staatsangehörige von Serbien, reiste zuletzt am 31.08.2020 im Besitz eines gültigen serbischen Reisepasses in das österreichische Bundesgebiet ein. Sie verfügt über keinen gültigen Aufenthaltstitel. Am 27.03.2021 wurde sie nach Serbien abgeschoben.
Während ihres Aufenthalts in Österreich wohnte die BF bei ihrem Ehemann in Wien, sie war an dessen Adresse jedoch nicht behördlich gemeldet. Der Ehemann der BF ist serbischer Staatsangehöriger und verfügt über den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“. Er weist seit Dezember 2004 eine Wohnsitzmeldung in Österreich auf. Die BF führt seit dem Jahr 2016 eine Beziehung mit ihrem Ehegatten und heiratete diesen im Jahr 2020 in Serbien.
Die BF verfügt in Österreich – abgesehen von ihrem Ehemann – über keine familiären oder sozialen Bindungen. Sie absolvierte keinen Deutschkurs und war in Österreich nicht erwerbstätig. Die BF ist strafgerichtlich unbescholten und weist keine Meldung im Zentralen Melderegister auf.
Die BF wurde in Serbien geboren und spricht als Muttersprache Serbisch. Sie besuchte acht Jahre die Grundschule und vier Jahre ein Gymnasium. Sie verfügt über keine Berufsausbildung. In Serbien halten sich die zwei volljährigen Kinder der BF aus erster Ehe, die Mutter und ein Bruder der BF auf. Die BF bestritt vormals ihren Lebensunterhalt in Serbien durch eigene Erwerbstätigkeit oder durch Unterstützung von Seiten ihres Ehemannes.
Zum Zeitpunkt der niederschriftlichen Einvernahme am 25.03.2021 verfügte die BF über zirka EUR 100 an finanziellen Mitteln. Die BF hat nicht nachgewiesen, dass sie über eigene Mittel zur Bestreitung ihres Unterhalts verfügt.
Die BF brachte nicht vor, dass ihr in Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit droht. Aufgrund ihres Alters und Gesundheitszustandes ist sie zur eigenständigen Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Serbien in der Lage.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Volljährigkeit der BF ergeben sich aus ihren eigenen Angaben vor dem BFA in Zusammenschau mit einer im Verwaltungsakt aufliegenden Kopie ihres Reisepasses. Die Feststellung, dass die BF am 31.08.2020 in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, beruht auf ihren Angaben und dem in ihrem serbischen Reisepass angebrachten Einreisestempel. Dass die BF über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt und im März 2021 abgeschoben wurde, ergibt sich aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes.
Die Feststellungen betreffend die privaten und familiären Verhältnisse der BF in Österreich einschließlich Integrationsaspekten beruhen auf den Angaben der BF vor dem BFA, wurden bereits dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt und in der Beschwerde nicht bestritten. Die Feststellungen zum rechtmäßigen Aufenthalt des Ehegatten der BF gründen auf ihren eigenen Angaben in Zusammenschau mit aktuellen Auszügen aus dem Zentralen Melderegister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister. Die Beschwerde hat zu den privaten und familiären Verhältnissen der BF keine Sachverhalte aufgezeigt, welche nicht bereits erstinstanzlich bekannt waren und den Erwägungen des angefochtenen Bescheides zugrunde gelegt worden sind.
Dass die BF strafgerichtlich unbescholten ist und über keine behördliche Meldung im Bundesgebiet verfügt, lässt sich aktuellen Auszügen aus dem Strafregister und dem Zentralen Melderegister entnehmen.
Die Feststellungen zum Leben der BF in Serbien einschließlich des dortigen Aufenthalts ihrer Angehörigen resultieren aus ihren Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren.
Die Feststellungen zu den finanziellen Verhältnissen der BF in Österreich beruhen auf ihren Angaben bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA. Da die BF ihren eigenen Angaben zufolge niemals einer Erwerbstätigkeit in Österreich nachgegangen ist, in Österreich von ihrem Mann lebte, über zirka EUR 100 an finanziellen Mitteln zum Zeitpunkt der Einvernahme verfügte und verneinte, eine Kreditkarte, eine Bankomatkarte oder sonst eine Möglichkeit zu haben, in Österreich auf legale Art und Weise an Geld zu kommen, konnte im Rahmen einer Gesamtschau die Feststellung getroffen werden, dass sie eigene Mittel zur Bestreitung ihres Unterhalts nicht nachgewiesen hat.
Die BF hat im Verfahren keine konkreten Rückkehrbefürchtungen bezogen auf Serbien, einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung - HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, geäußert. Da es sich bei der BF um eine volljährige Frau handelt, die Serbisch spricht, gesund ist, über eine mehrjährige Schulbildung verfügt und vormals in Serbien erwerbstätig war, können keine exzeptionellen Umstände erkannt werden, vor deren Hintergrund anzunehmen wäre, dass sie zur eigenständigsten Erwirtschaftung ihres Lebensunterhaltes in Serbien nicht in der Lage und konkret gefährdet sein würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Auch die von der BF im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA pauschal geltend gemachten Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche und die behauptete Unterbezahlung von Frauen in Serbien vermögen keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK aufzuzeigen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.
3.2. Insofern in der Beschwerde behauptet wird, es liege mangels Unterschrift, Hinweis auf Approbationsbefugnis und wegen Fehlens einer Zustellverfügung an dem der BF zugestellten Bescheid ein nichtiger Verwaltungsakt vor, ist wie folgt zu entgegnen:
§ 18 Abs. 4 AVG normiert für schriftliche Ausfertigungen von Erledigungen Folgendes:
„Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausfertigungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. Sonstige Ausfertigungen haben die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten; an die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Ausfertigung mit der Erledigung übereinstimmt und die Erledigung gemäß Abs. 3 genehmigt worden ist. Das Nähere über die Beglaubigung wird durch Verordnung geregelt.“
Für eine korrekte Fertigung sieht das Gesetz sohin drei Möglichkeiten vor: erstens die eigenhändige Unterschrift des Genehmigenden, zweitens eine elektronische Fertigung durch Amtssignatur und drittens die Beglaubigung. Das Fehlen einer entsprechenden Fertigung bewirkt die absolute Nichtigkeit des Aktes (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 (2019) Rz 193).
Im vorliegenden Fall weist die im Verwaltungsakt einliegende Urschrift des angefochtenen Bescheides nicht nur eine eigenhändige Unterschrift, sondern auch eine Amtssignatur auf. Im Falle von elektronischer Aktenführung können Papierausfertigungen erstellt werden, die dank der auf ihnen aufscheinenden Amtssignatur weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung bedürfen (arg: „keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen“ in § 18 Abs. 4 AVG; siehe Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 (2019) Rz 194/1). Insofern erweist sich der Beschwerdeeinwand, der zugestellte Bescheid enthalte keine Unterschrift, was „zu wenig für das Zustandekommen eines wirksamen Bescheides“ sei, als nicht berechtigt, zumal eine Amtssignatur entsprechend der dargestellten Rechtslage ausreichend ist.
Ebenso wenig führt der weitere Einwand, auf dem (zugestellten) Bescheid lasse sich nicht erkennen, ob der Genannte über die erforderliche Approbationsbefugnis verfüge, die Beschwerde zum Erfolg. Dass die schriftliche Ausfertigung einen Hinweis auf die Approbationsbefugnis des Genehmigenden enthalten müsse, lässt sich den gesetzlichen Bestimmungen nicht entnehmen. Vielmehr ist es gemäß § 18 Abs. 4 AVG hinreichend, dass der Name des Genehmigenden enthalten ist, was von der BF in ihrer Beschwerdeschrift auch nicht bestritten wurde.
Schließlich ist auch aus dem weiteren Einwand der BF, es fehle „im bekämpften Bescheid“ jegliche Zustellverfügung, für sie nichts zu gewinnen. Das Gesetz trifft keine Regelung, wonach die Zustellverfügung direkt auf der schriftlichen Ausfertigung der Erledigung anzubringen wäre (siehe § 5 Zustellgesetz).
Zu A) I.)
Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 unter anderem von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5).
Wie unter Punkt 3.3. noch ausgeführt werden wird, ging das BFA im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zutreffend von einem unrechtmäßigen Aufenthalt der BF aus, sodass auch der Ausspruch gemäß § 57 AsylG 2005 zum damaligen Zeitpunkt zu Recht erfolgte. Zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt ist jedoch der geänderte Umstand zu berücksichtigen, dass sich die BF seit ihrer Abschiebung am 27.03.2021 nicht mehr in Österreich aufhält. Der Ausspruch in Bezug auf § 57 AsylG 2005 im angefochtenen Bescheid hatte seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005. Da sich die BF zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nicht mehr im Bundesgebiet befindet, ist die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 weggefallen. Die in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 war daher ersatzlos zu beheben (siehe dazu auch VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).
Zu A.) II.)
3.3. Zur Rückkehrentscheidung
Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs. 1 FPG mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).
Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung - zu ergänzen: vorbehaltlich ihrer Zulässigkeit unter dem Gesichtspunkt des § 9 BFA-VG - zu erlassen, wenn ihm von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird. Ergänzend ermöglicht § 52 Abs. 1 Z 2 FPG unter der Voraussetzung, dass das Verfahren binnen sechs Wochen ab der Ausreise eingeleitet wird, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auch gegen Drittstaatsangehörige, die sich im Bundesgebiet unrechtmäßig aufgehalten haben, die also nach einem unrechtmäßigen Aufenthalt bereits ausgereist sind oder abgeschoben wurden. Die Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG ist somit die Reaktion auf den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen (vgl. VwGH 28.05.2020, Ra 2020/21/0128).
Schon im Hinblick auf die ausdrückliche Zielsetzung des Gesetzgebers kann es nicht zweifelhaft sein, dass auch eine erst nach Erlassung einer Rückkehrentscheidung durch das BFA (mit oder ohne Einreiseverbot) während des Verfahrens über eine dagegen erhobene Beschwerde erfolgte Ausreise grundsätzlich unerheblich sein muss. Das zur Entscheidung über die Beschwerde berufene BVwG darf - und muss - den Fall dann seinerseits erstmals unter dem Blickwinkel des § 52 Abs. 1 Z 2 FPG beurteilen und allenfalls die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abweisen. Das stellt angesichts der einheitlichen Wirkungen einer Rückkehrentscheidung keine Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens dar (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).
Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:
Die BF ist Staatsangehörige Serbiens und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EU] 2018/1806 ABl. Nr. L 303 vom 14.11.2018) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Die BF durfte daher unter den Einreisevoraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit a, c, d und e Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 09.03.2016) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gem. Art. 20 Schengener Durchführungsübereinkommen unter den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 lit a, c, d und e Schengener Durchführungsübereinkommen frei bewegen.
Da sich die BF seit dem 31.08.2020 durchgehend im österreichischen Bundesgebiet (bis zu ihrer Abschiebung am 27.03.2021) aufhielt, wurde die visumfreie Aufenthaltsdauer in ihrem Fall überschritten und war ihr Aufenthalt jedenfalls seit Überschreiten der visumfreien Aufenthaltsdauer mangels Bestehens eines sonstigen Aufenthaltsrechts unrechtmäßig.
Das BFA hat demnach aufgrund des unrechtmäßigen Aufenthalts der BF die Prüfung der Rückkehrentscheidung zutreffend zum damaligen Zeitpunkt auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt. Da sich die BF zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt jedoch nicht mehr im österreichischen Bundesgebiet aufhält, war die Erlassung einer Rückkehrentscheidung entsprechend der obzitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG zu prüfen. Wie bereits dargelegt, war der Aufenthalt der BF seit dem Überschreiten der visumfreien Aufenthaltsdauer nicht mehr rechtmäßig und das Rückkehrentscheidungsverfahren war bereits vor ihrer Abschiebung am 27.03.2021 vom BFA eingeleitet worden, sodass die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 Z 2 FPG im vorliegenden Fall gegeben sind. Die Beschwerde war daher mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die BF auf § 52 Abs. 1 Z 2 FPG gestützt wird.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Der durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfolgende Eingriff in das Familien- und Privatleben der BF ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu ihrem Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt:
Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 [518]; EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar2 [1996] Art. 8 Rz 16; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 EMRK zulässig ist, ist zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob auf Grund einer aus Asylgründen bedingten Trennung der Familie der Eingriff in das Familienleben als unzulässig zu werten wäre (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0242).
Da sich der Ehegatte der BF im österreichischen Bundesgebiet rechtmäßig aufhält, stellt die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Familienlebens dar.
Im vorliegenden Fall war zu berücksichtigen, dass die Beziehung der BF zu ihrem nunmehrigen Ehemann seit etwa 2016 besteht und die Ehe im Jahr 2020 zu einem Zeitpunkt eingegangen wurde, als sich der Ehegatte der BF bereits in Österreich aufhielt. Es musste sohin den Beteiligten bewusst sein, dass ein gemeinsames Leben im österreichischen Bundesgebiet nur unter der Voraussetzung der Erteilung eines Aufenthaltstitels an die BF möglich sein würde. Die Schutzwürdigkeit des Familienlebens wird sohin dadurch gemindert, dass die Eheschließung im Bewusstsein einer unsicheren Möglichkeit zur gemeinsamen Lebensführung eingegangen wurde und die Beteiligten dies in Kauf nahmen. Auch während des Aufenthalts der BF in Österreich durften die Beteiligten zu keinem Zeitpunkt vernünftigerweise damit rechnen, ihr Familienleben auf Dauer in Österreich fortführen zu können, zumal die BF nie über eine – die erlaubte visumfreie Aufenthaltsdauer übersteigende – Aufenthaltserlaubnis in Österreich verfügte. Der BF musste daher bewusst sein, dass ihr Aufenthalt in Österreich im Hinblick auf den nur 90-tägigen visumfreien Aufenthalt in Österreich innerhalb eines Halbjahreszeitraumes und ohne eine darüberhinausgehende Aufenthaltsberechtigung jeweils nur ein vorübergehender ist.
Zu berücksichtigen war auch, dass die BF entgegen fremdenrechtlicher Bestimmungen über die visumfreie Aufenthaltsdauer hinaus in Österreich verblieben ist und während ihres Aufenthalts nicht an der Adresse ihres Ehemanns behördlich gemeldet war.
Die BF kann den Kontakt zu ihrem Ehegatten mithilfe moderner Kommunikationsmittel aufrechterhalten und dem Ehegatten der BF mit serbischer Staatsangehörigkeit wäre es möglich und zumutbar, die BF in Serbien regelmäßig zu besuchen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Aussagen der BF zu verweisen, wonach sie mit ihrem Mann per Auto nach Österreich gekommen sei.
Eine gänzliche Auflösung der persönlichen Beziehung durch die verfügte aufenthaltsbeendende Maßnahme steht daher nicht im Raum.
Es kann dem BFA auch nicht entgegengetreten werden, wenn es im angefochtenen Bescheid davon ausgeht, dass es dem Ehemann der BF möglich und zumutbar wäre, die BF nach Serbien zu begleiten und dauerhaft dort zu leben, zumal der Ehegatte der BF die serbische Staatsangehörigkeit besitzt und in der Beschwerde keine Gründe aufgezeigt wurden, die gegen eine Fortsetzung des Familienlebens in Serbien sprechen würden.
Darüber hinaus ist es der BF auch nicht verwehrt, nach Ablauf der Dauer des Einreiseverbotes neuerlich einen legalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu begründen.
Aufgrund dieser Erwägungen wird durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht in unverhältnismäßiger Weise in das Recht auf Familienleben der BF eingegriffen, sodass keine Verletzung des Art. 8 EMRK festzustellen ist.
Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben der BF in unverhältnismäßiger Weise eingreifen.
Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist erkennbar, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib gegenüber den öffentlichen Interessen überwiegen können (vgl. VwGH 09.05.2003, 2002/18/0293). Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 05.09.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.01.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, OJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).
Aus der Judikatur des VwGH ergibt sich, dass bei beruflicher und sozialer Verfestigung im Falle einer Aufenthaltsdauer von sieben Jahren, die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet schwerer wiegen können als das öffentliche Interesse am geordneten Vollzug der fremdenrechtlichen Bestimmungen. Der VwGH betont jedoch in ständiger Rechtsprechung (vgl. Ra 2017/18/0070vom 30.08.2017 ), dass die Aufenthaltsdauer nach § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG 2014 nur eines von mehreren im Zuge der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Kriterien darstellt, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthalts in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist (vgl. etwa VwGH vom 30. Juli 2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zu (siehe das soeben zitierte Erkenntnis; weiters etwa VwGH vom 21. Jänner 2016, Ra 2015/22/0119, vom 10. Mai 2016, Ra 2015/22/0158, und vom 15. März 2016, Ra 2016/19/0031).
Im vorliegenden Fall hat sich die BF für rund sieben Monate im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten und ihr Aufenthalt war nur während des visumfreien Zeitraums ein berechtigter. Zudem ist dieser Aufenthalt, gemessen an der oben zitierten Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, als kein ausreichend langer Zeitraum zu qualifizieren.
Außerdem sind in casu keine Anhaltspunkte für eine tatsächliche, fortgeschrittene Integration der BF hervorgekommen, aufgrund derer eine die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung rechtfertigende Konstellation anzunehmen wäre. Abgesehen von ihrem Ehemann verfügt sie über keine familiären oder sozialen Bindungen in Österreich, sie hat keine Deutschkurse besucht und war nicht erwerbstätig. Es liegt sohin keine berufliche Verfestigung vor und auch eine soziale Verfestigung bzw. maßgebliche Integration ist nicht erkennbar. Die Schutzwürdigkeit ihres Privat- und Familienlebens in Österreich ist aufgrund des Umstandes, dass sie bloß zu einem vorübergehenden Aufenthalt berechtigt war, nur in geringem Maße gegeben.
Ihre zu Österreich bestehenden Bindungen sind im Vergleich zu jenen ihres Herkunftsstaates schwach ausgeprägt. Die BF verbrachte den weit überwiegenden Teil ihres Lebens in Serbien, besuchte dort die Schule und war vormals dort erwerbstätig. Zudem halten sich ihre zwei volljährigen Kinder aus erster Ehe, ihre Mutter und ihr Bruder in Serbien auf und sie beherrscht Serbisch als Muttersprache. Ein Vergleich der Lebensverhältnisse führt sohin jedenfalls zu einem Überwiegen der nach wie vor bestehenden Bindungen zum Herkunftsstaat, weshalb die verfügte Rückkehrentscheidung auch vor diesem Hintergrund keine unzumutbaren Härten aufweist.
Der Umstand, dass die BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, Zl. 2002/18/0112).
Im Rahmen einer Gesamtschau überwiegen daher im vorliegenden Fall die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, die privaten Interessen der BF am Verbleib im Bundesgebiet. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall nicht unverhältnismäßig, sodass die Verwaltungsbehörde daher eine korrekte Interessenabwägung vorgenommen hat. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Rechts der BF auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar.
3.4. Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien:
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Die BF hat im gegenständlichen Verfahren, wie beweiswürdigend dargelegt, kein konkretes Vorbringen hinsichtlich einer im Herkunftsstaat befürchteten Verletzung in relevanten Grundrechten (insb. Art. 3 EMRK) erstattet. Serbien ist ein sicherer Herkunftsstaat im Sinne der Herkunftsstaaten-Verordnung und es herrschen dort keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen. Demnach konnte auch von Amts wegen kein Hinweis auf eine im Fall einer Abschiebung drohende Verletzung der körperlichen Unversehrtheit der BF erkannt werden.
Auch im Hinblick auf die Covid-19-Pandemie besteht unter Zugrundelegung der Entwicklungen im Herkunftsland keine derartige Situation, die eine relevante Gefährdung nach Art. 3 EMRK erkennen lässt. Im Falle der gesunden BF liegen weder im Hinblick auf ihr Alter noch auf ihren Gesundheitszustand Anhaltspunkte vor, wonach sie bei einer allfälligen Covid-19-Infektion einer Risikogruppe für einen schwerwiegenden Verlauf angehören würde.
Der auf § 52 Abs. 9 FPG 2005 gestützte Ausspruch der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht.
3.5. Zum Einreiseverbot:
Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid gemäß § 53 Abs. 1 FPG ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Nach § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG).
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230). Ebenso ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes die Dauer der von der Person ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf private und familiäre Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109). Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 07.11.2012, 2012/18/0057).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 24.05.2016, Ra 2015/21/0187). Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) - oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes – hat regelmäßig nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige bloß einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 leg. cit. erfüllt (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).
Im vorliegenden Fall erließ das BFA gegen die BF ein auf § 53 Abs. 2 Z 6 FPG (Mittellosigkeit) gestütztes Einreiseverbot.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu sämtlichen gleichgelagerten Vorläuferbestimmungen zu § 53 Abs. 2 Z 6 FPG, die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.12.2018, Ra 2018/20/0309, auch ausdrücklich als auf die aktuelle Rechtslage übertragbar angesehen wurde, hat ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349, und VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309 mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FPG: etwa VwGH 22.01.2013, 2012/18/0191; 13.09.2012, 2011/23/0156).
Im vorliegenden Fall ging das BFA zu Recht von der Mittellosigkeit der BF aus. Wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt, ging die BF keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach und verfügte auch über keine sonstigen eigenen finanziellen Mittel, um ihren Unterhalt bestreiten zu können. Die belangte Behörde ist daher prinzipiell zu Recht von einer Gefährdung öffentlicher Interessen im Sinn des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG durch die BF ausgegangen.
Die familiären und privaten Bindungen der BF in Österreich wurden schon im Rahmen der Interessenabwägung im Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung berücksichtigt und ist auch hinsichtlich der Erlassung des Einreiseverbots auf diese Ausführungen zu verweisen. Angesichts der Relativierung der Schutzwürdigkeit des Familienlebens zu ihrem in Österreich rechtmäßig aufhältigen Ehegatten, der kurzen Aufenthaltsdauer von rund sieben Monaten und der gering ausgeprägten Integration im Bundesgebiet, überwiegen die öffentlichen Interessen das persönliche Interesse der BF an einem Verbleib in Österreich ebenso im Hinblick auf die Erlassung eines Einreiseverbotes.
Es ist somit der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG erfüllt und bereits daher grundsätzlich ein Einreiseverbot gerechtfertigt, zumal aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiert, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282 mit Verweis auf VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349).
Auch wenn dem BFA insofern zuzustimmen ist, dass die BF eine legale finanzielle Unterstützung durch Dritte nicht initiativ belegte, zumal die BF weder eine Heiratsurkunde, noch Nachweise über eine legale Erwerbstätigkeit ihres Ehegatten oder Belege über allenfalls tatsächlich gewährte Unterstützungsleistungen in Vorlage brachte, wurde vom BFA im Rahmen der Erlassung des Einreiseverbotes nicht berücksichtigt, dass die BF vorgebracht hatte, in Österreich gemeinsam mit ihrem und von ihrem Mann zu leben. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist folglich davon auszugehen, dass die aus dem Fehlen ausreichender Finanzmittel seitens der BF grundsätzlich abzuleitende Gefährdung öffentlicher Interessen vorliegend jedenfalls deshalb reduziert ist, weil die BF gegenüber ihrem Ehemann – auch nach serbischem Recht (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Serbien S. 27) – einen Unterhaltsanspruch hat (vgl. VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0129, und BVwG 15.10.2020, Zl. W280 2235176-1/3E).
Im vorliegenden Fall war unter Berücksichtigung dieses Umstandes und unter Bedachtnahme auf die mit einem Einreiseverbot einhergehende vorübergehende Konsequenz, dass die BF ihren in Österreich rechtmäßig aufhältigen Ehemann für die Dauer des Einreiseverbots nicht besuchen kann, die Dauer des Einreiseverbots herabzusetzen.
Da von der BF aber auch in anderer Hinsicht eine Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ausgeht, wäre eine weitere Reduzierung der Dauer des Einreiseverbots nicht angemessen. So ist darauf hinzuweisen, dass die BF während ihres Aufenthalts von rund sieben Monaten im österreichischen Bundesgebiet über keine behördliche Wohnsitzmeldung verfügte, was von ihr auch nicht bestritten wurde. Vielmehr gestand sie im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA ein, sie wisse, dass sie sich anmelden hätte müssen und es unverantwortlich gewesen sei. Es bestehen sohin keine Zweifel daran, dass die BF melderechtliche Bestimmungen nicht eingehalten hat, mag diesbezüglich auch keine rechtskräftige verwaltungsrechtliche Bestrafung aktenkundig sein.
Hinzu kommt noch, dass sich die BF – wie oben bereits dargelegt wurde – nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten hat, wobei im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben kann, ob der Aufenthalt der BF mangels ausreichender finanzieller Mittel von vornherein unrechtmäßig war oder ihr Aufenthalt erst wegen Überschreitens der visumfreien Aufenthaltsdauer unrechtmäßig wurde. Der BF ist daher auch ein Verstoß gegen fremdenrechtliche Bestimmungen anzulasten.
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist von einer nicht nur geringfügigen aktuellen Gefährdung öffentlicher Interessen durch die BF auszugehen. Sie hat gegen fremdenrechtliche und melderechtliche Bestimmungen verstoßen und vermochte keine ausreichenden Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts in Österreich nachzuweisen. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Aussagen der BF, dass sie wegen ihres Mannes nach Österreich gekommen sei und lieber hier leben würde, kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die BF auch künftig versuchen wird, sich unter Missachtung von melderechtlichen Bestimmungen über den visafreien Zeitraum hinaus bei ihrem in Österreich aufhältigen Ehemann zu leben, weshalb eine Reduktion der Dauer des Einreiseverbots auf unter 18 Monate nicht angemessen erscheint.
Die Dauer des vom BFA verhängten Einreiseverbotes war daher spruchgemäß auf 18 Monate zu reduzieren und der Beschwerde insoweit stattzugeben.
3.6. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise:
§ 18 Abs. 2 und Abs. 5 BFA-VG lauten wie folgt:
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Im vorliegenden Fall hat das BFA unter Verweis auf den mehrmonatigen unrechtmäßigen und unangemeldeten Aufenthalt der mittellosen BF und unter Berücksichtigung der zur Begründung des gegen ihre Person erlassenen Einreiseverbotes getroffenen Gefährdungsprognose zutreffend aufgezeigt, dass die Aufenthaltsbeendigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sofort zu erfolgen hat, sodass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA nicht zu beanstanden ist. Wie aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides eindeutig hervorgeht, stützte das BFA die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG, die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung zu § 18 Abs. 2 Z 3 BFA-VG dürften im Falle der BF offensichtlich versehentlich angeschlossen worden seien. Insofern im Beschwerdeschriftsatz auf § 13 Abs. 2 Satz 1 VwGVG verwiesen wird, wird verkannt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG im vorliegenden Fall erfolgte, sodass die Beschwerdeeinwände bezogen auf § 13 Abs. 2 VwGVG ins Leere gehen.
Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG lagen zu keinem Zeitpunkt vor, zumal die BF im gegenständlichen Verfahren kein konkretes Vorbringen hinsichtlich einer im Herkunftsstaat befürchteten Verletzung in relevanten Grundrechten (insb. Art. 3 EMRK) erstattet hat (siehe dazu Punkt 3.4.) und eine Verletzung von Art. 8 EMRK nicht vorliegt (siehe dazu Punkt 3.3 und 3.5.).
Angesichts der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde war gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise der BF nicht zu gewähren.
4. Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ folgende Kriterien beachtlich sind:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Beweismittel beigeschafft und die Feststellungen in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat insbesondere keine neuen Tatsachen vorgebracht. Im Übrigen wurde der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht näher begründet.
Die Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes konnte auf Grundlage eines geklärten Sachverhalts erfolgen. Die wesentlichen Feststellungen betreffend die Mittellosigkeit der BF, die Verstöße gegen fremdenrechtliche und melderechtliche Verstöße und ihre privaten und familiären Bindungen im Bundesgebiet blieben unbestritten. Da die Reduktion der Dauer des Einreiseverbotes bereits aufgrund der Aktenlage feststand, konnte von einer mündlichen Erörterung abgesehen werden.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht sowohl auf eine ohnehin klare Rechtslage als auch auf eine umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stützen, welche bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben wurde.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot ersatzlose Teilbehebung Familienleben Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Herabsetzung Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W144.2242262.1.00Im RIS seit
30.08.2021Zuletzt aktualisiert am
30.08.2021