TE Bvwg Beschluss 2021/5/25 G313 2228085-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.05.2021
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Entscheidungsdatum

25.05.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
VwGVG §28 Abs3

Spruch


G313 2228085-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Bulgarien, vertreten durch RA Mag. Eva Velibeyoglu, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2020, Zl. XXXX , beschlossen:

A)             In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)             Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG gegen die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ein für die Dauer von 3 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), und gemäß § 70 Abs. 3 FPG der BF ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.).

2. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

3. Am 29.01.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF ist bulgarische Staatsangehörige.

1.2. Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG gegen die BF ein für die Dauer von 3 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die belangte Behörde legte sich bei der Prüfung der Zulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht auf eine bestimmte Aufenthaltsdauer und einen bestimmten Gefährdungsmaßstab fest und nahm zudem auf die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung der BF Bezug, ist jedoch nicht auf die dieser Verurteilung zugrunde gelegenen konkreten strafbaren Handlungen eingegangen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche – zulässige und rechtzeitige – Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1
B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.

Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebrauch macht.

3.2. Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG gegen die BF ein für die Dauer von 3 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(…)

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.“

Die belangte Behörde hielt im angefochtenen Bescheid unter den Feststellungen nur die behördlichen Meldungen der BF, nicht jedoch die tatsächliche Aufenthaltsdauer fest und führte in der Rechtlichen Beurteilung, ohne sich auf einen weniger oder mindestens zehnjährigen Aufenthalt der BF im österreichischen Bundesgebiet festgelegt zu haben, nach Wiedergabe von § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG Folgendes fest:

„Diese Voraussetzungen treffen für Sie zu:

Am (…)09.2019 wurden Sie vom LG für Strafsachen (…) wegen des Vergehens des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB, des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs. 1 dritter Fall StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten, unter einer Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Sie haben daher gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen und diese ignoriert.

Sie haben durch Ihr persönliches Verhalten Grundinteressen der Gesellschaft massiv verletzt, nämlich jene am Schutz fremden Vermögens und Eigentums, an der Verhinderung von strafbaren Handlungen und an der Verteidigung der Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen. Ihr weiterer Aufenthalt stellt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar.

Durch das Urteil ist auch erwiesen anzusehen, dass Sie keinen Respekt gegenüber den österreichischen Gesetzen und den Vollziehungsbeamten haben. Sie wollten sich der Amtshandlung widersetzen und dabei bewusst die einschreitenden Vollziehungsbeamten am Körper verletzt bzw. zu verletzen versucht.

Dieses Verhalten gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit und hat gegen das Grundinteresse der Gesellschaft am Schutz der Unversehrtheit der Beamten verstoßen.

Ein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet durch Ihre Person stellte eine aktuelle, tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, sowie der Gesundheit und Unversehrtheit von Vollziehungsbeamten dar.

Die beeinträchtigten öffentlichen Interessen sind maßgeblich für das Wohlergehen und –befinden der Bevölkerung und können daher als erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung bezeichnet werden.

Aufgrund der eklatanten Missachtung der österreichischen Rechtsordnung, sowie aufgrund Ihrer Lebenssituation in Österreich ist auch das Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit erfüllt.“ (AS 42, 43)

Nach Wiedergabe von § 9 Abs. 1 und Abs. 2 BFA-VG folgten dann folgende Ausführungen:

„Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie.

Sie gaben in der ns. Einvernahme vom 08.01.2020 an, dass sich Ihre Familie in Bulgarien befindet. Sie leben mit Ihrer Familie in Bulgarien zusammen. Zu Österreich bestehen keinerlei familiäre Bindungen. Ihr Lebensmittelpunkt befindet sich in Bulgarien. Es liegt somit in Ihrem Fall kein schützenswertes Familienleben im Bundesgebiet vor.

Das Recht auf Achtung des Privatlebens sichert dem Einzelnen zudem einen Bereich, innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfaltet und erfüllen kann.

Als EU-Bürgerin kommt Ihnen ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu. Sie haben es jedoch unterlassen, Ihren geplanten längerfristigen Aufenthalt bei der zuständigen Niederlassungsbehörde anzuzeigen und stellt dies eine Verwaltungsübertretung dar.

Sie gehen im Bundesgebiet einer legalen Beschäftigung nach und ist eine beginnende berufliche Integration erkennbar. Aufgrund der Gesamtdauer Ihrer Beschäftigungen kann jedoch nicht von einer vollständigen und nachhaltigen Integration am österreichischen Arbeitsmarkt gesprochen werden.

Eine sprachliche Entwicklung konnte nicht festgestellt werden. Der Aktenlage konnte nicht entnommen werden, dass Sie einen Deutschkurs besuch besucht haben. Weiters war die Beiziehung eines Dolmetschers für die Durchführung der Einvernahme am 08.01.2020 notwendig. Sie gaben auch in der ns. Einvernahme an, dass (erg.: „Sie“) erst vorhaben, einen Deutsch-Kurs zu besuchen.

Zusammengefasst konnten Sie kein schützenswertes Privatleben ins Treffen führen. Die Voraussetzungen für ein berücksichtigungswürdiges oder schützenswertes Privatleben liegen somit nicht vor. Sie sind gesund, erwerbsfähig und der bulgarischen Sprache mächtig. Es wird Ihnen daher möglich sein, sich in Ihrem Heimatland zu reintegrieren, um dort für Ihren Lebensunterhalt, wenn auch nur durch die Ausübung einer Gelegenheitsarbeit, aufzukommen.

Es konnten keine Gründe festgestellt werden, welche im Hinblick auf den Artikel 8 Abs. 2 EMRK, gegen die Erlassung des gegenständlichen Bescheides sprechen würden.

Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist eine öffentliche Behörde im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK; der Eingriff ist – wie bereits oben dargestellt – in § 9 Abs. 1 BFA-VG iVm § 67 FPG gesetzlich vorgesehen.

Daher ist zu prüfen, ob der Eingriff in Ihr Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 Abs. 2 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK, verfügt. Es ist eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff durch die Rückkehrentscheidung auch als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Am (…) 09.2019 wurden Sie vom LG für Strafsachen (…) wegen des Vergehens des Diebstahls nach §§ 1,5 127 StGB, des Vergehens des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs.1 dritter Fall StGB und des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 9 Monaten, unter einer Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

Sie haben durch Ihr persönliches Verhalten gezeigt, dass Sie keinerlei Interesse daran haben, die Gesetze Österreichs zu respektieren. Ihr bisheriger Aufenthalt in Österreich beeinträchtigte Grundinteressen der Gesellschaft, nämlich jene an der Verhinderung von strafbaren Handlungen und an der Verteidigung der Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen. Das von Ihnen gezeigte Verhalten ist erst vor kurzem gesetzt und ist aufgrund Ihrer wirtschaftlichen Situation mit einer Fortsetzung zu rechnen.

Es muss somit davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit Ihrem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiegt.

Die Gesamtbeurteilung Ihres Verhaltens, Ihrer Lebensumstände sowie Ihrer familiären und privaten Anknüpfungspunkte haben daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig ist, die von Ihnen ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

Es ist auch zu erwarten, dass dieser Zeitraum erforderlich ist, um in Ihnen einen positiven Gesinnungswandel Ihrer Einstellung zur österreichischen Rechtsordnung zu bewirken. Im Hinblick auf die Tatsache, dass Sie in Österreich zum ersten Mal negativ in Erscheinung getreten sind und es sich bei gegenständlicher Verurteilung um Ihre erste Verurteilung handelt, befindet die ha. Behörde die Dauer des Aufenthaltsverbotes als angemessen und notwendig. (…) (AS 44ff)

Darauf hingewiesen wird, dass die belangte Behörde im Zuge der Rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zunächst auf eine bei einem weiteren Aufenthalt der BF im Bundesgebiet aktuelle, tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (AS 43) – iSv § 67 Abs. 1 S. 2 FPG – geschlossen, dann später jedoch auf ein aufgrund der eklatanten Missachtung der österreichischen Rechtsordnung, sowie aufgrund der Lebenssituation der BF in Österreich auch erfülltes Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit Bezug genommen hat (AS 43). Der einen zehnjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzende, das Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit beinhaltende Tatbestand des § 67 Abs. 1 S. 5 FPG stellt jedoch einen anderen Gefährdungsmaßstab dar als derjenige nach § 67 Abs. 1 S. 2 FPG.

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. etwa VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0007, Rn. 6, mwN).

Eine derartige hinreichend begründete Beurteilung der Gefährdungsprognose wurde im gegenständlichen Fall nicht vorgenommen, wurde doch auf die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung der BF Bezug genommen, auf die dieser Verurteilung zugrunde gelegenen strafbaren Handlungen bzw. darauf, welche Handlungen die BF da konkret wann und auf welche Art und Weise begangen hat, jedoch nicht näher eingegangen.

Bei der Vornahme der Beurteilung der Gefährdungsprognose wäre von der belangten Behörde zudem zu berücksichtigen gewesen, dass die BF in ihrer Einvernahme vor dem BFA am 08.01.2020, einen Tag vor der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides, befragt danach, warum sie in Österreich straffällig geworden sei, Folgendes angegeben hat:

„Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Ich schäme mich sehr dafür. Es ist nun mal so passiert. Ich hatte zu dieser Zeit keine Arbeit und kein Geld. (…).“ (AS 27)

Hingewiesen wird zudem darauf, dass in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides „betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Aufenthaltsverbots“ inmitten der im Folgenden wiedergegeben Ausführung der belangten Behörde plötzlich auf einen Einbruchsdiebstahl statt auf den sonst in der Begründung des Bescheides angeführten (versuchten) Diebstahl nach §§ 15, 127 StGB Bezug genommen wurde:

„Da Ihre finanziellen Mittel offensichtlich nicht ausreichen, um Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, haben Sie Straftaten begangen. Sie haben das Vergehen des Diebstahls Einbruch, obwohl Ihnen als EWR-Bürgerin der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt möglich war. Obwohl Sie damit alle Möglichkeiten hatten, Ihren Lebensunterhalt legal durch Ausübung von Erwerbstätigkeiten zu bestrieten, haben Sie es vorgezogen, sich durch das Vergehen des Diebstahls Vermögensvorteile zu verschaffen. Dies zeigt eindeutig, dass Sie weder Integrationswillen haben, noch die österreichischen Rechtsvorschriften zu achten bereit sind, zumal Sie auch in der ns. Einvernahme vom 08.01.2020 angaben, dass Sie straffällig wurden, da Sie zur Tatzeit ohne Arbeitsverhältnis und ohne Geld waren.“ (AS 41)

Die belangte Behörde setzte ihre beweiswürdigenden Ausführungen „betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Aufenthaltsverbots“ wie folgt fort:

„Weiters ist auch klar (erg: „er-„) sichtlich, dass Sie mit voller Absicht die Beamten an der Vollziehung der Gesetze hindern wollten und durch diverse Attacken gegen die Vollziehungsbeamten diese verletzen bzw. verletzen wollten, um die Amtshandlung zu verhindern. Dieses Verhalten kann in einer ordnungsgemäßen Gesellschaft nicht toleriert werden und zeigt die Respektlosigkeit von Ihnen, gegenüber den österreichischen Gesetzen und den Vollziehungsorganen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Sie sich bei einem neuerlichen Aufgriff durch Polizeibeamte diesen abermals widersetzen und vielleicht neuerlich Widerstand gegen die Staatsgewalt oder gar eine Körperverletzung begehen.

Als bulgarische Staatsbürgerin musste Ihnen durch diverse Medien bewusstgeworden sein, dass Sie durch das Setzen einer Straftat nicht nur mit strafrechtlichen, sondern auch mit fremdenrechtlichen Konsequenzen zu rechnen haben und Sie das österreichische Bundesgebiet in weiterer Folge verlassen müssen.

Das gegenständliche Aufenthaltsverbot wird auf die Dauer von drei Jahren festgelegt. Dies scheint im Hinblick auf Ihr persönlich gezeigtes Verhalten und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei gegenständlichem Fehlverhalten um Ihre erste Verurteilung handelt und Sie sich ansonsten wohlverhalten haben, als angemessen. (…) .“ (AS 41)

Abgesehen davon, dass inmitten dieser Ausführungen „das Vergehen des Diebstahls Einbruch“ (A 41) anstatt wie im Zuge der übrigen Begründung des Bescheides das Vergehen des Diebstahls angeführt wurde, nahm die belangte Behörde in der Beweiswürdigung auf ein persönlich gezeigtes Verhalten der BF Bezug, ohne angeführt zu haben, um welches Verhalten es sich dabei handelt, und verwies sie darauf, „dass es sich bei gegenständlichem Fehlverhalten um Ihre erste Verurteilung handelt (…).“ (AS 41).

Entgegen dieser Ausführung kann es sich bei einem Fehlverhalten jedoch nur um die einer Verurteilung zugrunde gelegenen strafbaren Handlungen und nicht um die Verurteilung selbst handeln.

Im gegenständlichen Fall fehlen konkrete Feststellungen zum persönlichen (Fehl-) Verhalten der BF, um auf Grund dieser eine hinreichend begründete Beurteilung der Gefährdungsprognose bzw. eine Beurteilung dahin vornehmen zu können, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist.

Die belangte Behörde führte zudem an, das von der BF gezeigte Verhalten sei erst vor kurzem gesetzt und es sei aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation mit einer Fortsetzung zu rechnen, ohne sich zuvor mit der individuellen wirtschaftlichen Situation der BF auseinandergesetzt zu haben.

Im angefochtenen Bescheid wurde unter den Feststellungen festgehalten, dass die BF im Bundesgebiet „seit 17.12.2019“ als Reinigungskraft angestellt ist, davor von 10.07.2019 bis 15.10.2019 und von 03.05.2019 bis 22.06.2019 jeweils als Arbeiterin und wiederum davor von 18.03.2019 bis 19.04.2019 und von 04.04.2018 bis 30.04.2018 jeweils als geringfügig Beschäftigte angestellt war (AS 37f).

Im Zuge der Ermittlungen zur individuellen wirtschaftlichen Situation der BF zu berücksichtigen gewesen wären auch die Angaben der BF in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA, seit 17.12.2019 als Reinigungskraft einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen, dafür € 1.000,- Monatslohn zu erhalten, und ihren Lebensunterhalt im Bundesgebiet von ihrem Arbeitslohn zu bestreiten (AS 26).

Hingewiesen wird zudem darauf, dass gemäß § 67 Abs. 4 FPG bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse, Bedacht zu nehmen ist (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Im angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass zu Österreich weder familiäre, soziale noch berufliche Bindungen bestehen (AS 38).

Vor dieser Feststellung wären nähere Ermittlungen bezüglich berücksichtigungswürdiger Bindungen zu Österreich anzustellen und dabei auch folgende Antwort der BF auf die Frage, wie groß ihre Wohnung sei und wer für die Kosten der Wohnung aufkomme, zu berücksichtigen gewesen:

„Die Wohnung ist ca. 35 m². Ich zahle nichts für die Wohnung. Der Eigentümer ist der Freund meiner Nichte.“ (AS 25)

Diese Antwort der BF und ihre Angabe vor dem BFA, über Bekannte zu ihrer Arbeitsstelle gekommen zu sein (AS 26), wären im Hinblick auf berücksichtigungswürdige private Verhältnisse der BF in Österreich näher zu beleuchten gewesen.

Die BF gab in ihrer Einvernahme vor dem BFA befragt danach, seit wann sie im Bundesgebiet lebe, zudem Folgendes an:

„Ich lebe seit meiner Meldung am 13.04.2018 im Bundesgebiet, jedoch bin ich mit Unterbrechung immer wieder in Bulgarien gewesen und lebe seit einem Monat durchgehend im Bundesgebiet. (…).“ (AS 25)

Die belangte Behörde traf im angefochtenen Bescheid Feststellungen zu den Zeiten der behördlichen Meldung und der Erwerbstätigkeit der BF, jedoch keine Feststellung zur tatsächlichen Aufenthaltsdauer bzw. den tatsächlichen Aufenthaltszeiten im österreichischen Bundesgebiet.

In der Beweiswürdigung wurde „betreffend die Feststellungen zu Ihrem Aufenthalt in Österreich“ Folgendes angeführt:

„Die Feststellungen zu Ihrem Aufenthalt, Ihres Lebensmittelpunktes und Ihres derzeitigen Aufenthaltsortes in Österreich fußen auf einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister und Ihren eigenen Angaben im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vom 08.01.2020. (…).“ (AS 39)

Inwieweit die belangte Behörde den Angaben der BF in ihrer Einvernahme vor dem BFA, mit jeweiliger Unterbrechung für die Zeiten ihres Aufenthaltes in Bulgarien seit ihrer Meldung am 13.04.2018 und seit einem Monat durchgehend im Bundesgebiet zu leben, folgt, wurde da jedoch nicht festgehalten. Bezüglich behördlicher Meldezeiten wird zudem darauf hingewiesen, dass diese nur Indiz und nicht Beweis für einen tatsächlichen Aufenthalt während diesen Zeiten sein können.

§ 53 Abs. 1 NAG lautet wie folgt:

„Anmeldebescheinigung

§ 53. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen.“

Demnach haben EWR-Bürger einen länger als dreimonatigen Aufenthalt im Bundesgebiet binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen.

Die belangte Behörde führte in der Rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides Folgendes an:

„Als EU-Bürgerin kommt Ihnen ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht zu. Sie haben es jedoch unterlassen Ihren geplanten längerfristigen Aufenthalt bei der zuständigen Niederlassungsbehörde anzuzeigen und stellt dies eine Verwaltungsübertretung dar.“ (AS 44)

Die belangte Behörde nahm da auf einen von der BF „geplanten längerfristigen Aufenthalt“, den sie nicht bei der NAG-Behörde angezeigt habe, Bezug.

Da nach § 53 Abs. 1 Satz 1 NAG unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger einen länger als dreimonatigen Aufenthalt im Bundesgebiet binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen haben, wären nähere Ermittlungen und Feststellungen zur tatsächlichen Aufenthaltsdauer bzw. zu den tatsächlichen Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet bzw. eine nähere Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der BF vor dem BFA zu ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet notwendig gewesen, bevor der BF eine Missachtung der Bestimmung des § 53 Abs. 1 Satz 1 NAG angelastet wird.

Die im angefochtenen Bescheid vom 09.01.2020 festgestellten Zeiten der Anstellung der BF bei verschiedenen Dienstgebern – „von 04.04.2018 – 30.04.2018“ (AS 37), „von 18.03.2019 – 19.04.2019“, „von 03.05.2019 – 22.06.2019“, „von 10.07.2019 – 15.10.2019“ und ab „17.12.2019“ (AS 38) – überschreiten die für die BF als EWR-Bürgerin zulässige dreimonatige Aufenthaltsdauer im Großen und Ganzen nicht, abgesehen von der festgestellten Anstellungszeit „von 10.07.2019 – 15.10.2019“ (AS 38), und da nur kurzfristig. Diesbezüglich ist auch zu berücksichtigen, dass sich Anstellungs- mit tatsächlichen Beschäftigungszeiten nicht immer decken und in Zusammenhang mit An- und Abmeldung grundsätzlich auch eine (etwas) längere Anstellungs- wie Beschäftigungszeit möglich ist.

Feststellungen zur tatsächlichen Aufenthaltsdauer bzw. zu den tatsächlichen Aufenthaltszeiten im österreichischen Bundesgebiet fehlen.

Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall maßgebliche Feststellungen zum persönlichen (strafbaren Fehl-) Verhalten der BF fehlen, um auf Grund dieser eine hinreichend begründete Beurteilung der Gefährdungsprognose vornehmen zu können, und Feststellungen zur tatsächlichen Aufenthaltsdauer bzw. zu den tatsächlichen Aufenthaltszeiten und zu den konkreten privaten Verhältnissen der BF fehlen, um die Dauer eines Aufenthaltsverbotes angemessen festsetzen zu können.

3.3. Im gegenständlichen Fall hat sich nicht ergeben, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das BVwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen wäre, zumal nichts darauf hindeutet, dass die erforderliche Feststellung durch das BVwG selbst, verglichen mit der Feststellung durch die belangte Behörde nach Zurückverweisung der Angelegenheit, mit einer wesentlichen Zeitersparnis und Verkürzung der Verfahrensdauer verbunden wäre.

Schließlich liegt auch kein Anhaltspunkt dahingehend vor, dass die Feststellung durch das BVwG selbst im Vergleich zur Feststellung durch die Verwaltungsbehörde mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.

3.4. Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da im gegenständlichen bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Aufenthaltsdauer Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung private Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G313.2228085.1.00

Im RIS seit

01.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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