Entscheidungsdatum
26.05.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W119 2204467-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Claudia Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA: Mongolei, vertreten durch den Verein „We move together“, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.7.2018, Zl. 1150041204/ 170498103, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 52 FPG als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Mongolei, reiste am 14.3.2017 gemeinsam mit ihrem Gatten (GZ W119 22204466-1) mit einem bis 11.4.2017 gültigen Schengen Visum, ausgestellt von der Deutschen Botschaft in Ulan Bator, nach Österreich ein und stellte am 25.4.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag brachte sie im Wesentlichen vor, in Ulan Bator geboren, seit März 2017 verheiratet, Buddhistin und der Volksgruppe der Mongolen zugehörig zu sein.
In Ulan Bator habe sie von 2002 bis 2012 die Schule besucht und von 2012 bis 2016 an der Universität für Wissenschaft und Technologie studiert. Von der Ausbildung her sei sie IT Ingenieurin und habe bis 1.3.2017 Eintrittskartenverkäuferin gearbeitet.
Die Eltern, eine Schwester und ein Bruder befänden sich in Ulan Bator.
Vorgelegt wurden ein mongolischer Führerschein, die Heiratsurkunde, beglaubigte Kopien der Geburtsurkunde sowie Zeugnisse bzw. Diplome. Die Reisepässe seien den beiden vor einer Woche in Wien gestohlen worden, wegen der abgelaufenen Visa hätten sie sich deswegen nicht an die Polizei gewandt.
Zu ihrem Fluchtgrund brachte die Beschwerdeführerin vor, ihr Ehemann sei unter Druck gesetzt und geschlagen worden und auch sie habe man bedroht. Diese Leute hätten gesagt, dass sie auch die Beschwerdeführerin umbringen würden. Die Polizei habe ihnen nicht helfen können. Sie habe mit ihrem Mann zusammen sein wollen und sei auch in der fünften Woche schwanger gewesen, habe jedoch vor lauter Stress eine Fehlgeburt erlitten. Der Vorfall, bei dem ihr Mann geschlagen worden sei, sei am 26.1.2017 gewesen und sie habe das Kind daraufhin Anfang Februar verloren.
In ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt oder belangte Behörde) am 18.6.2018 erklärte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen zunächst, in der Stadt Ulan Bator geboren zu sein und zwei Geschwister zu haben, die ebenso wie ihre Eltern nach wie vor im Heimatland aufhältig seien und zu denen sie in Kontakt stehe. Von 2002 bis 2012 habe sie die zehnjährige Mittelschule besucht und abgeschlossen, von 2012 bis 2016 die Universität für Wissenschaft und Technologie absolviert und mit den Beruf IT Ingenieur abgeschlossen. Von 2016 bis März 2017 sei sie berufstätig gewesen. Seit Sommer 2016 habe sie mit ihrem Mann im gemeinsamen Haushalt gelebt, am 13.3.2017 hätten sie sowohl standesamtlich als auch traditionell geheiratet. Am 14. März wären sie ausgereist.
Die Beschwerdeführerin sei Staatsangehörige der Mongolei, gehöre der Volksgruppe der Mongolen an und sei Buddhistin.
Zum Fluchtgrund brachte sie im Wesentlichen vor, ihr Mann habe bei einer näher genannten Firma gearbeitet, die kein Gehalt ausbezahlt hätte. Ihm sei gesagt worden, wenn sein Unternehmen einen Auftrag erhalte, würde er bezahlt werden, weshalb er dann zwischen dieser und einer anderen Firma einen Kontakt hergestellt habe. Seit diesem Zeitpunkt sei ihr Mann seitens der anderen Firma unter Druck gesetzt wurden, damit er Geld zahle. Man habe ihn geschlagen, verletzt und ihm einen Vorderzahn ausgeschlagen.
Die Beschwerdeführerin sei in der fünften Woche schwanger gewesen und auf dem Weg von der Arbeit nach Hause von unbekannten Leuten (zwei jungen Männern und einer Frau) mitgenommen und im Auto vergewaltigt worden. Man habe ihr gesagt, wenn „wir“ kein Geld zahlten, würden sie die beiden keinen Tag in Ruhe lassen. Sie hätten von ihr Geld verlangt und gedroht, es würde nicht helfen, wenn „wir“ zur Polizei gingen. Konkrete Summe hätten die Personen keine verlangt, nur gesagt, dass ihr Mann bzw. sie ihnen Geld zahlen sollten. Danach wisse sie nichts mehr, habe jedoch ihr Kind verloren. Da ihr Gatte für sich schon entschieden habe, auszureisen, hätten sie gemeinsam das Land verlassen. Mehr wolle sie zu ihren Fluchtgründen nicht sagen. Der letzte Vorfall mit ihrem Mann sei Ende Jänner 2017, ihr Vorfall drei Tage später gewesen.
Mit dem gegenständlichen im Spruch angeführten Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).
Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.
Mit Erkenntnis vom 31.8.2018 erkannte das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung zu (W119 2204467-1/3Z).
Am 17.3.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Mongolisch eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei entschuldigt nicht teilnahm.
Dabei erklärte die Beschwerdeführerin zunächst, gesund zu sein und nicht an chronischen oder sonstigen Krankheiten zu leiden.
Zu ihrem Fluchtgrund brachte sie im Wesentlichen vor, da seine Firma in Konkurs gegangen sei, hätten die beiden Firmen, die ihr Mann seinem Unternehmen vermittelt habe, von ihm Geld verlangt, weshalb „wir“ unter Druck gesetzt worden seien. Ihren Gatten hätte man sogar geschlagen, er habe einen Zahn verloren und sei zuletzt zum Friedhof gebracht, dort verprügelt und bedroht worden. Sie selbst sei von einer Gruppe (zwei Männern und einer Frau) auf den Weg von der Arbeit nach Hause in ein Auto gezerrt und von den beiden Männern vergewaltigt worden. Diese Leute hätten gesagt, ihr Gatte soll das Geld zurückzahlen und sie selbst auch. Es würde nichts bringen, zur Polizei zu gehen. Die Beschwerdeführerin sei in der fünften Woche schwanger gewesen und habe nach einigen Tagen eine Fehlgeburt erlitten. Da ihr Mann erklärt habe, „unser“ Leben sei in Gefahr, wären sie zusammen ausgereist. Angezeigt habe sie den Vorfall deshalb nicht, weil sie nicht gewollt habe, dass ihr Gatte davon erfährt.
Zu ihrer Rückkehrbefürchtung erklärte sie, bei ihnen gebe es keine Garantie zu leben und besonders in „unserem“ Fall handle es sich um viel Geld und die Leute würden „uns“ nicht in Ruhe lassen, um an das Geld zu kommen. Sie hätten große Angst vor diesen Leuten.
Bezüglich Ihrer Zukunftsperspektive brachte die Beschwerdeführerin vor, wenn sie hier einen Aufenthaltstitel bekäme, würde sie als erstes ihre Kinder gut erziehen und wenn diese groß wären, gehe sie arbeiten, sie seien gut integriert.
Vorgelegt wurden für die Beschwerdeführerin folgende Bescheinigungsmittel:
? Mitgliedschaft beim Verein der mongolischen Studenten in Österreich
? Arbeitsvorvertrag als Kellnerin (Vollzeit)
? ÖSD Zeugnis zur Integrationsprüfung A2
? Aufenthaltsbestätigungen eines Krankenhauses bezüglich der Geburten ihrer beiden Kinder (GZ W119 2204464 und GZ W119 2240853)
Seitens der erkennenden Richterin wurden die in das Verfahren eingeführten Länderberichte unter Gewährung einer Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme übergeben und den Beschwerdeführern der Auszug betreffend die Situation der Frauen in der Mongolei sowie betreffend die Sicherheitslage von der Dolmetscherin übersetzt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Mongolei, stammt aus Ulan Bator, gehört der Volksgruppe der Mongolen an und ist buddhistischen Glaubens.
Sie reiste am 14.3.2017 gemeinsam mit ihrem Gatten (GZ W119 22204466-1) mit einem bis 11.4.2017 gültigen Schengen Visum, ausgestellt von der Deutschen Botschaft in Ulan Bator, nach Österreich ein und stellte am 25.4.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
In Ulan Bator besuchte sie von 2002 bis 2012 die Schule und studierte von 2012 bis 2016 an der Universität für Wissenschaft und Technologie. Von der Ausbildung her ist sie IT Ingenieurin und war von 2016 bis zur Ausreise als Eintrittskartenverkäuferin tätig.
Die Beschwerdeführerin ist gesund. Sie gehört keiner Covid-19 Risikogruppe an.
Das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin - auch die angegebene Vergewaltigung - bezieht sich auf das ihres Gatten, welches sich als nicht glaubwürdig erwiesen hat (GZ W119 22204466-1). Deshalb ist es auch der Beschwerdeführerin nicht gelungen, glaubhaft zu machen, in der Heimat von Verfolgung bedroht zu sein.
In Österreich führt die Beschwerdeführerin ein Familienleben mit ihrem Gatten GZ W119 22204466) und den beiden nachgeborenen Kindern (GZ W119 2204464 und GZ W119 2240853). Gegen ihre Angehörigen wurden mit Erkenntnissen vom heutigen Tag Rückkehrentscheidungen erlassen.
Die Beschwerdeführerin erwarb ein ÖSD Zeugnis zur Integrationsprüfung A2 und ist Mitglied in einem Verein. Sie konnte einen Arbeitsvorvertrag (Vollzeit) als Kellnerin vorlegen, erwarb jedoch noch kein legales Einkommen in Österreich und lebt von der Grundversorgung. Zudem erklärte sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich, erst arbeiten zu wollen, wenn die Kinder groß sind.
Feststellungen zur Situation in der Mongolei:
Mongolei COVID-19:
„COVID-19 ist eine durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachte Infektionskrankheit. Sie wurde erstmals 2019 in Metropole Wuhan (Provinz Hubei) beschrieben, entwickelte sich im Januar 2020 in der Volksrepublik China zur Epidemie und breitete sich schließlich zur weltweiten COVID-19-Pandemie aus. Die genaue Ausbruchsquelle ist derzeit noch unbekannt. Es wird angenommen, dass sich das Virus wie andere Erreger von Atemwegserkrankungen hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion verbreitet (vgl. https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Uebertragbare-Krankheiten/Infektionskrankheiten-A-Z/Neuartiges-Coronavirus.html, abgerufen am 30.10.2020).
Die meisten Menschen, die mit dem COVID-19-Virus infiziert sind, leiden an leichten bis mittelschweren Atemwegserkrankungen und erholen sich ohne besondere Behandlung. Ältere Menschen und Menschen mit zugrunde liegenden medizinischen Problemen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, chronischen Atemwegserkrankungen und Krebs, entwickeln mit größerer Wahrscheinlichkeit schwere Krankheiten (vgl. https://www.who.int/health-topics/coronavirus#tab=tab_1, abgerufen am 30.10.2020).
In der Mongolei gab es zum Stichtag 30.10.2020 340 bestätigte COVID-19 Fälle und keinen einzigen Todesfall (vgl. https://covid19.who.int/region/wpro/country/mn, abgerufen am 30.10.2020).“
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 20.10.2020:
COVID-19
Die Mongolei ist seit dem 9. Januar 2020 mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 konfrontiert. Im Land wurden sehr schnell strenge Sicherheitsmaßnahmen ergriffen (LIP 7.2020d). Kaum ein anderes Land hat so früh und so diszipliniert auf die Bedrohung reagiert wie die bitterarme und wirtschaftlich fast völlig von China abhängige Mongolei (DS 5.6.2020).
Nach wie vor bewegen sich die Fallzahlen im niedrigen dreistelligen Bereich. Dabei handelt es sich ausschließlich um aus dem Ausland importierte Fälle im staatlichen Quarantänesystem (AA 14.10.2020). Ende März 2020 hat die Regierung ein Paket von Hilfsmaßnahmen eingebracht, das insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen bei der Bewältigung der Coronakrise helfen soll (GTAI 10.8.2020).
Der bei den Parlamentswahlen Ende Juni im Amt bestätigte Premierminister Ukhnaagiin Khurelsukh bezifferte den Umfang des Unterstützungspakets auf umgerechnet rund 1,8 Milliarden US-Dollar (USD). Ein Anfang August 2020 im Parlament eingebrachter Nachtragshaushalt ermöglicht, dass mehrere der ursprünglich auf drei oder sechs Monate befristeten Maßnahmen länger gelten werden (GTAI 10.8.2020).
Aufgrund der Verbreitung des Coronavirus (COVID-19) sind vorläufig alle Flugverbindungen in das Ausland eingestellt. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht mehr möglich (BMEIA 8.5.2020).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt (14.10.2020): Mongolei: Reise- und Sicherheitshinweise, Aktuell, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/mongoleisicherheit/222842, Zugriff 19.10.2020
- BMEIA – Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten (19.10.2020): Mongolei (Mongolei), Aktuelle Hinweise, Stand 19.10.2020 (Unverändert gültig seit: 09.05.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 19.10.2020
- DS – Der Standard (5.6.2020): Warum die Mongolei inmitten der Corona-Krise Schafe nach China schickte, https://www.derstandard.at/story/2000117887198/warum-die-mongolei-inmitten-der-corona-krise-schafe-nach-china, Zugriff 19.10.2020
- GTAI – German Trade & Invest (10.8.2020): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/mongolei/covid-19-massnahmen-der-regierung-238750, Zugriff 19.10.2020
- LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020d): Mongolei, Alltag, https://www.liportal.de/mongolei/ueberblick/#c57158, Zugriff 25.9.2020
Politische Lage
Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen Russland und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von 3,2 Mio. Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Mio. Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (20187.2020) ca. 1,5 Mio. Menschen (CIA 10.9.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).
Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich (BMZ o.D.). In den vergangenen 20-30 Jahren wurden in der Mongolei 16 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahl (USDOS 19. 6.2020). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2019; vgl. AA 9.2020a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2019). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammerparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2019). Die 76 Abgeordneten werden für vier Jahre gewählt (ÖB 12.2019).
Nach der Revolution im Jahr 1990 hat sich in der Mongolei insgesamt eine stabile Demokratie mit einem Mehrparteiensystem, freien Wahlen und Gewaltenteilung etabliert. Geprägt wurde diese positive Entwicklung jedoch auch durch extrem häufige Regierungswechsel. Skandale um Korruption in Politik und Wirtschaft haben in den vergangenen Jahren immer wieder das Land erschüttert. Laut Meinung von Experten werden Wahlen in dem Land mittlerweile vor allem dazu genutzt, „aus Frustration über die nicht erfüllten Versprechen“ jene Partei abzuwählen, „die derzeit das Parlament kontrolliert“. In den vergangenen Jahrzehnten spielten insbesondere zwei Parteien eine wesentliche Rolle in der mongolischen Politik: Die ehemals kommunistische Staatspartei, die Mongolische Volkspartei (MVP), sowie die aus unterschiedlichen Oppositionsgruppen hervorgegangene Demokratische Partei (DP) (KAS 6.2020).
Bei der Parlamentswahl vom 24. Juni 2020 erhielt die Regierungspartei Mongolische Volkspartei (MVP) von Premierminister Ukhnaa Khurelsukh 62 der 76 Parlamentssitze (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020, GW 25.8.2020). Die oppositionelle Demokratische Partei erzielte elf Sitze. Damit wurde erstmals seit der ersten Mehrparteien-Parlamentswahl 1990 eine Regierungspartei wiedergewählt. Unter den neu gewählten Abgeordneten befinden sich 13 Frauen (LIP 7.2020a; vgl. BAMF 22.6.2020). Die Wahlbeteiligung betrug 73% (BAMF 29.6.2020).
Die Parlamentswahl fand wegen COVID-19 unter Einhaltung von entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen, wie Abstandsregeln und Messung der Körpertemperatur statt (BAMF 29.6.2020).
Der alte und neue Premierminister der im Juli 2020 gebildeten Regierung heißt Ukhnaagiin Khurelsukh. Nachdem er in den Parteigremien mit 100% Zustimmung für das Amt nominiert worden war, stimmte am 2.7.2020 auch die große Mehrheit der Staatsversammlung dem Vorschlag zu. Der Regierung Khurelsukh gehören drei Frauen an (LIP 7.2020a).
Noch profitiert die MVP-Regierung von ihrer strikten und frühzeitigen Präventionspolitik (KAS 4.5.2020). Doch steigt in Folge der COVID-19-Krise auch der Druck auf die Regierung (GW 25.8.2020). Durch frühzeitige Restriktionen konnte eine unkontrollierte Verbreitung bislang verhindert werden. Die beschlossenen Maßnahmen führten in den vergangenen Monaten in der Konsequenz allerdings zu einem massiven Einbruch der mongolischen Wirtschaft (KAS 6.2020; vgl. GW 25.8.2020). Ein Beibehalten der Restriktionen würde die wirtschaftliche Krise verstärken, die gerade den ärmsten Teil der Bevölkerung trifft. Andererseits würde ein Aufheben der Maßnahmen die Mongolei dem Risiko einer sprunghaften Ausbreitung und damit einer angesichts des unterentwickelten Gesundheitssystems unabwendbaren Katastrophe aussetzen. Noch hat es die Regierung durch umfangreiche Hilfspakete geschafft, öffentliche Kritik an ihrem Vorgehen abzuwenden (KAS 6.2020).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (9.2020a): Mongolei – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/-/222882, Zugriff 21.9.2020
- BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (29.6.2020): Briefing Notes 29. Juni 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033951/briefingnotes-kw27-2020.pdf, Zugriff 22.9.2020
- CIA – Central Intelligence Agency (10.9.2020): The World Factbook – Mongolia, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/mg.html, Zugriff 25.9.2020
- GW – Gardaworld) (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020
- LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020
- KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020
- KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (4.5.2020): Corona-Krise in der Mongolei, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/corona-krise-in-der-mongolei, Zugriff 22.9.2020
- KAS – Konrad-Adenauer-Stiftung (6.2020): Parteien zwischen Corona und Korruption, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031677/Die+Mongolei+vor+den+Parlamentswahlen.pdf, Zugriff 22.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Sicherheitslage
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, von der sie bis dahin vollständig abhängig war, baute die Mongolei schnell und konfliktfrei demokratische und marktwirtschaftliche Strukturen auf. Obwohl sich alle politischen Akteure über den demokratischen und marktwirtschaftlichen Kurs des Landes einig sind, gibt es viele Herausforderungen zu bewältigen. Die Regierungsführung ist noch schwach und die Leistungsfähigkeit der staatlichen Institutionen gering (BMZ o.D.).
Nach der innenpolitischen Krise 2018 war die Mongolei von einer Reihe von innenpolitischen Reformen zur Sicherung der Stabilität des Landes gekennzeichnet (BMEIA 25.6.2020). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 29.4.2020). In der Mongolei gibt es einige kleine extrem nationalistischer Gruppen, die gelegentlich chinesische Staatsbürger angreifen. Die Existenz mongolischer Terrororganisationen ist nicht bekannt (GW 3.7.2020).
Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - hatten bisher kein Eskalationspotential (GW 4.7.2020), sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 29.4.2020).
Es kommt mitunter zu gewalttätigen Übergriffen auf chinesische, koreanische und vietnamesische Staatsbürger, die in der Mongolei leben (ÖB Peking 12.2019) durch Ultranationalisten (ÖB Peking 12.2019). Anfang 2020 führte die Regierung eine Reihe von Zwangsausweisungen nordkoreanischer Staatsbürger in Übereinstimmung mit den einschlägigen Resolutionen des UN-Sicherheitsrates durch (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB Peking 12.2019).
Die Mongolei ist außenpolitisch um ein gutes und ausgewogenes Verhältnis zu den beiden großen Nachbarstaaten Russland und China bemüht (BMEIA 25.6.2020) und betreibt eine „Politik des dritten Nachbarn“ als Gegengewicht der möglichen Vereinnahmung durch ihre unmittelbaren Nachbarn. Die Mongolei nutzt die guten Beziehungen sowohl zu Nord- als auch Südkorea für eine Vermittlerrolle auf der koreanischen Halbinsel. Stabile Außenbeziehungen unterhält die Mongolei auch zu Japan (LIP 7.2020a; vgl. AA 2.9.2020, GW 3.7.2020).
Als eines der ersten Länder hat die Mongolei im Jänner 2020 ihre Grenzen für Reisende aus Hochrisikoländern geschlossen, um den Import von Infektionen mit COVID-19 zu verhindern (WKO 5.2020). Die Schließung von internationalen Flug- und Bahnverbindungen aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden mehrmals, zuletzt bis zum 31. Oktober 2020 durch die Regierung verfügt (GW 27.8.2020; vgl. MSZ o.D.) und bleibt vorläufig weiterhin aufrecht. Auch eine Einreise auf dem Landweg ist derzeit nicht möglich (BMEIA 25.9.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (2.9.2020): Mongolei: Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mongolei-node/politisches-portraet/222882, Zugriff 23.9.2020
- Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020
- BMEIA – Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten (25.9.2020): Mongolei (unverändert gültig seit 9.5.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 25.9.2020
- BMEIA – Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (25.6.2020): Außen- und Europapolitischer Bericht 2019, Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten, https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/III/III_00150/imfname_806473.pdf, Zugriff 24.9.2020
- BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020
- GW – Gardaworld (27.8.2020): Mongolia: International flights and rail services canceled until September 15 /update 13, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/373106/mongolia-international-flights-and-rail-services-canceled-until-september-15-update-13, Zugriff 23.9.2020
- GW – Gardaworld (25.8.2020): Mongolia Country Report, Executive Summary, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020
- GW – Gardaworld (4.7.2020): Mongolia Country Report, Social Stability, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020
- GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, Terrorism, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020
- GW – Gardaworld (3.7.2020): Mongolia Country Report, War Risks, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/mongolia, Zugriff 23.9.2020
- LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020a): Mongolei, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/mongolei/geschichte-staat/, Zugriff 22.9.2020
- MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych (o.D.): Powrot Mongolia, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/mongolia, Zugriff 5.10.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
- WKO – Wirtschaftskammer Österreich (5.2020): Wirtschaftsbericht Mongolei, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/mongolei-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 23.9.2020
Rechtsschutz / Justizwesen
Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2019). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2019; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020).
Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Mio. Tögrök (MNT) zuständig. Aimag-Gerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Mio. MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigeninitiative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2019).
Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 29.4.2020). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Doch haben die Verabschiedung von Gesetzesänderungen über die Rechtsstellung der Richter die Unabhängigkeit der Justiz geschwächt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 11.3.2020).
NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 11.3.2020; vgl. Bertelsmann 29.4.2020). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 11.3.2020). Jedoch wurden der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 29.4.2020).
Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 11.3.2020). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2019).
Quellen:
- Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Sicherheitsbehörden
Für die innere Sicherheit sind in erster Linie die Nationale Polizeibehörde und die Allgemeine Behörde für Grenzschutz zuständig, die dem Ministerium für Justiz und Inneres unterstehen. Die General Intelligence Agency, deren Direktor dem Premierminister untersteht, unterstützt diese beiden Behörden bei der inneren Sicherheit. Die Streitkräfte sind dem Verteidigungsministerium unterstellt und unterstützen die Kräfte der inneren Sicherheit bei der Bereitstellung von Nothilfe und Katastrophenhilfe im Inland (USDOS 11.3.2020). Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstellten Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2019). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inkonsequent (USDOS 11.3.2020).
Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2019).
Quellen:
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Korruption
Korruption ist in der gesamten öffentlichen Verwaltung und in der Industrie (Bergbau) weit verbreitet (ÖB 12.2019; vgl. TI 9.7.2018, BMZ o.D.). Die Nichtregierungsorganisation Transparency International listet die Mongolei in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex 2019 auf Platz 106 von 198 analysierten Ländern (TI 2019). Das bedeutet einen Verlust von 13 Plätzen zum Ergebnis von 2018 (TI 2019). 2018 erreichte die Mongolei den 93 Platz (von 198 Staaten) (TI 2018).
Der Großteil der Bevölkerung ist mit den Anti-Korruptionsmaßnahmen der Regierung unzufrieden (TI 9.7.2018). In der mongolischen Öffentlichkeit setzt sich zunehmend das Bewusstsein durch, dass Korruption die Entwicklung des Landes stark behindert. Es wurden Antikorruptionsgesetze verabschiedet und entsprechende Kontrolleinrichtungen geschaffen. Weitere Reformen und eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von Korruption sind jedoch erforderlich (BMZ o.D.).
Das am 1. Juli 2017 in Kraft getretene Strafgesetz führte höhere Strafen für Korruptionsvergehen von öffentlich Bediensteten und Regierungsvertretern sowie deren nächster Verwandtschaft ein. Das Gesetz erfordert von Regierungsvertretern auch die Offenlegung ihrer Vermögen an die Independent Authority Against Corruption (IAAC). Im März 2017 wurde ein staatliches Korruptionsbekämpfungsprogramm mit einer Laufzeit von drei Jahren implementiert (USDOS 11.7.2019).
Seit 2006 wurde das Anti-Korruptionsgesetz mehrfach erweitert (USDOS 11.7.2019; vgl. ÖB 12.2019). Eine gesetzliche Schutzvorschrift liegt seit Ende 2016 jedoch im Entwurf vor (ÖB Peking 12.2019). Jedoch wurden bisher keine Gesetze verabschiedet, die einen Schutz von NGOs und anderen Institutionen, die Korruption der Regierung untersuchen und öffentlich machen, ermöglicht (USDOS 11.7.2019). Journalisten, die Korruptionsfälle aufdecken, werden mitunter von einflussreichen Betroffenen mittels Diffamierungs-Klagen in den Ruin getrieben (ÖB Peking 12.2019).
Es gibt eine weitreichende Immunität von Amtsträgern gegenüber strafrechtlicher Verfolgung (TI 9.7.2018) und es gibt Bedenken, dass Teile der Justiz und der IAAC weitgehend von politischen Kreisen kontrolliert werden, welche verhindern möchten, durch eine tatsächlich unabhängige Behörde selbst der Korruption bezichtigt zu werden (Bertelsmann 29.4.2020; vgl. FH 4.3.2020).
Quellen:
- Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020
- BMZ – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (o.D.): Mongolei, Situation und Zusammenarbeit, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/mongolei/index.jsp, Zugriff 23.9.2020
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2019 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2019/results/mng, Zugriff 23.9.2020
- TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018 Mongolia, https://www.transparency.org/en/cpi/2018/results/mng, Zugriff 23.9.2020
- TI – Transparency International (9.7.2018): Mongolia: Overview of Corruption and Anti-Corruption, https://knowledgehub.transparency.org/helpdesk/mongolia-overview-of-corruption-and-anti-corruption, Zugriff 24.9.2020
- USDOS – U.S. Department of State (11.7.2019): Investment Climate Statements for 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031888.html, Zugrifff 24.9.2020
Religionsfreiheit
Religionsfreiheit ist durch die Verfassung garantiert (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von Religion und verbietet dem Staat eine Ausübung religiöser Aktivitäten wie auch religiösen Institutionen die Durchführung von politischen Aktivitäten (USDOS 10.6.2020). Religiöse Dogmen haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Rechtsordnung oder auf politische Institutionen, auch wenn von manchen hohen Regierungsvertretern bekannt ist, dass sie religiös sind (Bertelsmann 9.4.2020).
Die Mongolei erlebte seit der demokratischen Revolution 1990 ein Wiederaufleben der Religiosität, insbesondere des Buddhismus und des traditionellen Schamanismus (Bertelsmann 29.4.2020). Vorherrschende Religion in der Mongolei ist der tibetische Buddhismus, dem 53% der Bevölkerung anhängen. 3,9% sind Muslime, 2,9% Anhänger des Schamanismus und 2,1% Christen; 38,6% der Bevölkerung sind konfessionslos (Bertelsmann 29.4.2020).
Die Mehrheit der Buddhisten gehört dem Mahayana-Zweig an. Viele Menschen praktizieren Elemente des Schamanismus in Kombination mit Buddhismus. Der größte Teil der Christen gehört den Protestanten an, wobei auch andere christliche Denominationen wie Mormonen, Katholiken, Zeugen Jehowas und der Russischen Orthodoxie in der Mongolei vertreten sind. Die ethnische Gruppe der Kasachen im Nordwesten des Landes ist vorwiegend muslimisch (USDOS 10.6.2020).
Religiöse Institutionen sind per Gesetz dazu verpflichtet, sich zu registrieren. Die Registrierung ist in den meisten Fällen auf ein Jahr beschränkt und muss dann erneuert werden (USDOS 10.6.2020). Dabei ist das Registrierungsverfahren je nach Region und Ort unterschiedlich (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 10.6.2020). Einige religiöse Gruppen melden daher Schwierigkeiten, sich in manchen Regionen zu registrieren oder ihre Registrierung zu erneuern. Der Registrierungsprozess kann laut Berichten zwischen wenigen Wochen bis zu einigen Jahren dauern. Nichtregistrierte religiöse Gruppen werden durch wiederholte Besuche von Finanzbeamten, der Polizei oder anderen Beamten schikaniert (USDOS 10.6.2020).
Das Religionsgesetz verbietet die Verbreitung religiöser Ansichten mittels Gewalt, Druck, durch materielle Anreize, Täuschung oder Mittel, die Gesundheit oder Moral schaden oder psychische Schäden hervorrufen können. In manchen Regionen wird Kindern und Minderjährigen aus Angst vor „Gehirnwäsche“ die Teilnahme an religiösen Aktivitäten verboten (USDOS 10.6.2020).
Es gibt keine institutionalisierte Diskriminierung aufgrund von Religion. Die verschiedenen religiösen Gruppen haben nahezu gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Beschäftigung und öffentlichen Dienstleistungen. Die religiöse Toleranz ist stark ausgeprägt (Bertelsmann 29.4.2020).
Quellen:
- Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Mongolia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029517/country_report_2020_MNG.pdf, Zugriff 22.9.2020
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- USDOS – US Department of State (10.6.2020): 2019 Report on International Religious Freedom: Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031300.html, Zugriff 24.9.2020
Relevante Bevölkerungsgruppen
Frauen
Die Verfassung bestimmt, dass keine Person ob ihrer Herkunft, Sprache, Abstammung, Alters, Geschlechts, sozialer Herkunft oder ihres Status diskriminiert werden darf und dass gemäß Art. 16 Abs. 11 VerfG Männer und Frauen in politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und familiären Angelegenheiten gleichbehandelt werden müssen. Seit 2011 gibt es ein Gesetz zur Geschlechtergleichstellung (ÖB Peking 12.2019). Mongolische Frauen sind an sich emanzipiert, gebildet und nehmen aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben teil. Dennoch ist die mongolische Gesellschaft eine patriarchalische, in der der Mann das Familienoberhaupt ist, auch wenn die Zahl der allein von Frauen geführten Haushalte zunimmt (LIP 7.2020b). So sind Frauen weiterhin gesellschaftlicher Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt (FH 4.3.2020).
Die Mongolei liegt in der Erreichung der genderspezifischen Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs - Millennium Development Goals) stark zurück, v.a. die Versorgung im Bereich reproduktive Gesundheit ist schlecht (ÖB Peking 12.2019). Die Zahl der Teenagerschwangerschaften nimmt von Jahr zu Jahr zu. Hatten 2014 3.259 Frauen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren ein Kind zur Welt gebracht, waren es 2016 3.829. Als Hauptursachen werden mangelnde Aufklärung und Unkenntnis über Verhütungsmöglichkeiten benannt (LIP 7.2020b).
Das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen liegt mit 55 Jahren fünf Jahre unter jenem der Männer. Geschiedenen Frauen steht laut Familiengesetz Alimente zu. Es gibt keine Gesetzgebung gegen sexuelle Belästigung (ÖB Peking 12.2019; vgl. FH 4.3.2020).
Häusliche Gewalt stellt ein schwerwiegendes und weit verbreitetes Problem dar (ÖB Peking 12.2019). Gewalt gegen Frauen, insbesondere im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch, ist laut Berichten von NGOs im Zunehmen begriffen (ÖB Peking 12.2019). Eine in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen durchgeführte und 2018 veröffentlichte Umfrage der Regierung ergab, dass fast ein Drittel aller mongolischen Frauen körperlicher oder sexueller Misshandlung durch einen Partner ausgesetzt waren. Lediglich 10% derjenigen, die schwere sexuelle Gewalt durch einen Nichtpartner erlitten hatten, meldeten die Verbrechen bei den Behörden (FH 4.3.2020). Das Gesetz kriminalisiert sexuelle Handlungen durch körperliche Gewalt oder die Androhung von Gewalt und sieht gemäß den Umständen Strafen von einem bis zu 20 Jahren Haft oder lebenslange Haft vor. Das Strafgesetz kriminalisiert ebenso Vergewaltigung in der Ehe. Häusliche Gewalt stellt gleichfalls den Tatbestand eines Verbrechens dar, für das die Täter entweder verwaltungs- oder strafrechtlich bestraft werden können. Im letzteren Fall auch mit einer Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren. Häusliche Gewalttäter werden in einer Datenbank erfasst und beim zweiten Vergehen wird automatisch ein Verfahren nach dem Strafgesetz eingeleitet. Alternative Maßnahmen zum Schutz vor häuslicher Gewalt wie Wegweisungen oder einstweilige Verfügungen sind in der Praxis schwer durchzusetzen. Das National Center Against Violence (NCAV), einer lokalen NGO, die Kampagnen gegen häusliche Gewalt betreibt, berichtet über vermehrte Anzeigen wegen häuslicher Gewalt durch Dritte (USDOS 11.3.2020). UNFPA, der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, führt gemeinsam mit der mongolischen Polizei Projekte zum Kapazitätsaufbau im Bereich häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen durch (ÖB Peking 12.2019).
Gemäß NCAV gibt es landesweit 14 Notunterkünfte von NGOs und in lokalen Krankenhäusern, wo Opfer häuslicher Gewalt bis zu 72 Stunden Unterkunft bekommen können (USDOS 11.3.2020). Das einzige Frauenhaus des Landes in Ulan Bator wird von einer NGO geführt und erhält keinerlei öffentliche Unterstützung (ÖB 12.2019). Insbesondere im ländlichen Raum stellt die geringe Anzahl von Schutzeinrichtungen für Schutzsuchende eine Herausforderung dar (USDOS 11.3.2020). Für alleinerziehende Mütter ist das Risiko, ein Leben in extremer Armut zu führen, generell sehr hoch (ÖB 12.2019).
Die Mongolei ist ein Ursprungs- und Transitland für den illegalen Handel von Menschen zur sexuellen Ausbeutung und Zwangsarbeit, sowie Kinderprostitution. China gehört zu den Hauptzielländern. Prostitution, insbesondere von Minderjährigen, ist weitverbreitet. Primär wurde in Richtung Westeuropa in den letzten Jahren vermehrt mit jungen Frauen gehandelt, die mit Arbeit oder Studien im Ausland gelockt wurden. In letzter Zeit gibt es verstärkt Berichte über gezielten Menschenhandel Richtung China, wobei Frauen als Ehefrauen verkauft werden oder Opfer von Organhändlerbanden werden. Mit dem zunehmenden Wohlstand werden auch vermehrt illegale Hausangestellte von den Philippinen in die Mongolei geschleust (ÖB Peking 12.2019; vgl. FH 4.3.2020).
Die Mongolei erfüllt die Minimumstandards für die Eliminierung von Menschenhandel nur unzureichend (FH 4.3.2020). Im Jänner 2012 wurde das erste Gesetz gegen den Menschenhandel verabschiedet, allerdings wird dessen mangelnde Umsetzung kritisiert (ÖB Peking 12.2019). Im Juli 2017 trat das neue Strafgesetz in Kraft. Die Artikel 12.3 und 13.1 stellen Menschenhandel zum Zwecke von Arbeit und Sex unter Strafe. Menschenhandel wird mit einem Strafmaß von zwei bis acht Jahren Haft – sind Kinder betroffen fünf bis zwölf Jahre – geahndet. 2017 wurden von den Behörden zwölf Menschenhandelsfälle ermittelt. Korruption und mangelndes lösungsorientiertes Vorgehen zur Lösung der Problematik behindern Fortschritte (FH 4.3.2020).
Quellen:
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020b): Mongolei, Ethnizität und Soziales, https://www.liportal.de/mongolei/gesellschaft/, Zugriff 22.9.2020ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (25.6.2020): 2020 Trafficking in Persons Report: Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2036323.html, Zugriff 24.9.2020
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Kinder
Kindesmissbrauch in Form häuslicher Gewalt und sexuellem Missbrauch ist ein bedeutendes Problem (ÖB Peking 12.2019). Die Regierungsbehörde Family, Child, and Youth Development Authority (FCYDA) berichtet, dass mit der verpflichtenden Meldung von Kindesmissbrauch, die im neuen Strafgesetz festgelegt ist, die gemeldete Zahl von Fällen häuslicher Gewalt gegen Kinder gestiegen ist (USDOS 11.3.2020).
Einige Kinder sind als Folge armutsbedingter Vernachlässigung oder Misshandlungen durch ihre Eltern verwaist oder von zu Hause weggelaufen. Laut den Angaben der Polizei werden Kinder von misshandelnden Eltern in Schutzhäuser gebracht, einige Beobachter meinen allerdings, dass viele Jugendliche wieder zu ihren misshandelnden Eltern gebracht werden (USDOS 11.3.2020).
Manche mongolischen Kinder sind gezwungen zu betteln, zu stehlen, oder in informellen Wirtschaftssektoren wie als Jockeys bei Pferderennen, im Bergbau, der Vieh- und Weidewirtschaft, im Bauwesen oder als Müllsucher zu arbeiten. Andere Kinder sind auch dem Sexhandel ausgeliefert. Berichte der letzten Jahre legen nahe, dass Touristen aus Japan und Südkorea zum Zwecke sexueller Aktivitäten mit Kindern in die Mongolei reisen würden. Auch Buben sind einem hohen Risiko ausgesetzt, Zwangsarbeit zu verrichten, oder dem Sexhandel ausgesetzt zu werden (USDOS 6.2018; vgl. FH 4.3.2020). Sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen, darunter Zwangsprostitution, ist problematisch. NGOs berichten, dass Kinderpornografie verbreitet ist. Die Polizei unternimmt Aktivitäten im Kampf gegen Kinderpornografie. Der Strafrahmen für das Benutzen von Kindern für pornografische Zwecke wurde mit dem neuen Strafgesetzbuch auf acht Jahre Haft (vorher: fünf) erhöht (USDOS 11.3.2020).
Anmerkung: Zum Thema Menschenhandel siehe auch Abschnitt 18.1.
Quellen:
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (25.6.2020): 2020 Trafficking in Persons Report: Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2036323.html, Zugriff 25.9.2020
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Bewegungsfreiheit
Mongolischen Staatsbürgern ist das Reisen innerhalb des Landes und auch ins Ausland gestattet (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.3.2020). Doch wurden zur Verhinderung einer Verbreitung von COVID-19 im Land der Überlandbus-, Flug- und Zugverkehr eingestellt, sowie der private Autoverkehr stark eingeschränkt (BMEIA 25.9.2020). Der Zuzug aus den Provinzen nach Ulaanbaatar ist seit Jänner 2017 untersagt. Eine Wohnsitznahme in der Hauptstadt ist nur mehr unter bestimmten Voraussetzungen möglich (u.A. medizinische Langzeitbehandlung oder Besitz von Wohneigentum) (GoGo 10.1.2017; vgl. Montsame 28.12.2017); diese Regelung bleibt auch 2020 in Kraft (AI 30.1.2020).
An den Grenzkontrollstellen findet eine genaue Überprüfung des Reisepasses statt, wobei bei mongolischen Staatsangehörigen auch der Personalausweis als weitere Überprüfungsgrundlage herangezogen werden kann (ÖB Peking 12.2019). Ausreiseverbote betreffen Personen, die in rechtliche Verfahren verwickelt sind (FH 4.3.2020).
Das Straßennetz in der Mongolei ist mangelhaft ausgebaut. Weil das Land äußerst dünn besiedelt ist, fehlen vielerorts Verkehrswege (LIP 7.2020; vgl. BMEIA 25.9.2020).
Quellen:
- AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023874.html, Zugriff 24.9.2020
- BMEIA – Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten (25.9.2020): Mongolei (unverändert gültig seit 9.5.2020), https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/mongolei/, Zugriff 25.9.2020
- Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2030897.html, Zugriff 23.9.2020
- LIP – LIPortal, Das Länderinformationsportal (7.2020c): Mongolei, Verkehrswege, https://www.liportal.de/mongolei/ueberblick/#c57158, Zugriff 25.9.2020
- GoGo Mongolia (10.1.2017): Migration to Ulaanbaatar city stops until 2018, http://mongolia.gogo.mn/r/156735, Zugriff 25.9.2020
- Montsame (21.12.2017): Migration from provinces to be halted until 2020, http://montsame.mn/en/read/12912, Zugriff 25.9.2020
- ÖB Peking (12.2019): Asylländerbericht 2019 Mongolei
- USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Mongolia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026429.html, Zugriff 21.9.2020
Grundversorgung und Wirtschaft
Den Übergang zur Marktwirtschaft hat die Mongolei gut gemeistert. Heute werden rund 85% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von Privatunternehmen erwirtschaftet. Hinzu kommt, dass das Land einen grundlegenden strukturellen Wandel vollzieht – von einem Agrarland hin zu einer Volkswirtschaft, die hauptsächlich auf Rohstoffexporten basiert (BMZ o.D.).
2016 erlebte die Mongolei eine schwere Wirtschaftskrise und sah sich mit einem hohen Budgetdefizit und dem beinahem Staatsbankrott konfrontiert. Durch Beistandskredite des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), Japans und Südkoreas für die nächsten drei Jahre konnte eine weitere Verschlechterung der Situation aber verhindert werden. Zahlreiche Stellen im öffentlichen Dienst wurden sofort gestrichen. Nachdem 2015 die niedrigen Rohstoffpreise und die sinkende Nachfrage des größten Handelspartners China zu rückläufigen Exporten führten, erholten sich 2017 die Weltrohstoffpreise und die ausländischen Direktinvestitionen in die Mongolei. Außerdem stieg der private Konsum wieder an, was 2017 zusammen mit Investitionen zu einem deutlich stärkeren Wirtschaftswachstum von 5,2% führte. 2018 entwickelte sich die mongolische Wirtschaft solide (+6,7%) (ÖB Peking 12.2019). Die Inflationsrate wurde 2016 auf 0,5 % und 2017 auf 4,6 % geschätzt (CIA 10.9.2020).
Die Arbeitslosenrate lag 2018 bei 6,6% (WKO 5.2020), war jedoch erheblich höher unter Jugendlichen (fast 17%). Experten gehen aber davon aus, dass sie tatsächlich wesentlich höher liegt (BMZ o.D.). Der Mindestlohn liegt bei umgerechnet 107 Euro im Monat. Es gibt eine gesetzliche 40-Stunden-Woche, jedoch arbeiten geschätzte 60% der mongolischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Schattenwirtschaft (v.a. Landwirtschaft, Bergbau). Die Regierung gewährt aber auch diesen ArbeitnehmerInnen Zugang zu grundlegenden Sozial- und Gesundheitsleistungen (ÖB Peking 12.2019).
Laut ADB 2016 lebten 29,6% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze (2014: 21,6%). Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) schätzte im Jahr 2015, dass mehr als 20% der Bevölkerung unterernährt sind (ÖB Peking 12.2019).
Viele Landbewohner ziehen auf der Suche nach Einkommensmöglichkeiten in die Hauptstadt Ulaanbaatar, in der heute bereits etwa 45% aller Einwohner der Mongolei leben. Der dortige Arbeitsmarkt kann die Zuwanderer jedoch kaum mehr aufnehmen. Ulaanbaatar ist zwar Verwaltungs-, Handels- und Dienstleistungszentrum, es gibt jedoch praktisch keine verarbeitende Industrie. Die Migranten finden – wenn überhaupt – nur eine Beschäftigung im informellen Sektor (BMZ o.D.). Rund 60 % der BewohnerInnen der Hauptstadt leben in Jurtenvierteln, in denen es sanitäre Mängel gibt (ÖB Peking 12.2019; vgl. Bertelsmann 29.4.2020). Die Luftverschmutzung in Folge der Verwendung minderwertiger Kohle zum Heizen führt vor allem bei Kindern zu Atemwegserkrankungen (ÖB Peking 12.2019).
Wurde für 2019 wird mit einem Wirtschaftswachstum von 6,8% gerechnet (ÖB 12.2019), trifft im Zuge der Corona-Krise der wirtschaftliche Abschwung im Nachbarland China die Mongolei besonders hart. Im Januar und Februar sind die Exporte um 35,9% eingebrochen. Für das Gesamtjahr 2020 rechnen Experten mit einem Rückgang der Ausfuhren um 1,6 Mrd. USD. Vor allem die Nachfrage nach dem für die Mongolei so wichtigen Exportgut Kohle hat nachgegeben (WKO 5.2020).
Die Regierung von Premierminister Ukhnaagiin Khurelsukh wird die Haushaltsdisziplin gemäß der Darlehensfazilität des Internationalen Währungsfonds (IWF) für die Mongolei von 2017 beibehalten, auch wenn einige der Einsparungsmaßnahmen seines Vorgängers rückgängig gemacht werden (GW 25.8.2020).
Aufgrund ihrer geographischen Lage ist die Mongolei äußerst exponiert gegenüber den negativen Konsequenzen des Klimawandels. Besonders die Nomadenbevölkerung hat unter zunehmender Wasserknappheit und Desertifikation zu leiden. Der Winter 2009/2010 war der kälteste seit 40 Jahren, Berichten zufolge sind bis zu sechs Mio. Stück Vieh in der Steppe verendet. Auch der Winter 2015/2016 brachte extremen Winter, vereiste Weidegründe und den Tod von hunderttausenden Tieren mit humanitärer Notlage für die NomadInnen. Viele der NomadInnen fliehen angesichts dieser Katastrophen in die Hauptstadt, wo sie ein Leben in extremer Armut in Slum-Vierteln am Stadtrand (Ger-Viertel) fristen (ÖB Peking 12.2019).
Die öffentliche Verwaltung stellt die meisten grundlegenden Dienstleistungen im ge