Entscheidungsdatum
28.05.2021Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W175 2241027-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichter über die Säumnisbeschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen die Österreichische Botschaft Islamabad wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zur Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 8 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (BF), eine Staatsangehörige Afghanistans, stellte am 02.01.2018 elektronisch und am 23.04.2018 persönlich bei der Österreichischen Botschaft Islamabad (ÖB Islamabad) unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Als Bezugsperson wurde der Ehemann genannt, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12.10.2017 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war.
2. Nachdem die Unterlagen dem BFA übermittelt wurden, teilte dieses der belangten Behörde in seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG, datiert mit 20.07.2018, mit, dass die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die von der BF vorgelegten Dokumente würden nicht genügen, ihre Identität einwandfrei nachzuweisen. Zu diesem Nachweis wäre noch die Durchführung einer Dokumentenüberprüfung aller Dokumente erforderlich. Näheres ergebe sich aus der beiliegenden Stellungnahme.
In besagter Stellungnahme wurde ausgeführt, dass die von der BF vorgelegten Dokumente (Reisepass, Tazkira, Heiratsurkunde) aufgrund des ausgesetzten Beglaubigungsverfahrens für afghanische Dokumente seitens der ÖB Islamabad nicht auf Echtheit beziehungsweise Vollständigkeit überprüft worden seien. Gemäß § 35 Abs. 3 AsylG habe die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Grundsätzlich würden an das BFA nur Kopien der vorgelegten Originaldokumente übermittelt werden. Im Rahmen der Amtshilfe habe das BFA die Möglichkeit, Ersuchen um Verifizierung von Vorbringen und Aussagen des Antragsellers im Familienverfahren sowie um Überprüfung von Urkunden und Dokumenten an die Vertretungsbehörde heranzutragen. Fremde Identitäts-, Staatsbürgerschafts- und Personenstandsdokumente etc. seien grundsätzlich immer auf ihre Echtheit und Unverfälschtheit zu überprüfen. Die von der BF vorgelegten Dokumente seien seitens der ÖB Islamabad nicht auf Echtheit respektive ihre Unverfälschtheit überprüft worden, da selbige lediglich mit dem Aufdruck „Original, gesehen Datum“ versehen seien. Zwar liege nach Überprüfung der Aktenlage im konkreten Fall kein Verdachtsmoment einer falschen Identität vor, jedoch könne nunmehr eine verpflichtende Dokumentenprüfung erst nach Einreise der BF seitens BFA angeordnet beziehungsweise durchgeführt werden. Diese Vorgehensweise berge aber das erhebliche Risiko in sich, dass sich erst nach der Einreise herausstellen könne, dass eine andere Identität des legal Eingereisten vorliege und diese Person möglicherweise als Gefährder/Gefährderin auch eine Gefahr für die Republik Österreich darstelle. Von der ÖB Islamabad wären auch noch die widersprüchlichen Angaben des Befragungsformulars im Einreiseverfahren zu verifizieren. Befragt, ob die BF staatenlos sei, sei die Frage mir „Ja“ beantwortet worden. Eine Staatenlosigkeit stehe jedoch im Widerspruch zu dem vorgelegten afghanischen Reisepass, in welchem „Nationality: Afghan“ vermerkt sei.
3. Mit Schreiben vom 25.07.2018 wurde der BF eine Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt. Es wurde mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung der Anträge mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Eine ausführliche Begründung sei der beiliegenden Mitteilung und Stellungnahme des BFA vom 20.07.2018 zu entnehmen. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die angeführten Ablehnungsgründe durch ein unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu widerlegen.
4. In ihrer Stellungnahme, datiert mit 31.07.2018, brachte die BF zusammengefasst vor, dass sich aus der Stellungnahme des BFA ergebe, dass das BFA die ÖB ersuche, weitere Ermittlungen zu tätigen. Ungeachtet der Tatsache, dass dies in Form eines Amtshilfeersuchens und nicht in Form einer negativen Prognose zu ergehen hätte, sei es dennoch ein Auftrag an die ÖB. Die BF könne nicht nachvollziehen, weshalb ihr in dieser Sache Parteiengehör gewährt worden sei. Ebenso wenig stünden ihr die Mittel für eine Dokumentenüberprüfung zur Verfügung. Sie erkläre sich mit einer Prüfung der Dokumente einverstanden. Betreffend die Protokollierung, wonach die BF staatenlos sei, wurde ausgeführt, dass es sich dabei offensichtlich um einen Irrtum handle. Die BF sei afghanische Staatsangehörige.
5. Mit Mail vom 01.08.2018 übermittelte die ÖB Islamabad die Stellungnahme der BF an das BFA.
6. Mit Mail vom 30.01.2019 erkundigte sich die damalige rechtliche Vertretung der BF nach dem aktuellen Verfahrensstand, worauf die ÖB Islamabad mitteilte, dass noch keine erneute Wahrscheinlichkeitsprognose ergangen sei.
7. Mit Mail vom 31.01.2019 erkundigte sich die ÖB Islamabad beim BFA, ob bereits eine erneute Überprüfung durchgeführt worden sei und eine Wahrscheinlichkeitsprognose ausgestellt habe werden können.
Mit Mail vom 31.01.2019 teilte das BFA der ÖB Islamabad mit, dass erst nach Überprüfung der Echtheit und Unverfälschtheit aller Personendokumente weitere Verfahrensschritte seitens BFA gesetzt werden könnten.
8. Mit Mail vom 01.02.2019 wies die ÖB Islamabad das BFA auf einen ähnlich gelagerten Fall hin. Eine Überprüfung afghanischer Urkunden, die derzeit nur im Wege eines Vertrauensanwaltes möglich sei, sei in Ermangelung einer Übernahme des Anwaltshonorars durch das BFA (PKR 40.000,-, die zum jeweils gültigen Kassenwert des BMEIA auf das österreichische Konto des Vertrauensanwaltes in Euro zu entrichten wären) nicht möglich. Wenngleich in ähnlichen Fällen alternativ versucht worden sei, den Parteien Verbesserungsaufträge zu erteilen, in denen diese ersucht worden seien, das Anwaltshonorar an der ÖB zu entrichten, sei die ÖB Islamabad vom Österreichischen Roten Kreuz darauf hingewiesen worden, dass gemäß Konsulargebührengesetz sämtliche Amtshandlungen nach dem AsylG (mit Ausnahme der jüngst eingeführten Antragsgebühr) von den Konsulargebühren ausgenommen seien. Dies erstrecke sich auch auf Auslagenersätze. Bei Verfahren gemäß § 35 AsylG seien die Auslagen für die Dokumentenüberprüfung nicht seitens der Antragsteller zu ersetzen.
Die ÖB werde auf Ersuchen des BFA keine Dokumentenprüfung durch ihre Vertrauensanwälte zu Lasten der Antragsteller mehr veranlassen können.
Sofern der – der ÖB nicht vorliegende – Generalerlass des BFA allenfalls normieren sollte, dass Dokumentenprüfungen durch die ÖB zu erfolgen hätten, werde darauf hingewiesen, dass dieser lediglich eine dienstinterne Arbeitsanweisung für das BFA darstelle, die keinerlei Wirkung auf das BMEIA und seine Vertretungsbehörden entfalte. In weiterer Folge wären die mit allfälligen benötigten Dokumentenüberprüfungen einhergehenden Anwaltskosten vom BFA zu begleichen; andernfalls sei eine Befassung mit dem Vertrauensanwalt der ÖB nicht mehr möglich und habe die ÖB auch sonst keine Möglichkeit, Dokumente auf deren Echtheit zu überprüfen.
9. Mit Mail vom 24.04.2019 erkundigte sich die damalige rechtliche Vertretung der BF erneut nach dem Verfahrensstand.
Die ÖB Islamabad teilte am selben Tag mit, dass noch keine erneute Wahrscheinlichkeitsprognose ergangen sei.
10. Mit Mail vom 25.04.2019 erkundigte sich die ÖB Islamabad mit Hinweis auf ihr Mail vom 01.02.2019 beim BFA, ob bereits eine erneute Wahrscheinlichkeitsprognose ausgestellt habe werden können.
Mit Mail vom 26.04.2019 teilte das BFA mit, dass das Mail der ÖB Islamabad vom 01.02.2019 zur Klärung an die Direktion in Wien übermittelt worden sei. Bis heute sei trotz Urgenz keine Entscheidung eingelangt. Die ÖB werde umgehend informiert werden.
11. Mit Mail vom 07.08.2019 erkundigte sich die damalige rechtliche Vertretung der BF erneut bei der ÖB Islamabad nach dem Verfahrensstand.
Mit Mail vom 08.08.2019 teilte die ÖB Islamabad der damaligen rechtlichen Vertretung der BF mit, dass das Verfahren noch zur Bearbeitung beim BFA liege.
12. Mit Mails vom 22.08.2019, 26.09.2019 und 20.11.2019 erkundigte sich die ÖB Islamabad beim BFA, ob bereits eine erneute Wahrscheinlichkeitsprognose ausgestellt habe werden können.
Mit Mail vom 21.11.2019 teilte das BFA der ÖB Islamabad mit, dass erst nach Überprüfung der Echtheit und Unverfälschtheit aller Personendokumente weitere Verfahrensschritte seitens BFA gesetzt werden könnten. Auf die Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA vom 20.07.2018 wurde verwiesen.
13. Mit Mail vom 22.11.2019 teilte die nunmehrige rechtliche Vertretung der BF der ÖB Islamabad mit, dass nach Akteneinsicht beim BFA in Erfahrung gebracht werden habe können, dass eine inhaltliche Entscheidung der ÖB aufgrund der Frage, wer für die Übernahme des Anwaltshonorars aufkomme, ausstehend sei. Dem Akt habe entnommen werden können, dass eine letztmalige Korrespondenz zwischen ÖB und BFA am 26.04.2019 stattgefunden habe. Aufgrund der außergewöhnlich langen Verfahrensdauer sei die nunmehrige rechtliche Vertretung von der Bezugsperson gebeten worden, zu erfragen, auf welche Höhe sich die Kosten des Anwaltshonorars belaufen würden und ob eine Kostenübernahme durch die BF beziehungsweise die Bezugsperson grundsätzlich möglich sei.
Mit Mail vom 27.11.2019 teilte die ÖB Islamabad der nunmehrigen rechtlichen Vertretung mit, dass eine Überprüfung afghanischer Unterlagen durch den Vertrauensanwalt grundsätzlich möglich sei und vier bis sechs Wochen dauern würde. Die an der ÖB zu entrichtenden Kosten würde PKR 40.000,- (lt. aktuellem Kassenwert des BMEIA EUR 231,21) betragen. Eine Kostenübernahme durch die BF beziehungsweise die Bezugsperson sei jederzeit möglich. Das Honorar könne von der BF oder einer nachweislich bevollmächtigten Person bei der ÖB entrichtet werden.
14. Mit Mail vom 06.12.2019 teilte die rechtliche Vertretung der BF mit, dass die Familie der BF bereit sei, die Kosten für die Überprüfung der Unterlagen zu übernehmen. Der Schwiegervater der BF sollte in den kommenden Tagen ein Visum zur Einreise nach Pakistan erhalten und werde bei der ÖB Islamabad die Kosten bezahlen. Eine Vollmacht werde im Zuge der Vorsprache vorgelegt werden.
15. Mit Mail vom 09.01.2020 teilte die ÖB Islamabad der rechtlichen Vertretung der BF mit, dass die Vollmacht, welche am 27.12.2019 der ÖB vorgelegt worden sei, nicht notariell beglaubigt gewesen sei. Der Schwiegervater der BF sei aufgefordert worden, eine Vollmacht mit einer notariellen Beglaubigung der Unterschrift des Vollmachtgebers vorzulegen beziehungsweise zu übermitteln. Sobald bei der ÖB die besagte Vollmacht einlange, erfolge die Beauftragung des Vertrauensanwaltes.
16. Mit Mail vom 24.08.2020 übermittelte die ÖB Islamabad dem BFA das Ergebnis der Dokumentenüberprüfung mit der Bitte um weitere Veranlassung.
17. Mit Mail vom 30.09.2020 erkundigte sich die rechtliche Vertretung der BF bei der ÖB Islamabad, ob der Bericht des Vertrauensanwaltes bereits vorliege beziehungsweise ob dieser bereits an das BFA weitergeleitet worden sei.
Mit Mail vom 08.10.2020 teilte die ÖB Islamabad der rechtlichen Vertretung der BF mit, dass die Überprüfung der Dokumente abgeschlossen sei. Das Ergebnis sei dem BFA zur Bewertung und Mitteilung, ob weiterhin an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde, weitergeleitet worden.
18. Mit Mail vom 21.10.2020 teilte das BFA der ÖB Islamabad mit, dass nach Durchsicht der übermittelten Dokumentenüberprüfung eine Überprüfung des Reisepasses der BF ausständig sei. Dies sei jedoch zur Feststellung der Identität der BF unerlässlich.
Mit Mail vom 12.11.2020 übermittelte die ÖB Islamabad dem BFA das Ergebnis der neuerlichen Dokumentenüberprüfung mit der Bitte um weitere Veranlassung.
19. Mit Mail vom 02.02.2021 leitete das BFA eine Mail der rechtlichen Vertretung der BF an die ÖB Islamabad weiter. Die rechtliche Vertretung habe sich direkt beim BFA nach dem Verfahrensstand erkundigt. Der Akt sei in Bearbeitung.
20. Am 19.02.2021 erhob die BF aufgrund der Verletzung der gesetzlichen Entscheidungsfrist die gegenständliche Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 Abs. 3 B-VG und § 8 VwGVG.
Zusammengefasst wurde nach Wiedergabe des Sachverhaltes ausgeführt, dass die BF am 23.04.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG gestellt habe und bis dato – nach erfolgter Überprüfung der vorgelegten Dokumente durch einen Vertrauensanwalt – keine Entscheidung hinsichtlich ihres Antrages ergangen sei. Gemäß § 73 Abs. 1 AVG seien Behörden verpflichtet, spätestens sechs Monate nach Einlagen eines Antrages einer Partei den Bescheid zu erlassen. Die gesetzliche Entscheidungsfrist von sechs Monaten sei im konkreten Fall jedenfalls abgelaufen. Es sei zu berücksichtigen, dass der BF kein Verschulden an der Verfahrensdauer vorzuwerfen sei. In Anbetracht der Tatsache, dass das Verfahren nunmehr seit rund drei Jahren und zehn Monaten bei der belangten Behörde anhängig sei, könne auch die COVID-19 Pandemie nicht als ursächlich für die lange Verfahrensdauer angesehen werden. Die Verfahrensverzögerung sei auf das überwiegende Verschulden der Behörde zurückzuführen und sei die BF aufgrund der Untätigkeit in ihrem Recht auf Entscheidung verletzt worden. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG in der Sache selbst entscheiden, sowie der ÖB Islamabad auftragen, dass das beantragte Visum zum Zwecke der Familienzusammenführung zu erteilen sei.
21. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 31.03.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 06.04.2021, wurde die Säumnisbeschwerde samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum maßgeblichen Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und dem Gerichtsakt.
Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung der Säumnisbeschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:
„Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit
§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde
§ 8 (1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
(2) In die Frist werden nicht eingerechnet:
1. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;
2. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Erkenntnisse
§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
[…]
Beschlüsse
§ 31 (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
[…]“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) idgF lauten auszugsweise wie folgt:
„Artikel 130 (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
[…]
Artikel 132 (3) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann Beschwerde erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet.
[…]“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) idgF lauten auszugsweise wie folgt:
„Entscheidungspflicht
§ 73 (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2b) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.
[…]“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG) idgF lauten auszugsweise wie folgt:
„Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35 […]
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
[…]“
Anwendung auf den vorliegenden Fall:
Aus dem Akteninhalt ergibt sich zweifelsfrei, dass nachdem die ÖB Islamabad die Stellungnahme der BF zur ersten Prognoseentscheidung des BFA an das BFA weitergeleitet hat und eine Dokumentenüberprüfung erfolgt ist, eine neuerliche Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG des BFA (Prognoseentscheidung), trotz mehrfacher Urgenz der ÖB Islamabad, bisher nicht ergangen ist.
Eine Prognoseentscheidung des BFA ist eine Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG, in welcher der über die Ausstellung eines Visums entscheidenden Stelle mitgeteilt wird, ob eine Gewährung von internationalem Schutz im jeweiligen Fall als wahrscheinlich gilt oder nicht. Diese Entscheidung bildet dann die Grundlage für die Entscheidung der Österreichischen Vertretungsbehörde im Visaverfahren (Bescheid der Österreichischen Vertretungsbehörde).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung beziehungsweise Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
So sind die Österreichischen Vertretungsbehörden für eine allfällige Säumnis des BFA nicht verantwortlich. Die Österreichische Vertretungsbehörde kann auch erst nach Einlangen der (erneuten) Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG eine inhaltliche Entscheidung treffen.
Nach § 35 Abs. 4 vorletzter Satz AsylG ist bis zum Einlagen der Mitteilung die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Wie es dazu in den erläuternden Bemerkungen (Regierungsvorlage 33024.GP) heißt, ist damit klargestellt, dass die Frist zur Entscheidung über den Einreiseantrag gehemmt ist, bis eine Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) ergeht.
In casu hat die BF bereits vor Erstellung einer zweiten Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA eine Säumnisbeschwerde eingebracht.
Da eine neuerliche Mitteilung des BFA bisher nicht ergangen ist, die allgemeine Fristregelung des § 8 VwGVG insofern subsidiär ist, als nicht „gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist“ und derart Abweichendes in § 35 Abs. 4 vorletzter Satz AsylG bestimmt ist, ist die Säumnisbeschwerde daher als verfrüht erhoben anzusehen.
Eine Säumnis der ÖB Islamabad ist aufgrund des Umstands, dass deren Entscheidung von der (noch nicht erlassenen) Prognoseentscheidung abhängt und die ÖB Islamabad diese bereits mehrmals beim BFA urgiert hat, nicht gegeben.
Die Säumnisbeschwerde ist daher zurückzuweisen (vgl. auch VwGH 08.11.2005, 2003/17/0230).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Einreisetitel Entscheidungsfrist Prognoseentscheidung Säumnisbeschwerde ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W175.2241027.1.01Im RIS seit
30.08.2021Zuletzt aktualisiert am
30.08.2021