Entscheidungsdatum
12.07.2021Norm
ASVG §113 Abs1 Z1Spruch
W164 2237802-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX GmbH gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse vom 20.10.2020, Zl. XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 26.11.2020, Zl. XXXX , wegen Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Am 06.08.2020 (Kontrollbeginn 08:03 Uhr) nahmen Kontrollorgane der Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAG) eine Kontrolle auf der Baustelle XXXX vor, trafen dort XXXX (im folgenden B) und XXXX (im folgenden D) arbeitend (Eisenbiegearbeiten) an und nahmen mit beiden Personen Baustellenprotokolle auf: Beide Personen gaben an, seit 01.08.2020 für die Dienstgeberin XXXX GmbH, die nunmehrige Beschwerdeführerin, gegen ein Entgelt von € 1580,-- tätig zu sein. Die Österreichische Gesundheitskasse (im Folgenden ÖGK) erhielt die genannten Prüfprotokolle zur Kenntnis.
Mit Bescheid vom 20.10.2020 schrieb die ÖGK der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) gemäß § 410 Abs. 1 Z 5 iVm § 113 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) einen Beitragszuschlag in Höhe von EUR 1.400,- vor. Begründend nahm die ÖGK Bezug auf die eingangs genannte Baustellenkontrolle. Die BF habe B und D nicht vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG gemeldet, wozu sie gemäß § 33 Abs. 1 ASVG verpflichtet gewesen wäre. Es sei ein Beitragszuschlag vorzuschreiben gewesen. Der Beitragszuschlag setze sich nach § 113 Abs. 2 ASVG aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung belaufe sich auf EUR 400,- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz belaufe sich auf EUR 600,-. Sohin sei ein Beitragszuschlag im Ausmaß von EUR 1.400,- anzulasten gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, B und D seien sehr wohl am 06.08.2020 zur Sozialversicherung gemeldet worden. Es habe sich um neue Arbeiter gehandelt. Geplanter Arbeitsbeginn wäre 06.08.2020, 10:00, Uhr gewesen. B und D seien vor diesem Zeitpunkt zur Sozialversicherung gemeldet worden. Ihr Einsatz wäre auf einer anderen Baustelle geplant gewesen. Da die für die verfahrensgegenständliche Baustelle vorgesehen Arbeiter ausgefallen seien, habe man B und D spontan als Ersatz dorthin geschickt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.11.2020 hat die ÖGK diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend verwies die ÖGK auf die eingangs genannten Feststellungen der Kontrollorgane der BUAG. Die BF habe B und D erst nachträglich am 06.08.2020 per 06.08.2020 (B um 08:26 Uhr und D um 08:28 Uhr) zur Sozialversicherung angemeldet.
Das Beschwerdevorbringen, wonach B und D am 06.08.2020 neu eingestellt worden seien und erst ab 10:00 zu arbeiten beginnen hätten sollen, stehe zu den Angaben der beiden betretenen Dienstnehmer laut den Baustellenerhebungsprotokollen der BUAG im Widerspruch. In den letzten 12 Monaten vor der genannten Baustellenkontrolle seien auf diversen Baustellen der BF mehrmals Personen ohne Anmeldung zur Pflichtversicherung vor Arbeitsantritt betreten worden. Bereits vier Mal seien der BF aus diesem Grund Beitragszuschläge gemäß § 113 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG vorgeschrieben worden.
Die BF beantragte fristgerecht die Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht.
Mit Schreiben vom 16.12.2020 wurde der Beschwerdeakt von der ÖGK dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 18.05.2021 brachte das Bundesverwaltungsgericht der BF die mit den Dienstnehmern B und D am 06.08.2020 aufgenommenen Baustellenprotokolle und einen Screenshot der Österreichischen Gesundheitskasse vom 13.10.2020 zur Kenntnis, aus dem hervorgeht, dass der BF in den letzten 12 Monaten vor der hier relevanten Baustellenkontrolle bereits mehrfach Beitragszuschläge gemäß § 113 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG vorgeschrieben wurden. Die BF erhielt die Möglichkeit der Stellungnahme binnen zwei Wochen. Sie machte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 06.08.2020 (Kontrollbeginn 08:03 Uhr) trafen Kontrollorgane der Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAG) im Zuge einer Baustellenkontrolle auf der Baustelle XXXX B und D arbeitend (Eisenbiegearbeiten) an und nahmen mit beiden Personen Baustellenprotokolle auf: Beide Personen gaben an, seit 01.08.2020 für die nunmehrige Beschwerdeführerin, gegen ein Entgelt von € 1580,-- zu arbeiten. Die BF hatte beide Personen zu Kontrollbeginn noch nicht zur Sozialversicherung gemeldet.
Aus dem von der ÖGK vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass der BF in den letzten 12 Monaten vor dem 06.08.2020 mehrmals Beitragszuschläge gemäß § 113 Abs. 1 iVm Abs. 2 ASVG vorgeschrieben wurden.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt. Unstrittig waren B und D Dienstnehmer der BF. Die Beschwerdevorbringen, wonach, B und D sehr wohl am 06.08.2020 zur Sozialversicherung worden seien, treffen zu, allerdings erfolgte die Anmeldung zur Sozialversicherung erst nach Beginn der verfahrensgegenständlichen Kontrolle. Soweit in der Beschwerde – ohne konkrete diesbezügliche Angaben zu machen - behauptet wird, B und D wären neue Arbeiter gewesen, ihr geplanter Arbeitsbeginn wäre 06.08.2020, 10:00 Uhr gewesen, der Einsatz von B und D auf der verfahrensgegenständlichen Baustelle habe spontan erfolgen müssen, da andere Arbeiter ausgefallen wären, steht dies im klaren Widerspruch zu den vorgelegten Baustellenprotokollen, aus denen hervorgeht, dass beide Dienstnehmer seit 01.08.2018 bei der BF beschäftigt wurden. Diese letztgenannten Angaben wurden unmittelbar nach Betretung der beschäftigten Arbeiter aufgenommen. Ihr Inhalt war als unbedenklich einzustufen. Die nicht substantiierten gegenteiligen Beschwerdevorbringen waren als Schutzbehauptung einzustufen. Dass es sich gegenständlich nicht um den ersten Meldeverstoß handelt, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Die BF hat von der ihr gewährten Möglichkeit, zu den diesbezüglichen Beweismitteln im Rahmen des schriftlichen Parteiengehörs Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht. Der Sachverhalt ist daher ausreichend ermittelt; die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung erscheint nicht geboten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. Die vorliegende Angelegenheit ist nicht von § 414 Abs. 2 ASVG umfasst. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Gemäß § 33 Abs. 1a ASVG kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar vor Arbeitsantritt die Beitragskontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen, den Tag der Beschäftigungsaufnahme (Z1) sowie das Vorliegen einer Voll- oder Teilversicherung und die noch fehlenden Angaben mit der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung für jenen Beitragszeitraum, in dem die Beschäftigung aufgenommen wurde (Z2).
Gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG können dem Dienstgeber Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde.
Gemäß § 113 Abs. 2 ASVG setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 400 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 600 €.
Gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf bis zu 300 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH handelt es sich bei einem Beitragszuschlag um keine Bestrafung, sondern bloß um eine – wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwands in der Verwaltung – sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit um ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung. Für die Vorschreibung ist daher nicht das subjektive Verschulden des Dienstgebers maßgeblich, sondern nur der Umstand, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2016/08/0032).
Das typische Bild eines Meldeverstoßes liegt vor, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist. In einem solchen Fall sind die Folgen des Meldeverstoßes nicht iSd § 113 Abs 2 ASVG als unbedeutend anzusehen. (vgl. VwGH Ra 2016/08/0098 vom 03.04.2017) – dies selbst dann nicht, wenn ein erstmaliger Meldeverstoß gegeben ist (vgl. VwGH 2010/08/0137 vom 11.07.2012).
Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall:
Im gegenständlichen Fall hat die BF ihre Dienstnehmer B und D entgegen der sich aus § 33 ASVG ergebenden Verpflichtung nicht vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung gemeldet. Es liegt das typische Bild eines Meldeverstoßes iSd § 113 Abs. 1 ASVG vor. Es wurde zur Recht ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG verhängt. Die Berechnung des Beitragszuschlages entspricht § 113 Abs 2 ASVG. Die Folgen des Meldeverstoßes sind im vorliegenden Fall nicht als unbedeutend anzusehen. Eine Herabsetzung/ein Entfall des Teilbetrags für den Prüfeinsatz gemäß § 113 Abs. 3 ASVG kommt daher nicht in Betracht.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben angeführte Judikatur des VwGH); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beitragszuschlag Meldeverstoß SozialversicherungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W164.2237802.1.00Im RIS seit
02.09.2021Zuletzt aktualisiert am
02.09.2021