TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/13 W216 2227699-2

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Veröffentlicht am 13.07.2021
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Entscheidungsdatum

13.07.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W216 2227699-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 15.09.2020, OB XXXX , betreffend die Einziehung des Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wie folgt abgeändert:

Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen weiterhin vor. Der Grad der Behinderung beträgt 50 v. H.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist seit 02.08.2005 Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.

Am 06.09.2019 beantragte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien (im Folgenden: belangte Behörde), die Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass, die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem – auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 05.12.2019 erstatteten – Gutachten vom 10.12.2019 wurden als Ergebnis der Begutachtung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. festgestellt. Mit näherer Begründung wurde unter Bezugnahme auf gesundheitliche Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten vom 23.05.2006, insbesondere die abweichende Beurteilung der Hüfttotalendoprothese beidseits, ausgeführt, dass eine Besserung nach mehrmaliger Rehabilitation eingetreten sei. Bezüglich des Verlustes von Fingern sei eine Befundkorrektur vorzunehmen, da der Ringfinger des Beschwerdeführers erhalten sei.

Das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" wurde mit näherer Begründung verneint.

Dieses Gutachten wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 16.12.2019 dem Parteiengehör unterzogen. Der Beschwerdeführer ließ das Schreiben unbeantwortet.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.01.2020 wurde gemäß §§ 41, 43 und 45 BBG in Spruchteil 1 der Antrag des Beschwerdeführers auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung abgewiesen und in Spruchteil 2 der Gesamtgrad der Behinderung von Amts wegen mit 30 v.H. neu festgelegt. Begründend stützte sich die belangte Behörde auf das Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Dieses sei dem Sachverständigengutachten zu entnehmen, das einen Bestandteil der Begründung bilde. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme sei nicht eingelangt, weshalb vom Ermittlungsergebnis nicht abgegangen werden könne. Aufgrund des festgestellten Grades der Behinderung sei der Antrag auf Neufestsetzung abzuweisen. Die Neufestsetzung des Gesamtgrades der Behinderung erfolge von Amts wegen. Als Beilage zum Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (erneut) das Sachverständigengutachten vom 10.12.2019 übermittelt.

Über den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises wurde nicht abgesprochen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Mit Erkenntnis vom 12.03.2020, GZ: XXXX , gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde statt und behob den Bescheid. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht unter Zugrundelegung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 13.12.2018, Ra 2018/11/0204, im Wesentlichen aus, dass sich die amtswegige Festsetzung des Gesamtgrades der Behinderung mit 30 v.H. in Spruchteil 2 des Bescheides als rechtswidrig erweise. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes folgend hätte die belangte Behörde – bei Ermittlung eines Grades der Behinderung von weniger als 50 v.H. – vielmehr amtswegig ein Einziehungsverfahren einleiten und in der Folge gemäß § 43 Abs. 1 letzter Satz BBG die Einziehung des Behindertenpasses aussprechen müssen. Auch für die in Spruchteil 1 des Bescheides erfolgte Abweisung des Antrags auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass bleibe bei Zugrundelegung eines Gesamtgrades der Behinderung von weniger als 50 v.H. kein Raum, da diesfalls ausschließlich mit der Einziehung des Behindertenpasses vorzugehen wäre, zumal die Abweisung eines Antrags auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass nur dann in Betracht komme, wenn sich im Ermittlungsverfahren ergebe, dass der Grad der Behinderung eines Passinhabers keine Änderung erfahren habe.

Mit dem im fortgesetzten Verfahren erlassenen und nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15.09.2020 stellte die belangten Behörde erneut fest, dass der Beschwerdeführer nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle, der Behindertenpass somit einzuziehen und unverzüglich dem Sozialministeriumservice vorzulegen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer erneut fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.

Mit Schreiben vom 23.10.2020 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo diese am selben Tag einlangten.

Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 07.06.2021, mit dem Ergebnis eingeholt, dass beim Beschwerdeführer ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. vorliegt.

Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs vom 24.06.2021 haben weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde Einwendungen erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer verfügt seit 02.08.2005 über einen unbefristeten Behindertenpass mit einem Gesanmtgrad der Behinderung von 60 v.H.

Am 06.09.2019 beantragte der Beschwerdeführer die Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass, die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und die Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1)       Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Zustand nach Dekompression L4/5 bei Neuroforamenstenose, Pos.Nr. 02.01.02, Grad der Behinderung: 30%

2)       Hüftendoprothese beidseits, Pos.Nr. 02.05.08, Grad der Behinderung: 30%

3)       Verlust von Zeige- und Mittelfinger links, Pos.Nr. 02.06.31, Grad der Behinderung: 30%

4)       Zustand nach Insult und Miller Fisher Syndrom, Pos.Nr. 04.06.01, Grad der Behinderung: 20%

5)       Hypertonie, Pos.Nr. 05.01.01, Grad der Behinderung: 10%

Der beim Beschwerdeführer vorliegende Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 v.H.

Das führende Leiden 1 wird durch die Leiden 2 bis 4 wegen wechselseitiger Leidensbeeinflussung um zwei Stufen erhöht.

Der Grad der Behinderung ist ab Antrag anzunehmen.

Es liegt ein Dauerzustand vor.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, medizinischer Einschätzung und deren wechselseitiger Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im seitens des Bundesverwaltungsgerichts eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 15.06.2021 zu Grunde gelegt.

Der vom Bundesverwaltungsgericht beigezogene fachärztliche Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers mit 50 v.H. festzustellen sei, sodass sich eine entscheidungsmaßgebliche Anhebung des Gesamtgrades der Behinderung ergibt; vgl. dazu die nachfolgenden beweiswürdigenden Ausführungen. Der Gutachter begründet diese Beurteilung im Gutachten vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Dieses aktuelle Gutachten wurde von beiden Parteien nicht bestritten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer Inhaber eines Behindertenpasses ist, gründet sich auf den Akteninhalt. Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung basiert ebenfalls auf dem Akteninhalt.

Der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten ausführlichen, schlüssigen und widerspruchsfreien Sachverständigengutachten (nach persönlicher Begutachtung des Beschwerdeführers) eines Facharztes für Orthopädie vom 15.06.2021, dem weder von Seiten der Behörde noch von Seiten des Beschwerdeführers widersprochen wurde. Das eingeholte Gutachten setzt sich umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden, dem von der belangten Behörde eingeholten Vorgutachten, den erstatteten Einwendungen sowie auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander.

Die belangte Behörde hatte die Feststellung des Grades der Behinderung mit 30 v.H. auf ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Unfallchirurgie vom 10.12.2019 gestützt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte aufgrund des Beschwerdevorbringens den Auftrag zur Erstellung eines Sachverständigengutachtens – basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers – erteilt. Der vom Bundesverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren herangezogene Facharzt für Orthopädie führt in seinem Sachverständigengutachten zur Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zum Gutachten erster Instanz nachvollziehbar und schlüssig aus, dass das neurologische Leiden nunmehr benannt werde. Zusammen mit der jeweils um eine Stufe höheren Einschätzung des Hüft- und Wirbelsäulenleidens sei seiner Ansicht nach auch die Fingeramputation miteinzubeziehen, was insgesamt 50 v.H. ausmache.

Dies erscheint aus Sicht des erkennenden Senats plausibel und nachvollziehbar und steht auch im Einklang mit dem Beschwerdevorbringen. Die belangte Behörde trat den getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht entgegen, weshalb das Gericht die in den Gutachten getroffenen Feststellungen ohne weitere Ermittlungen als Sachverhalt feststellt.

Das Gericht hat ein Gutachten auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten hat das Gericht nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen. Im vorliegenden Fall wird das vom Bundesverwaltungsgericht beauftragte Gutachten eines Facharztes für Orthopädie als schlüssig und vollständig betrachtet. Es ist nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Das Bundesverwaltungsgericht legt daher dieses Sachverständigengutachten seiner Entscheidung zugrunde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)
1.         Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn

1.       ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4.       für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5.       sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(§ 40 Abs. 1 BBG)

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)

Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1.       in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2.       in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

–        Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

–        Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

–        In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1.       nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2.       zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3.       ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(§ 41 Abs. 1 BBG)

§ 1, § 41 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft. (§ 54 Abs. 12 BBG auszugsweise)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpaß auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpaß einzuziehen. (§ 43 Abs. 1 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Da ein Grad der Behinderung in Höhe von fünzig (50) vH festgestellt wurde, liegen weiterhin die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2.         Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein fachärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Unter Punkt II. 2. wurde bereits ausgeführt, in welchem Umfang dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet wurde.

Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Es wurden der Beschwerde keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war – wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt – geeignet, relevante Bedenken an den Feststellungen der belangten Behörde hervorzurufen. Die vorgebrachten Argumente wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt und resultiert daraus die geänderte Beurteilung. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass Einziehung Grad der Behinderung Neufestsetzung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W216.2227699.2.00

Im RIS seit

03.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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