Entscheidungsdatum
15.07.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W166 2240612-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ivona GRUBESIC sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, Außenstelle Wien vom 08.02.2021, mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem GdB im Ausmaß von 70%, stellte am 30.09.2020 einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) beim Sozialministeriumservice (in weiterer Folge: belangte Behörde) und legte diverse medizinische Beweismittel vor.
Im Antragsformular ist vermerkt, dass dieser Antrag auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass bzw. auf Ausstellung eines Behindertenpasses gilt, sofern der Antragsteller noch nicht im Besitz eines Behindertenpasses ist bzw. darin noch nicht die eben genannte Zusatzeintragung angeführt ist.
Von der belangten Behörde wurde ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 15.12.2020, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, eingeholt in welchem Nachfolgendes ausgeführt wurde:
„Anamnese:
Die Kundin berichtet, dass die letzten Jahre sehr schwer gewesen seien. 2018 habe sie eine Lungenblutung gehabt, da sei sie fast dran gestorben und habe eine anhaltende Traumatisierung davongetragen. Es sei so viel Eiter in der Lunge gewesen, dass ein Gefäß geplatzt sei und sie sehr viel Blut gespuckt habe. In weiterer Folge sei dann auch die Pensionierung erfolgt, zuvor sei sie im Büro tätig gewesen, habe aber viele Krankenstände gehabt und sei wegen ihrer Krankheit gemobbt worden. Auch habe sich eine Zuckerkrankheit entwickelt, wegen der neuerlich Insulin gespritzt werden müsse. Ein Port-à-Cath sei mühsam in die Leiste eingebaut worden nachdem an anderen Körperregionen die Implantation gescheitert sei, wovon die Kundin Naben mit Gefühlsstörungen davongetragen habe. Darüber hinaus seit dem Letztgutachten keine relevanten Erkrankungen oder Operationen.
Derzeitige Beschwerden:
Die Kundin beantragt vorrangig einen Parkausweis, da es für sie sehr beschwerlich sei die Einkäufe über eine größere Distanz zu schleppen. Momentan könne sie nur für kleinere Einkäufe sorgen, da sie nicht schwer heben solle und das längere Tragen zudem sehr ermüdend sei, auch müsse sie dann vermehrt husten. Häufig treten Atemwegsinfekte mit starkem Husten auf, die dann meist 3-4 Wochen andauern und eine Therapie mit Antibiotika erfordern. In solchen Phasen sei die Kundin dann besonders schlecht belastbar und würde von einem Parkausweis profitieren. Spazieren gehen könne sie. Neu sei, dass die Beine anschwellen, auch habe sie unklare Hautveränderungen.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Laufende Physiotherapie (Wirbelsäule, Atemphysio). Medikamente: Kreon, Cipralex, Cal-D-Vita, Berodualin inh., Mucoclear, Pulmozyme. Lantus 100IE/ml 0-0-10, Novorapid je nach BZ.
Sozialanamnese:
I-Pension, sozial eher zurückgezogen. Lebt alleine, Eltern in der Nähe. Pflegegeldantrag gestellt.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Patientenbrief Pulmologie XXXX , 20.11.2020:
Suppressionstherapie bei chronischer P.aeruginosa Besiedelung i.R. CF
Cystische Fibrose
Fibroseareale rechter Leberlappen
Sludge mit deutlich verkleinerter Gallenblase
Fettige Pancreasdystrophie
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: ausreichend
Ernährungszustand: gehoben
Größe: 158,00 cm Gewicht: 64,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Ausgeprägte Kyphose der oberen Wirbelsäule. Pulmo auskultatorisch unauffällig. Porth-a-cath rechte Leiste. Abdomen ausladend. Blande Narben abdominal und nach versuchter Porth-a-Cath Implantation thorakal. Spreizfuß rechts. Diskrete Unterschenkelödeme beidseits, streckseitig gerötete exsikkierte Areale. Der übrige somatische Status unauffällig.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Unauffälliges, sicheres Gangbild. In den Bewegungsabläufen nicht sichtbar behindert. Finger-Boden-Abstand 0 Zentimeter.
Status Psychicus:
Psychisch orientiert, geordnet, bewusstseinsklar, affektiv adäquat schwingungsfähig, gut kontaktfähig, Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen. Keine kognitiven oder mnestischen Defizite fassbar. Keine Suizidgedanken oder -tendenzen, keine psychotischen Zeichen.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
Cystische Fibrose mit wiederkehrenden bronchopulmonalen Infekten und intestinalen Symptomen, jedoch bei ausreichend stabiler Lungenfunktion/ pulmonaler Belastbarkeit
2
Insulinabhängige Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 3c. pankreopriv) mit stabiler Stoffwechsellage im Rahmen der Grunderkrankung mit notwendiger Basis-Bolus-Therapie
3
Leberfibrose/Fettleber ohne Evidenz von maßgeblichen Komplikationen
4
Vermehrte Krümmung der Wirbelsäule ohne maßgebliche funktionelle Einschränkungen bzw. ohne sensomotorische Defizite
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Hinsichtlich der zystischen Fibrose ist eine gewisse Progredienz zu verzeichnen, die pulmonale Belastbarkeit und somit die Gesundheitsstörung 1 jedoch weitgehend stabil neu aufgetretene Zuckerkrankheit (insulinabhängig), entsprechend einer Zusatzeintragung D1 mit 40% neu aufgetretene Leberfibrose/Fettleber, entsprechend einer Zusatzeintragung D2 mit 20% neu aufgetreten/erstmalig eingeschätzt die konsekutiv bedingte Wirbelsäulenveränderung
Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Es bestehen keine Einschränkungen der Mobilität, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden der für öffentliche Verkehrsmittel üblichen Niveauunterschiede (somit das Ein- und Aussteigen) sowie den sicheren Transport nicht zuließen. Weiters bestehen keine kardiopulmonalen oder psychiatrischen Limitationen, die eine Kontraindikation hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel darstellen.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
Gutachterliche Stellungnahme:
Die Kundin leidet an einer genetisch bedingten Lungenerkrankung mit umfassenden Einschränkungen und Therapiebedarf. Allerdings ist die pulmonale Belastbarkeit trotz rezidivierender Atemwegsinfekte ausreichend stabil und das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist zumutbar. Auch seitens des Bewegungsapparates besteht keine maßgebliche Einschränkung der Fortbewegung oder hinsichtlich des Überwindens der für öffentliche Verkehrsmittel üblichen Niveauunterschiede (somit des Ein- und Aussteigens) oder den sicheren Transport. Weiters bestehen keine kardialen oder psychiatrischen Limitationen, die eine Kontraindikation hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel darstellen. Die Kriterien für die beantragte Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel“ sind nicht erfüllt.“
Die Beschwerdeführerin erklärte sich in dem zum eingeholten Gutachten gewährten Parteiengehör mit dem Ergebnis nicht einverstanden und brachte mit Schreiben vom 01.01.2021 vor, ihr Behindertenpass sei nicht berücksichtigt worden und der Zusatz „schwere Erkrankung des Immunsystems“ würde auf sie zutreffen. Diesem Schreiben legte sie eine Kopie ihres Behindertenpasses bei. Anlässlich dieses Vorbringens wurde seitens der belangten Behörde eine ergänzende ärztliche Stellungnahme von der bereits befassten ärztlichen Sachverständigen vom 04.02.2021 eingeholt, in welcher Nachfolgendes ausgeführt wurde:
„Frage(n):
Antwort(en):
Die Kundin beanstandet, dass der Behindertenpass nicht berücksichtigt worden sei und dass der Zusatz „schwere Erkrankung des Immunsystems“ zutreffe:
Der vorbestehende Behindertenpass wurde sehr wohl zur Kenntnis genommen, in meiner Begutachtung (12/2020) wurde -gemäß Antrag- keine Neufestsetzung erhoben, sondern die Kriterien für die beantragte Zusatzeintragung (in den vorbestehenden Pass) „Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel“ geprüft. Die zystische Fibrose ist selbst keine Erkrankung des Immunsystems, auch wenn Erkrankungen der Atemwege vermieden werden sollen. Es liegt keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Verordnung auf Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen vor. Somit ergibt sich anhand der Einwendung auch nach neuerlicher Prüfung keine Änderung der vorbestehenden Einschätzungen.“
Mit angefochtenen Bescheid vom 08.02.2021 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab, und stützte sich in der Begründung auf das eingeholte Sachverständigengutachten vom 15.12.2020 sowie die Stellungnahme vom 04.02.2021, welche als Beilagen zum Bescheid an die Beschwerdeführerin übermittelt wurden.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16.03.2021 fristgerecht Beschwerde und brachte vor, der Befund der Ärztin habe ihr Leiden, bei welchem es sich um die „unheilbare Erkrankung Mukoviszidose“ handeln würde, falsch beurteilt. Es handle sich hierbei um eine schwere Erkrankung des Immunsystems, bei welcher alle Organe angegriffen seien. Sie könne aufgrund ihrer Erkrankung keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, da sie an Angstzuständen und Depression leide. Auch leide sie unter Müdigkeit, weswegen sie einen Behindertenparkplatz benötige. Sie sei im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70% und ersuche um ein neues Gutachten zu dieser Sachlage, sowie um eine wohlwollende Entscheidung.
Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 22.03.2021 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses.
Sie leidet aktuell an folgenden dauerhaften Funktionseinschränkungen:
1) Cystische Fibrose mit wiederkehrenden bronchopulmonalen Infekten und intestinalen Symptomen
2) Insulinabhängige Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 3c. pankreopriv)
3) Leberfibrose/Fettleber
4) Vermehrte Krümmung der Wirbelsäule
Die Beschwerdeführerin leidet an einer genetisch bedingten Lungenerkrankung (Cystische Fibrose) mit umfassenden Einschränkungen und Therapiebedarf. Es handelt sich dabei um keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
Bei der Beschwerdeführerin bestehen keine kardiopulmonalen Limitationen. Die pulmonale Belastbarkeit ist trotz rezidivierender Atemwegsinfekte ausreichend stabil.
Es bestehen keine psychiatrischen Limitationen.
Die vermehrte Krümmung der Wirbelsäule ist ohne maßgebliche funktionelle Einschränkung und ohne sensomotorisches Defizit.
Die Beschwerdeführerin weist keine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung oder Gangleistungsminderung auf, das Gangbild ist unauffällig und sicher.
Die Gesamtmobilität der Beschwerdeführerin ist ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300-400 Meter aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ohne Unterbrechung zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden, das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich. Ein Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln unter üblichen Bedingungen kann ausreichend sicher erfolgen.
Es liegen keine erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten, der Wirbelsäule oder der körperlichen Belastbarkeit vor.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung zum Besitz des Behindertenpasses ergibt sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den bestehenden dauerhaften Funktionseinschränkungen und zur Zumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel ergeben sich aus dem medizinischen Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 15.12.2020 sowie deren ärztlicher Stellungnahme vom 04.02.2021.
In dem ärztlichen Sachverständigengutachten wurde ausführlich, nachvollziehbar und schlüssig – unter Berücksichtigung der vorgelegten medizinischen Befunde und der durchgeführten persönlichen Untersuchung – auf die Leiden und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingegangen.
Im ärztlichen Sachverständigengutachten vom 15.12.2020 wurde eine Cystische Fibrose mit wiederkehrenden bronchopulmonalen Infekten und intestinalen Symptomen festgestellt. Neu aufgetreten im Vergleich zu Vorgutachten sind laut Sachverständigengutachten vom 15.12.2020 eine insulinabhängige Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 3c. pankreopriv), Leberfibrose/Fettleber sowie eine vermehrte Krümmung der Wirbelsäule.
Die Beschwerdeführerin leidet laut ärztlichem Sachverständigengutachten vom 15.12.2020 an einer genetisch bedingten Lungenerkrankung mit umfassenden Einschränkungen und Therapiebedarf. Allerdings ist die pulmonale Belastbarkeit und die Lungenfunktion trotz rezidivierender Atemwegsinfekte ausreichend stabil. Hinsichtlich der insulinabhängigen Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus Typ 3c. pankreopriv) mit stabiler Stoffwechsellage im Rahmen der Grunderkrankung mit notwendiger Basis-Bolus-Therapie, sowie der Leberfibrose/Fettleber ohne Evidenz von maßgeblichen Komplikationen liegen keine für die gegenständlich beantragte Zusatzeintragung maßgeblichen Funktionsbeeinträchtigungen vor.
Die fachärztliche Sachverständige hat – basierend auf der umfassenden persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin – in ihrem Gutachten vom 15.12.2020 ausgeführt, dass keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vorliegen, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken. Im Zuge der persönlichen Untersuchung konnte eine vermehrte Krümmung der Wirbelsäule jedoch ohne maßgebliche funktionelle Einschränkungen bzw. ohne sensomotorische Defizite festgestellt werden.
Seitens des Bewegungsapparates besteht daher keine maßgebliche Einschränkung der Fortbewegung oder hinsichtlich des Überwindens der für öffentliche Verkehrsmittel üblichen Niveauunterschiede (somit des Ein- und Aussteigens) oder den sicheren Transport. Die Beschwerdeführerin zeigt ein unauffälliges, sicheres Gangbild und ist in den Bewegungsabläufen nicht sichtbar behindert. Es konnte keine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung oder Gangleistungsminderung objektiviert werden, eine Gehhilfe wird nicht verwendet. Die Gesamtmobilität ist somit ausreichend, um kurze Wegstrecken von etwa 300 bis 400 Meter aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne Unterbrechung zurücklegen zu können.
An den oberen Extremitäten ist die Kraft seitengleich und gut ausgeprägt, die Koordination ist ausreichend, es sind keine Funktionsbehinderungen fassbar, sodass die Benützung von Haltegriffen zumutbar und möglich ist.
Auch bestehen keine kardialen oder psychiatrischen Limitationen, die eine Kontraindikation hinsichtlich der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel darstellen.
Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor und auch kognitive Defizite sind nicht fassbar.
Der Behauptung der Beschwerdeführerin, der Behindertenpass sei nicht berücksichtigt worden, ist die Stellungnahme der ärztlichen Sachverständigen vom 04.02.2021 entgegenzuhalten, in welcher diese feststellt, den vorbestehenden Behindertenpass sehr wohl zur Kenntnis genommen zu haben. Die Sachverständige führt in ihrer Stellungnahme weiter aus, in ihrem fachärztlichen Gutachten von 15.12.2020 hätte sie gemäß dem Antrag keine Neufestsetzung des Grades der Behinderung erhoben, sondern die Kriterien für die beantragte Zusatzeintragung in den bereits vorbestehenden Behindertenpass „Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel“ geprüft.
Zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, der Zusatz „schwere Erkrankung des Immunsystems“ würde bei ihr zutreffen, hat die ärztliche Sachverständige in ihrer Stellungnahme vom 04.02.2021 ausgeführt, dass eine zystische Fibrose selbst keine Erkrankung des Immunsystems ist, auch wenn Erkrankungen der Atemwege vermieden werden sollten. Bei der Beschwerdeführerin konnte im Sachverständigengutachten vom 15.12.2020 eine ausreichend stabile Lungenfunktion sowie pulmonale Belastbarkeit festgestellt werden. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin liegt daher keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Verordnung auf Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen vor (siehe dazu auch unter Punkt 3. Rechtliche Beurteilung). Es ergibt sich daher auch nach neuerlicher Prüfung im Rahmen der Stellungnahme vom 04.02.2021 keine Änderung der vorbestehenden Einschätzung und es kann keine falsche Beurteilung seitens der fachärztlichen Sachverständigen erkannt werden.
Zu den Angaben der Beschwerdeführerin in der Beschwerde, sie leide unter Angstzuständen und einer Depression, ist festzustellen, dass seitens der Beschwerdeführerin im Verfahren keine - eine psychische Erkrankung belegenden - fachärztlichen Beweismittel vorgelegt wurden. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht vorgebracht in psychiatrischer Behandlung zu sein. Sowohl im ärztlichen Sachverständigengutachten vom 15.12.2020 als auch in den Vorgutachten aus den Jahren 2017 und 2014 wurde ein unauffälliger psychischer Status festgestellt. Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen konnten nicht objektiviert werden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in den vorgelegten Ambulanten Patientenbriefen einer Lungen-Ambulanz vom 24.08.2020 und vom 07.10.2020 unter den Diagnosen „Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion“ angeführt ist, da den lungenfachärztlichen Befundberichten nicht zu entnehmen ist, auf welchen klinischen Befunden die angeführten psychischen Diagnosen basieren bzw. ist es nicht nachvollziehbar, wie diese Diagnosen gestellt wurden. Ebenso verhält es sich mit dem Umstand, dass in der Medikamentenliste des ärztlichen Gutachtens vom 15.12.2020 und dem Vorgutachten aus dem Jahr 2017 das Medikament „Cipralex“ (Antidepressivum) aufscheint, da diesbezüglich weder den medizinischen Gutachten noch den Angaben der Beschwerdeführerin, Ausführungen zu Art und Dauer der Einnahme bzw. zu allfälligen fachärztliche Diagnosen/Behandlungen entnommen werden können.
Im Rahmen der Beschwerde wurden von der Beschwerdeführerin somit keine Einwendungen erhoben, welche das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften vermochten bzw. wurde dem Ermittlungsergebnis nicht substantiiert entgegengetreten.
Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen in dem Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, sie hat kein zu berücksichtigendes Sachverständigengutachten oder eine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen der beigezogenen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien. Weitere medizinische Beweismittel wurden mit der Beschwerde nicht vorgelegt. Die seitens der Beschwerdeführerin beantragte Einholung eines weiteren Gutachtens konnte somit unterbleiben.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen daher keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens vom 15.12.2020 und der ärztlichen Stellungnahme vom 04.02.2021, und werden diese in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde
Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Gemäß § 35 Abs. 1 EStG steht dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat und weder der Steuerpflichtige nach sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) erhält, ein Freibetrag gemäß Abs. 3 leg. cit. zu.
Gemäß § 35 Abs. 2 EStG bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hierfür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 162/2010, die die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständige Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
- der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947)
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie beim Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Arten das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; diese hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung diese Bestimmungen ergangen Bescheid zu erstellen.
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II 495/2013 idF BGBl. II 263/2016 wird der Behindertenpass als Karte aus Polyvinylchlorid hergestellt. Seine Gesamtabmessungen haben 53,98 mm in der Höhe und 85,60 mm in der Breite zu betragen. Gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen hat der Behindertenpass auf der Vorderseite zu enthalten:
1. die Bezeichnung "Behindertenpass" in deutscher, englischer und französischer Sprache;
2. den Familien- oder Nachnamen, den Vorname(n), akademischen Grad oder Standesbezeichnung des Menschen mit Behinderung;
3. das Geburtsdatum;
4. den Verfahrensordnungsbegriff;
5. den Grad der Behinderung oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit;
6. das Antragsdatum;
7. das Ausstellungsdatum;
8. die ausstellende Behörde;
9. eine allfällige Befristung;
10. eine Braillezeile mit dem Ausdruck "Behindertenpass";
11. ein Hologramm in Form des Bundeswappens mit dem Schriftzug "Sozialministeriumservice" im Hintergrund;
12. das Logo des Sozialministeriumservice;
13. einen QR-Code, mit dem auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abgerufen werden können sowie
14. ein der Bestimmung des § 4 der Passgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 223/2006, entsprechendes Lichtbild.
Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
[...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032). Auf andere Umstände, wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel kommt es beispielsweise gerade nicht an (VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
[...]
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapiefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs,
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 m bis 400 m ausgeht. (ua VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Diese Fähigkeiten wurden aus ärztlicher Sicht in dem eingeholten Gutachten überprüft und - wie bereits ausgeführt - festgestellt, dass die Beschwerdeführerin eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Meter aus eigener Kraft, und ohne fremde Hilfe zurücklegen kann.
Da unter Zugrundelegung des gegenständlichen ärztlichen Sachverständigengutachtens und der ergänzenden ärztlichen Stellungnahme, welche vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurden, festgestellt und ausführlich dargelegt wurde, dass bei der Beschwerdeführerin keine maßgeblichen Einschränkungen der oberen bzw. unteren Extremitäten und der Wirbelsäule oder erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen gegeben sind, erreichen die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß, welches die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigen.
Die Beschwerdeführerin leidet auch nicht an einer Gesundheitsschädigung, für welche von vornherein der Passus "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" vorgesehen ist.
Die Beschwerdeführerin ist den Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Überprüfung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083).
Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständliche Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall wurden zur Klärung des Sachverhaltes ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt und die Beschwerdeführerin wurde persönlich untersucht. Das Gangbild der Beschwerdeführerin wurde in dem ärztlichen Sachverständigengutachten vom 15.12.2020 und der ärztlichen Stellungnahme vom 04.02.2021 ausreichend dokumentiert und es erscheint schlüssig, wenn die Sachverständige darin zum Ergebnis gekommen ist, dass der Beschwerdeführerin das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Meter selbständig möglich ist. Das Beschwerdevorbringen war - wie bereits unter Punkt 2. ausgeführt - nicht substantiiert und geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Feststellungen hervorzurufen. Weitere medizinische Beweismittel wurden nicht vorgelegt. Für das Bundesverwaltungsgericht ergaben sich keine weiteren Fragen an die Beschwerdeführerin oder an die befasste Sachverständige. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist als geklärt anzusehen, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin mit der Beschwerde auch nicht beantragt.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W166.2240612.1.00Im RIS seit
01.09.2021Zuletzt aktualisiert am
01.09.2021