Entscheidungsdatum
16.07.2021Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W267 2173427-3/3Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Essl als Einzelrichter betreffend die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Mag. Josef Bischof und Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwälte in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.06.2021, Zl. XXXX , wie folgt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste irregulär in Österreich ein und stellte am 22.08.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG). Im Rahmen dieser Antragstellung gab er an, den Namen XXXX zu führen.
2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (PI Bad Leonfelden AGM) am 23.08.2015 sowie seinen Einvernahmen durch das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) am 11.05.2016 sowie am 03.01.2017 gab der Beschwerdeführer unter anderem an, dass er afghanischer Staatsangehöriger sei und der Volksgruppe der Pashtunen angehöre. Er sei sunnitischer Moslem und seine Muttersprache sei Pashtu. Der Beschwerdeführer bekenne sich zum schiitischen Islam, er sei kinderlos und ledig.
3. Mit Bescheid vom 21.09.2017, Zl. XXXX , wies das BFA diesen (ersten) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 22.08.2015 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und ferner gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Als Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurden 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
4. Gegen diesen Bescheid vom21.09.2017 erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch Mag. Josef Bischof und Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwälte in 1090 Wien, mit Schriftsatz vom 11.10.2017 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, die jedoch vom Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) mit – zwischenzeitig rechtskräftigem – Erkenntnis vom 14.11.2018, Zl. W156 2173427-1/10E, als unbegründet abgewiesen wurde. Eine (ordentliche) Revision wurde vom Gericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
5. Am 13.02.2019 erhob der Beschwerdeführer gegen dieses Erkenntnis des BVwG außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) sowie Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH).
6. Mit Beschluss des VfGH vom 28.12.2018, GZ. E 5084/2018-4, wurde der Beschwerde zwar zunächst die aufschiebende Wirkung zuerkannt, mit Beschluss des Gerichtshofes vom 24.09.2019 zu GZ. E 5084/2018-7 wurde deren Behandlung jedoch abgelehnt.
7. Mit Beschluss des VwGH vom 27.06.2019 zu GZ Ra 2018/14/0316-10 wurde die dort gegen das Erkenntnis des BVwG eingebrachte außerordentliche Revision zurückgewiesen.
8. Am 07.12.2019 wurde der Beschwerdeführer festgenommen und sollte in der Folge am 10.12.2019 nach Afghanistan abgeschoben werden. Auf Weisung des Direktors des BFA vom 09.12.2019 wurde er jedoch „aufgrund einer möglichen Gesetzesänderung durch den Nationalrat hinsichtlich der Lage von abgelehnten Asylwerbern in einem aufrechten Ausbildungsverhältnis […] bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage“ vorübergehend ins gelindere Mittel der Meldepflicht entlassen.
9. Am 13.12.2019 stellte der Beschwerdeführer einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz und erstattete mit Schriftsatz vom selben Tage durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter eine Stellungnahme samt Urkundenvorlage.
10. Im Rahmen seiner Erstbefragung bezüglich des neuen Antrages durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (LPD Wien – AFA) am 16.12.2019 im Beisein seines Rechtsvertreters sowie eines Dolmetschers für die Sprache Pashtu brachte der Beschwerdeführer zunächst Fluchtgründe vor, die er bereits im Rahmen des rechtskräftigen Vorverfahrens geltend gemacht hatte. In der Folge brachte er als Grund dafür, dass ihm im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan nach dem Leben getrachtet würde, nunmehr insbesondere auch vor, dass Berichte über seine Verhaftung und versuchte Abschiebung in mehreren (Online)Medien auch international abrufbar gewesen wären und dass ihm aufgrund des Umstandes, dass er von katholischen Klosterschwestern unterstützt werde und er auf eine katholische Privatschule für Sozialberufe ginge, in seinem Heimatstaat nunmehr die (tatsächlich nie erfolgte) Konversion zum Christentum unterstellt würde.
11. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 23.12.2019 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme und legte zahlreiche Urkunden vor.
12. Aufgrund des bisherigen Ermittlungsergebnisses wurde dem Beschwerdeführer am 16.01.2020 eine Mitteilung gemäß §29 Abs. 3 Z 4 und 6 AsylG 2005 ausgefolgt, dass das BFA beabsichtige, seinen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben.
13. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 27.01.2020 erstattete der Beschwerdeführer in Bezug auf die ihm übermittelten Länderinformation der Staatendokumentation zu Afghanistan eine Stellungnahme und legte zahlreiche Urkunden vor, darunter ein von ihm beauftragtes, undatiertes Privatgutachten des Dr. Sarajuddin Rasuly.
14. Am 28.01.2020 wurden der Beschwerdeführer beim BFA, Erstaufnahmestelle Ost, in Beisein seines Rechtsvertreters sowie eines Rechtsberaters vom VMÖ und unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Pashtu einvernommen.
15. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 03.02.2020 legte der Beschwerdeführer weitere Urkunden vor.
16. Am 08.06.2020 wurde dem Beschwerdeführer vom BFA eine aktuelle Länderinformation der Staatendokumentation zu Afghanistan übermittelt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
17. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 25.06.2020 erstattete der Beschwerdeführer in Bezug auf die ihm am 08.06.2020 übermittelten Länderberichte eine Stellungnahme und legte weitere Urkunden vor.
18. Am 03.09.2020 wurden dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die aktuellen länderspezifischen Anmerkungen bezüglich Covid-19 übermittelt und dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, eine schriftliche Stellungnahme zu erstatten.
19. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 09.09.2020 erstattete der Beschwerdeführer in Bezug auf die ihm am 03.09.2020 übermittelten Länderberichte eine Stellungnahme, in deren Rahmen er unter anderem bekanntgab, dass der Beschwerdeführer nunmehr die Schule abgeschlossen hätte.
20. Mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 14.09.2020 legte der Beschwerdeführer weitere Urkunden vor.
21. Am 07.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer eine aktuelle Länderinformation der Staatendokumentation zu Afghanistan übermittelt und ihm wiederum die Möglichkeit eingeräumt, dazu eine schriftliche Stellungnahme zu erstatten, was er durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter nebst Vorlage weiterer Urkunden durch mit Schriftsatz vom 14.01.2021 auch tat.
22. Am 19.04.2021 wurde dem Beschwerdeführer eine aktuellere Länderinformation der Staatendokumentation zu Afghanistan übermittelt und ihm wiederum die Möglichkeit eingeräumt, dazu eine schriftliche Stellungnahme zu erstatten, was er durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter nebst Vorlage weiterer Urkunden durch mit Schriftsatz vom 03.05.2021 tat.
23. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 07.06.2021, Zl. XXXX EASt Ost, wies das BFA diesen (zweiten) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 13.12.2019 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Dem Beschwerdeführer wurde auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn vielmehr eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG 2005 nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Eine Frist für seine freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht eingeräumt (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde zudem gem. § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).
24. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 05.07.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Bekämpft wird der Bescheid in allen Spruchpunkten wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltlicher Rechtwidrigkeit. Mit der Beschwerde wurden vom Beschwerdeführer wiederum zahlreiche Urkunden vorgelegt.
25. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt sind am 12.07.2021 beim BVwG eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Anzuwendendes Recht:
1.1. Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005; in der Folge AsylG) und auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden. Im gegenständlichen Fall wurde insbesondere auch der verfahrensgegenständliche Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nach diesem Zeitpunkt gestellt, weshalb das AsylG in der Fassung des BGBl. I Nr. 110/2021 zur Anwendung gelangt.
1.2. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des BFA und Asyl das BVwG. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) richtet sich nach den Bestimmungen des VwGVG (BGBl. I 33/2013) in der geltenden Fassung, geregelt, das auch auf das gegenständliche Verfahren Anwendung findet.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
1.4. Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder bereits eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine
Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
1.5. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
1.6. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
2. Rechtlich folgt daraus:
2.1. Zu A) – Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung
Der Beschwerdeführer hat seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich im Jahre 2015 gestellt. Diesen ersten Antrag betreffend, ferner hinsichtlich dessen Abweisung und in der Folge auch bezüglich des verfahrensgegenständlichen zweiten Antrages auf internationalen Schutz und dessen negative Erledigung sowie der darüber hinaus behördlich gesetzten Maßnahmen wurden vom Beschwerdeführer zahlreiche Schriftsätze erstattet, Urkunden vorgelegt und Rechtsmittel ergriffen. Die bisherigen, im gegenständlichen Verfahren zu berücksichtigenden Behörden- und Gerichtsakten haben bislang bereits einen Umfang von insgesamt mehr als 2.500 Seiten erreicht.
Das Aktenkonvolut wurde dem BVwG vom BFA im Laufe des 12.07.2021, einem Montag, übermittelt, stand der zuständigen Gerichtabteilung jedoch erst am nächsten Werktag tatsächlich zur Verfügung. § 18 Abs. 5 BFA-VG sieht grundsätzlich eine Entscheidung durch das Gericht binnen einer Woche vor, allerdings ist der Beschwerdeführer durch einen Rechtsanwalt vertreten, dem Erledigungen mittels ERV zugestellt werden müssen. Dem Erkenntnis des VfGH vom 09.06.2017 zu E 2686/2016-15 folgend, hat die Zustellung durch das Gericht daher bereits einen Tag früher zu erfolgen, der jedoch auf einen Sonntag fiele. Da auch der Samstag nicht als Werktag angesehen wird, hat die Zustellung der gegenständlichen Entscheidung an den ausgewiesenen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers daher bereits am Freitag, den 16.07.2021, zu erfolgen, sodass die gesetzliche siebentägige Frist de facto auf nicht einmal vier Arbeitstage verkürzt ist.
Nach Durchführung einer Grobprüfung der dem BVwG derzeit zur Verfügung stehenden Verwaltungs- und Gerichts(vor)akten sowie der ihm unspezifisch zugänglichen aktuellen Länderinformationen zu Afghanistan gelangt das erkennende Gericht daher zur Überzeugung, dass es ihm aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Falles und des Umfangs der Vorakten innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht möglich sein wird, eine das Parteienvorbringen und die konkreten Umstände umfassend würdigende Entscheidung über die erhobene Beschwerde zu treffen, bei der mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass mit einer Rückführung des Beschwerdeführers nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung seiner in der EMRK garantierten Rechte einherginge.
Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten ist, vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es – im Sinne einer Grobprüfung – von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als „vertretbare Behauptungen“ zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Zumal auch in der Beschwerde jene Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Beschwerdeführers stützt, ausreichend genau bezeichnet wurden,
war das BVwG im Ergebnis gehalten, gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG vorzugehen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG in Verbindung mit § 24 VwGVG entfallen.
2.2. Zu B) – Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W267.2173427.3.00Im RIS seit
01.09.2021Zuletzt aktualisiert am
01.09.2021