TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/26 W141 2238710-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.07.2021
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Entscheidungsdatum

26.07.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W141 2238710-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,
geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom 02.12.2020,
XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), in Verbindung mit dem Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 07.01.2021,
XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer hat am 09.06.2020 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage von Unterlagen und medizinischen Befunden einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

2.       Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 21.07.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 20 vH bewertet wurde. Das Gutachten wurde dem Beschwerdeführer zur allfälligen Stellungnahme übermittelt.

2.1. Mit dem bei der belangten Behörde am 11.08.2020 eingelangten Schreiben bringt der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme ein.

Unter Vorlage eines Befundkonvoluts wurde von dem Beschwerdeführer ausführlich zu den im Sachverständigengutachten festgestellten Leiden einzeln Stellung genommen. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die im Rahmen der medizinischen Untersuchung festgestellten Leiden nicht mit den Tatsachen übereinstimmten und er sich mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht einverstanden erkläre.

2.2.    Zur Überprüfung der schriftlichen Stellungnahme wurde von der belangten Behörde ein weiteres Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.10.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 30 vH bewertet wurde.

2.3.    Im Rahmen des Parteiengehörs wurde von dem Beschwerdeführer eine weitere Stellungnahme eingebracht. In dieser erklärte er, dass sein rechter Arm mit einer Behinderung von 50 vH zu bewerten sei, da er nicht einmal im Stande sei 3kg zu heben und mit seiner geringen Griffkraft nicht einmal ein Glas oder einen Teller halten könne. Zudem gab der Beschwerdeführer an, dass er ein Risikopatient mit Bluthochdruck sei. Der Beschwerdeführer leide außerdem unter einer chronischen Ischias sowie einem Bandscheibenvorfall der Lendenwirbel 4, 5 und 6.

2.4.    Zur Überprüfung der schriftlichen Stellungnahme wurde von der belangten Behörde eine Stellungnahme desselben Facharztes für Orthopädie, basierend auf der Aktenlage, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung weiterhin mit 30 vH bewertet wurde.

3.       Mit Bescheid vom 02.12.2020 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH festgestellt.

Dem Bescheid waren das orthopädische Sachverständigengutachten sowie die Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie beigelegt.

4.       Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage eines weiteren medizinischen Befundes brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Behinderung seines rechten Arms enorm sei und ihm dadurch die Erledigung der täglichen Dinge des Alltags, wie Körperpflege, Essen, Anziehen und Autofahren, extrem erschweren würde. Zudem erklärte der Beschwerdeführer, dass in dem Sachverständigengutachten sein Bluthochdruck, die Skoliose und die chronische Ischiasbeschwerden nicht berücksichtigt worden seien. Abschließend fügte der Beschwerdeführer hinzu, dass ihm vermutlich eine Gelenksprothese implantiert werden würde, weshalb es zu vermehrten körperlichen Einschränkungen kommen werde.

4.1.    Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde von der belangten Behörde eine weitere Stellungnahme desselben Facharztes für Orthopädie mit dem Ergebnis eingeholt, dass das Gesamtkalkül nicht geändert werden könne, da die nachgereichten Befunde die getroffene Einschätzung bestätigen und die Beschwerden gewürdigt worden wären.

5.       Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.01.2021 hat die belangte Behörde die am 10.12.2020 eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.12.2020 betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41, § 42 und
§ 46 BBG iVm § 14 und § 15 VwGVG abgewiesen:

Begründend wurde der erhobene Sachverhalt angeführt.

5.1.    Mit Schreiben vom 14.01.2021 hat der Beschwerdeführer rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt und vorgebracht, dass das Gutachten nicht der Richtigkeit entspreche. Die von ihm vorgelegten medizinischen Beweismittel würden seiner Ansicht nach das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens entkräften. Außerdem könne ein endgültiges Ergebnis erst nach seiner bevorstehenden Operation festgestellt werden.

6.       Mit Schreiben, eingelangt am 18.01.2021, hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

6.1.    Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes hat das Bundesverwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie, Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 18.03.2021, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung weiterhin mit 30 vH bewertet wurde.

6.2.    Mit Schreiben vom 29.06.2021 hat das Bundesverwaltungsgericht den Parteien das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und ihnen gem. § 45 Abs. 3 iVm § 17 VwGVG die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme einzubringen.

Die belangte Behörde hat keine Einwendungen erhoben.

6.3.    Mit Schreiben vom 07.07.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 09.07.2021, hat der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme eingebracht.

Aus dieser geht im Wesentlichen hervor, dass ihm zwei Ärzte bestätigt hätten, sein Behinderungsgrad würde aufgrund der starken Behinderung seines rechten Arms eine Gesamtbehinderung von 50 vH ergeben, da ihm die Ausführung alltäglicher Dinge des Lebens mit der rechten Hand nicht möglich sei. Er bitte daher um positive Erledigung seines Anliegens.

6.4.    Der Beschwerdeführer teilte telefonisch am 19.07.2021 mit, dass er auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1.    Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

1.2.    Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2.1.  Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand: gut
Ernährungszustand: gut
Größe: 172,00 cm           Gewicht: 89,00 kg

Klinischer Status – Fachstatus:

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen; Thorax: symmetrisch, elastisch; Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten: Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird im Bereich von Kleinfinger und Ringfinger rechts als gestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Ellbogen rechts: Orfitschiene, Narbe radial und ulnar, Zustand nach Implantation einer Radiusköpfchenprothese, Umfangsvermehrung und geringgradige Überwärmung, Narbe bland, Überprüfung der Bewegung bei derzeit eingeschränkter Beweglichkeit nicht durchgeführt.

Handgelenk rechts: Schmerzen werden in der Tabatiere angegeben, sonst unauffällig. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Schultern frei, Ellbogengelenke: rechts nicht überprüft, links frei, Unterarmdrehung rechts nicht überprüft, links frei, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten: Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits ohne Anhalten und ohne Einsinken zögerlich, aber durchführbar. Der Einbeinstand ist ohne Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich unter Angabe von Rückenschmerzen. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse, sehr gute Bemuskelung beidseits. Beinlänge nicht ident, links - 1 cm. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist rechts bis 60° bei KG 5 möglich, links bis 20°, dann Schmerzangabe in der LWS.

Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, deutlich Hartspann paralumbal, Klopfschmerz über der unteren LWS und ISG bds Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen frei beweglich BWS/LWS: FBA: 40 cm, dann Schmerzangabe in der LWS, R und F je 20°. Lasegue rechts negativ, links positiv. MER seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gesamtmobilität – Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit einem Gehstock, das Gangbild ist mühselig links hinkend. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen verlangsamt durchgeführt.

Status Psychicus:

Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

1.2.2.  Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

1

Posttraumatisches Funktionsdefizit rechter Ellbogen

Wahl dieser Position, da Revisionseingriff und Implantation einer Speichenköpfchenprothese rechts ohne Hinweis für anhaltende höhergradige Funktionseinschränkung.

02.06.13

30 vH

2

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule

Oberer Rahmensatz, da geringgradige Skoliose und Beinlängendifferenz von 1 cm sowie chronische Ischiasschmerzen ohne sicheren Hinweis für sensomotorisches Defizit oder Wurzelreizung.

02.01.01

20 vH

Gesamtgrad der Behinderung

30 vH

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung: Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH. Das Leiden 1 wird durch das Leiden 2 nicht erhöht, da kein ungünstiges Zusammenwirken vorliegt.

1.3.    Der gegenständliche Antrag ist am 09.06.2020 bei der belangten Behörde eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der vorliegenden Beweismittel und des Aktes der belangten Behörde ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess, der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76).

Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“.

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen – wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden – vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).

Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in Auftrag gegebenen Gutachten von einer Fachärztin für Unfallchirurgie/ Orthopädie und Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 18.03.2021 schlüssig und nachvollziehbar.

Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es auch die an ärztliche Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen. In dem eingeholten Gutachten wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.

Das durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund und der Aktenlage entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die befasste Sachverständige fasst die vorgelegten Beweismittel nachvollziehbar wie folgt zusammen:

?        Rechnung Orthopädietechnik 18.06.2020 (Modelleinlagen)

?        Attest Frau Schwendemann von 04/2020 – 06/2020

?        UKH Lorenz Böhler 04/2020 – 08/2020 (Radiustrümmerfraktur rechts, Subluxation, Abriss des Processus coronoideus, operative Versorgung)

?        Röntgen Beckenübersicht und Lendenwirbelsäule 05.06.2020 (beginnende Spondylose 'der LWS, Beckenschiefstand mit Hochstand des linken Acetabulum um 1 cm)

?        Attest Dr. Petridis Facharzt für Orthopädie 06/2020 (Arthralgie rechter Ellbogen posttraumatisch, Senkspreizfuß beidseits, Lumboischialgie links, Skoliose)

Die vorgelegten medizinischen Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die befasste Sachverständige hat sich im Rahmen der Gutachtenserstellung damit auseinandergesetzt. Die angeführten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Die Sachverständige führt nachvollziehbar aus, dass die Beurteilung des führenden Leidens, Posttraumatisches Funktionsdefizit des rechten Ellbogen, unter der Richtsatzposition 02.06.13 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH erfolgt. Sie erklärt klar und schlüssig, dass konkret diese Position gewählt wurde, da hier ein Revisionseingriff sowie eine Implantation einer Speichenköpfchenprothese vollzogen wurde, jedoch ohne Hinweis auf eine anhaltende höhergradige Funktionseinschränkung.

Die Sachverständige nimmt sehr ausführlich zu den Einsprüchen des Beschwerdeführers, die Behinderung seines rechten Arms sei enorm und eine endgültige Ermittlung seiner Behinderung sei erst 3-4 Wochen nach der bevorstehenden Operation am 26.01.2021 möglich, Stellung. Sie führt detailliert aus, dass seit der letzten gutachtlichen Stellungnahme vom 17.12.2020 insofern eine Änderung eingetreten ist, als dass das Radiusköpfchen am 01.03.2021 durch eine Prothese ersetzt wurde und eine Rekonstruktion mittels einer Sehne vorgenommen wurde, was zu einer Verbesserung der Beweglichkeit und der Schmerzsituation des Beschwerdeführers führte. Da die Begutachtung 17 Tage nach erfolgter Operation vorgenommen wurde, liegt zum Untersuchungszeitpunkt am 18.03.2021 ein postoperativer Status vor.

Zudem erläutert die Sachverständige, dass ohne Hinweis auf Komplikationen und unter Beachtung des präoperativen Status mit geringgradiger Einschränkung des Bewegungsumfangs in der Sagittalebene des Ellbogengelenks bzw. der Unterarmdrehfähigkeit keine höhergradige Funktionseinschränkung des Ellbogengelenks vorliegt und eine enorme Behinderung nicht nachvollziehbar ist. Unter Beachtung der Ausgangssituation und des komplikationslosen Verlaufs kommt die Sachverständige daher zu dem Ergebnis, dass zum jetzigen Zeitpunkt jedenfalls eine Verschlimmerung nicht anzunehmen ist und die Höhe der Einschätzung des Grades der Behinderung des rechten Ellbogenleidens nicht verändert wird.

Leiden 2, Degenerative Veränderung der Wirbelsäule, wird unter der Position 02.01.01 mit einem Grad der Behinderung von 20 vH erfasst. Die Sachverständige beschreibt, dass das Leiden aufgrund einer geringgradigen Skoliose und Beinlängendifferenz von 1 cm sowie chronischen Ischiasschmerzen ohne einen sicheren Hinweis für das Vorliegen eines sensomotorischen Defizits oder einer Wurzelreizung im oberen Rahmensatz einzustufen ist.

Darüber hinaus führt die Sachverständige nachvollziehbar aus, dass der Einwand des Beschwerdeführers, sein Beckenschiefstand, sein Bluthochdruck, die Skoliose, und die chronischen Ischiasbeschwerden seien nicht erwähnt worden, nicht der Realität entspricht. Die Sachverständige erklärt, dass der Bluthochdruck nicht durch entsprechende Befunde und Behandlungsdokumentationen belegt wurde und die weiteren Diagnosen in Leiden 2 subsummiert wurden. Dabei wurden sowohl die geringgradige Skoliose mit Beckenschiefstand als auch die chronischen Beschwerden der Lendenwirbelsäule erfasst, unter Berücksichtigung der geringen radiologischen Veränderungen und ungestörten peripheren Sensomotorik. Die Fachärztin und Allgemeinmedizinerin erklärt, dass eine Änderung nach nochmaliger Durchsicht sämtlicher, vor allem radiologischer Befunde und des vorliegenden Untersuchungsergebnisses nicht möglich ist.

Die befasste Sachverständige hält nachvollziehbar fest, dass der Gesamtgrad der Behinderung mit 30 vH zu bewerten ist und führt diesbezüglich weiter aus, dass das führende Leiden 1, Posttraumatisches Funktionsdefizit des rechten Ellbogen, durch das Leiden 2, Degenerative Veränderung der Wirbelsäule, nicht weiter erhöht wird, da kein ungünstiges Zusammenwirken der beiden Leiden vorliegt.

Weiters nimmt die Sachverständige ausführlich zu den vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunden Stellung. Bezüglich des Befundes des UKH vom 23.04.2020 (Trümmerfraktur Radiusköpfchen rechts, knöcherner Ausriss des Processus coronoideus re. Ulna, Subluxation des Ellbogengelenks, Hypertonie, operative Versorgung), hält sie fest, dass die komplexe Verletzung im Bereich des rechten Ellbogens in der Einstufung erfasst wurde. Trotz guter Beweglichkeit (wie in sämtlichen Unterlagen im Akt ersichtlich) wird unter Berücksichtigung der stattgehabten Subluxation eine Einstufung als mittelgradige Funktionseinschränkung vorgenommen. Laut Sachverständigengutachten ist der Bluthochdruck nicht durch entsprechende Befunde und Behandlungsdokumentationen belegt.

Hinsichtlich des Röntgen des rechten Ellbogens vom 10.12.2020 (soweit bei schlechter Bildqualität beurteilbar: Trümmerfraktur Radiusköpfchen mit Osteosynthese, mehrere Schrauben und Cerclage, mangelhaftes Rekonstruktionsergebnis, keine knöcherne Durchbauung - soweit erkennbar) erläutert die Sachverständige, dass der Befund in Einklang mit der in weiterer Folge vorgenommenen Implantation einer Radiusköpfchenprothese steht und die weiteren Gelenkskomponenten abgesehen vom Radiusköpfchen glatt konturiert sind, sodass kein Hinweis auf eine hochgradige Funktionseinsehränkung vorliegt.

Auch der Befund des UKH Lorenz Böhler vom 10.12.2020 (Beweglichkeit im Ellbogen 0/5/105, deutliches Krepitieren, schmerzhaft, VAD nahezu frei, Hyposensibilität, TH über dem Sulcus ulnaris positiv,Beschwerden über dem Radiusköpfchen. Entfernung der Platte, Stoßwellentherapie) steht laut Sachverständigengutachten in Einklang mit der getroffenen Beurteilung.

Die Sachverständige führt weiters aus, dass keine abweichende Beurteilung hinsichtlich der Positionsnummer und dem Grad der Einstufung sowie dem Gesamtgrad der Behinderung begründet werden kann. Im Sachverständigengutachten wird dargestellt, dass bezüglich des führenden Leidens der Zustand nach der in der Zwischenzeit erfolgten Implantation einer Radiusköpfchenprothese berücksichtigt wurde. Dies führte jedoch zu keiner einstufungsrelevanten Änderung.

Eine Nachuntersuchung ist laut Sachverständigengutachten nicht erforderlich.

In einer abschließenden Stellungnahme zu dem im Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichten Befund des UKH LB vom 03.03.2021 (Plattenentfernung, Rekonstruktion mittels Sehne, Implantation einer Speichenköpfchenprothese re.) erklärt die Sachverständige, dass der neu vorgelegte Befund in der Einstufung berücksichtigt wurde, dieser jedoch zu keiner Änderung führte, da unter Beachtung der Ausgangssituation, des vorliegenden Röntgenbildes und des komplikationslosen Verlaufs jedenfalls nicht von einer Verschlimmerung auszugehen ist.

Die bei dem Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden somit in dem eingeholten Sachverständigengutachten dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt.

Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden. Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind. Das Beschwerdevorbringen war somit nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH vorliegt, zu entkräften.

Das Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden. Auch ist der Beschwerdeführer dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden – Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Das Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag des Beschwerdeführers weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 09.06.2020 auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungs-gerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG beträgt die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle zehn Wochen. § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1.       Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1.       ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3.       sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4.       für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5.       sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1.       in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2.       in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

–        Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

–        Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

–        In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1.       nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2.       zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3.       ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

§ 1 sowie § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 treten mit 1. September 2010 in Kraft.

Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am 09.06.2020 gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Da ein Grad der Behinderung von 30 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

2.       Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die erhobenen Einwendungen waren nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen hervorzurufen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W141.2238710.1.00

Im RIS seit

03.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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