TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/27 W278 2243580-1

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Veröffentlicht am 27.07.2021
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Entscheidungsdatum

27.07.2021

Norm

BFA-VG §22a
BFA-VG §34
BFA-VG §40
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35

Spruch


W278 2243580-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht, durch den Richter Mag. HABITZL als Einzelrichter, über die Beschwerde der XXXX , StA Nigeria, vertreten durch Mag. Dr. Martin Enthofer, RA in 4020 Linz, gegen die Maßnahmen der Festnahme am 19.06.2021, Anhaltung in Verwaltungsverwahrungshaft von 19.06.2021, 08:05, bis 21.06.2021,14:45, und Abschiebung am 22.06.2021:

1. erkennt zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Festnahme am 19.06.2021 und die Anhaltung von 19.06.2021, 08:05 Uhr, bis 21.06.2021, 14:45 Uhr, wird stattgegeben und die Festnahme sowie die Anhaltung der Beschwerdeführerin werden für rechtswidrig erklärt.

II. Gemäß § 35 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, hat der Bund der Beschwerdeführerin zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von insgesamt € 737,60 binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2. beschließt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Abschiebung am 22.06.2021 wird als unzulässig zurückgewiesen.

II. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

A. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF), eine nigerianische Staatsangehörige, reiste legal mittels Visum ein und stellte im österreichischen Bundesgebiet am 06.12.2016 einen Erstantrag auf internationalen Schutz der aufgrund von Unzuständigkeit Österreichs – rechtskräftig – als unzulässig zurückgewiesen und die Außerlandesbringung der BF angeordnet wurde. Ein Folgeantrag der BF vom 04.10.2018 wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA, Bundesamt oder Behörde) vom 15.01.2019 vollinhaltlich abgewiesen und unter anderem eine Rückkehrentscheidung gegen die BF erlassen. Sämtliche gegen diesen Bescheid erhobenen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg, sodass auch diese Entscheidung in Rechtskraft erwuchs.

Ein in weiterer Folge von der BF am 21.12.2020 gestellter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen iSd Art. 8 EMRK wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 22.04.2021 zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), eine Rückkehrentscheidung gegen die BF erlassen (Spruchpunkt II.), die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria festgestellt (Spruchpunkt III.) und eine Ausreisefrist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.). In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde aufschiebende Wirkung habe und der Bescheid somit bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden könne. Eine gegen diesen Bescheid an das BVwG erhobene Beschwerde ist aktuell anhängig.

In weiterer Folge wurden am 26.04.2021 ein Abschiebeauftrag der BF für den 26.05.2021 sowie am 11.05.2021 ein Festnahme- und ein Durchsuchungsauftrag gegen die BF erlassen. Die BF konnte jedoch an ihrer Meldeadresse nicht aufgefunden und damit nicht festgenommen werden. Ihre Abschiebung am 26.05.2021 fand nicht statt.

Am 07.06.2021 wurde wiederum ein Abschiebeauftrag gegen die BF für deren begleitete Abschiebung am 22.06.2021 erlassen.

Am 15.06.2021 erließ das BFA zudem einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG gegen die BF. Geplant war, die BF am 22.06.2021 in ihren Herkunftsstaat abzuschieben. Ebenfalls am 15.06.2021 wurde zudem ein Durchsuchungsauftrag gemäß § 35 Abs. 1 BFA-VG betreffend die an der Meldeadresse der BF befindlichen Räumlichkeiten erlassen.

Die BF stellte einen Antrag auf organisatorisch unterstützte freiwillige Rückkehr nach Nigeria an das BFA, datiert 09.06.2021, beim BFA eingebracht am 18.06.2021.

Die BF wurde am 19.06.2021 festgenommen und ab 08:05 in Verwaltungsverwahrungshaft angehalten. Am selben Tag wurden ihr das Informationsblatt für Festgenommene und die Information über die bevorstehende Abschiebung in englischer und deutscher Sprache übergeben.

Mit Schriftsatz vom 20.06.2021, eingebracht am 21.06.2021, erhob der BF durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung Beschwerde (betitelt „Schubhaftbeschwerde“) gegen die Festnahme der BF am 19.06.2021, ihre Anhaltung sowie die für den 22.06.2021 geplante Abschiebung. Dabei wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerde gegen den nicht rechtskräftigen Bescheid des BFA vom 20.04.2021 (Anm: gemeint wohl 22.04.2021) komme aufschiebende Wirkung zu. Die zuvor erlassenen Rückkehrentscheidungen würden keine taugliche Grundlage für das Behördenvorgehen bilden. Im Übrigen habe die BF der Behörde gegenüber ihre Absicht zur freiwilligen Ausreise erklärt und bereits entsprechende Schritte gesetzt. Beantragt wurden die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, die Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Unzulässigkeit der Festnahme, Anhaltung und Abschiebung sowie Kostenersatz.

Am 21.06.2021 um 14:45 Uhr wurde die BF nach einem positiven Covid-19 Test aufgrund von Haftunfähigkeit aus der Verwaltungsverwahrungshaft entlassen. Die geplante Abschiebung fand nicht statt.

Das BFA übermittelte den Verwaltungsakt und erstattete am 21.06.2021 Stellungnahme, wobei im Wesentlichen ausgeführt wurde, die BF befinde sich nicht in Schubhaft, sämtliche Verfahren seien rechtskräftig abgeschlossen und das derzeit in Beschwerde befindliche Verfahren stehe einer Abschiebung der BF nicht im Wege. Ein Antrag auf Kostenersatz wurde nicht erstattet.


B. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

I. Feststellungen:

1. Zur Person der Beschwerdeführerin und zum Verfahren (1.1. bis 1.6.):

1.1. Die BF, eine nigerianische Staatsangehörige, reiste legal mittels Visum ein und stellte im österreichischen Bundesgebiet am 06.12.2016 einen Erstantrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde aufgrund von Unzuständigkeit Österreichs für das Asylverfahren – mit Erkenntnis des BVwG vom 14.06.2017 zweitinstanzlich rechtskräftig – als unzulässig zurückgewiesen.

1.2. Die Identität der BF steht fest. Sie ist Staatsangehörige von Nigeria, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sie nicht. Sie ist daher Fremde iSd Diktion des FPG.

1.3. Sie führt seit drei Jahren eine Beziehung zu einem österreichischen Staatsangehörigen, ist mit diesem verlobt und lebt seit Oktober 2018 mit ihm in häuslicher Gemeinschaft.

1.4. Sie ist im österreichischen Bundesgebiet strafgerichtlich unbescholten.

1.5. Ein Folgeantrag der BF vom 04.10.2018 wurde mit Bescheid des BFA vom 15.01.2019 vollinhaltlich abgewiesen und unter anderem eine Rückkehrentscheidung gegen die BF erlassen. Sämtliche gegen diesen Bescheid erhobenen Rechtsmittel blieben ohne Erfolg, sodass auch diese Entscheidung in Rechtskraft erwuchs.

1.6. Ein in weiterer Folge von der BF am 21.12.2020 gestellter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen iSd Art. 8 EMRK wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 22.04.2021 zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), eine Rückkehrentscheidung gegen die BF erlassen (Spruchpunkt II.), die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria festgestellt (Spruchpunkt III.) und eine Ausreisefrist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).

In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde aufschiebende Wirkung habe und der Bescheid somit bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden könne. Eine gegen diesen Bescheid an das BVwG erhobene Beschwerde ist aktuell anhängig.


2. Zur Festnahme und Anhaltung in Verwaltungsverwahrungshaft (2.1.-2.5.):

2.1. Am 15.06.2021 erließ das BFA einen Festnahmeauftrag demzufolge die BF gem. § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG zum Zweck der Erlassung eines Abschiebeauftrages für die – bereits organisierte – Abschiebung am 22.06.2021 festzunehmen war.

2.2. Die BF wurde am 19.06.2021 auf Basis des Festnahmeauftrags vom 15.06.2021 festgenommen.

2.3. Die BF befand sich von 19.06.2021, 08:05 Uhr, bis 21.06.2021, 14:45 Uhr, in Verwaltungsverwahrungshaft.

2.4. Die BF wurde im Zuge der Anhaltung positiv auf Covid-19 getestet und daraufhin aus der Anhaltung entlassen. Sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen der BF lagen nicht vor.

2.5. Die gegen die BF mit Bescheid vom 22.04.2021 erlassene Rückkehrentscheidung war zum Zeitpunkt der Festnahme und für die Dauer der Anhaltung nicht durchsetzbar.

3. Zur Abschiebung:

3.1. Am 07.06.2021 wurde ein Abschiebeauftrag gemäß gegen die BF für deren geplante begleitete Abschiebung am 22.06.2021 erlassen.

3.2. Mit Schriftsatz vom 20.06.2021, eingebracht beim BVwG am 21.06.2021, erhob die BF unter anderem Beschwerde gegen die für den 22.06.2021 geplante Abschiebung.

3.3. Die Abschiebung der BF am 22.06.2021 fand nicht statt.

II. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, die Vorakten des BVwG zu I403 2214237-1 und W232 2153210-1 sowie in den Akt des BVwG im aktuell laufenden Verfahren zu I417 2214237-2. Zudem wurden aktuelle Straf- und Melderegisterauskünfte sowie Auszüge aus der Anhaltedatei und dem Zentralen Fremdenregister (IZR) eingeholt. Der Sachverhalt ist in weiten Teilen nicht strittig und ergibt sich zudem aus den im Akt einliegenden unbedenklichen Urkunden.

1. Zur Person der Beschwerdeführerin und zum Verfahren (1.1. bis 1.6.):

1.1. Die legale Einreise der BF ergibt sich aus den Vorerkenntnissen des BVwG vom 14.06.2017 und 25.04.2019 zu den Zahlen I403 2214237-1/7E und W232 2153210-1/4E, die Antragstellung am 06.12.2016 ist im Zentralen Fremdenregister (IZR) vermerkt.

1.2. Der vorliegende Reisepass der BF geht aus dem IZR hervor. Die Staatsangehörigkeit der BF ist unstrittig.

1.3. Die Beziehung der BF zu einem österreichischen Staatsbürger ergibt sich aus dem Vorbringen in der Beschwerde in Zusammenschau mit dem aus dem Zentralen Melderegister hervorgehenden übereinstimmenden Hauptwohnsitz der BF mit ihrem Lebensgefährten und den im Akt einliegenden Unterstützungsschreiben.

1.4. Die Unbescholtenheit der BF ist dem Strafregister zu entnehmen.

1.5. Der Folgeantrag der BF und die hierzu ergangenen Entscheidungen sind im IZR vermerkt. Der Bescheid vom 15.01.2019 und das in weiterer Folge ergangene Erkenntnis des BVwG vom 25.04.2019 ist zudem vorliegend.

1.6. Der Bescheid des BFA vom 22.04.2021 liegt im Akt ein.

2. Zur Festnahme und Anhaltung in Verwaltungsverwahrungshaft (2.1.-2.5.):

2.1. Der Festnahmeauftrag vom 15.06.2021 liegt vor.

2.2. Die Festnahme der BF ist unstrittig und geht zudem aus dem Akteninhalt und der Anhaltedatei hervor.

2.3. Die Anhaltedauer der BF ist ebenfalls aus der Anhaltedatei ersichtlich.

2.4. Der positive PCR-Befund der BF, der Entlassungsschein und ein entsprechender Vermerk in der Anhaltedatei sind vorliegend. Anderweitige gesundheitliche Beeinträchtigungen der BF wurden nicht vorgebracht und ergeben sich auch aus dem Akt nicht.

2.5. Dass die zuletzt gegen die BF erlassene Rückkehrentscheidung im relevanten Zeitraum nicht durchsetzbar war, ergibt sich daraus, dass mit Bescheid vom 22.04.2021 die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde nicht ausgeschlossen wurde und in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides ausdrücklich vermerkt ist:

„Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, das heißt, der Bescheid kann bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden.“ (Bescheid des BFA vom 22.04.2021, S. 85).

Gegen den genannten Bescheid wurde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und das Beschwerdeverfahren ist nach wie vor anhängig.

3. Zur Abschiebung:

Die Feststellungen in 3.1. bis 3.3. ergeben sich aus dem Akteninhalt. Der Abschiebeauftrag vom 07.06.2021 und die Beschwerde vom 21.06.2021 liegen im Akt ein. Ebenso ist aus im Akt befindlichen Schreiben des BFA ersichtlich, dass die BF nicht wie geplant abgeschoben wurde.

III. Rechtliche Beurteilung:

1. Zu Spruchpunkt 1.A.I.: Beschwerdestattgabe (Festnahme und Anhaltung):

1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, idgF, lautet auszugsweise:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt. (...)"

Der mit "Bundesverwaltungsgericht" betitelte § 7 Abs. 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 7. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2."

In § 34 BFA-VG idgF finden sich die Voraussetzungen für die Anordnung der Festnahme eines Fremden:

„§ 34. (1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser
1.         Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder
2.         sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorliegen und
1.         der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder
2.         der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte.

(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,
1.         wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;
2.         wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;
3.         wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder
4.         wenn eine aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassene Vollstreckungsverfügung nicht vollzogen werden konnte oder der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2b FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.

Der mit „Festnahme“ betitelte § 40 BFA-VG idgF lautet:

§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1.         gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2.         wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3.         der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn
1.         dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,
2.         gegen diesen eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,
3.         gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,
4.         gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder
5.         auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.

(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

(5) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 einen Antrag auf internationalen Schutz, kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 gelten dabei sinngemäß.

(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.

1.2. Judikatur

Während der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung VwGH 26.1.2001, 2000/02/0340, zu § 72 Abs. 1 FrG 1997 noch davon ausging, dass mit Anhaltung nur die Anhaltung in Schubhaft gemeint war, subsumierte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VwGH 19.5.2011, 2009/21/0214, zu § 82 Abs. 1 FPG aF eine Anhaltung ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides ausdrücklich unter § 82 Abs. 1 Z 2 FPG, weil diese Bestimmung nicht nur für Beschwerden gegen die Anhaltung in Schubhaft, „sondern für jede Beschwerde, die sich gegen eine auf das FPG gestützte Anhaltung richtet,“ zur Verfügung stand. Gleiches hat auch für die Anfechtungsbefugnis gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG zu gelten, der ausweislich der Erläuterungen (RV 2144 BlgNR 24. GP) § 82 Abs. 1 FPG aF entspricht (vgl. Szymansiki, § 22a BFA-VG Anm. 1, in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, 2014).

Die gesonderte Anfechtung eines Festnahmeauftrages kommt jedenfalls nach vollzogener Festnahme schon zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten nicht in Betracht (VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0025); bei der Überprüfung der Festnahme ist allerdings zu prüfen, ob die Festnahme rechtswidrig war, weil der zugrundeliegende Festnahmeauftrag nicht hätte ergehen dürfen oder weil er jedenfalls vor seinem Vollzug zu widerrufen gewesen wäre (VwGH 25.10.2012, 2010/21/0378).

Nach Art. 5 Abs. 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Abs. 1 lit. a bis f und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden. Art. 1 PersFrBVG gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art. 1 Abs. 2 PersFrBVG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art. 1 Abs. 3 PersFrBVG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht. Nach Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG darf die persönliche Freiheit einem Menschen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

Im Verfahren gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG ist die Frage der Rechtmäßigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme keiner Prüfung zu unterziehen (VwGH 27.03.2007, 2007/21/0019; 31.08.2006, 2004/21/0138), ebenso wenig die Rechtmäßigkeit der Abschiebung. Beachtlich ist vielmehr im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit von Festnahme und Anhaltung, ob die belangte Behörde bei Setzung dieser Maßnahme realistischer Weise mit der tatsächlichen Durchführung der Abschiebung rechnen durfte.

Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der § 40 Abs. 1 Z 1 gemäß Abs. 4 BFA-VG bis zu 72 Stunden zulässig. Dabei handelt es sich aber – wie bei § 39 FPG (vgl. VwGH 12.09.2013, 2012/21/0204) – um eine Maximalfrist. Auch im Bereich fremdenpolizeilicher Festnahmen ist die Behörde schon aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, die Anhaltedauer so kurz als möglich zu halten und im Interesse einer kurzen Haftdauer die dafür notwendigen und ihr zumutbaren organisatorischen und personellen Maßnahmen zu treffen.

Die auf eine untaugliche Grundlage gestützte Festnahme wird aber auch dadurch, dass eine andere (aber nicht herangezogene) Rechtsgrundlage zur Verfügung gestanden wäre, nicht zu einer rechtmäßigen Maßnahme (vgl. VwGH 19.05.2011, 2009/21/0214).

1.3. Rechtlich folgt daraus:

Gemäß §22a Abs. 2 BFA-VG hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn 1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist, 2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder 3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht ist sohin für die Entscheidung in der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Gemäß dem mit Festnahmeauftrag betitelten § 34 BFA-VG kann ein Festnahmeauftrag gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn gegen ihn ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll (Abs. 3 Z 3 leg cit.). Gemäß Abs. 5 leg cit. ergeht der Festnahmeauftrag in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung aufgrund eines Festnahmeauftrags darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.

Gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung für das Bundesamt festzunehmen, wenn gegen ihn ein Festnahmeauftrag nach § 34 BFA-VG besteht.

Ein am 21.12.2020 gestellter Antrag der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen iSd Art. 8 EMRK wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 22.04.2021 zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), eine Rückkehrentscheidung gegen die BF erlassen (Spruchpunkt II.), die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt (Spruchpunkt III.) und eine Ausreisefrist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).

Gemäß § 16 Abs. 5 BFA-VG begründet eine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 oder ein diesbezüglicher Vorlageantrag kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides wurde jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde aufschiebende Wirkung habe und der Bescheid somit bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden könne. Zudem wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Eine gegen diesen Bescheid an das BVwG erhobene Beschwerde ist aktuell anhängig.

Am 07.06.2021 wurde ein Abschiebeauftrag für die Abschiebung der BF am 22.06.2021 erlassen. Am 15.06.2021 erließ das BFA zudem einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z. 3 BFA-VG – zum Zweck der Erlassung eines Auftrags zur Abschiebung – gegen die BF. Die BF wurde am 19.06.2021 festgenommen und von diesem Tag, 08:05 Uhr, bis 21.06.2021, 14:45 Uhr, in Verwaltungsverwahrungshaft angehalten.

Wie die Behörde richtigerweise ausführt, sind beide Asylverfahren der BF rechtskräftig abgeschlossen. Wie festgestellt war jedoch die zuletzt mit Bescheid vom 22.04.2021 gegen die BF ergangene Rückkehrentscheidung im Zeitpunkt der Festnahme und im Zeitraum der Anhaltung nicht aufgrund der darin enthaltenen Ausführungen nicht durchsetzbar.

Da die gegen die BF zuletzt erlassene Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt der Festnahme und Anhaltung nicht durchsetzbar und damit eine Abschiebung unzulässig war, waren der Festnahmeauftrag zur Erlassung eines Auftrags zur Abschiebung und die darauf basierende Festnahme und Anhaltung schon aus diesem Grund rechtswidrig (vgl. etwa VwGH 22.05.2014, 2014/21/0001; 29.02.2012, 2010/21/0062). Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

1.4. Zu den Spruchpunkt 1.A.II.: Kostenentscheidung:

Im gegenständlichen Verfahren wurde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 22a BFA-VG (Festnahme und Anhaltung) und § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG (Abschiebung) Beschwerde erhoben. Im vorliegenden Verfahren begehrte die BF den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Richtet sich die Beschwerde gegen mehre, trennbare Verwaltungsakte, so steht für jeden dieser Verwaltungsakte Kostenersatz zu.

Hierzu führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 31.08.2017, Ro 2016/21/0014 aus, dass ein Anspruch auf Kostenersatz im Verfahren vor dem VwG unter anderem dann besteht, wenn sich eine Maßnahmenbeschwerde gegen mehrere Verwaltungsakte richtet und mit der Bekämpfung eines davon erfolgreich ist. Nach der - zu § 79a Abs. 7 AVG iVm § 52 Abs. 1 (und § 53 Abs. 1) VwGG idF vor Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 33/2013 ergangenen - Judikatur (vgl. E 12. April 2005, 2004/01/0277) kommt es für den Ersatzanspruch des Beschwerdeführers darauf an, wie viele Verwaltungsakte er mit einer Maßnahmenbeschwerde erfolgreich angefochten hat. Bei der Ermittlung der Anzahl der Verwaltungsakte kann allerdings nicht allein darauf abgestellt werden, wie die zu Grunde liegende Beschwerde strukturiert ist und wie viele Einzelakte sie im Rahmen des bekämpften Amtshandelns zu erkennen vermeint. Wesentlich sind vielmehr die behördlichen Feststellungen über das angefochtene Verwaltungsgeschehen, anhand derer zu beurteilen ist, wie viele sachlich und zeitlich trenn- und unterscheidbare Akte, die einer isolierten Betrachtung zugänglich sind, vorliegen, wobei für diese Beurteilung auch der jeweils verfolgte Zweck der Amtshandlung(en) und die in Frage kommenden Rechtsverletzungen eine Rolle spielen. Diese Judikatur wurde auf den Anwendungsbereich des § 35 VwGVG 2014 übertragen (vgl. B 4. Mai 2015, Ra 2015/02/0070; E 16. März 2016, Ra 2015/05/0090).

Folglich ist zwischen den Verwaltungsakten Festnahme und Anhaltung auf der einen Seite, sowie der Abschiebung auf der anderen Seite als jeweils eigene Verwaltungsakte zu unterscheiden, da einer Abschiebung nicht zwangsweise eine Festnahme zur Verhängung der Verwaltungsverwahrungshaft vorangeht.

§ 35 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) StF BGBl. I Nr. 33/2013 idgF lautet auszugsweise:

„(1) Die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

(2) Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei.

(3) Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. (…)“

Im Hinblick auf die Festnahme und Anhaltung der BF ist auszuführen:

Die BF begehrte den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da sie im Hinblick auf Festnahme und Anhaltung vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten rechtlichen Bestimmungen.

Das BFA beantragte keinen Kostenersatz, sodass ihm ein solcher schon dem Grunde nach nicht zukommt.

1.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Es sind keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren hervorgekommen und sind solche aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht gegeben.

Im Hinblick auf die klare höchstgerichtliche Judikatur und die eindeutige Rechtslage war die Revision daher nicht zuzulassen.

2. Zu Spruchpunkt 2.A.I.: Beschwerdezurückweisung (Abschiebung):

2.1. Rechtliche Grundlagen:

Der mit „Bundesverwaltungsgericht“ betitelte § 7 BFA-VG idgF lautet:

„§ 7. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über
1.         Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,
2.         Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3.       Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4.       Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5.       Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2.

(2) Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.“

§46 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) StF BGBl. I Nr. 100/2005 idgF lautet:

„§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1.         die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2.         sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3.         auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4.         sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, hat – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es allfällige Gebühren und Aufwandersatzleistungen an ausländische Behörden im Zusammenhang mit der Abschiebung zu entrichten und sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

(7) Befindet sich der Fremde in einer Krankenanstalt (§§ 1 und 2 des Bundesgesetzes über Krankenanstalten und Kuranstalten – KAKuG, BGBl. Nr. 1/1957) und steht seine Abschiebung zeitnah bevor, so hat die Krankenanstalt das Bundesamt auf Anfrage unverzüglich über den feststehenden oder voraussichtlichen Zeitpunkt der Entlassung aus der Anstaltspflege zu informieren. Ändert sich der nach Satz 1 mitgeteilte Zeitpunkt, so hat die Krankenanstalt das Bundesamt aus Eigenem zu informieren.“

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben, wenn im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen des Verwaltungsgerichtes durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

2.2. Rechtlich folgt daraus:

Für die Zulässigkeit einer Beschwerde im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG ist zunächst Voraussetzung, dass ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBZ) vorliegt.

Eine Beschwerde gegen eine nicht vorgefallene Maßnahme ist unzulässig (vgl. Ennöckl, Die Maßnahmenbeschwerde an das Verwaltungsgericht, in Bergthaler/Grabenwarter (Hrsg), Musterhandbuch Öffentliches Recht [Stand 1.11.2015, rdb.at]).

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes wird unter einem Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Wesentlichen ein Verwaltungshandeln verstanden, das von einem Verwaltungsorgan in der Hoheitsverwaltung durch Ausübung unmittelbaren Zwanges (Gewalt) oder Erteilung eines Befehls (mit unverzüglichem Befolgungsanspruch) gegen einen individuellen Adressaten gesetzt wird (VfSlg. 7346/1974, 11.935/1988; VwGH 28.5.1997, 96/13/0032).

Wie festgestellt hat die angefochtene Abschiebung am 22.06.2021 nicht stattgefunden. Die dagegen erhobene Beschwerde war somit beschlussmäßig zurückzuweisen.

2.3. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die BF beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde. Aus den Ausführungen in der Beschwerdeschrift geht hervor, dass diese im Hinblick auf die für den 22.06.2021 geplante Abschiebung beantragt wurde.

Zumal die Abschiebung nicht stattfand und der entsprechende Termin bereits verstrichen ist, erscheint die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zielführend, da diesbezüglich kein Rechtsschutzinteresse mehr besteht.

2.4. Zu Spruchpunkt 2.A.II.: Kostenentscheidung:

Hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen kann auf die Ausführungen zu 1.A.II verwiesen werden.

Die BF begehrte auch im Hinblick auf die geplante Abschiebung den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Beschwerde zurückzuweisen war und die BF damit unterlag, kommt ihr ein Ersatzanspruch jedoch nicht zu.

Das BFA beantragte keinen Kostenersatz, sodass ihm ein solcher schon dem Grunde nach verwehrt bleibt.

2.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Es sind keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren hervorgekommen und sind solche aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auch nicht gegeben.

Im Hinblick auf die klare höchstgerichtliche Judikatur und die eindeutige Rechtslage war die Revision daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung aufschiebende Wirkung Festnahmeauftrag Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung Unzulässigkeit der Beschwerde Vollstreckbarkeit Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W278.2243580.1.00

Im RIS seit

02.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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