TE Vwgh Beschluss 2021/7/15 Ro 2021/09/0014

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Veröffentlicht am 15.07.2021
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht

Norm

RStDG §209
RStDG §51 Abs2
RStDG §51 Abs5
RStDG §91 Abs1
RStDG §92
VwGG §30 Abs2
VwGG §30b

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Mag. M, vertreten durch Dr. Wolf-Georg Schärf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zedlitzgasse 1/17, der gegen die Entscheidung des Personalsenates des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. Februar 2021, 2021-0.009.959-1-A, betreffend Festsetzung der Gesamtbeurteilung nach dem Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 3 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

1        Der Revisionswerber ist Richter des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG).

2        Die (erstmalige) Gesamtbeurteilung der Dienstbeschreibung des Revisionswerbers im Sinn des § 51 Abs. 2 RStDG wurde für das Kalenderjahr 2018 mit „Nicht Entsprechend“ festgesetzt. Mit Schreiben vom 26. Juni 2020 teilte der Vorsitzende des Personalsenates dem Revisionswerber mit, dass in Anbetracht der Tatsache, dass er im Kalenderjahr 2019 weniger als sechs Monate Dienst versehen habe, der Personalsenat gemäß § 51 Abs. 5 iVm § 52 (iVm § 209) RStDG im ersten Quartal 2021 erneut die Dienstbeschreibung (betreffend das Kalenderjahr 2020) vornehmen werde.

3        In der Sitzung des Personalsenates am 24. Februar 2021 wurde die Dienstbeschreibung für das Kalenderjahr 2020 mit „Nicht Entsprechend“ beschlossen.

4        Die Mitteilung über die Gesamtbeurteilung wurde dem Revisionswerber gemäß § 55 Abs. 1 RStDG mittels Rsa-Briefes am 11. März 2021 zugestellt.

5        Mit Schriftsatz vom 28. April 2021 beantragte der Revisionswerber die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der ordentlichen Revision gegen die Entscheidung des Personalsenates betreffend die Festsetzung der Gesamtbeurteilung für das Kalenderjahr 2020, ausgefertigt durch die Mitteilung gemäß § 55 Abs. 1 RStDG vom 24. Februar 2021. Weiters wurde gegen die besagte Entscheidung die ordentliche Revision erhoben verbunden mit dem Antrag, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

6        Der Personalsenat des BVwG wies mit Beschluss 9. Juni 2021 die ordentliche Revision gemäß § 30a Abs. 1 VwGG (Spruchpunkt I.) sowie den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Spruchpunkt II.) und den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (Spruchpunkt III.) jeweils als unzulässig zurück.

7        In der Begründung wird zusammengefasst ausgeführt, dass die Mitteilung der Dienstbeschreibung im Bereich der ordentlichen Justiz nicht als Urteil oder Beschluss zu qualifizieren sei, sei sie doch nicht mit den herkömmlichen Rechtsmitteln im Sinn der ZPO (Berufung, Rekurs). Vielmehr sei in § 55 RStDG ein besonderes Rechtsmittel an den Personalsenat des übergeordneten Gerichtshofes eingerichtet. Die Entscheidung des als Rechtsmittelinstanz fungierenden Personalsenates sei endgültig, das heißt unanfechtbar. Für das Bundesverwaltungsgericht sei jedoch kein „übergeordneter Gerichtshof“ im Sinn des RStDG und insbesondere dessen § 55 Abs. 3 RStDG eingerichtet. Die Revision erweise sich daher gemäß § 55 Abs. 3 (iVm § 209) RStDG als unzulässig. Daher mangele es dem Antrag auf aufschiebende Wirkung sowie dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand an der gemäß § 30 Abs. 2 ff VwGG notwendigen Antragsvoraussetzung einer zulässigen Revision, weshalb diese Anträge als unzulässig zurückzuweisen seien.

8        Dagegen brachte der Revisionswerber einen Vorlageantrag gemäß § 30b VwGG ein, der dem Verwaltungsgerichtshof samt dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Revision sowie der Revision und den Verfahrensakten vorgelegt wurde.

9        Die Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Antrag, einer Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, regelt § 30 VwGG. Ein Unterschied zwischen ordentlicher und außerordentlichen Revision wird in dieser Bestimmung nicht getroffen (vgl. VwGH 25.4.2017, Ra 2017/16/0039).

10       Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Nach Vorlage der Revision ist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 30 Abs. 3 VwGG berechtigt, eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes über die Zuerkennung aufschiebender Wirkung abzuändern, wenn er die Voraussetzungen anderes beurteilt. Entscheidungen betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung trifft gemäß § 14 Abs. 2 VwGG der Berichter.

11       Der Revisionswerber macht geltend, dass gegenüber einem allfällig bestehenden öffentlichen Interesse sein Interesse überwiege, dass er nicht aufgrund einer rechtswidrig für das Kalenderjahr 2020 erfolgten Dienstbeurteilung gezwungen sei, seine Versetzung in den Ruhestand gemäß § 91 Abs. 1 RStDG zu beantragen. Der Revisionswerber sei vom Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts mit am 14. April 2021 übermittelten Schreiben aufgefordert worden, sich aufgrund der negativen Dienstbeurteilungen für die Jahre 2018 und 2020 binnen Monatsfrist in den Ruhestand versetzen zu lassen. Es lägen mehrere Umstände, insbesondere gesundheitlicher Natur vor, die dazu führen hätten müssen, dass der Revisionswerber gemäß § 51 Abs. 6 zweiter Fall RStDG für das Kalenderjahr 2020 gar nicht beurteilt werde, sondern erst für das Jahr 2021.

12       Voraussetzung für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist die Vollzugstauglichkeit des bekämpften Erkenntnisses. Unter „Vollzug“ eines Erkenntnisses ist seine Umsetzung in die Wirklichkeit zu verstehen und zwar sowohl im Sinn der Herstellung der dem Entscheidungsinhalt entsprechenden materiellen Rechtslage als auch des dieser Rechtslage entsprechenden faktischen Zustands (vgl. VwGH 9.7.2020, Ra 2020/10/0064, mwN).

13       Bei zwei aufeinanderfolgenden negativen Gesamtbeurteilungen ist der Richter gemäß § 91 RStDG (hier: iVm § 209 RStDG) aufzufordern, seine Versetzung in den Ruhestand zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beantragen. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so ist ein (Ruhestandsversetzungs-)Verfahren vor dem Dienstgericht durchzuführen (§ 92 RStDG).

14       Die vom Revisionswerber geltend gemachten unverhältnismäßigen Nachteile eines sofortigen Vollzuges der angefochtenen negativen Gesamtbeurteilung liegen somit auf der Hand, während nach der Aktenlage nicht erkennbar ist, welche zwingende öffentliche Interessen den sofortigen Vollzug gebieten würden.

15       Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher stattzugeben.

Wien, am 15. Juli 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RO2021090014.J00

Im RIS seit

02.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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