TE Vwgh Beschluss 2021/7/20 Ra 2021/17/0102

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.07.2021
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GSpG 1989 §52 Abs4
GSpG 1989 §53 Abs1
GSpG 1989 §53 Abs1 Z1 lita
GSpG 1989 §54
GSpG 1989 §54 Abs1
GSpG 1989 §55
GSpG 1989 §55 Abs1
VStG §39 Abs1
VwGG §30 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 20. April 2021, LVwG-413854/7/GS/HUE, betreffend Einziehung nach dem Glücksspielgesetz (mitbeteiligte Partei: V s.r.o., vertreten durch Dr. Fabian A. Maschke, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 17/11), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag im Umfang der Aufhebung der Einziehung hinsichtlich der Geräte FA-Nr. 3 - 8 stattgegeben.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 15. Oktober 2018 ordnete die nunmehr revisionswerbende Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis gegenüber der mitbeteiligten Partei die Beschlagnahme von acht näher bezeichneten Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz - GSpG an. Die (u.a.) von der mitbeteiligten Partei dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) mit Erkenntnis vom 10. Juli 2019 als unbegründet abgewiesen.

2        Mit Bescheid vom 15. Oktober 2020 verfügte die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis gegenüber der mitbeteiligten Partei die Einziehung dieser acht näher bezeichneten Glücksspielgeräte gemäß § 54 Abs. 1 GSpG.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das LVwG der Beschwerde der mitbeteiligten Partei teilweise statt und hob die Einziehung der Geräte FA-Nr. 3 - 8 auf. Im Übrigen wurde die Beschwerde mit einer Spruchkorrektur als unbegründet abgewiesen. Das LVwG sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei.

4        Dagegen wendet sich die vorliegende Revision der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. In ihrem Antrag führt die revisionswerbende Partei aus, dass bei Umsetzung der angefochtenen Entscheidung des LVwG die eingezogenen Eingriffsgegenstände im Rahmen des § 55 Abs. 1 GSpG wieder ausgefolgt werden müssten und dies eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der revisionswerbenden Partei zu vertretenden öffentlichen Interessen darstellen würde. Es sei davon auszugehen, dass die Eingriffsgegenstände nach Ausfolgung an die mitbeteiligte Partei umgehend wieder zur Aufstellung gelangen würden und damit neuerlich Übertretungen nach dem GSpG begangen werden könnten. Weiters wären die Geräte einem von der Behörde zwingend durchzuführenden Einziehungsverfahren erfahrungsgemäß auf Dauer entzogen. Überdies würden sich sowohl die Ausgangsverfahren als auch damit zusammenhängende weitere Verfahren erheblich verzögern, was zu einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer führen könnte.

5        Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ist die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden.

6        Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 28. Oktober 1980, 1154/80, VwSlg. 10274 A/1980, ausgesprochen, dass auch ein kassatorischer Bescheid einem Vollzug zugänglich sein kann, weil er die Grundlage für nachfolgende, der beschwerdeführenden Partei zum Nachteil gereichende Verwaltungsakte bilden kann. Diese Rechtsprechung gilt auch im Revisionsverfahren (vgl. VwGH 1.12.2015, Ra 2015/06/0095).

7        Im Revisionsfall wurde der mitbeteiligten Partei mit dem (die erstinstanzliche Einziehung hinsichtlich der Geräte FA-Nr. 3 - 8 aufhebenden) angefochtenen Erkenntnis das Recht eingeräumt, die von der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft in Beschlag genommenen Gegenstände herauszuverlangen (vgl. § 55 GSpG). Mit diesem Erkenntnis sind daher Wirkungen verbunden, die durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sistiert werden können. Das angefochtene Erkenntnis ist daher (auch in diesem Umfang) einem Vollzug im Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich (vgl. zum Verfall nach dem Wiener Wettengesetz VwGH 5.4.2020, Ra 2020/02/0057).

8        Der Verwaltungsgerichtshof hat im Verfahren über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu überprüfen. Vielmehr geht es, soweit nicht zwingende öffentliche Interessen einem Aufschub entgegenstehen, ausschließlich um die Frage, ob eine Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses für die revisionswerbende Partei einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich bringen würde (vgl. VwGH 30.1.2020, Ra 2020/02/0001).

9        Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsrevisionen zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsrevision zulässig. Als „unverhältnismäßiger Nachteil für den Revisionswerber“ ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit zu verstehen (vgl. VwGH 16.12.2019, Ra 2019/03/0128, mwN).

10       Insoweit treten diese öffentlichen Interessen im Falle einer Amtsrevision bei der vorzunehmenden Interessenabwägung an die Stelle jener Interessenlage, die sonst bei einem „privaten“ Revisionswerber als Interesse an dem Aufschub des sofortigen Vollzugs der angefochtenen Entscheidung in die Abwägung einfließt (vgl. VwGH 24.10.2017, Ro 2017/10/0032, mwN).

11       Bei einer Beschlagnahme handelt es sich um eine vorläufige Maßnahme der Entziehung eines Gegenstands aus der Verfügungsmacht eines Betroffenen mit dem Zweck der Sicherung während des Verfahrens darüber, was mit dem Gegenstand endgültig zu geschehen hat (vgl. VwGH 23.5.2019, Ra 2019/17/0053). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Beschluss vom 1. Oktober 1985, 85/04/0025, die Auffassung vertreten, dass eine gemäß § 39 Abs. 1 VStG verfügte Beschlagnahme außer Kraft tritt, wenn das zugrundeliegende Strafverfahren rechtskräftig eingestellt wird. Ebenso hat er ausgesprochen, dass eine gemäß § 39 Abs. 1 VStG erfolgte Beschlagnahme durch den rechtskräftigen Ausspruch des Verfalls - zu dessen Sicherung sie verfügt wurde - mangels einer normativen Weiterwirkung außer Kraft tritt (vgl. VwGH 24.4.1990, 89/04/0175; VwGH 19.6.1990, 87/04/0252, jeweils mwN). Ist daher der Zweck der Beschlagnahme durch den Ausspruch des Verfalls erreicht, oder steht fest, dass der Zweck der Beschlagnahme nicht mehr gegeben ist, dann hat der Beschlagnahmebescheid seine normative Wirkung verloren.

12       Dies ist auch bei Beschlagnahmen gemäß 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG der Fall: Diese Beschlagnahme dient nicht nur der Sicherung des Verfalls (§ 52 Abs. 4 zweiter Satz GSpG), sondern auch der Sicherung der Einziehung nach § 54 GSpG (vgl. näher VwGH 6.9.2016, Ra 2015/09/0103, sowie VwGH 20.8.2018, Ra 2018/17/0128, jeweils mwN).

13       Angesichts der ohne Rechtsakt bewirkten Beendigung der Beschlagnahme durch die rechtskräftige Entscheidung zur Einziehung kommt auch einer Amtsrevision gegen die Aufhebung eines Einziehungsbescheides nur dann Effektivität zu, wenn ihr aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, weil andernfalls die Beendigung der Beschlagnahme durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes dem Sicherungszweck der Beschlagnahme zuwiderlaufen würde.

14       Die mitbeteiligte Partei hat zu dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme abgegeben. Es ist daher nicht zu erkennen, welche - das Interesse der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft übersteigenden - Interessen der mitbeteiligten Partei einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der angefochtenen Entscheidung entgegenstehen würden.

15       Das Risiko, dass im Falle einer Ausfolgung der Geräte unverzüglich mit diesen in das Glücksspielmonopol eingegriffen werden könnte und dass (weitere) Verfahren verzögert oder gar vereitelt würden, stellt somit einen unverhältnismäßigen Nachteil für die revisionswerbende Partei dar (vgl. VwGH 12.3.2018, Ra 2018/17/0026).

16       Da mit dem angefochtenen Erkenntnis der Einziehungsbescheid nur hinsichtlich der Geräte FA-Nr. 3 - 8 aufgehoben und hinsichtlich der übrigen Geräte kein Vorbringen erstattet wurde, war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 20. Juli 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021170102.L00

Im RIS seit

02.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten