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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BAO §80 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Mag. P, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 11. Juni 1990 wurde der Beschwerdeführer vom zuständigen Finanzamt als ehemaliger Geschäftsführer der G-GmbH gemäß §§ 9, 80 Abs. 1 BAO zur Haftung für Abgaben der GmbH im Gesamtausmaß von S 3,776.935,84 herangezogen. Mit Eingabe vom 6. Juli 1990 wurde Berufung sowohl gegen diesen Haftungsbescheid als auch gegen die "dem Haftungsbescheid zugrundeliegenden materiellen Steuerbescheide" erhoben.
Mit (insgesamt drei) getrennten Berufungsvorentscheidungen je vom 20. April 1994 wurde - neben einer nicht den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildenden Berufung vom 25. März 1987 über einen Haftungsbescheid vom 25. Februar 1987 - sowohl über die Berufung gegen den Haftungsbescheid vom 11. Juni 1990 als auch über die Berufung gegen "die dem Haftungsbescheid vom 11.6.1990 zugrundeliegenden Bescheide" entschieden.
In einer als "Vorlageantrag" bezeichneten Eingabe des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom 5. Mai 1994 wurde hierauf wörtlich ausgeführt:
"Mit Bescheid vom 20. April 1994 wurde für unseren obigen Mandanten die Berufung gegen die Haftungsbescheide vom 25.2.1987 und vom 11.6.1990 als unbegründet abgewiesen.
Namens und im Auftrag unserer Mandantschaft beantragen wir - innerhalb offener Frist - unsere Berufung der Abgabenbehörde II. Instanz vorzulegen.
Bloß ergänzend dürfen wird darauf hinweisen, daß in der Begründung betreffend Berufung vom 9.7.1990 vorgebracht wird, daß die Ankündigung der Vorlage von Unterlagen und Beweismitteln bisher unterblieben ist, zwar materiell richtig ist, jedoch bisher die gewünschte Akteneinsicht wiederholt beim Finanzamt für Körperschaften versucht wurde; da der Akt nicht oder nur in kleinen Teilen auffindbar bzw. einsehbar war, jedoch vereinbart wurde, daß erst nach Vorliegen des vollständigen Aktes durch Akteneinsicht der Aktenstand zu ermitteln war und danach die entsprechende Ergänzung der Berufung erfolgen würde.
Demzufolge rügen wir diesen Verfahrensmangel und beantragen, uns Akteneinsicht in den vollständigen Steuerakt zu gewähren, sodaß danach eine weitere Ergänzung der Berufungsschrift erfolgen kann."
Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 24. Februar 1995, Zl. GA 7-1310/94, wurde über die Berufungen des Beschwerdeführers vom 25. März 1987 und vom 6. Juli 1990 jeweils betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO entschieden.
In der vorliegenden Beschwerde wird die Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich der dem Haftungsbescheid vom 11. Juli 1990 zugrundeliegenden Bescheide, nämlich Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheide für die Jahre 1979 bis 1983 sowie Kapitalertragsteuer hinsichtlich dieser Zeiträume, geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Vom Beschwerdeführer wird dabei sinngemäß die Auffassung vertreten, daß durch seinen Hinweis im dritten Absatz des "Vorlageantrages" vom 5. Mai 1994 gleichfalls ein Antrag um Entscheidung über die Berufung gegen die angeführten Abgabenbescheide durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt worden sei. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die im genannten Anbringen enthaltene Prozeßerklärung eindeutig und damit einer weiteren Auslegung nicht zugänglich ist. Nach dem eindeutig erklärten Willen der Partei wurde in dem Schriftsatz vom 5. Mai 1984 die "Vorlage" der Berufung allein gegen den Haftungsbescheid begehrt. Demgegenüber kann der ergänzende Hinweis auf das Unterbleiben einer Akteneinsicht nicht in eine auf die Abgabenbescheide bezugnehmende Prozeßerklärung umgedeutet werden. Daraus folgt aber, daß eine Säumnis der belangten Behörde nicht vorlag, sodaß die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996130143.X00Im RIS seit
20.11.2000