TE Vwgh Beschluss 2021/8/9 Ra 2021/03/0118

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Veröffentlicht am 09.08.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. S A in G, vertreten durch Battlogg Rechtsanwalts GmbH in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 4. Mai 2021, Zl. LVwG-460-3/2020-R11, betreffend eine Berufsunfähigkeitsrente nach der Rechtsanwaltsordnung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gesamtausschuss der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer vom 12. Dezember 2019 wurde dem Revisionswerber aufgrund seines Antrags vom 20. Februar 2019 gemäß § 33 Abs. 1 der Verordnung der Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages über die Versorgungseinrichtungen Teil A der österreichischen Rechtsanwaltskammern (Satzung Teil A 2018) eine Berufsunfähigkeitsrente ab 1. März 2019 befristet bis 28. Februar 2020 (somit für 12 Monate) zuerkannt. Sein weitergehender Antrag, die Rente auf Dauer zuzuerkennen, wurde hingegen abgewiesen.

2        Der dagegen erhobenen Vorstellung des Revisionswerbers gab der Gesamtausschuss der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 19. Februar 2020 keine Folge. Weitere - in der Vorstellung gestellte - Anträge des Revisionswerbers wurden gleichzeitig zurückgewiesen.

3        Die Beschwerde gegen diese Entscheidung wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg mit dem angefochtenen Erkenntnis ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dem Revisionswerber sei aufgrund früherer Anträge eine Berufsunfähigkeitsrente für insgesamt zwölf Kalendermonate (vom 1. Juni bis 30. November 2013 und vom 1. Mai bis 31. Oktober 2014) gewährt worden. Am 20. Februar 2019 habe der Revisionswerber jenen Antrag gestellt, über den gegenständlich entschieden worden sei. Es sei ihm entsprechend der aktuellen Rechtslage eine weitere Rente für insgesamt zwölf Monate zuerkannt worden, und zwar ab dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten (1. März 2019). Eine dauerhafte Rente könne erst nach Ablauf dieser befristeten Rente gewährt werden. Soweit der Revisionswerber eine Rente auch für die vor dem 1. März 2019 liegenden Zeiträume begehre, könne seinem Vorbringen, er habe auch darauf gerichtete Anträge gestellt, nicht gefolgt werden. In den - im einzelnen genannten - Schriftsätzen, auf die er sich in diesem Zusammenhang beziehe, seien keine diesbezüglichen Anträge gestellt worden.

5        Dagegen wendet sich die außerordentliche Revision, die zur Zulässigkeit im Wesentlichen geltend macht, entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts hätte die Zuerkennung der Rente bereits ab dem
1. November 2014 erfolgen müssen. Sämtliche „Anträge“ des Revisionswerbers im Laufe der seit mehreren Jahren anhängigen Verfahren seien darauf gerichtet gewesen, die Rente auch für die Zeit vom 1. November 2014 bis zum 28. Februar 2019 zu erhalten. Auch fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des § 33 Abs. 1 der Satzung Teil A 2018, „wie diese bei Folgeanträgen und lang andauernden Verfahren zu handhaben“ sei. Es könne nicht so sein, dass es durch später gestellte Anträge zu Verkürzungen von Rentenansprüchen komme. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts weiche außerdem von der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 52 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ab und zu Art. 12, 43 der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 ab.

6        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

7        Soweit die Revision die Zuerkennung der Rente auch für die Zeit vor dem
1. März 2019 anstrebt, ist darauf zu verweisen, dass der angefochtenen Entscheidung der Antrag des Revisionswerbers vom 20. Februar 2019 auf dauerhafte Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitsrente zugrunde lag, der eine rückwirkende Zuerkennung der Rente nicht ermöglichte (vgl. § 33 Abs. 1 der Satzung Teil A 2018, wonach der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen mit dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten entsteht).

8        Ungeachtet dessen hielt das Verwaltungsgericht zum Vorbringen des Revisionswerbers, er habe schon vor seinem Antrag vom 20. Februar 2019 weitere Rentenanträge gestellt, die eine Rentenzuerkennung ab einem früheren Zeitpunkt gerechtfertigt hätten, mit näherer Begründung fest, dass die vom Revisionswerber angesprochenen Schriftsätze die von ihm behaupteten Anträge nicht enthalten hätten.

9        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wirft die Auslegung einer Parteienerklärung im Einzelfall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf, soweit dem Verwaltungsgericht dabei keine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen ist (vgl. etwa VwGH 22.1.2021, Ra 2020/03/0064, mwN).

10       Dass dem Verwaltungsgericht bei der zuvor erwähnten Auslegung der Eingaben des Revisionswerbers eine derartige krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, wird von der Revision, die sich mit der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses in diesem Zusammenhang nicht näher auseinandersetzt, nicht aufgezeigt.

11       Wenn die Revision - abseits des bisher Gesagten - in allgemeinen Worten fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des § 33 Abs. 1 der Satzung Teil A 2018 geltend macht, legt sie nicht dar, welche konkrete, für die Lösung des Revisionsfalles relevante Rechtsfrage sie dabei im Blick hat. Nichts Anderes gilt für ihren Hinweis auf das Abweichen von nicht näher präzisierter Rechtsprechung des EuGH zu den Verordnungen (EG)
Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009.

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 9. August 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030118.L00

Im RIS seit

30.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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