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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. M P in E, vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 22-24/4/9, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 18. März 2021, Zl. VGW-162/009/15097/2020-11, betreffend Zuerkennung einer Altersrente nach der RAO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Wien [Plenum]), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - insoweit in Bestätigung eines entsprechenden, im Vorstellungsweg ergangenen Bescheids der belangten Behörde - der Antrag des Revisionswerbers vom 27. Mai 2020 auf Zuerkennung einer Altersrente ab 1. Juni 2020 gemäß § 26 der Verordnung der Vertreterversammlung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages über die Versorgungseinrichtungen Teil A der österreichischen Rechtsanwaltskammern (Satzung) abgewiesen; die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, der Revisionswerber habe die Altersrente beantragt und zugleich ausdrücklich mitgeteilt, auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Österreich nicht zu verzichten.
3 Damit erfülle er die im Einklang mit § 50 Abs. 2 Z 2 lit. c RAO stehende Voraussetzung des Verzichts auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft nach § 26 Z 8 der Satzung aber nicht.
Im Erkenntnis vom 2. Dezember 2008, B 1989/06, habe der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die in § 50 Abs. 2 Z 2 lit. c RAO normierte Voraussetzung des Verzichts auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft für den Anspruch auf Auszahlung einer Alterspension gehegt und dezidiert ausgeführt, dass kein Verstoß des § 50 Abs. 2 Z 2 lit. c RAO gegen den Gleichheitssatz, das Eigentumsrecht und die Erwerbsausübungsfreiheit zu konstatieren sei. Es liege auch keine Überschreitung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums vor, wenn der Bezug der Altersrente an den Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft geknüpft werde, um im Zuge der Arbeitsmarktpolitik aktive Rechtsanwälte vor der Konkurrenz von bereits in den Ruhestand getretenen Rechtsanwälten zu schützen. Auch sei keine verfassungswidrige Beschränkung des Eigentumsrechts festgestellt worden, die Regelung stehe im öffentlichen Interesse und sei nicht unverhältnismäßig. Ein Eingriff in das Recht auf Erwerbsausübung hinsichtlich der Ausübung der Rechtsanwaltschaft sei zu verneinen, zumal die Intention des Gesetzgebers nicht die Beschränkung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft, sondern die Einschränkung des Kreises der Pensionsbezieher auf emeritierte Rechtsanwälte sei.
Da der Revisionswerber die erforderliche Voraussetzung des Verzichts auf die Berufsausübung nicht erfülle und verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Voraussetzung aufgrund des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nicht bestünden, sei der Antrag abzuweisen gewesen.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht Folgendes geltend: Das angefochtene Erkenntnis verletze die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte (Gleichheit, Erwerbsfreiheit, Schutz des Eigentums, Schutz vor Altersdiskriminierung gemäß Gleichbehandlungsgesetz) des Revisionswerbers, weil das Gesetz so auszulegen sei, dass diese gewahrt würden. Es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob man als Anwalt - beispielsweise anders als Ärzte - auf die Ausübung der Anwaltschaft verzichten müsse, um eine Pension zu bekommen, weil dies einem Arbeitsverbot gleichkomme. Zu dieser Frage gebe es keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs.
9 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
10 § 50 RAO lautet (auszugsweise):
„§ 50 (1) Jeder Rechtsanwalt und Rechtsanwaltsanwärter sowie deren Hinterbliebene haben bei Vorliegen der Voraussetzungen und bei Eintritt des Versorgungsfalls Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung.
(2) Dieser Anspruch ist in der Satzung der Versorgungseinrichtungen nach festen Regeln festzusetzen. Hierbei sind folgende Grundsätze zu beachten:
...
2. Voraussetzungen für den Anspruch sind
...
c) im Fall der Alters- und Berufsunfähigkeitsversorgung
aa) der Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft im In- und Ausland;
...“
11 § 26 der Satzung lautet (auszugsweise):
„Voraussetzung für den Leistungsanspruch
§ 26. Anspruch auf Altersrente hat die oder der Versicherte, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
...
4. bei Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten das Erlöschen des Rechts zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft gemäß § 34 RAO,
...“
12 § 26 Z 4 der Satzung bindet - im Einklang mit § 50 Abs. 2 Z 2 lit. c RAO - die Zuerkennung einer Altersrente an den Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft.
13 Der Revisionswerber macht in der Zulässigkeitsbegründung ausschließlich - nicht näher konkretisierte - Normbedenken geltend. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein derartiges Vorbringen überhaupt geeignet sein kann, die Zulässigkeit der Revision zu begründen (vgl. etwa VwGH 15.3.2019, Ra 2019/03/0026, VwGH 18.5.2020, Ra 2019/12/0042-0043, je mwN): Vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 2. Dezember 2008, B 1989/06, weckt das Zulässigkeitsvorbringen der Revision keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 50 Abs. 2 Z 2 lit. c RAO bzw. an der Gesetzmäßigkeit des § 26 Z 4 der Satzung.
14 Ausgehend vom insoweit eindeutigen Wortlaut dieser Regelungen ist - auch ohne weitere „Klarstellung“ durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs - klar, dass es für die Zuerkennung der Altersrente an einer zwingenden Voraussetzung fehlt.
15 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 9. August 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030115.L00Im RIS seit
30.08.2021Zuletzt aktualisiert am
07.09.2021