Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Bernhard Kirchl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Nicolai Wohlmuth (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache des Klägers V*****, vertreten durch Mag. Christina Drösler, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Ausgleichszulage über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Arbeits- und Sozialgericht vom 26. Mai 2021, GZ 10 Rs 92/20b-40, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Das regelmäßige Einkommen des Klägers besteht aus der Invaliditätspension und einer ausländischen Pensionsleistung aus der Schweiz. Er bezieht eine Ausgleichszulage in Höhe der Differenz zwischen der Summe seiner Einkommen und dem Einzelrichtsatz.
[2] Die beklagte Pensionsversicherungsanstalt stellte mit Bescheid vom 6. 9. 2018 die monatliche Ausgleichszulage ab 1. 8. 2017 mit 86,84 EUR, ab 1. 1. 2018 mit 92,32 EUR und ab 1. 9. 2018 mit 87,32 EUR neu fest, wobei sie aussprach, dass die Ausgleichszulage ab 1. 9. 2018 als Vorschuss ausgezahlt und über diesen Anspruch zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werde.
[3] Soweit für das Rechtsmittelverfahren noch relevant, begehrte der Kläger in seiner Klage die Verpflichtung der Beklagten, die richtige Auszahlung seines Einkommens gemäß geltendem Ausgleichszulagenrichtsatz 12 Mal pro Jahr (jeweils zum Monatsersten) durchzuführen. Während des (damals unterbrochenen) erstinstanzlichen Verfahrens setzte die Beklagte mit dem (vom Kläger gesondert in einem anderen Verfahren angefochtenen) Bescheid vom 9. 8. 2019 die monatliche Ausgleichszulage auch für den von der vorliegenden Bescheidklage erfassten Zeitraum von 1. 8. 2017 bis 31. 8. 2018 neu fest. Anlässlich dieser Neufestsetzung wurde im erstinstanzlichen Verfahren mit dem Kläger erörtert, dass Verfahrensgegenstand lediglich der Zeitraum von 1. 8. 2017 bis 31. 8. 2018 sei. Der Kläger gestand zu, dass die festgesetzten Beträge im neuen Bescheid vom 9. 8. 2019 für diesen Zeitraum korrekt und das (ursprünglich ebenfalls erhobene) Nachzahlungsbegehren daher erledigt seien. Ausdrücklich aufrecht erhielt er das Klagebegehren auf Auszahlung der Ausgleichszulage zwölf Mal jährlich, und begründete dies mit der Auszahlung der Schweizer Pension zwölf Mal im Jahr. Nach weiterer Erörterung der Bestimmungen des ASVG über die Auszahlung der Ausgleichszulage und des Jahresausgleichs verwies der Kläger auf seinen Rechtsstandpunkt, wonach diese Regelungen unionsrechtswidrig seien (ON 24).
[4] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
[5] Das Berufungsgericht gab – im zweiten Rechtsgang – der Berufung des Klägers nicht Folge und bestätigte das Urteil des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass es das Klagebegehren, die Ausgleichszulage für den Zeitraum von 1. 8. 2017 bis 31. 8. 2018 von Vornherein jeweils am Ersten des Monats für jeden Monat richtig (höher) zu berechnen und nicht erst ex post betrachtet in richtiger jährlicher Höhe auszuzahlen, abwies. Die Revision wurde nicht zugelassen.
[6] Die außerordentliche Revision des Klägers ist nicht zulässig, weil sie keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzeigt:
Rechtliche Beurteilung
[7] 1.1. Gegen den Ausspruch in einem Bescheid, dass für eine in Zukunft zu leistende Ausgleichszulage ein Vorschuss gewährt wird und die Entscheidung über den Ausgleichszulagenanspruch ausdrücklich vorbehalten wird, ist eine Klage nicht zulässig (10 ObS 109/11v SSV-NF 25/93; 10 ObS 264/97 SSV-NF 11/150).
[8] 1.2. Dieser Rechtsprechung entspricht die – in der außerordentlichen Revision zu Unrecht als nichtig angesehene – Einschränkung auf den von der Bescheidklage erfassten Zeitraum 1. 8. 2017 bis 31. 8. 2018 im Spruch des Berufungsgerichts. Ansonsten orientiert sich die Fassung des abgewiesenen Klagebegehrens an den bindenden (§ 511 Abs 1 ZPO) Vorgaben des Obersten Gerichtshofs in der Vorentscheidung 10 ObS 1/21a.
[9] 2. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren kann ein Verfahrensmangel erster Instanz, den das Berufungsgericht verneint hat (hier: Verletzung der Anleitungspflicht) nicht mit Revision geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043061).
[10] 3. Die gesetzmäßige Ausführung des Revisionsgrundes nach § 503 Z 4 ZPO setzt voraus, dass der Revisionswerber konkret ausführt, aus welchen Gründen das Berufungsgericht die Sache rechtlich unrichtig beurteilt hat (10 ObS 25/21f mwN; RS0043654 ua). Diesen Anforderungen wird die außerordentliche Revision des Klägers nicht gerecht, wenn sie die (ausführlich dargelegte) Rechtsansicht des Berufungsgerichts als unrichtig bezeichnet, ohne inhaltlich auf die wesentliche, die Abweisung des Begehrens tragende Argumentation einzugehen.
Textnummer
E132529European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2021:010OBS00111.21B.0729.000Im RIS seit
31.08.2021Zuletzt aktualisiert am
31.08.2021