Entscheidungsdatum
26.05.2021Norm
KFG 1967 §57a Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde der A GmbH, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 16. Februar 2021, Zl. ***, betreffend Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), in der Begutachtungsstelle ***, ***, zu Recht:
1. Gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
2. Gemäß § 57a Abs. 2a KFG 1967 wird folgende Anordnung erteilt:
„Sie haben bei der wiederkehrenden Begutachtung und der Ausstellung von Prüfgutachten mehr Sorgfalt aufzuwenden, vor allem bei der Verwaltung der Begutachtungsplaketten, und sind die Vorgaben des Mängelkatalogs
idF 2019, insbesondere Punkt 8.2.2 Emissionen von Dieselmotoren, einzuhalten.“
3. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 16. Februar 2021, Zl. ***, wurde über die erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung der A GmbH wie folgt verfügt:
„Die Ihnen mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. November 1994, ***, erteilte, mit Bescheid vom 13. Mai 2014 eingeschränkte und mit Bescheid vom selben Tag, beide ***, erweiterte
Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen
in der Begutachtungsstelle in ***, ***,
wird widerrufen.
Die vorhandenen Begutachtungsplaketten sind unverzüglich nach Rechtskraft dieses Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Melk zurückzustellen. Ebenso unverzüglich ist die auf die Begutachtungsstelle verweisende Prüfstellentafel zu entfernen.
Die der Begutachtungsstelle zugewiesene Begutachtungsstellennummer *** wird mit Rechtskraft dieses Bescheides gegenstandslos.“
In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf die Ermächtigungsbescheide vom 10. November 1994, ***, und 13. Mai 2014, Zl. ***, sowie auf das Revisionsergebnis über die unangekündigt durchgeführte Revision in der verfahrensgegenständlichen Begutachtungsstelle am 28. Jänner 2021. Die Kraftfahrbehörde gab die Stellungnahme der Ermächtigten vom 12. Februar 2021 sowie die verfahrensrelevanten Rechtsgrundlagen wieder und würdigte den von ihr festgestellten Sachverhalt wie folgt:
„Die Behörde kann angesichts der bei der Revision am 28. Jänner 2021 festgestellten schweren Mängel derzeit nicht davon ausgehen, dass Sie die Ihnen anvertraute hoheitliche Aufgabe entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes ausüben werden. Daran vermögen auch die im Anschluss an die Revision von Ihnen ergriffenen Maßnahmen nichts zu ändern.“
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Die vom Widerruf der Ermächtigung Betroffene erhob gegen diese behördliche Entscheidung fristgerecht Beschwerde und begründete diese wie folgt:
„Unser bisheriges Vorbringen bleibt aufrecht.
Mit obig genannten Bescheid wurde mir die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle in ***,*** widerrufen.
Die Begutachtungsstelle wird seit 1994 betrieben.
Bei der Überprüfung am 28.01.2021 wurden Mängel festgestellt, welche von uns nicht bestritten wurden.
Auf Seite 5 f. des Bescheides wird angegeben, dass wir unmittelbar nach der Revision alle festgestellten Mängel in einer Unterweisung bezüglich der formalen Voraussetzungen, Begutachtungsplaketten und Abgasmessungen sowie Überprüfungen im 1. und 2. Verwandtschaftsgrad mit allen Prüforganen in unserem Haus durchzuführt haben.
Die Abgasmessungen via OBD sind laut Überprüfung nicht korrekt durchgeführt worden, wobei wir die dafür verantwortlichen Mitarbeiter angewiesen haben, zukünftig entsprechende Maßnahmen zu setzen, dass dies nicht mehr vorkommt.
Ein Teil der eingetragenen Messwerte sind auf Schreibfehler zurückzuführen, welche von Mitarbeitern begangen wurden. Diese Fehlerquelle wurde im Mitarbeitergespräch angesprochen, der Mitarbeiter angewiesen, künftig derartige Fehler zu unterlassen.
Jährlich werden von der A GmbH am Standort *** an die tausend Fahrzeuge gem. § 57a Abs. 2 KFG überprüft. Insgesamt wurden in den letzten beiden Jahren 2019 und 2020 an beiden Standorten *** und *** an die zweitausendneunhundert Überprüfungen durchgeführt.
Bei 7 Fahrzeugen ist der obig genannte Mangel OBD Abgasmessung festgestellt worden, der jedoch nicht besagt, dass diese Fahrzeuge nicht verkehrssicher wären, sondern aufgrund einer falsch vorgenommenen Messung eingetragen.
In der rechtlichen Begründung wird von einem unrichtig ausgestellten positiven Gutachten gesprochen. Dies ist nicht korrekt, da offensichtliche Schreibfehler nicht zur Folge haben, dass das Gutachten technisch nicht korrekt war, sondern, dass eben im Zuge der Dokumentation uns dieser Fehler unterlaufen ist.
Bezüglich des historischen Fahrzeuges (Ford T aus dem Jahre 1915) verweise ich auf unser bisheriges Vorbringen. Zusätzlich wird angegeben, dass der Mitarbeiter diese Überprüfung an seinem Fahrzeug einmalig durchgeführt hat.
Die falsch angebrachten Begutachtungsplaketten sagen nicht aus, dass das Fahrzeug technisch nicht in Ordnung war, sondern dass wiederum ein Fehler in der Dokumentation passiert ist.
Laut Ansicht der Behörde hätte diese Fehlleistung im Akt anders dokumentiert werden müssen.
Aus all dem eine mangelnde Vertrauenswürdigkeit abzuleiten kann nicht nachvollzogen werden, da in Bezug auf § 57a Abs. 2 KFG der Schutzzweck dieser Norm darauf abzielt, dass im Interesse der Verkehrssicherheit diese Aufgabe (Wiederkehrende Überprüfung) gewissenhaft durchgeführt wird.
Unsere beanstandeten Überprüfungen wurden gewissenhaft durchgeführt. Die Fahrzeuge waren geeignet dem gesetzlichen Standard entsprechend am öffentlichen Verkehr teilzunehmen und wir haben daher im öffentlichen Interesse keine Fehlleistung getätigt.
Im weiterem verweise ich auf unsere Stellungnahme vom 12. Februar 2021.“
3. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Mit Schreiben vom 18. Februar 2021, Zl. ***, wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich von der belangten Behörde die Beschwerde der A GmbH mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt. Es wurde mitgeteilt, dass von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung kein Gebrauch gemacht werde. Vom Verwaltungsgericht wurde Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, insbesondere in das Gutachten zur Revision vom 28. Jänner 2021.
4. Feststellungen:
Mit Bescheid vom 10. November 1994, Zl. ***, wurde der A GmbH die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen in der Prüfstelle ***, ***, für näher bezeichnete Fahrzeugkategorien erteilt. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. Mai 2014, Zl. ***, wurde diese Ermächtigung erweitert.
Bei der von der belangten Behörde beauftragten Überprüfung am 28. Jänner 2021 betreffend den Zeitraum 28. Jänner 2018 bis 28. Jänner 2021 wurden als schwere Mängel im Betrieb der Beschwerdeführerin festgestellt:
Beim Gutachten-Nr. *** wurde vom kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen angenommen, dass bei der Überprüfung die Fahrgestellnummer des Anhängers nicht überprüft wurde. Die Kontrolle der Fahrgestellnummer wurde vom Prüfer erst nach Anbringen der Plakette durchgeführt und dabei festgestellt, dass das auf der Plakette *** gestanzte Kennzeichen nicht zum überprüften Anhänger passte. Dieser Fehler resultierte daraus, dass ein namensgleicher Kunde ebenfalls einen PKW-Anhänger besitzt. Die bei der Beschwerdeführerin eingesetzten Prüfer wurden zwischenzeitlich angewiesen, sämtliche Fahrzeugdaten nochmals vor der Begutachtung zu kontrollieren.
Moniert wurde bei der Revision weiters, dass geeignete Personen ihre Fahrzeuge bzw. von Verwandten selbst positiv gemäß § 57a Abs. 4 KFG 1967 begutachtet haben. In diesem Zusammenhang wurde vom Amtssachverständigen für Kraftfahrtechnik im Gutachten vermerkt, dass „bei der § 57a Tätigkeit die geeignete Person aufgrund der mittelbaren Bundesverwaltung in der Funktion eines Amtssachverständigen tätig ist“. Dieser müsse vor Gutachtenerstellung prüfen, ob Befangenheitsgründe vorliegen (zB Verwandtschaftsgrad 1 und 2 …).
Drei falsch ausgestellte Plaketten wurden verklebt und anschließend bei deren Entfernung zerstört, ohne den Ablösvorgang zu dokumentieren bzw. die verbleibenden Fragmente aufzubewahren. Der Verbleib der verlochten Plaketten mit der Nr. ***, ***, sowie *** konnte bei der Revision nicht geklärt werden.
Bei sieben Fahrzeugen, welche zwischen August 2020 und Jänner 2021 begutachtet wurden, erfolgte die Abgasmessung via OBD-Auslese, obwohl eine Endrohrmessung durchzuführen gewesen wäre. Bei der Abgasmessung wurden in diesem Überprüfungszeitraum zwei Übertragungsfehler festgestellt, sowie, dass beim Gutachten-Nr. *** eine erhöhte Leerlaufdrehzahl von lediglich 1.230 U/min. im Gutachten und im Messschrieb angegeben wurde, obwohl gemäß Anlage 6 PBStV die erhöhte Leerlaufdrehzahl mindestens 2.000 U/min. betragen muss.
Als leichter Mangel wurde vom Sachverständigen attestiert, dass bei fünf Gutachten bei der Bremsenprüfung aus technischer Sicht nicht nachvollziehbare Messwerte eingetragen wurden.
In weiterer Folge wurden von der Unternehmensleitung Maßnahmen zur Vermeidung der festgestellten Überprüfungsmängel gesetzt, insbesondere wurden die involvierten Mitarbeiter auf eine exaktere Überprüfungstätigkeit sensibilisiert, und angeordnet, dass, falls die Plakette beim Ablösen nicht vollständig entfernt werden kann, ein Foto angefertigt werden muss und im Akt aufzubewahren ist, bzw. die verbleibenden Fragmente von zerstörten Plaketten.
Dem Revisionsbericht des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen ist zu entnehmen, dass kein positives Gutachten zu Unrecht erstattet worden ist.
5. Beweiswürdigung:
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der Verwaltungsbehörde, insbesondere aus dem im Verwaltungsakt inneliegenden Gutachten des Amtssachverständigen für Kraftfahrtechnik. Die zwischenzeitlich von der Rechtsmittelwerberin gesetzten Maßnahmen konnten auf Grund der von der Einschreiterin in der Beschwerdeschrift bzw. in der Stellungnahme vom 12. Februar 2021 getätigten Angaben, an dessen Richtigkeit das erkennende Gericht zu zweifeln keine Veranlassung hat, getroffen werden.
Letztlich ist die Rechtsfrage strittig, ob aus den festgestellten Mängeln eine Vertrauensunwürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 geschlossen werden kann.
6. Rechtslage:
§ 28 VwGVG regelt Folgendes:
(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
§ 17 VwGVG sieht vor:
Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Die relevante Bestimmung des § 57a Abs. 2 Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) lautet auszugsweise wie folgt:
Der Landeshauptmann hat für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker oder technische Büros-Ingenieurbüros (§ 134 GewO) des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen erkennbar gemacht sein müssen. Der Ermächtigte hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt, seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen oder wenn eine der für die Erteilung der Ermächtigung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Erforderlichenfalls kann der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von dieser Tätigkeit angeordnet werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten geeignet zu gelten hat und welche Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik zur wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten erforderlich sind.
(2a) Der Landeshauptmann hat regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten. Er kann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen des Landeshauptmannes ist unverzüglich zu entsprechen.
[…]
Nach dieser gesetzlichen Bestimmung hat der Landeshauptmann die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen unter anderem dann zu widerrufen, wenn der ermächtigte Gewerbetreibende nicht mehr vertrauenswürdig ist.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Gewerbetreibender dann als vertrauenswürdig im Sinne des § 57a Abs. 2 KFG 1967 anzusehen, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörde könne sich darauf verlassen, dass er die ihm übertragene Verwaltungsaufgabe entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – der Gewährleistung, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen – ausüben werde (vgl. VwGH 22.11.1994, 94/11/0221).
Insbesondere die unrichtige Ausstellung positiver Gutachten beeinträchtigt die Vertrauenswürdigkeit in hohem Maß (vgl. VwGH 18.12.1985, 85/11/0077). Unter besonderen Umständen kann bereits die Erstellung eines unrichtigen Gutachtens die Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Gewerbebetreibenden erschüttern (vgl. VwGH 02.07.1991, 91/11/0026 mwN). Davon ist die Erstellung mangelhafter Gutachten, insbesondere solcher, welche aus mangelnder Sorgfalt unrichtige Daten enthalten oder unvollständig erstellt wurden, zu unterscheiden, wie wohl auch eine nicht ausreichende Gewissenhaftigkeit im Rahmen der Ausübung der übertragenen Aufgaben die Vertrauenswürdigkeit des Ermächtigten erschüttern kann.
Werden innerhalb relativ kurzer Zeit nicht bloß ein einziges, sondern eine ganze Reihe unrichtiger Gutachten durch einen zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen ermächtigten Gewerbetreibenden erstellt, kann von einem „einmaligen“ Fehlverhalten nicht die Rede sein (LVwG NÖ 29.11.2016, LVwG-AV-808/001-2016).
Auf Grund der Vielzahl der festgestellten Mängel und deren Verschiedenartigkeit (falsche Eintragungen in Gutachten, Wahl der falschen Methode bei der Abgasmessung, Auffälligkeiten bei den eingetragenen Messwerten bei der Bremsprüfung, sorglose Plakettenverwaltung) gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Ansicht, dass die Beschwerdeführerin bei der Ausübung der Ermächtigung nach § 57a KFG 1967 eine gewisse Sorglosigkeit an Tag legt.
Der Widerruf einer nach § 57a Abs. 2 leg. cit. erteilten Ermächtigung stellt keine Strafe, sondern – entsprechend dem dargestellten Verwaltungszweck – eine Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Verkehrssicherheit dar. Trotz einer nachträglichen eingetretenen Vertrauensunwürdigkeit eines nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 Ermächtigten darf ein Widerruf nur ausgesprochen (bestätigt) werden, wenn – entsprechend den Grundsätzen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.11.1983, 82/11/0270 – die Vertrauensunwürdigkeit noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes gegeben ist (vgl. VwGH 19.09.1984, 83/11/0167).
Der Verwaltungsgerichtshof hat auch betont, dass bei der Beurteilung der Ermächtigungsvoraussetzungen, insbesondere bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit des Betriebsinhabers, jedenfalls ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. VwGH 18.12.1985, 85/11/0077).
Bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit macht es dabei keinen Unterschied, ob die Behörde über eine erstmalige Erteilung einer Ermächtigung oder über den Widerruf einer bereits erteilten Ermächtigung zu entscheiden hat. Aus der gesetzlichen Formulierung, die sich sowohl hinsichtlich der Erteilung der Ermächtigung als auch hinsichtlich deren Widerrufes des Begriffes „vertrauenswürdig“ bedient, folgt, dass in beiden Fällen von der Behörde derselbe Maßstab an die Vertrauenswürdigkeit anzulegen ist.
Bei einer Entscheidung hinsichtlich der Erteilung einer Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um das Ergebnis einer Beurteilung des Gesamtverhaltens des Betroffenen, nämlich den Rückschluss auf das Vorliegen eines mit den seitens der Behörde und seitens des Ermächtigten als beliehenem Unternehmen selbst zu wahrenden Interessen im Einklang stehenden Persönlichkeitsbildes (vgl. VwGH 08.09.2016, Ro 2015/11/0016).
Wesentlich für die Beurteilung des Vorliegens der notwendigen Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich somit die Wertung der Tatsache, welche die belangte Behörde ihrer (Widerrufs-)Entscheidung zugrunde gelegt hat, die seither verstrichene Zeit sowie das Verhalten während dieser Zeit.
Zur bei der Revision monierten Befangenheit der involvierten Prüfer ist festzuhalten:
Eine explizite Bestimmung, die es dem nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 Ermächtigten untersagen würde, auf ihn bzw. Verwandte zugelassene Kraftfahrzeuge wiederkehrend zu begutachten, ist weder dem KFG 1967 noch den darauf gründenden Verordnungen zu entnehmen. Auch § 7 AVG ist auf wiederkehrende Begutachtungen gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 nicht anzuwenden. Da in diesem Zusammenhang auch gar nicht behauptet wurde, dass die ausgestellten Gutachten gemäß § 57a KFG 1967 unrichtig seien, liegt auch insofern kein Umstand vor, der gegen die Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin sprechen würde (so bereits LVwG NÖ 28.09.2018, LVwG-AV-265/002-2018).
Wesentlich ist, dass im Überprüfungszeitraum die Abgasmessungen entgegen den Vorgaben des Punktes 8.2.2 des Mängelkataloges idF 2019 insofern nicht dem Stand der Technik entsprechend durchgeführt wurden, als bei einigen Fahrzeugen zu Unrecht die Abgasmessung mittels OBD-Auslese erfolgte, anstatt eine Endrohrmessung durchzuführen. Ebenso hat in die Entscheidung einzufließen, dass von der Ermächtigten unmittelbar nach der Revision die Verwaltung mit verlochten Plaketten umgestellt wurde. Berücksichtigt werden muss, dass die involvierten Prüfer der Ermächtigten zwischenzeitlich angewiesen wurden, die Reste einer beim Ablösen zerstörten Plakette aufzubewahren bzw. zu dokumentieren, sodass von einer grob mangelhaften Verwaltung der Begutachtungsplaketten künftig nicht mehr auszugehen ist.
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid insbesondere auf die Annahme gestützt, dass „angesichts der bei der Revision am 28. Jänner 2021 festgestellten schweren Mängel derzeit nicht davon ausgehen, dass Sie die Ihnen anvertraute hoheitliche Aufgabe entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes ausüben werden. Daran vermögen auch die im Anschluss an die Revision von Ihnen ergriffenen Maßnahmen nichts zu ändern“.
Diesbezüglich ist einerseits festzuhalten, dass dem Revisionsbericht zu entnehmen ist, dass kein einziges Gutachten zu Unrecht positiv ausgestellt wurde. Auch hat in die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin durch das Verwaltungsgericht einzufließen, dass aufgrund der Äußerung der Rechtsmittelwerberin in der Stellungnahme vom 12. Februar 2021 und in der Beschwerdeschrift, die auf eine eingehende Befassung mit der Problematik schließen lassen, angenommen werden kann, dass die festgestellten Mängel durch eine Sensibilisierung der befassten Prüfer zukünftig hintangehalten werden.
Zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Durchführung der Abgasmessung und einer lückenlosen Begutachtungsplakettenverwaltung ist im Hinblick auf den im Verwaltungsrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die spruchgemäße Anordnung zur Vermeidung der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bestehenden Mängeln notwendig. Da jedoch nicht von einer weiterhin vorliegenden Vertrauensunwürdigkeit der Beschwerdeführerin auszugehen ist, (vgl. VwGH 27.03.2008, 2005/11/0193), kann mit der Erteilung des Maßnahmenauftrages im Rahmen der vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zu treffenden Prognoseentscheidung bei der Beurteilung der aktuellen Vertrauenswürdigkeit der Rechtsmittelwerberin das Auslangen gefunden werden.
Das verwaltungsgerichtliche Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass Grund zur Annahme besteht, dass die Beschwerdeführerin die ihr übertragenen Aufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – nämlich der Gewährleistung, dass nur betriebstaugliche und verkehrssichere sowie nicht übermäßig Schadstoffemissionen verursachende Fahrzeuge am Verkehr teilnehmen – derzeit ausübt. Es kann sohin nicht von einer weiterhin vorliegenden Vertrauensunwürdigkeit der Rechtsmittelwerberin ausgegangen werden, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte entfallen, weil gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.
7. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung einerseits nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision in derartigen Fällen z.B. VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095) und überdies lediglich eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen war, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. z.B. VwGH 17.10.2016, Ro 2015/03/0035). Bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, die im Allgemeinen – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde – nicht revisibel ist (vgl. VwGH 08.09.2016, Ro 2015/11/0016).
Schlagworte
Verkehrsrecht; Kraftfahrzeug-Überprüfung; wiederkehrende Begutachtung; Ermächtigung; Widerruf; Vertrauenswürdigkeit; Prognose; Maßnahme;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.313.001.2021Zuletzt aktualisiert am
23.08.2021