TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/20 96/07/0130

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Veröffentlicht am 20.02.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VStG §22 Abs1;
VStG §44a Z1;
WRG 1959 §137 Abs3 litg;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
WRG 1959 §32;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde des W in U, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 20. Mai 1996, Zl. Senat-GF-95-018, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom 20. Mai 1996 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe zumindest im Zeitaum vom 7. Juni 1993 bis 13. Jänner 1994 auf den Grundstücken Nr. 389/5 und 389/3 der KG U bis in den Grundwasserschwankungsbereich (1 bis 2 m unter dem HGW-Wert von 148,8 m ü.A.) Kies abgebaut und somit eine Einwirkung auf Gewässer vorgenommen, obwohl die hiefür erforderliche Bewilligung gemäß § 32 WRG 1959 nicht vorgelegen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 137 Abs. 3 lit. g in Verbindung mit § 32 Abs. 2 WRG 1959 begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt.

In der Begründung heißt es, zumindest im Zeitraum vom 7. Juni 1993 bis 13. Jänner 1994 habe der Beschwerdeführer auf den Grundstücken Nr. 389/5 und 389/3 der KG U Kies bis in den Grundwasserschwankungsbereich hinein abgebaut. Der höchste Grundwasserspiegel in diesem Grundstücksbereich befinde sich auf dem Niveau von ca. 148,8 m ü.A. Durch den Kiesabbau sei dieses Niveau um etwa ein bis zwei Meter unterschritten worden. Kontrollen seien am 7. Juni 1993 (technische Gewässeraufsicht), 25. November 1993 (Landeshauptmann von Niederösterreich) und 13. Jänner 1994 (Amtssachverständige für Kiesabbau) durchgeführt worden. Bei allen Überprüfungen sei festgestellt worden, daß die Abbautiefe um ca. 1 bis 2 m unterschritten worden sei.

Daß bei einer Grundwasserfreilegung mit mehr als geringfügigen nachteiligen Einwirkungen auf Gewässer zu rechnen sei, habe der sachverständige Zeuge Dipl.-Ing. P im Rahmen seiner Einvernahme überzeugend dargelegt. Die Bewilligungspflicht für Grundwasserfreilegungen ergebe sich im übrigen auch aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Der Hinweis des Beschwerdeführers, es fehle an einer aktuellen negativen Grundwassereinwirkung, sei verfehlt, weil eine Übertretung nach § 32 WRG 1959 ein Ungehorsamdelikt und kein Erfolgsdelikt darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. April 1994 sei ihm gemäß § 31c WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur Durchführung einer Trockenbaggerung auf den Grundstücken Nr. 389/3 und 389/5 der KG. U erteilt worden. Nach dem Spruch dieses Bescheides sei er zum Abbau bis 0,5 m über HGW und zur anschließenden Aufhöhung mit sanitär einwandfreiem, grubeneigenen Material bis auf gute 150,6 m ü.A. berechtigt. Es stelle sich die Frage, ob das ihm im Verwaltungsstrafverfahren angelastete Verhalten nicht dem § 137 Abs. 3 lit. f (Betrieb einer nach § 31c WRG bewilligungspflichtigen Anlage entgegen der erteilten Bewilligung) zu unterstellen sei und nicht, wie es die belangte Behörde getan habe, dem § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 (Vornahme einer Einwirkung auf Gewässer ohne die gemäß § 32 Abs. 1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung).

Zum Tatbestand einer Übertretung nach § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 gehöre eine nicht bloß geringfügige Beeinträchtigung des Grundwassers. Daß durch die Maßnahmen des Beschwerdeführers eine solche Beeinträchtigung erfolgt sei, sei aber im Verwaltungsstrafverfahren nicht nachgewiesen worden. Die Darlegungen des sachverständigen Zeugen Dipl.-Ing. P, auf die sich die belangte Behörde berufe, bezögen sich nur auf eine Grundwasserfreilegung. Es sei unbestritten, daß eine Grundwasserlegung mit Maschineneinsatz als ein Eindringen in den aktuellen Grundwasserkörper einer Bewilligung nach § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 bedürfe. Für einen Kiesabbau oberhalb dieses Bereiches im "trockenen Grundwasserschwankungsbereich" hätte es aber der Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Deponietechnik sowie aus dem Fachgebiet der Hydrogeologie und Chemie bedurft, um festzustellen, ob es dadurch nach dem natürlichen Lauf der Dinge zu einer Grundwassergefährdung komme.

Die belangte Behörde nehme einen durchgehenden Tatzeitraum von 7. Juni 1993 bis 13. Jänner 1994 an. Sie setze sich damit mit den Ergebnissen des erstinstanzlichen wie auch des berufungsbehördlichen Ermittlungsverfahrens in Widerspruch, weil nur für die Tatzeitpunkte des 7. Juni 1993,

25. November 1993 und 13. Jänner 1994 jeweils punktuell Unterschreitungen der Mindestabbautiefe festgestellt worden seien, nicht aber für die dazwischen liegenden Zeiträume.

Soweit der angefochtene Bescheid von einem Kiesabbau von "ein bis zwei Meter unter den HGW-Wert von 148,8 m ü.A."

spreche, widerspreche er - was im Hinblick auf zahlreiche parallel laufende Verwaltungsstrafverfahren von Bedeutung sei - in dieser Bandbreite dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG. Zudem betrage der höchste Grundwasserpegel im gegenständlichen Grundstücksbereich richtigerweise 148,6 m ü.A und nicht 148,8 m ü.A.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 137 Abs. 3 lit. f WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer eine gemäß § 31c bewilligungspflichtige Anlage ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen errichtet oder betreibt.

Wie der Beschwerdeführer selbst ausführt, wurde ihm die Genehmigung zur Trockenbaggerung auf den Grundstücken Nr. 389/3 und 389/5 mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich von 15. April 1994 erteilt. Der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angenommene Tatzeitraum liegt aber vor diesem Zeitpunkt. Ein Verstoß gegen Auflagen des Bescheides über die Bewilligung zur Trockenbaggerung und damit gegen § 137 Abs. 3 lit. f WRG 1959 kommt im Beschwerdefall nicht in Betracht.

Nach § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ohne die gemäß § 32 Abs. 1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Nach § 32 Abs. 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Nach § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 bedürfen der Bewilligung im Sinne des Abs. 1 jedenfalls Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird.

Eine Bewilligungspflicht im Sinne des § 32 WRG 1959 setzt eine Einwirkung auf Gewässer voraus, die geeignet ist, deren Beschaffenheit unmittelbar oder mittelbar zu beeinträchtigen. Der Eintritt einer Gewässerverunreinigung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des § 32 WRG 1959. Sinn und Zweck dieser Gesetzesstelle ist es, Gewässerverunreinigungen und damit auch der Gefahr ihres Eintrittes vorzubeugen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1987, 87/07/0050, u.a.). Die Bewilligungspflicht nach § 32 WRG 1959 ist bereits dann gegeben, wenn nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit nachteiligen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, 90/07/0153, u.a.).

Der Beschwerdeführer hat Baggerungen im Grundwasserschwankungsbereich vorgenommen, also in jenem Bereich, der vom Grundwasser - bei entsprechendem Stand - erreicht wird. Daß durch die Beseitigung der schützenden Bodenschicht das Grundwasser der Gefahr einer Verunreinigung durch den Eintrag von Schadstoffen aus der Luft, aber auch durch den Abbauprozeß selbst ausgesetzt wird, liegt auf der Hand. Die diesbezüglichen Feststellungen im Verwaltungsstrafverfahren begegnen daher keinen Bedenken. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher auch in seiner Rechtsprechung eine Bewilligungspflicht für Baggerungen im Grundwasserschwankungsbereich angenommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1989, 85/07/0251).

Für die Baggerungen im Grundwasserschwankungsbereich war eine Bewilligung erforderlich. Der Beschwerdeführer hatte keine. Er hat daher eine Übertretung nach § 137 Abs. 3 lit. g WRG 1959 begangen.

Zu den Kontrollzeitpunkten (7. Juni 1993, 25. November 1993 und 13. Jänner 1994) wurde jeweils die Durchführung eines Kiesabbaues im Grundwasserschwankungsbereich festgestellt. Das berechtigt zur Annahme eines durchgehenden Tatzeitraumes von 7. Juni 1993 bis 13. Jänner 1994, weil - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend ausführt - nicht angenommen werden kann, daß zwischen den genannten

3 Überprüfungszeitpunkten die Grubensohlen jeweils wieder aufgehöht und anschließend das Material wieder abgebaut worden wäre. Eine solche Verhaltensweise des Beschwerdeführers wäre völlig sinnlos.

Warum der Tatvorwurf eines Kiesabbaues von "ein bis zwei Meter unter den HGW-Wert von 148,8 m ü.A." dem § 44a Z. 1 VStG widersprechen soll, wird vom Beschwerdeführer nicht erläutert. Ein solcher Widerspruch ist nicht ersichtlich.

Ob der Wert des HGW bei 148,6 m oder bei 148,8 m liegt, ist ohne Belang, da der Beschwerdeführer jedenfalls unbestrittenermaßen im Grundwasserschwankungsbereich Baggerungen durchgeführt hat.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Dauerdelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996070130.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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