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L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;Norm
B-VG Art140 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde
1. der MH und 2. des BH, beide in I und beide vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 22. Mai 1995, Zl. MD/I-1440/1995, betreffend eine Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Bescheid des Stadtmagistrates der Stadt Innsbruck vom 20. Jänner 1995 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführer auf Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage auf einem durch Zusammenlegung der Grundparzellen Nr. nn1 und nn2 neu zu bildenden Grundstück ohne Durchführung einer Bauverhandlung gemäß § 31 Abs. 2 Tiroler Bauordnung abgewiesen. Nach den Einreichplänen soll das Wohnhaus ein Keller-, Erd- und Obergeschoß umfassen und weist eine Länge von 14,5 m und eine Breite von 11,25 m auf. Die Mindestabstände betragen im Norden zur Grundparzelle Nr. nn3 4,96 m (Nordwesteck) bzw. 5,40 m (Nordosteck), im Osten zur Grundparzelle Nr. nn4 4,10 m und im Süden zur Grundparzelle Nr. nn5/1 6,50 m. Die Garage sollte an der Westseite des Wohnhauses angebaut werden und eine Länge von 6,00 m und eine Breite von 5,25 m haben. In ihrer Begründung verwies die Behörde erster Instanz auf die Bestimmung des § 41 Abs. 2 und Abs. 3 TROG 1994, der zufolge im Freiland nur die dort genannten Gebäude, nicht jedoch ein Einfamilienwohnhaus, errichtet werden dürften. Da sich die verfahrensgegenständliche Liegenschaft laut Flächenwidmungsplan im Freiland befände, bedeute das Bauvorhaben jedenfalls einen Widerspruch zum gültigen Flächenwidmungsplan. Das von den Beschwerdeführern angeführte Gesetz über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland ("Freilandbautengesetz") finde im gegenständlichen Fall keine Anwendung, da es sich einerseits um einen Neubau und kein sanierungsfähiges Gebäude mit Aufenthaltsräumen handle und andererseits infolge der zwischenzeitlich erfolgten Novellierung dieses Gesetzes nur mehr die durch Gebäude überbaute Grundfläche samt der Fläche eines daran anschließenden Randes, dessen Tiefe sich aus dem Mindestabstand nach § 7 Abs. 1 lit. a TROG 1994 ergebe, als Bauplatz gelte.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie im wesentlichen auf das auf der Grundparzelle Nr. nn1 befindliche Wohnhaus hinwiesen, für das eine rechtsgültige Baugenehmigung vorliege, sodaß nicht von einem Widerspruch zum Flächenwidmungsplan ausgegangen werden könne. Durch die Aufzählung der im Freiland zulässigen Anlagen im Bescheid erster Instanz würde der Eindruck vermittelt, es würde sich um ein Grundstück im freien Gelände handeln und damit im wesentlichen begründet, warum das eingereichte Wohnhaus nicht errichtet werden dürfe. Aus dem Gesetz über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland ergebe sich, daß sogar ursprünglich illegal errichtete bauliche Anlagen auf einem im Freiland zum Bauplatz erklärten Grundstück stehen könnten und dürften, und auch andere als in § 41 TROG 1994 angeführte bauliche Anlagen im Freiland möglich seien. Hinsichtlich der von der Behörde erster Instanz angeführten Novellierung dieses Gesetzes führten die Beschwerdeführer aus, daß diese erst nach Eingabe des Bauansuchens wirksam geworden sei und somit die nachträgliche Einschränkung der Bauplatzgröße keine Gültigkeit besäße.
Mit Bescheid vom 22. Mai 1995 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab. Sie schloß sich der Auffassung der erstinstanzlichen Behörde in der Frage des Widerspruches des Bauvorhabens zum gültigen Flächenwidmungsplan unter Berücksichtigung der Vorschriften des § 41 TROG 1994 an, ging ebenfalls von der Anwendbarkeit der novellierten Fassung des Freilandbautengesetzes aus und hielt den Beschwerdeführern ebenfalls die Umschreibung, welcher Teil des Grundstücks, auf dem ein konsensloses Gebäude errichtet ist, als Bauplatz gilt, entgegen (Fläche, die durch das Gebäude samt Fläche eines daran anschließenden Randes, dessen Tiefe sich aus dem Mindestabstand nach § 7 Abs. 1 lit. a Tiroler Bauordnung ergibt). Die eingereichten Planunterlagen zeigten, daß das Wohnhaus östlich von dieser Fläche errichtet werden solle, weshalb auch die diesbezügliche Argumentation nicht zu einer Behebung des ablehnenden Baubescheides führen könnte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in der sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, in Verbindung mit § 3 Abs. 9 der Tiroler Bauordnung und auf die Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt erachten. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die geltend gemachte inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ergibt sich nach Auffassung der Beschwerdeführer im wesentlichen aus einer falschen Beurteilung der Bestimmung des § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994. Nach Ansicht der Beschwerdeführer hätte die belangte Behörde davon auszugehen gehabt, daß die gesamten Flächen der verfahrensgegenständlichen Grundparzellen Nr. 1960 und 1976 als Bauplatz anzusehen seien und daher einer Verbauung zugeführt werden könnten. Die von den Behörden erster und zweiter Instanz herangezogene novellierte Fassung dieses Gesetzes (LGBl. Nr. 82/1994) komme nicht zur Anwendung, da diese erst nach Einreichung des Bauansuchens in Kraft getreten sei. Weiters könne aus der in der der Entscheidung zugrunde gelegten Bestimmung des § 41 TROG 1994 enthaltenen Aufzählung von im Freiland zulässigen baulichen Anlagen nicht auf einen Widerspruch des eingereichten Wohnhauses zum gültigen Flächenwidmungsplan geschlossen werden.
Eine weitere Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ergibt sich nach Meinung der Beschwerdeführer aus dem Versäumnis der belangten Behörde, eine Bauverhandlung durchzuführen, bei der sie sich insbesondere mit der Frage der Rechtmäßigkeit des sich bereits auf der Gp. 1960 befindlichen Wohnhauses zu befassen gehabt hätte. Die belangte Behörde habe auf Basis des Flächenwidmungsplanes ohne ausreichende Grundlagen für die Beurteilung entscheidungswesentlicher Fragen entschieden.
2. Diesem Vorbringen der Beschwerdeführer ist folgendes entgegenzuhalten:
§ 3 des Gesetzes über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, in der Fassung des Gesetzes LGBl. Nr. 82/1994, wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. November 1996, G 189-193/96 und
G 277/96, aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof hat auch ausgesprochen, daß die aufgehobene Bestimmung auf die vor Aufhebung verwirklichten Tatbestände nicht mehr anzuwenden ist.
§ 3 Freilandbautengesetz ist daher auch im Beschwerdefall nicht mehr anzuwenden, sodaß sich der angefochtene Bescheid insoweit als rechtmäßig erweist und auf die Beschwerdeausführungen nicht näher einzugehen ist.
3. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995060138.X00Im RIS seit
20.11.2000