TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/25 I407 2180611-2

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Veröffentlicht am 25.05.2021
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Entscheidungsdatum

25.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z2
AsylG-DV 2005 §4 Abs1 Z3
AsylG-DV 2005 §4 Abs2
AsylG-DV 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG-DV 2005 §8 Abs1 Z2
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §52 Abs3
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I407 2180611-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. NIGERIA, vertreten durch: RAST & MUSLIU Rechtsanwälte gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BFA-W) vom 30.11.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer stellte am 02.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA, belangte Behörde) vom 01.12.2017 abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria festgestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.06.2019, Zl. XXXX , abgewiesen.

2.        Am 08.04.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG und führte im Wesentlichen aus, er habe Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt und verfüge über sehr fortgeschrittene Deutschkenntnisse und habe einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag. Zudem sei er Mitglied in einem Fitnessstudio und verfüge über eine unbefristete Wohnrechtsvereinbarung.

3.       Dem Beschwerdeführer wurde im Rahmen der „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ des BFA vom 03.09.2020 die Möglichkeit zur Erstattung einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

4. Mittels Verbesserungsauftrag vom 03.09.2020 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, seinem Antrag gemäß § 55 AsylG ein gültiges Reisedokument beizulegen.

5. Mit Stellungnahme vom 18.09.2020 erklärte der Beschwerdeführer, dass er im Jahr 2015 in das Bundesgebiet eingereist sei und sich seither durchgehend in Österreich aufhalte. In seinem Heimatstaat habe er die Pflichtschule absolviert sonst aber keine Ausbildung genossen. Er würde Deutsch auf Niveau A2 beherrschen. Er habe keine Familie in Österreich aber Freunde und Bekannte. Zwischen 2017 und 2019 habe er am Wiener Prater gearbeitet.

6. Mit Schreiben vom 06.10.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Mängelheilung und führte aus, dass die Botschaft des Heimatlandes keinen Reisepass ausstelle.
5. Mit Bescheid des BFA vom 30.11.2020 wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 55 AsylG zurückgewiesen und der Antrag auf Mängelheilung abgewiesen. Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria festgestellt.

6. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 22.12.2020 Beschwerde.

7. Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 30.12.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der ledige und kinderlose Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer lebt seit mindestens 02.10.2015 in Österreich. Ein von ihm gestellter Asylantrag wurde am 04.06.2019 in zweiter Instanz rechtskräftig negativ entschieden. Der Beschwerdeführer kam seiner daraus erwachsenen Ausreiseverpflichtung nicht nach und hält sich seither unrechtmäßig in Österreich auf.

Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich. Aufgrund seines Engagements in der Kirche und seiner Berufstätigkeit hat er jedoch einige Freunde und Bekannte in Österreich.

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Aus dem Antragsvorbringen des Beschwerdeführers gemäß § 55 AsylG geht im Vergleich zur rezenten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 04.06.2019 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gem. Art 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.

1.3. Einen gültigen Reisepass konnte der Beschwerdeführer nicht vorlegen. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass sich er sich um die Ausstellung eines solchen bemüht hätte.

2. Beweiswürdigung

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, einer Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seinem Religionsbekenntnis ergeben sich aus dem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren zum Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers, sowie den diesbezüglich gleichbleibenden und glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Seine Identität steht aufgrund der nunmehr vorgelegten Geburtsbestätigung der Nationalen Personenstandskommission des Bundesstaates Lagos vom 18.02.2020 fest (AS 99).

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 04.01.2021.

2.2. Die Feststellungen zu den integrativen Schritten ergeben sich aus dem Antrags- und Beschwerdevorbringen, den vorgelegten Urkunden, dem Bescheid der belangten Behörde und dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.06.2019, Zl. XXXX . In diesem Erkenntnis wurde im Wesentlichen festgestellt, dass der Beschwerdeführer um seine Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht bemüht ist. Er habe seit 2016 bis zum Entscheidungszeitpunkt immer wieder für die Stadt Wien MA 48 und die XXXX GmbH gearbeitet. Zudem habe er eine Deutschprüfung auf Niveau A1 erfolgreich abgelegt und auch die entsprechenden Kurse besucht und in Österreich Freundschaften geknüpft.

Bezüglich des nun gestellten Antrages stellt sich die Situation wie folgt dar: Der Beschwerdeführer konnte den Status quo aufrechterhalten. Im aktuellen Verfahren konnte er einige aktuelle Unterstützungsschreiben von langjährigen Bekannten vornehmlich aus seiner Kirchengemeinschaft vorlegen. In diese ist der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2015 integriert. Zudem legte er ein Unterstützungsschreiben des Vereins Frontiers of Dialoge vor. Dort ist der Beschwerdeführer seit dem 01.03.2018 als Volontär tätig. Diese Urkunden sind daher zwar geeignet die generelle Integration des Beschwerdeführers zu unterstreichen, stellen jedoch, aufgrund dessen, dass der Beschwerdeführer alle diese Beziehungen schon seit mehreren Jahren pflegt, keine wesentliche Sachverhaltsänderung dar.

Ähnliches gilt für seine berufliche Integration. Er arbeitet seit 2017 im gesetzlich erlaubten Ausmaß als Schaustellgehilfe am Wiener Prater. Soweit er also im gegenständlichen Verfahren eine Beschäftigungszusage seines gegenwärtigen Arbeitgebers für eine Vollzeitanstellung als Schaustellergehilfe im Falle eines Aufenthaltstitels vorweist, handelt es sich dabei also um keinen wesentlichen Integrationsschritt seit der letzten Rückkehrentscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes.

Auch die Mitgliedschaft im Fitnessstudio McFit seit dem 15.02.2020 vermag nicht wesentlich zur weiteren Integration beizutragen, zumal Fitnessstudios in diesem Zeitraum aufgrund behördlicher Anordnungen im Zuge der aktuellen Corona-Pandemie mehr als 8 Monate geschlossen waren.

Seit der letzten Rückkehrentscheidung hat der Beschwerdeführer lediglich seine Sprachkenntnisse weiter verbessert. Er hat am 21.05.2019 – also bereits vor dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.06.2019, Zl. XXXX - die Integrationsprüfung A2 bestanden und besucht Sprachkurse auf B1 Niveau. Dies mag an sich zwar einen Integrationsfortschritt bedeuten, dieser ist in Zusammenschau aller Umstände jedoch nicht als wesentlich genug anzusehen, um von einem wesentlich geänderten Sachverhalt auszugehen. Auch die bloße Verlängerung seines Aufenthaltes in Österreich seit der Entscheidung vom 04.06.2019 stellt ebenfalls keine derartige Sachverhaltsänderung dar, zumal der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, Österreich zu verlassen.

Weder der Antragsbegründung des nunmehr begehrten Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG noch den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz kann daher ein (maßgeblich) geänderter Sachverhalt entnommen werden, der eine neuerliche meritorische Prüfung des Antrages erforderlich machen würde.

2.3. Der Beschwerdeführer stellte am 06.10.2020 einen Antrag auf Mängelheilung und beantragte von der Vorlage des Reisepasses abzusehen. Begründend führte er aus, dass er keinen Reisepass besitzen würde und die Botschaft seines Heimatlandes einen solchen nicht ausstellen würde. Eine entsprechende Kommunikation mit der Botschaft oder sonstige Beweismittel wurden nicht vorgelegt, sodass ein entsprechendes Bemühen nicht festgestellt werden konnte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Spruchpunkt A

3.1.1. Zur Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

§ 58 Abs. 10 AsylG bestimmt:

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß §9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. […]

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1803 BlgNR 24. GP 50) legen zur Bestimmung des § 58 Abs 10 AsylG Folgendes dar:

„Der neue (Abs. 10) entspricht im Wesentlichen § 44b NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011. Mit der Neuerrichtung des Bundesamtes und der damit einhergehenden Verfahrensvereinfachung und organisatorischen Umstrukturierung ist die Einbindung der zuständigen Sicherheitsdirektion entfallen. Die Beurteilung bzw. Prüfung erfolgt nun durch das Bundesamt. Dementsprechend sind Anträge als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 iVm § 53 Abs. 2 oder 3 FPG besteht und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Diese inhaltliche Neubewertung des Sachverhaltes hat sich lediglich auf den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Entscheidung nach dem FPG bis zur Entscheidung des zugrundeliegenden Antrages auf Erteilung des Aufenthaltstitels zu beziehen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass – im Rahmen einer Neubewertung – wenn ein maßgeblich geänderter Sachverhalt im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen sein wird.“

§ 10 Abs. 3 AsylG lautet:

„(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."

§ 52 Abs. 3 FPG lautet:

„(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.“

Die zur Vorgängerregelung des § 58 Abs. 10 AsylG (also zu § 44b Abs. 1 NAG) ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auf die Auslegung des § 58 Abs. 10 AsylG zu übertragen (dazu VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101). Nach dieser Rechtsprechung liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufweisen, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würde. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101 mit Hinweisen auf VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127; 05.05.2015, Ra 2014/22/0115).

Da der Zurückweisungsgrund gemäß § 58 Abs. 10 AsylG (vormals § 44b Abs. 1 Z 1 NAG) der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet ist, können die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, auch für die Frage herangezogen werden, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 58 Abs. 10 AsylG vorliegt. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides (bezogen auf § 58 Abs. 10 AsylG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. VwGH 09.09.2013, 2013/22/0161; 09.09.2013, 2013/22/0215, mwN).

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde zusammengefasst vor die Feststellungen der belangten Behörde seien unrichtig und es lägen die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gem. § 55 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 entgegen der Beurteilung der belangten Behörde vor. Er verfüge nämlich über sehr fortgeschrittene Deutschkenntnisse und habe einen Mitgliedsvertrag in einem Fitnessstudio abgeschlossen. Zudem habe er einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag und eine unentgeltliche, unbefristete Wohnrechtsvereinbarung. Er sei bereits 5 Jahre im Bundesgebiet aufhältig und verfüge über einen breiten Freundes- und Bekanntenkreis bestehend aus österreichischen Staatsangehörigen.

Wie oben ausgeführt stellt dies keine wesentliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes gegenüber dem Sachverhalt, der dem Erkenntnis vom 04.06.2019 zugrunde gelegt worden war, dar.

So hat der Verwaltungsgerichtshof bereits angesprochen, dass weder ein Zeitablauf von ca. 2 Jahren zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem Zurückweisungsbeschluss der Behörde noch verbesserte Deutschkenntnisse und Arbeitsplatzzusagen eine maßgebliche Sachverhaltsänderung im Sinne des § 44b NAG idF vor 2012/I/087 darstellen.

Ansonsten hat der Beschwerdeführer die bereits in der rechtskräftigen Entscheidung vom 04.06.2019 berücksichtigten Schritte zur Integration in Österreich während der folgenden Monate einfach fortgesetzt, obwohl er zur Ausreise verpflichtet war; diese Schritte erfolgten daher weiterhin vor dem Hintergrund eines unsicheren Aufenthaltsstatus. Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung zurückweist, dass "keine maßgebliche Sachverhaltsänderung“ stattgefunden hat. Die geltend gemachten Umstände weisen von vornherein keine solche Bedeutung auf, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK gebieten würden.

3.1.2. Zur Abweisung des Antrages auf Mängelheilung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 und 2 AsylG-DV sind dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels ein gültiges Reisedokument oder ein gleichzuhaltendes Dokument anzuschließen.

Gemäß § 4 Abs. 1 AsylG-DV kann die Behörde auf begründeten Antrag die Heilung eines Mangels nach § 8 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war zulassen.

Der Beschwerdeführer stellte am 06.10.2020 den schriftlichen Antrag gemäß § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 AsylG-DV, die Heilung des Mangels der Nichtvorlage eines Reisepasses zuzulassen. Begründet wurde der Antrag damit, dass der Beschwerdeführer keinen Reisepass habe und die Botschaft seines Heimatstaates einen solchen nicht ausstelle.

Wie unter Punkt 3.1.1. ausgeführt, liegen die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels iSd § 55 AsylG 2005 nicht vor. Eine Entscheidung über die Heilung des Mangels zum Schutz des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im Sinne des Art. 8 EMRK ist daher nicht notwendig.

Der Beschwerdeführer hat keinerlei Nachweise vorgelegt, dass ihm die Beschaffung unzumutbar wäre oder dass er sich darum bemüht hätte, bei der Botschaft seines Herkunftslandes einen Reisepass zu erhalten.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Bindungswirkung entscheidungsrelevante Sachverhaltsänderung entschiedene Sache erhebliche Unterschiedlichkeit Ermessen geänderte Verhältnisse Identität der Sache Integration Interessenabwägung Mängelheilung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung Reisedokument res iudicata unzulässiger Antrag Vorlagepflicht wesentliche Änderung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I407.2180611.2.00

Im RIS seit

27.07.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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