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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauG Stmk 1995 §119 Abs7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des KP, des HP und der RP, alle in A und alle vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 13. Juni 1996, Zl. 03-12.10 A 17-96/2, betreffend eine Benützungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde A, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- je zu einem Drittel binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 5. Jänner 1996 brachten die Beschwerdeführer bei der Baubehörde erster Instanz einen Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung gemäß § 119 Abs. 7 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59, für den Keller auf dem ehemaligen Grundstück 16, nunmehr Grundstück .61/1, "anschließend an das baubewilligte Nebengebäude samt Turm" ein.
In dem Antrag wurde einerseits auf das Baubewilligungsansuchen zur Zl. 131/9-305/95 Sch sowie auf den Bescheid vom 11. Oktober 1983, Zl. 131/9-180/82 Sch, verwiesen.
Mit diesem zuletzt genannten Bescheid wurde vom Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde für den auf Grund einer Baubewilligung vom 4. November 1977 erteilten Um- bzw. Zubau auf dem Grundstück der Beschwerdeführer, der nicht konsensgemäß erfolgt war, nachträglich die Bau- und Benützungsbewilligung erteilt.
Über Berufung von Nachbarn wurde die Benützungsbewilligung teilweise aufgehoben, für bestimmte Teile der 1977 noch nicht bewilligten Änderung jedoch die nachträgliche Baubewilligung erteilt. Dieser Bescheid wurde über Vorstellung der Nachbarn von der belangten Behörde aufgehoben. Da somit insbesondere für den Kellerzubau, der nun Gegenstand des Antrages vom 5. Jänner 1996 ist, keine Baubewilligung erteilt worden war, wurde dem Antrag der Beschwerdeführer vom 5. Jänner 1996 mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. März 1996 keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. April 1996 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründet wird diese Entscheidung nach einer Wiedergabe der Chronologie des Verwaltungsverfahrens hinsichtlich des Um- bzw. Zubaues auf dem Grundstück der Beschwerdeführer, in der insbesondere festgehalten wird, daß für den in Rede stehenden Kellerzubau das am 27. Mai 1992 eingebrachte Bauansuchen mit Bescheid des Gemeinderates vom 20. Dezember 1995 rechtskräftig zurückgewiesen worden sei, insbesondere damit, daß für den in Rede stehenden Kellerzubau keine Baubewilligung bestünde. Dazu wird auch auf das hg. Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 93/06/0057, verwiesen. (Dieses Erkenntnis betraf eine Beschwerde der Beschwerdeführer gegen die Abweisung einer Vorstellung gegen einen im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Beseitigungsauftrag gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 bezüglich des auch nunmehr beschwerdegegenständlichen Kellerzubaus. Die Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof abgewiesen, wobei der Gerichtshof davon ausging, daß nicht strittig sei, daß für den gegenständlichen Kellerzubau zum Zeitpunkt der Erteilung des Auftrags - in zweiter Instanz am 16. November 1992 - keine Baubewilligung vorgelegen sei). Gemäß § 119 Abs. 7 des Steiermärkischen Baugesetzes könne im Falle, daß ein vollendetes Vorhaben, das nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 bewilligt worden sei, vom Bewilligungsbescheid abweiche, die Benützungsbewilligung (nach dem Steiermärkischen Baugesetz) erteilt werden, wenn das Vorhaben nach diesem Gesetz genehmigungsfähig wäre. Diese Bestimmung ziele lediglich darauf ab, Erleichterungen des Baugesetzes gegenüber der Steiermärkischen Bauordnung 1968 im Benützungsbewilligungsverfahren nach dem Steiermärkischen Baugesetz zu berücksichtigen, aber nicht darauf, konsenslos errichtete Gebäude nachträglich zu genehmigen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 38 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz und des § 119 Abs. 7 Steiermärkisches Baugesetz aus, daß sich aus der Aktenlage ergebe und von den Beschwerdeführern nicht bestritten werde, daß für den gegenständlichen Kellerzubau keine Bewilligung nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 vorliege. Die Beschwerdeführer verträten allerdings die Meinung, daß der Keller kein selbständiges Bauwerk sei, sondern Teil des mit Bescheid vom 4. November 1977 bewilligten "Kellerstöckls". Dazu habe jedoch die Gemeindebehörde zutreffenderweise ausgeführt, daß zwar für eine Instandsetzung des Kellerstöckls eine Baubewilligung erteilt worden sei, der gegenständliche Kellerzubau jedoch bis zum heutigen Tage keine Baubewilligung aufweise. Auf Grund der baulichen Einheit des Kellerstöckls mit dem Kellerzubau gelangten die Vorstellungswerber zur Ansicht, daß die seinerzeitige Ausweitung der mit Bescheid vom 4. November 1977 bewilligten baulichen Maßnahmen und somit das Abweichen des Vorhabens vom erteilten Konsens bewilligungsfähig sei und deshalb § 119 Abs. 7 Steiermärkisches Baugesetz zur Anwendung gelangen müsse. Dieser Auffassung könne jedoch nicht beigetreten werden. § 119 Abs. 7 Steiermärkisches Baugesetz ziele darauf ab, Erleichterungen des Baugesetzes gegenüber der Steiermärkischen Bauordnung 1968 im Benützungsbewilligungsverfahren nach dem Steiermärkischen Baugesetz zu berücksichtigen. Voraussetzung sei allerdings, daß das vollendete Bauvorhaben nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 bewilligt worden sei. § 119 Abs. 7 Baugesetz müsse in einem engen Konnex mit § 38 Baugesetz gesehen werden. Gemäß § 38 Abs. 6 Baugesetz sei die Benützungsbewilligung nicht nur bei Vorliegen geringfügiger Mängel unter Vorschreibung von Auflagen zu erteilen, sondern auch dann, wenn die Ausführung vom genehmigten Projekt nur geringfügig abweiche. Gingen die Abweichungen über das geringfügige Ausmaß hinaus, so dürfe keine Benützungsbewilligung erteilt werden. Die Errichtung eines Zubaues sei mehr als eine geringfügige Abweichung vom Baukonsens. Der Gesetzgeber habe mit der Bestimmung des § 119 Abs. 7 Baugesetz nicht die Sanierung konsensloser Bauführungen intendiert. Es ergebe sich somit, daß der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde § 119 Abs. 7 im gegenständlichen Fall zu Recht nicht angewendet habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes wegen ungenügender Klärung der tatsächlichen Ausbildung einer Bauwerkserweiterung durch Anbau eines Kellers mit daraufliegender Terrasse sowie unrichtige Anwendung der Übergangsbestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, wodurch die Beschwerdeführer insbesondere in ihrem Recht auf Erteilung einer Benützungsbewilligung für diesen Bauteil verletzt worden seien, geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 38 Steiermärkisches Baugesetz 1995, LGBl. Nr. 59, lautet auszugsweise:
"§ 38
Benützungsbewilligung
(1) Der Bauherr hat nach Vollendung von Vorhaben gemäß § 19 Z. 1, 3 und 5 und § 20 Z. 1 und vor deren Benützung um die Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen.
(2) Dem Ansuchen sind folgende Unterlagen anzuschließen:
...
(3) Die Behörde hat mit schriftlichem Bescheid darüber zu entscheiden, ob und von welchem Zeitpunkt an die bauliche Anlage benützt werden darf.
(4) Die Benützungsbewilligung ist auf Grund der Aktenlage zu erteilen, wenn die Unterlagen gemäß Abs. 2 vorliegen.
...
(6) Die Benützungsbewilligung ist zu erteilen,
-
wenn die bauliche Anlage der Bewilligung entspricht,
-
bei Vorliegen geringfügiger Mängel unter der Vorschreibung von Auflagen oder
-
wenn die Ausführung vom genehmigten Projekt nur geringfügig abweicht.
..."
§ 119 Abs. 1 und 7 Steiermärkisches Baugesetz lauten:
"§ 119
Übergangsbestimmungen
(1) Bewilligungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits rechtskräftig erteilt sind, bleiben, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, unberührt.
...
(7) Weicht ein vollendetes Vorhaben, das nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 bewilligt wurde, vom Bewilligungsbescheid ab, so kann die Benützungsbewilligung erteilt werden, wenn das Vorhaben nach diesem Gesetz genehmigungsfähig wäre."
2. Das Steiermärkische Baugesetz 1995 ist gemäß seinem § 120 mit 1. September 1995 in Kraft getreten. Soferne das Gesetz keine Übergangsbestimmungen (wie in § 119 Abs. 2 für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes anhängige Verfahren und in § 119 Abs. 3 für Widmungsbewilligungen) enthält, sind somit seine Vorschriften ab dem 1. September 1995 anzuwenden. Wie sich insbesondere aus § 119 Abs. 7 Steiermärkisches Baugesetz 1995 ergibt, ist grundsätzlich auch § 38 Steiermärkisches Baugesetz hinsichtlich der Erteilung einer Benützungsbewilligung ab diesem Zeitpunkt (das heißt: auf ab diesem Zeitpunkt zu erteilende Benützungsbewilligungen) anzuwenden.
Wie sich aus dem Wortlaut des § 119 Abs. 7 weiters ergibt, setzt § 119 Abs. 7 Baugesetz voraus, daß die Benützungsbewilligung für ein vollendetes Vorhaben zu erteilen ist, das nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 bewilligt wurde. Es kann im Beschwerdefall letztlich dahingestellt bleiben, ob die Auslegung der belangten Behörde zutreffend ist, daß sich § 119 Abs. 7 Baugesetz nur auf geringfügige Abweichungen im Sinne des § 38 Abs. 6 Baugesetz beziehe (gegen eine solche Auslegung sprechen sowohl der Wortlaut als auch der Zweck der Regelung, soferne die von der belangten Behörde angesprochenen "Erleichterungen" des Baugesetzes über geringfügige Abweichungen hinausgehende Abweichungen von dem nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 erteilten Konsens zuließen).
Zweifellos setzt aber § 119 Abs. 7 Baugesetz voraus, daß sich der Antrag auf Erteilung einer Benützungsbewilligung auf ein VORHABEN bezieht, das nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 bewilligt wurde. Der Antrag der Beschwerdeführer vom 5. Jänner 1996 ging dahin, eine Benützungsbewilligung für den KELLERZUBAU zu erteilen. Für diesen Kellerzubau liegt unbestritten - auch die Beschwerdeführer sind im gesamten Verwaltungsverfahren davon ausgegangen - keine Baubewilligung nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 vor. Es ist somit nicht ein Sachverhalt gegeben, in dem für ein Vorhaben die Benützungsbewilligung beantragt wurde, welches zumindest überwiegend von einer Baubewilligung nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 gedeckt ist, sodaß hinsichtlich jener Teile, die nicht durch einen Baukonsens gedeckt sind, von "Abweichungen" gesprochen werden und daher die Anwendung des § 119 Abs. 7 Steiermärkisches Baugesetz in Betracht gezogen werden könnte. Das gegenständliche Vorhaben (das für sich ein Vorhaben gemäß § 19 Z 1 Baugesetz, auf welche § 38 Abs. 1 Baugesetz verweist, darstellt) wurde vielmehr ZUR GÄNZE konsenslos errichtet. Es fehlt somit an einer Baubewilligung für dieses Vorhaben, von der "abgewichen" worden sein könnte. § 119 Abs. 7 Steiermärkisches Baugesetz setzt aber jedenfalls einen Antrag auf Erteilung einer Benützungsbewilligung für ein Vorhaben, welches grundsätzlich nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968 bewilligt wurde, voraus. Es ist daher im Beschwerdefall nicht näher zu untersuchen, wo allenfalls die Grenzen für die Anwendung des § 119 Abs. 7 Baugesetz liegen (darin, daß derartige Grenzen gegeben sind und nicht jegliche konsenslose Bauführung ohne Durchführung eines Baubewilligungsverfahrens lediglich im Verfahren nach § 119 Abs. 7 Steiermärkisches Baugesetz zu behandeln ist, sofern sie nur in irgendeinem Konnex mit einer bewilligten Bauführung erfolgt ist, stimmt der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde zu, wobei aus den obigen Überlegungen jedoch aus Anlaß des Beschwerdefalles nur festzuhalten ist, daß die Grenze nicht zwingend mit dem in § 38 Abs. 6 Baugesetz verwendeten Begriff der "geringfügigen Abweichung" zu ziehen ist). Wenn die Beschwerdeführer vermeinen, daß auf Grund des Umstandes, daß für einen Umbau des Gebäudes, zu welchem auch der gegenständliche Keller ohne Baubewilligung zugebaut wurde, der Zubau als eine Abweichung von der Baubewilligung vom 4. November 1977 qualifiziert werden könnte, übersehen sie, daß sie mit dem Antrag vom 5. Jänner 1996 nicht um die Erteilung der Benützungsbewilligung für das Gebäude, welches auf Grund der Bewilligung vom 4. November 1977 errichtet wurde, angesucht haben. "Vorhaben" im Sinn des § 119 Abs. 7 Baugesetz ist nach dem Antrag der Beschwerdeführer der Kellerzubau. Für diesen besteht unbestritten keine Baubewilligung nach der Steiermärkischen Bauordnung 1968. § 119 Abs. 7 Steiermärkisches Baugesetz kommt daher schon aus diesem Grund nicht zur Anwendung.
3. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß durch die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführer durch die Gemeindeinstanzen die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten verletzt wurden.
4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
6. Mit der Entscheidung in der Sache erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996060176.X00Im RIS seit
11.07.2001