TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/17 W163 2243351-1

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Veröffentlicht am 17.06.2021
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Entscheidungsdatum

17.06.2021

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs5
VwGVG §28 Abs5

Spruch


W163 2243351-1/3E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Daniel LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA.: Bosnien und Herzegowina, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2021, Zahl XXXX , betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

A)       Der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids) wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.       Gegen den Beschwerdeführer wurde am 16.06.2020 vom Landesgericht für Strafsachen Graz die U-Haft wegen Verdachts nach § 28a Abs. 1 Suchtmittelgesetz verhängt.

2.       Mit Verfahrensanordnung vom 21.09.2020 wurde der BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot in Kenntnis gesetzt und aufgefordert, konkrete Fragen schriftlich zu beantworten.

3.       Mit Schreiben vom 28.09.2020 nahm der BF Stellung und gab zusammengefasst zu seiner Situation im Bundesgebiet an, seit 2012 in Österreich zu leben und vor seiner Haft mit seiner Mutter und seinem Stiefvater zusammen gewohnt zu haben. Er gab an, eine namentlich genannte Lebensgefährtin sowie Freunde im Bundesgebiet zu haben. Er habe als GWH-Installateur gearbeitet, zuletzt bei einer namentlich genannten Firma in Wörgl.

4.       Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz wurde der BF am 04.12.2021, rk mit 15.03.2021, gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs. 2 Suchtmittelgesetz, §§ 28a Abs. 1 2. Fall, 28a Abs. 2 Z 3, 28a Abs. 1 5. Fall Suchtmittelgesetz und § 12 2. Fall StGB und § 12 3. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Der BF befindet sich derzeit in Strafhaft.

5.       Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 14.06.2021 die Beschwerde vom 07.06.2021 18.12.2019 gegen den im Spruch oben genannten Bescheid vor, mit dem dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 nicht erteilt wurde (Spruchpunkt I.) gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs 5 FPG iVm § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina festgestellt (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein auf zehn Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wurde (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde (Spruchpunkt VI.).

6.       Das BFA begründete die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass der Tatbestand des § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG erfüllt sei. Bei einer Rückkehr nach Nigeria (!) bestehe „keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung“ und es sei dem BF zumutbar, den Ausgang des Verfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Die Überwachung der Ausreise sei dringend geboten, zumal er aufgrund seines bisherigen Verhaltens „- illegaler Aufenthalts, keine Bindungen im Bundesgebiet, Suchtgiftschmuggel – eine große Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ darstelle.

7.       In der Beschwerde, die sich gegen sämtliche Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, bringt der BF unter anderem vor, dass er sich seit 26.01.2011 ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalte, in Österreich eine Schul- und Berufsbildung (mit Lehrabschlussprüfung als Installations- und Gebäudetechniker) absolviert und den überwiegenden Teil seines Aufenthaltes in ordentlichen Beschäftigungsverhältnissen gestanden sei. Sein Lebensmittelbpunkt bestehe zweifelsfrei in Österreich. Die Mutter der BF sei in Österreich aufenthaltsberechtigt und der BF pflege zu seiner Mutter eine enge Beziehung.

II. Beweiswürdigung

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG. Die Feststellung zur Delinquenz des BF stützt sich auf die Einsichtnahme in das Strafregister.

III. Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde richtet sich auch gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das BVwG hat darüber gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl. VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Das BFA weist in der Begründung des angefochtenen Bescheids darauf hin, dass die Voraussetzung des § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG wegen „illegaler Aufenthalt, keine Bindungen im Bundesgebiet, Suchtgiftschmuggel“ gegeben seien, ohne dies näher zu begründen.

Die Angaben des BF in seiner Stellungnahme vom 28.09.2020 zu seiner Situation im Bundesgebiet (familiäre Bindungen, Lebensgefährtin, Aufenthalt seit 2012, Berufstätigkeit als GWH-Installateur) lässt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unbeachtet, ebenso wie die Einträge im zentralen Fremdenregister, denenzufolge der BF durchgehend im Besitz von Aufenthaltstiteln war, zuletzt einer „ROT-WEISS-ROT Karte PLUS“, gültig bis 26.05.2021, und trifft zu diesen Sachverhalten teils aktenwidrige Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

Die belangte Behörde hat somit nicht dargelegt, weshalb im Hinblick auf die Angaben des BF zu seinem Familien- und Privatleben im Bundesgebiet eine sofortige Ausreise des BF ohne Aufschub unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens zu erfolgen hat und ergeben sich Gründe dafür unter Berücksichtigung der Angaben des BF zu seinem Familien- und Privatleben im Bundesgebiet und seinem knapp 10jährigen Aufenthalt auch nicht für das Bundesverwaltungsgericht. Eine Verletzung von Art 8 EMRK durch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ohne eingehendere Prüfung ist nicht von der Hand zu weisen. Zudem steht die Entlassung des BF aus dem Strafvollzug nicht unmittelbar bevor, sondern wird nach derzeitigem Stand frühestens im Dezember 2021 möglich sein. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Behebung der Entscheidung ersatzlose Teilbehebung Spruchpunktbehebung Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W163.2243351.1.00

Im RIS seit

23.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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