TE Bvwg Beschluss 2021/7/2 W195 2242574-1

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Veröffentlicht am 02.07.2021
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Entscheidungsdatum

02.07.2021

Norm

AVG §53b
B-VG Art133 Abs4
GebAG §32
GebAG §39 Abs1
GebAG §53 Abs1
VwGVG §17

Spruch


W195 2242574-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael Sachs als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 01.12.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX dem die Teilnahme an der Verhandlung vom 17.11.2020 im Verfahren zur XXXX zu Grunde liegt, beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 GebAG mit

€ 75,90 (exkl. USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 09.10.2020, XXXX beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 17.11.2020, 08:45 Uhr an, zu welcher der Antragsteller als Dolmetscher geladen und in dessen Rahmen er auch als Dolmetscher fungierte. Dem Schreiben war sowohl der Gebührenhinweis als auch das „Hinweisblatt Covid-19“ des Bundesverwaltungsgerichtes beigefügt, welchem zu entnehmen ist, dass, um ein erhöhtes Menschenaufkommen vor der Sicherheitskontrolle zu vermeiden, der Antragsteller (Dolmetscher) sich pünktlich 20 Minuten vor Verhandlungsbeginn zur Sicherheitskontrolle einzufinden hat.

2. Am 01.12.2020 brachte der Antragsteller die gegenständliche Honorarnote betreffend seine Teilnahme an der Verhandlung vom 17.11.2020, XXXX , im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs ein:

 

EURO

Entschädigung Zeitversäumnis gemäß § 32 GebAG

 

3 begonnene Stunde(n) à € 22,70

68,10

Reisekosten gemäß §§ 27,2 28 GebAG

 

44 km à € 0,42

18,48

Übermittlung im Wege des ERV gemäß § 31 Abs. 1a GebAG

12,00

0 % Umsatzsteuer – steuerbefreit laut UstG

 

Gesamtsumme

98,58

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

98,60

In Bezug auf die vom Antragsteller geltend gemachte Zeitversäumnis iSd § 32 GebAG führte dieser aus, dass der Beschwerdeführer nicht zur Verhandlung erschienen sei und er laut Anordnung des (Bundesverwaltungs-)Gerichtes wegen COVID 19 bereits eine halbe Stunde vor Verhandlungsbeginn im Gericht sein müsse. Da der Verhandlungsbeginn für 08:45 Uhr angesetzt worden sei, musste er – um der Anordnung des Gerichtes entsprechen zu können – die Reise bereits um 07:15 Uhr antreten. Des Weiteren seien auch Parkplatzsuche, Stau und die Wege vom Parkplatz zum Gericht und vom Gericht zum Parkplatz inkludiert. Dadurch würden sich die drei begonnene Stunden rechtfertigen.

3. Mit Schreiben vom 25.05.2021 hielt das Bundesverwaltungsgericht dem Antragsteller mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen vor, dass selbst unter Berücksichtigung der Wartezeit aufgrund des Nichterscheinens des Beschwerdeführers zur Verhandlung und des Zeitpolsters von 30 Minuten, mit dem sämtliche vom Antragsteller angeführten Gründe (Verkehrsbehinderungen, Parkplatzsuche und die Wartezeit von 20 Minuten für die Sicherheitskontrollen) abgegolten erscheinen, keine dritte begonnene Stunde Zeitversäumnis gerechtfertigt werden könne.

4. Das Schreiben vom 25.05.2021 wurde dem Antragsteller nachweislich am 27.05.2021 zugestellt.

5. In weiterer Folge langte keine Stellungnahme und/oder korrigierte Honorarnote des Antragstellers ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller mit Schriftsatz vom 09.10.2020, GZ. XXXX , zu der für den 17.11.2020 anberaumten Verhandlung als Dolmetscher geladen wurde. Die Verhandlung hat um 8:45 Uhr begonnen, wobei der Beschwerdeführer des Verfahrens nicht zur Verhandlung erschienen ist und der Antragsteller somit um 09:15 Uhr wieder entlassen wurde.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren XXXX beinhaltend insbesondere die Ladung des Dolmetschers zur Verhandlung vom 17.11.2020 und die Niederschrift derselben, die vom Antragsteller im Wege des ERV übermittelte Honorarnote vom 01.12.2020, die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25.05.2021 sowie dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.

Gemäß § 89c Abs. 5a Gerichtsorganisationsgesetz – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, sind Sachverständige sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, insbesondere zum Zweck der Übermittlung von Gutachten, Übersetzungen und Gebührenanträgen, zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a) verpflichtet. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher im Einzelfall nicht zumutbar ist; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher verbunden wäre, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen. Von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs kann abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens, untunlich ist.

Zu der beantragten Zeitversäumnis gemäß § 32 GebAG

Gemäß § 32 Abs. 1 und 2 Z 1 GebAG hat der Sachverständige (hier: Dolmetscher) für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von € 22,70, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, von € 15,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde. Der Anspruch auf Entschädigung durch Zeitversäumnis besteht so weit nicht, als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes besteht ein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis nur bei einer Tätigkeit außerhalb der Wohnung oder gewöhnlichen Arbeitsstätte (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 44 zu § 32).

Zur Geltendmachung der Entschädigung für Zeitversäumnis gehört nicht nur der Hinweis auf die Gesetzesstelle, sondern zumindest auch die Behauptung der Art der Zeitversäumnis, damit diese entsprechend subsumiert werden kann (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler,
SDG-GebAG4, E 56 zu § 32).

In der Honorarnote vom 01.12.2020 beantragte der Antragsteller eine Entschädigung für Zeitversäumnis von drei begonnenen Stunden à € 22,70. Als Anmerkung führte er hiezu aus, dass der Beschwerdeführer nicht erschienen sei. Über Nachfrage der Verrechnungsstelle, weshalb – trotz Nichterscheinens des Beschwerdeführers – drei begonnene Stunden Zeitversäumnis zu vergüten seien, teilte er mit, dass er laut Anordnung des (Bundesverwaltungs-)Gerichtes wegen COVID 19 bereits eine halbe Stunde vor Verhandlungsbeginn im Gericht sein musste. Da der Verhandlungsbeginn für 08:45 Uhr angesetzt worden sei, musste – um der Anordnung des Gerichtes entsprechen zu können – die Reise bereits um 07:15 angetreten werden. Des Weiteren seien auch Parkplatzsuche, Stau und die Wege vom Parkplatz zum Gericht und vom Gericht zum Parkplatz inkludiert. Dadurch würden sich die drei begonnene Stunden rechtfertigen.

Alle Zeitversäumnisse sind stets zusammenzurechnen und erst dann ist zu prüfen, wie viele Stunden sie zusammen ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde genauso wie eine volle honoriert wird (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 56, E 72 zu § 32).

Routenplaner berechnen eine mögliche, als Richtwert anzusehende Fahrzeit. Tatsächliche Verkehrssituationen sind naturgemäß aber nicht einbeziehbar, sodass insbesondere für die Anreise zu einem Gericht unter Berücksichtigung des erwünschten pünktlichen Erscheinens ein nicht unerheblicher „Zeitpolster hinzuzufügen“ ist (vgl. OGH 15 Os 74/08h; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 63 zu § 32).

Mit Schriftsatz vom 09.10.2020, XXXX wurde der Antragsteller zur mündlichen Verhandlung am 17.11.2020, 08:45 Uhr geladen. Dem Schreiben war sowohl der Gebührenhinweis als auch das „Hinweisblatt Covid-19“ des Bundesverwaltungsgerichtes beigefügt, welchem zu entnehmen ist, dass, um ein erhöhtes Menschenaufkommen vor der Sicherheitskontrolle zu vermeiden, er sich pünktlich 20 Minuten vor Verhandlungsbeginn zur Sicherheitskontrolle einzufinden habe.

Die mündliche Verhandlung am 17.11.2020 hat um 08:45 Uhr begonnen (s. hiezu das Protokoll der Verhandlung vom 17.11.2020, GZ. W159 2197673-1/24Z). Da die beschwerdeführende Partei nicht zur Verhandlung erschienen ist, wurde der Antragsteller um 09:15 Uhr wieder entlassen.

Für die Wegstrecke von der Ladungsadresse des Antragstellers in XXXX , zum Ladungsort in 1030 Wien, Erdbergstraße 192-196, (Bundesverwaltungsgericht, Hauptsitz Wien) werden laut Routenplaner www.google.at/maps ca. 28 Minuten benötigt.

Bei Zusammenrechnung aller Weg- und Wartezeiten an diesem Verhandlungstag (insgesamt ca. 56 Minuten Reisezeit für die Hin- und Rückfahrt vom Ladungsort zum Bundesverwaltungsgericht und retour, die Einberechnung eines nicht unerheblichen Zeitpolsters von 30 Minuten für Verkehrsbehinderungen bzw. die Parkplatzsuche, das rechtzeitige Erscheinen zu der Sicherheitskontrolle des Bundesverwaltungsgerichtes bzw. eine COVID-19 bedingt frühere Anreise sowie die Berücksichtigung der (Warte-)Zeit für die Teilnahme an der Verhandlung von 30 Minuten) ergibt sich eine Zeitspanne von 116 Minuten, welche somit zwei begonnene Stunden nicht übersteigt.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen, insbesondere, dass alle Zeitversäumnisse zusammenzurechnen sind, kann gegenständlich lediglich die Entschädigung für zwei Stunden Zeitversäumnis gemäß § 32 Abs. 1 GebAG in Höhe von je € 22,70 zuerkannt werden.


Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

2 begonnene Stunde(n) à € 22,70

45,40

Reisekosten §§ 27, 28 GebAG

 

44 km à € 0,42

18,48

Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1a GebAG

 

Übermittlung mittels ERV à € 12,00

12,00

Steuerbefreit laut UStG

 

Gesamtsumme

75,88

Gesamtsumme (aufgerundet auf volle 10 Cent)

75,90

Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 75,90 (exkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Dolmetschgebühren Mehrbegehren Teilstattgebung Weg- und Wartezeit Zeitversäumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2242574.1.00

Im RIS seit

23.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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