Entscheidungsdatum
05.07.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W128 2243339-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Biberstraße 15, gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Niederösterreich vom 25.05.2021, Zl. I-26346/2-2021, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Die Beurteilung im Pflichtgegenstand Spanisch (Zweite lebenden Fremdsprache) lautet auf „Nicht genügend“. XXXX hat gemäß § 25 Abs. 1 iVm § 71 des Schulunterrichtsgesetzes (SchuG), BGBl. Nr. 427/1986, idgF, die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2020/21 die Klasse 8b des BRG XXXX . Sein Jahreszeugnis vom 30.04.2021 wies im Pflichtgegenstand Spanisch die Note „Nicht genügend" auf. Die Klassenkonferenz, traf am 26.04.2021 die Entscheidung, dass der Beschwerdeführer gemäß § 25 SchUG die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen habe.
2. Mit Schreiben vom 30.04.2021, erhob der Beschwerdeführer Widerspruch gegen diese Entscheidung der Klassenkonferenz. Zusammengefasst wurde vorgebracht, dass die Beurteilung mit „Nicht genügend" im Fach Spanisch unsachlich zustande gekommen sei. Beanstandet wurde im Wesentlichen die Unterrichtsgestaltung durch die unterrichtende Lehrerin, deren Defizite durch die COVID-19-Maßnahmen sowie Einbeziehung von Lehramtsstudierenden verstärkt worden seien, eine gleichheitswidrige geschlechtsspezifische unterschiedliche Behandlung von Schülerinnen und Schülern, sowie eine rechtswidrig außerhalb des Unterrichts abgehaltene mündliche Prüfung am 22.04.2021. Eine persönliche Voreingenommenheit sei nicht auszuschließen, da der Beschwerdeführer in nicht nachvollziehbarer Weise anders beurteilt worden sei als ursprünglich vorangekündigt und auch als andere Mitschülerinnen.
3. Mit dem bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Widerspruch ab und stellte spruchgemäß fest, dass der Beschwerdeführer die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen habe. In der Begründung wird zusammengefasst ausgeführt, dass ein Fachgutachten eingeholt worden sei aus dem sich ergebe, dass der Beschwerdeführer die nach Maßgabe des Lehrplanes gestellten Anforderungen in der Erfassung und in der Anwendung des Lehrstoffes sowie in der Durchführung der Aufgaben in den wesentlichen Bereichen nicht überwiegend erfüllt habe und daher seine Leistungen im Pflichtgegenstand Spanisch mit „Nicht genügend" zu beurteilen seien. Grundlage für die Beurteilung seien zwei Schularbeiten, von denen die erste mit „Nicht Genügend“ und die zweite mit „Genügend“ beurteilt worden sei. Die vorliegenden Aufzeichnungen zur Mitarbeit würden keine Grundlage für eine positive Mitarbeitsbeurteilung, die die (negativen) schriftlichen Ergebnisse kompensieren könnten, bieten. Gegenstand der Leistungsbeurteilung seien ausschließlich die „Leistungen der Schüler", weshalb Defizite des Unterrichts nicht zu berücksichtigen seien.
Zum Vorbringen, die mündliche Prüfung sei außerhalb der Unterrichtszeit sowie unter Beiziehung einer Beisitzerin durchgeführt worden und sei die Begründung der Beurteilung mit „Nicht genügend" zum Großteil nicht durch die unterrichtende, sondern durch die beisitzende Lehrkraft vorgenommen worden, führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 5 Abs. 3 LBVO mündliche Prüfungen nur während der Unterrichtszeit vorgenommen werden dürften und die Beiziehung einer beisitzenden Lehrperson nicht vorgesehen sei. Die am 22.04.2021 bei der mündlichen Prüfung gezeigten (ungenügenden) Leistungen könnten deshalb nicht in die Gesamtbeurteilung miteinfließen. Trotz dieser Fehler im formalen Bereich habe die Durchführung einer mündlichen Prüfung eine weitere Möglichkeit für den Widerspruchswerber dargestellt, eine positive Leistung zu erbringen und sein Wissen zu beweisen.
4. Mit Schriftsatz vom 08.06.2021 brachte der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter die verfahrensgegenständliche Beschwerde ein. Darin monierte er die rechtswidrige Anwendung der maßgeblichen Vorschriften und eine Verletzung seiner einfach- sowie verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte. Begründend wird im Wesentlichen weiterhin auf die mangelnde Unterrichtsgestaltung, die gleichheitswidrige geschlechtsspezifische unterschiedliche Behandlung von Schülerinnen und Schülern und eine rechtswidrig außerhalb des Unterrichts abgehaltene mündliche Prüfung am 22.04.2021 abgestellt.
5. Mit Schreiben vom 10.06.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.
6. Mit hg. verfahrensleitendem Beschluss vom 17.06.2021, W128 2243339-1/2Z wurde das Verfahren gemäß § 71 Abs. 4 unterbrochen und die belangte Behörde im Amtshilfeweg ersucht, eine kommissionelle Prüfung durchzuführen. Auf Grund der rechtswidrigen Abhaltung der Prüfung am 22.04.2021 sei davon ausgehen, dass im Pflichtgegenstand Spanisch eine zweifelsfreie Feststellung, ob die – aus den bis zu dieser Prüfung vorliegenden Leistungsbeurteilungen und der diese Prüfung betreffenden Leistungsbeurteilung – ermittelte Jahresbeurteilung unrichtig oder richtig war, nicht möglich sei. Da eine Befangenheit der unterrichtenden Lehrperson, aufgrund der Vorgehensweise bei der Prüfung am 22.04.2021 nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden könne, seien andere Lehrkräfte mit der Durchführung der kommissionellen Prüfung zu betrauen.
7. Mit Verfügung vom 23.06,2021 beraumte die belangte Behörde für den 01.07.2021 eine kommissionelle Prüfung an. Mit E-Mail vom 29.07.2021 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er, nach Rücksprache mit seinem Anwalt, zu der Kommissionellen Prüfung nicht antreten werde. Davon abgesehen, dass er sich nicht in Österreich aufhalte sei er dazu auch momentan psychisch nicht in der Lage. Ein solcher Antritt würde die aufgetretenen Verfehlungen der handelnden Personen legitimieren und zu einer Opfer-Täter-Umkehr führen. Dazu sei er nicht bereit.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2020/21 die Klasse 8b des BRG XXXX . Sein Jahreszeugnis vom 30.04.2021 wies im Pflichtgegenstand Spanisch die Note „Nicht genügend" auf.
Die erste Schularbeit wurde am 14.01.2021 abgehalten. Die Leistungen des Beschwerdeführers wurden mit „Nicht genügend" beurteilt. Diese Schularbeit musste wiederholt werden, da die Leistungen von mehr als der Hälfte der Schülerinnen und Schüler mit „Nicht genügend“ beurteilt wurden. Die Leistungen des Beschwerdeführers bei der am 21.01.2021 abgehaltenen Wiederholungsschularbeit wurden ebenfalls mit „Nicht genügend“ beurteilt.
Die zweite Schularbeit wurde am 12.03.2021 abgehalten. Die vom Beschwerdeführer dabei gezeigten Leistungen wurden mit „Genügend“ beurteilt.
Die Mitarbeit des Beschwerdeführers wurde mit „Nicht genügend“ beurteilt.
Die mündliche Prüfung am 22.04.2021 wurde außerhalb des Unterrichts abgehalten und wurde von einer Prüferin und einer Beisitzerin vorgenommen. Die Leistungen des Beschwerdeführers wurden von der „Prüfungskommission“ mit „Nicht genügend“ beurteilt.
Die Unterlagen reichen insgesamt nicht zur Feststellung aus, ob diese auf „Nicht Genügend“ lautende Beurteilung im Pflichtgegenstand Spanisch richtig war, da die mündliche Prüfung vom 22.04.2021 an groben Durchführungsmängeln leidet.
Für den 01.07.2021 wurde, nach Unterbrechung des Verfahrens, eine kommissionelle Prüfung anberaumt. Zu dieser Prüfung trat der Beschwerdeführer ohne triftigen Grund nicht an.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.
Insbesondere ist zu den Feststellungen über die Formalitäten der am 22.04.2021 abgehaltenen mündlichen Prüfung festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer aufgezeigten Durchführungsmängel auch von der belangten Behörde festgestellt wurden und somit unstrittig sind.
Um den Vorwurf der Voreingenommenheit von vorne herein auszuschließen, wurde die belangte Behörde im Amtshilfeweg ersucht, bei der Zusammensetzung der Prüfungskommission gemäß § 71 Abs. 5 Z 2 letzter Halbsatz, für eine von der unterrichtenden Lehrerin unterschiedliche Zusammensetzung der Prüfungskommission Sorge zu tragen. Trotzdem blieb der Beschwerdeführer dieser Prüfung fern.
Seine dafür übermittelte Begründung kann jedoch nicht als Rechtfertigung angesehen werden. Er deutete zwar vage an, ortsabwesend zu sein und psychisch dazu nicht in der Lage zu sein, dies jedoch ohne sein Vorbringen näher zu belegen, geschweige denn durch geeignete Urkunden oder sonstige Beweisanbote zu untermauern. Seine weiteren Ausführungen lassen darüber hinaus erkennen, dass der Beschwerdeführer aus grundsätzlichen Überlegungen nicht zur kommissionellen Prüfung angetreten ist. Seinem Vorbringen nach, möchte er durch einen solchen Antritt nicht die von ihm im Verfahren aufgezeigten Verfehlungen der handelnden Personen legitimieren und auch einer Opfer-Täter-Umkehr keinen Vorschub leisten. Der Beschwerdeführer verkennt damit, dass Gegenstand des Verfahrens seine Leistungen im Pflichtgegenstand Spanisch sind und nicht Verfehlungen der handelnden Personen (siehe näheres in der rechtlichen Begründung). Darüber hinaus wären die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Verfehlungen von der Dienstaufsicht der belangten Behörde unterworfenen Personen von Amts wegen aufzugreifen, wobei ihm dabei weder Parteistellung, noch sonstige Informationsrechte über vorgenommene Amtshandlungen zukämen. Der Beschwerdeführer ist daher ohne triftigen Grund nicht zur kommissionellen Prüfung am 01.07.2021 angetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 25 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz (SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 idgF, ist ein Schüler zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt, wenn er die Schulstufe erfolgreich abgeschlossen hat. Eine Schulstufe ist erfolgreich abgeschlossen, wenn das Jahreszeugnis in allen Pflichtgegenständen eine Beurteilung aufweist und in keinem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält. Eine Schulstufe gilt auch dann als erfolgreich abgeschlossen, wenn bei Wiederholen von Schulstufen das Jahreszeugnis in höchstens einem Pflichtgegenstand die Note „Nicht genügend“ enthält und dieser Pflichtgegenstand vor der Wiederholung der Schulstufe zumindest mit „Befriedigend“ beurteilt wurde.
§ 71 SchUG lautet (auszugsweise):
„Provisorialverfahren (Widerspruch)
§ 71. (1) Gegen Entscheidungen in den Angelegenheiten des § 70 Abs. 1 ist Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen.
(2) Gegen die Entscheidung, […]
f) dass eine Reifeprüfung, eine Reife- und Diplomprüfung, eine Diplomprüfung, eine Abschlussprüfung, eine Zusatzprüfung oder eine Externistenprüfung nicht bestanden worden ist (§§ 38, 41, 42),
[…]
ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen. Der Schulleiter (der Vorsitzende der Prüfungskommission) hat den Widerspruch unter Anschluss einer Stellungnahme der Lehrer (Prüfer), auf deren Beurteilungen sich die Entscheidung gründet, sowie unter Anschluss aller sonstigen Beweismittel unverzüglich der zuständigen Schulbehörde vorzulegen.
(2a) Mit Einbringen des Widerspruches tritt die (provisoriale) Entscheidung der Organe in den Angelegenheiten des § 70 Abs. 1 und des § 71 Abs. 2 außer Kraft. In diesen Fällen hat die zuständige Schulbehörde das Verwaltungsverfahren einzuleiten und die Entscheidung mit Bescheid zu treffen.
(3) Die Frist für die Einbringung des Widerspruchs beginnt im Falle der mündlichen Verkündung der Entscheidung mit dieser, im Falle der schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung jedoch mit der Zustellung.
(4) Die zuständige Schulbehörde hat in den Fällen des Abs. 2, insoweit sich der Widerspruch auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit „Nicht genügend“ stützt, diese zu überprüfen. Wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung, dass eine auf „Nicht genügend“ lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Widerspruchswerber zu einer kommissionellen Prüfung (Abs. 5) zuzulassen. Die Überprüfung der Beurteilungen bzw. die Zulassung zur kommissionellen Prüfung hat auch dann zu erfolgen, wenn deren Ergebnis keine Grundlage für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung gibt.
(5) Für die Durchführung der kommissionellen Prüfung gelten die Bestimmungen über die Wiederholungsprüfung (§ 23 Abs. 6) mit der Maßgabe, dass
1. die Prüfung unter dem Vorsitz eines Schulaufsichtsbeamten oder eines von diesem bestimmten Vertreters stattzufinden hat und
2. der Vorsitzende den Lehrer, der den betreffenden Unterrichtsgegenstand in der betreffenden Klasse unterrichtet hat, oder einen anderen für den betreffenden Unterrichtsgegenstand (das Prüfungsgebiet) lehrbefähigten Lehrer als Prüfer und einen weiteren Lehrer als Beisitzer zu bestellen hat.
Wenn eine Einigung über die Beurteilung des Ergebnisses dieser Prüfung nicht zu Stande kommt, entscheidet der Vorsitzende.
(6) Der dem Widerspruch stattgebenden oder diesen abweisenden Entscheidung ist die Beurteilung zugrunde zu legen, die die Behörde nach der Überprüfung bzw. die Prüfungskommission nach der Durchführung der Prüfung für richtig hält. Sofern diese Beurteilung nicht auf „Nicht genügend“ lautet, ist ein Zeugnis auszustellen, das diese Beurteilung enthält.
[…]
(9) Gegen andere als in Abs. 1 und 2 genannte Entscheidungen von schulischen Organen ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde nicht zulässig.“
§ 5 Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO), BGBl. Nr. 371/1974, idgF lautet (auszugsweise):
„Mündliche Prüfungen
§ 5. (1) Mündliche Prüfungen bestehen aus mindestens zwei voneinander möglichst unabhängigen an einen bestimmten Schüler gerichteten Fragen, die dem Schüler die Möglichkeit bieten, seine Kenntnisse auf einem oder mehreren Stoffgebieten darzulegen oder anzuwenden.
(2) Auf Wunsch des Schülers ist in jedem Pflichtgegenstand (ausgenommen in den im Abs. 11 genannten Pflichtgegenständen) einmal im Semester, in saisonmäßigen und lehrgangsmäßigen Berufsschulen einmal im Unterrichtsjahr, eine mündliche Prüfung durchzuführen. Die Anmeldung zur Prüfung hat so zeitgerecht zu erfolgen, daß die Durchführung der Prüfung möglich ist.
(3) Mündliche Prüfungen dürfen nur während der Unterrichtszeit vorgenommen werden und sind dem Schüler spätestens zwei Unterrichtstage vorher, in ganzjährigen oder saisonmäßigen Berufsschulen jedoch spätestens am letzten Unterrichtstag der vorhergehenden Woche bekanntzugeben.
(4) Die mündliche Prüfung eines Schülers darf in den allgemeinbildenden Pflichtschulen, in der Unterstufe der allgemeinbildenden höheren Schulen und in den Berufsschulen höchstens zehn Minuten, ansonsten höchstens fünfzehn Minuten dauern. In den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen ist überdies in den technischen Unterrichtsgegenständen eine angemessene Zeit zur Vorbereitung zu gewähren.
(5) Für die Durchführung von mündlichen Prüfungen ist nach Möglichkeit nicht der überwiegende Teil einer Unterrichtsstunde aufzuwenden.
(6) Bei der Durchführung der mündlichen Prüfung ist davon auszugehen, daß über Stoffgebiete, die in einem angemessenen Zeitraum vor der mündlichen Prüfung durchgenommen wurden, eingehender geprüft werden kann, während über Stoffgebiete, die in einem weiter zurückliegenden Zeitpunkt behandelt wurden, sofern sie nicht für die Behandlung der betreffenden Prüfungsaufgabe Voraussetzung sind, nur übersichtsweise geprüft werden kann.
(7) Die Bestimmungen des Abs. 6 sind bei Feststellungs-, Nachtrags-, Wiederholungs- und Semesterprüfungen nicht anzuwenden.
(8) Auf Fehler, die während einer mündlichen Prüfung auftreten und die die weitere Lösung der Aufgabe wesentlich beeinflussen, ist sogleich hinzuweisen.
(9) Mündliche Prüfungen dürfen nicht an einem unmittelbar auf mindestens drei aufeinanderfolgende schulfreie Tage folgenden Tag durchgeführt werden. Ferner dürfen Schüler, die an einer mehrtägigen Schulveranstaltung oder einer mehrtägigen schulbezogenen Veranstaltung teilgenommen haben, an dem auf diese Veranstaltungen unmittelbar folgenden Tag mündlich nicht geprüft werden. Dies gilt nicht, wenn sich der Schüler zu der mündlichen Prüfung freiwillig meldet und für ganzjährige Berufsschulen.
(10) In den allgemeinbildenden Pflichtschulen und der Unterstufe der allgemeinbildenden höheren Schulen darf an einem Schultag, an dem eine Schularbeit oder ein standardisierter Test in der betreffenden Klasse stattfindet, keine mündliche Prüfung durchgeführt werden, und es dürfen für einen Schüler nicht mehr als zwei mündliche Prüfungen an einem Schultag stattfinden.
[…]
3.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass nach dem insoweit klaren Gesetzeswortlaut der §§ 18 und 20 SchUG 1986 Gegenstand der Leistungsbeurteilung ausschließlich die "Leistungen der Schüler" sind. Das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass im Rahmen der Leistungsbeurteilung zunächst zu prüfen wäre, ob seitens der Schule bzw. der Lehrer den Anforderungen, die sich für sie aus den spezifischen Bildungszielen der Lehrpläne in Bezug auf die Gestaltung des Unterrichtes bzw. die optimale Förderung der Schüler unter dem Blickwinkel ihrer allfälligen Behinderung oder sonstigen Mängel ergeben, in ausreichendem Maße entsprochen worden ist und dass gegebenenfalls von einer Leistungsbeurteilung Abstand zu nehmen wäre. Im schulischen Bereich gelegene Umstände, wie insbesondere auch eine Verletzung der Bestimmungen des § 17 SchUG 1986 über die Unterrichtsarbeit, die zu einer Leistung geführt haben, die mit "Nicht genügend" beurteilt worden ist, sind im Zusammenhang mit der Entscheidung der Klassenkonferenz über die Berechtigung zum Aufsteigen und deren Überprüfung durch die Schulbehörden gemäß § 71 SchUG 1986 ohne Einfluss (vgl. für viele VwGH vom 29.11.2018, Ro 2017/10/0020).
Eine kommissionelle Prüfung ist dann anzusetzen, wenn die der Behörde vorliegenden Unterlagen eine sichere Einschätzung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer negativen Jahresbeurteilung nicht zulassen. Ein solcher Sachverhalt ist etwa bei massiver Verletzung der für eine mündliche Prüfung gemäß § 5 Abs. 2 LBVO vorgesehenen Prüfungszeit gegeben (siehe Jonak-Kövesi, Das Österreichische Schulrecht14, Anm. 17 zu § 71 SchUG, S. 732). Im Hochschulrecht nennt der Verwaltungsgerichtshof auch die Verletzung von Zuständigkeitsvorschriften (Einzelprüfung statt Senat) neben der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein anderes Ergebnis zu erwarten wäre (z.B. unzureichende Prüfungszeit) als Beispiele für massive Verletzungen (Exzesse) der einschlägigen Vorschriften (vgl. VwGH vom 31.03.2009, 2007/10/0187).
Wenn eine kommissionelle Prüfung nach § 71 Abs. 4 SchUG angesetzt wurde und daher entsprechend § 71 Abs. 6 SchUG der Beurteilung ausschließlich die auf Grund der kommissionellen Prüfung über die Kenntnisse des Beschwerdeführers gewonnene Anschauung zu Grunde gelegt wurde, erübrigt sich ein Eingehen des Verwaltungsgerichts auf die Beschwerdeausführungen zur Leistungsbeurteilung durch den Klassenlehrer (vgl. VwGH vom 26.04.2010, 2006/10/0065).
Hat ein Schüler von der Möglichkeit der Ablegung einer kommissionellen Prüfung gemäß § 71 Abs 4 SchUG ohne triftigen Grund keinen Gebrauch gemacht, so haben die auf "Nicht genügend" lautenden Beurteilungen aufrecht zu bleiben (siehe VwGH vom 11.06.2001, 99/10/0237).
3.2.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass ohne Berücksichtigung der Leistungen des Beschwerdeführers, bei der am 22.04.2021, unter Missachtung der Bestimmungen des § 5 LBVO, abgehaltenen mündlichen Prüfung – die entgegen dieser Bestimmung außerhalb des Unterrichtszeit und anstelle durch die unterrichtende Lehrerin alleine unter Hinzuziehung einer Beisitzerin vorgenommen wurde – eine zweifelsfreie Feststellung, ob die aus den bis zu dieser Prüfung vorliegenden Leistungsbeurteilungen und der diese Prüfung betreffenden Leistungsbeurteilung ermittelte Jahresbeurteilung nicht möglich ist. Somit sind die Voraussetzungen für die Durchführung einer kommissionellen Prüfung gegeben (vgl. VwGH vom 15.02.1999, 98/10/0377).
In der Folge erübrigt sich somit ein Eingehen auf die Beschwerdeausführungen zur Leistungsbeurteilung durch die unterrichtende Lehrerin bzw. auf die aufgeworfenen Unzulänglichkeiten des Unterrichts.
Da der Beschwerdeführer von der Möglichkeit der Ablegung einer kommissionellen Prüfung ohne triftigen Grund keinen Gebrauch gemacht hat, hat die auf "Nicht genügend" lautende Beurteilungen aufrecht zu bleiben. Dementsprechend hat der Beschwerdeführer die letzte Stufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich abgeschlossen, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist.
3.2.4. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass das SchUG ausdrücklich anordnet, dass der Lehrer des betreffenden Unterrichtsgegenstandes in der betreffenden Klasse bei der kommissionellen Prüfung als Prüfer zu fungieren hat und dieser Lehrer daher als Prüfer bei der kommissionellen Prüfung (grundsätzlich) nicht befangen ist (siehe VwGH 15.02.1999, 98/10/0377). Durch die Vorgehensweise bei der mündlichen Prüfung am 22.04.2021 und der Hinzuziehung einer Beisitzerin, können diese konkreten Umstände zumindest den Anschein erwecken, dass aufgrund eines bestehenden Misstrauens eine objektive Entscheidung beeinträchtigt ist. Insofern war gemäß § 71 Abs. 5 Z 2 SchUG ein anderer für den betreffenden Unterrichtsgegenstand lehrbefähigter Lehrer als Prüfer und ein weiterer Lehrer als Beisitzer zu bestellen.
3.2.5. Gegenständlich konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen geklärt ist. Insbesondere folgt das Bundesverwaltungsgericht dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf die rechtswidrig abgehaltene mündliche Prüfung am 22.04.2021. Daher wurde gemäß § 71 Abs. 6 SchUG eine kommissionelle Prüfung anberaumt zu der der Beschwerdeführer nach vorheriger Ankündigung nicht angetreten ist. Eine mündliche Erörterung lässt somit die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.
3.3. Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
erfolgreicher Abschluss kommissionelle Prüfung Leistungsbeurteilung mündliche Prüfung Pflichtgegenstand WiderspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W128.2243339.1.01Im RIS seit
24.08.2021Zuletzt aktualisiert am
24.08.2021