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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde der E in L, vertreten durch Dr. H., Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 6. Dezember 1996, Zl. St 582-1/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 6. Dezember 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Ghana, gemäß § 17 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 Z. 1 im Zusammenhalt mit § 19 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Die Beschwerdeführerin sei im März 1993 aus Tschechien kommend mit Hilfe eines (bezahlten) Schleppers illegal nach Österreich eingereist, nachdem sie von Ghana auf dem Luftweg nach Prag gelangt sei. Sie sei in der Folge zu ihrem Gatten gezogen, mit dem sie seit 1. Oktober 1990 verheiratet sei. Der von der Beschwerdeführerin gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei im Instanzenzug vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 17. Jänner 1996 abgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin habe am 25. März 1995 in Linz ein Kind geboren, dem zunächst eine vom 24. August 1995 bis 10. Februar 1996 gültige Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei. Der rechtzeitig gestellte Verlängerungsantrag des Kindes sei im Instanzenzug vom Bundesminister abgewiesen worden (Bescheid vom 13. August 1996). Gegen beide Ministerialbescheide sei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden, im Fall des Kindes verbunden mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Der Gatte der Beschwerdeführerin lebe seit 1990 in Österreich und verfüge über eine bis 10. Februar 1998 gültige Aufenthaltsbewilligung.
Die Beschwerdeführerin halte sich insofern nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, als sie unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt sei und ihr Aufenthaltsbewilligungsantrag abgewiesen worden sei. Durch die Ausweisung werde in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin eingegriffen (§ 19 FrG). Allerdings sei zu bedenken, daß der unrechtmäßige Aufenthalt der Beschwerdeführerin nunmehr schon fast vier Jahre andauere und darauf zurückzuführen sei, daß sie mit Hilfe eines Schleppers unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gelangt sei. Da somit ein zwingender Sichtvermerksversagungsgrund vorliege (§ 10 Abs. 1 Z. 7 FrG) und daher nach § 5 Abs. 1 AufG eine Aufenthaltsbewilligung zu versagen sei, könne eine Legalisierung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin gar nicht anders erfolgen als durch eine Antragstellung im Ausland. Bei Abstandnahme von der Ausweisung könnte sich die Beschwerdeführerin unter Umgehung der ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung (des § 6 Abs. 2 erster Satz) den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde. Ferner lasse der unerlaubte Aufenthalt die Ausweisung der Beschwerdeführerin zum Schutz der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) auch unter Berücksichtigung des damit verbundenen Eingriffes in ihr Privat- und Familienleben dringend geboten erschienen, zumal dieser unerlaubte Aufenthalt nunmehr schon die Dauer von fast vier Jahren erreiche. Die Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde (gegen die Versagung der Aufenthaltsbewilligung) ändere daran insofern nichts, als dadurch der Beschwerdeführerin kein Recht zum Aufenthalt erwachse und nicht einmal dann erwachsen könnte, wenn der Beschwerde (was ohnehin nicht behauptet werde) die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden wäre.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin (seit ihrer Einreise im März 1993) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken.
2.1. Die Beschwerde hält die Ausweisung ungeachtet dessen, und zwar im Grunde des § 19 FrG, für unzulässig. Sie meint, daß Verletzungen des Fremdengesetzes, die zu einem illegalen Aufenthalt führten, im Rahmen des § 19 FrG "gerade nicht ins Treffen geführt werden (können), ansonsten die Bestimmung des § 19 FrG ad absurdum interpretiert würde". Eine Verletzung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit durch die Beschwerdeführerin sei daher nicht gegeben.
2.2. Damit verkennt die Beschwerde die Rechtslage. Würde durch die Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen - was für die Beschwerdeführerin von der belangten Behörde zutreffend bejaht wurde -, so ist nach § 19 leg. cit. diese Maßnahme nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs.2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Demnach hat die Behörde zu prüfen, ob die Ausweisung aus den im Art. 8 Abs. 2 MRK umschriebenen öffentlichen Interessen notwendig ist, und dabei auch auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 96/18/0435, mwN). Dieses Allgemeininteresse erfuhr vorliegend schon im Hinblick darauf, daß der Aufenthalt der Beschwerdeführerin vom Zeitpunkt ihrer Einreise an, also bereits seit nahezu vier Jahren, unrechtmäßig ist, eine erhebliche Beeinträchtigung. Das maßgebliche öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens wurde durch die Beschwerdeführerin aber noch zusätzlich in der Form verletzt, daß sie sich bei der Einreise der Hilfe eines Schleppers bedient hat (zum gewichtigen öffentlichen Interesse an der Bekämpfung des Schlepperunwesens vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0213) und sie trotz der rechtskräftigen Abweisung ihres Aufenthaltsbewilligungsantrages ihren unrechtmäßigen Aufenthalt fortgesetzt hat. Schließlich ist bei der Gewichtung des besagten öffentlichen Interesses - von der belangten Behörde zutreffend hervorgehoben - zu berücksichtigen, daß die Beschwerdeführerin nach dem Aufenthaltsgesetz rechtens nicht in der Lage ist, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren. Das somit in gravierender Weise beeinträchtigte öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens macht die Ausweisung der Beschwerdeführerin auch unter Bedachtnahme auf die zwar beachtlichen, aber dennoch vergleichsweise geringer wiegenden persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin notwendig. Die belangte Behörde hat demnach die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG zu Recht bejaht.
2.3. An dieser Beurteilung vermag auch das weitere zur persönlichen Interessenlage der Beschwerdeführerin erstattete Beschwerdevorbringen nichts zu ändern. Das Interesse der Beschwerdeführerin an einem Verbleiben im Bundesgebiet ist, wie erwähnt, durchaus gewichtig. Es ist aber, anders als dies von der Beschwerde gesehen wird, keineswegs so stark ausgeprägt, daß das maßgebliche gegenläufige öffentliche Interesse in den Hintergrund zu treten hätte. Der für diesen Standpunkt von der Beschwerde ins Treffen geführte Hinweis, daß die Geburt eines ehelichen Kindes in der Zeit ihres Aufenthaltes in Österreich die privaten und familiären Interessen der Beschwerdeführerin "besonders intensiviert" habe, ist deshalb nicht zielführend, weil selbst eine solcherart bewirkte Stärkung der familiären Interessen angesichts des im Beschwerdefall besonders stark betroffenen maßgeblichen öffentlichen Interesses nur unwesentlich zugunsten der Beschwerdeführerin zu Buche schlagen würde. Nicht anders würde sich auch der Umstand auswirken, daß das Kind der Beschwerdeführerin "in Österreich weiterhin zur Zeit aufhältig bleiben kann", weil seiner Beschwerde gegen die Abweisung seines Verlängerungsantrages die aufschiebende Wirkung zuerkannt und daraufhin von der belangten Behörde der seine Ausweisung verfügende Bescheid behoben worden sei. (Dazu sei noch ergänzend angemerkt, daß bei Zutreffen dieses Beschwerdevorbringens für das Kind der Beschwerdeführerin nicht mehr erreicht wäre als die Duldung seines Aufenthaltes während der Anhängigkeit des die Aufenthaltsbewilligung betreffenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.) Schließlich hat die Tatsache, daß die Beschwerdeführerin laut Beschwerde "mit Ausnahme der Verletzung des Fremdengesetzes bislang in Österreich nicht straffällig geworden ist", daß ihr Unterhalt gesichert ist und "Sozialversicherung vorliegt", weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung des die Ausweisung gebietenden öffentlichen Interesses zur Folge. Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel (betreffend unzureichende Sachverhaltsfeststellungen) geht demnach ins Leere.
3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180043.X00Im RIS seit
02.05.2001