Index
E1PNorm
ApG 1907 §10 Abs2 Z3 idF 2016/I/103Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der Apotheke Z OG in S, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 30. Juli 2020, Zl. LVwG-2019/21/0440-22, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel; mitbeteiligte Partei: I L in S, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Erzabt Klotz-Straße 21A), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 1. Mit Bescheid vom 24. Jänner 2019, berichtigt durch Bescheid vom 30. Jänner 2019, erteilte die belangte Behörde - gestützt auf ein Gutachten vom 12. April 2018 sowie zwei diesbezügliche ergänzende Stellungnahmen vom 15. Oktober 2018 und vom 27. Dezember 2018 der Österreichischen Apothekerkammer - der Mitbeteiligten die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke an einer näher bestimmten Betriebsstätte in S.
2 2. Gegen diesen Bescheid erhob u.a. die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei Beschwerde, beantragte darin ausdrücklich die Durchführung einer Verhandlung und führte - soweit für den Revisionsfall wesentlich - aus, die von der Apotheke „Z“ weiterhin zu versorgenden ständigen Einwohner seien mit 5.805 ermittelt und durch das dunkelgrüne Polygon dargestellt worden. Dabei habe der Umstand, dass bei Entfernungen bis 500 m die fußläufige Erreichbarkeit von ausschlaggebender Bedeutung sei, (entgegen den Angaben der Österreichischen Apothekerkammer) keinen Eingang in das Gutachten gefunden. Aus von der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei veranlassten Messungen ergebe sich, dass etwa die Entfernung der beantragten Apotheke bis zum Eingang des Hauses T-Weg 24 nur 396 m und bis zum Eingang des Hauses A-Weg 9 nur 376 m betrage. Aus diesem beispielhaften Nachmessen lasse sich erkennen, dass auch weitere Bewohner des T-Weges, des A-Weges, des M-Weges, des St-Weges, des H-Weges, des Sch-Weges sowie des L-Weges aufgrund der fußläufigen Erreichbarkeit der beantragten Apotheke über den A-Weg nicht der Apotheke „Z“ hätten zugerechnet werden dürfen. Die Apotheke „Z“ würde diese Kunden verlieren; diese Einwohner würden sich der neuen Apotheke zuwenden. Schon deswegen sei das Versorgungspotential der Apotheke „Z“ im Kammergutachten falsch dargestellt und ermittelt worden.
3 3. Das Verwaltungsgericht führte am 22. Oktober 2019 eine Verhandlung durch. In dieser konnte der als Zeuge vernommene Mag. Dr. K. von der Österreichischen Apothekerkammer zur Entfernung der Adresse T-Weg 24 zur beantragten Apotheke „gar nichts sagen“. Er gehe davon aus, dass die Fußweggrenzen richtig gemessen worden seien.
4 In weiterer Folge wurde die Verhandlung „vorerst auf unbestimmte Zeit vertagt und den Parteien aufgetragen, innerhalb von 2 Wochen schriftlich, bei Bedarf weitere Beweisanträge zu stellen und Fragen an die Österreichische Apothekerkammer zu einer allfälligen Gutachtensergänzung zu formulieren“.
5 4. Die sodann vorgelegten Fragen der Verfahrensparteien, u.a. auch die Fragen der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei zur fußläufigen Erreichbarkeit der beantragten Apotheke wurden der Österreichischen Apothekerkammer mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes vom 2. Dezember 2019 mit dem Auftrag zur Ergänzung der bereits vorliegenden (Ergänzungs-)Gutachten übermittelt.
6 Mit Schreiben vom 9. April 2020 gab die Apothekerkammer eine ergänzende Stellungnahme ab. Demnach wären von der Apotheke „Z“ bei Neuerrichtung der beantragten Apotheke weiterhin 5.722 ständige Einwohner in einem Umkreis von 4 Straßenkilometern zu versorgen. Die Adressen T-Weg 24 und A-Weg 9 würden nicht dem Versorgungsgebiet der Apotheke „Z“ zugerechnet, sondern seien aufgrund der fußläufigen Erreichbarkeit von 430 m und 410 m der beantragten Apotheke zuzuordnen. Jene Adressen, die sich im dunkelgrünen Polygon befänden, seien der Apotheke „Z“ zuzurechnen.
7 In ihrer Stellungnahme vom 2. Juni 2020 monierte die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei die mangelnde Nachvollziehbarkeit dieser Aussagen aus den ihr zur Verfügung stehenden Plänen und beantragte „die mündliche Erörterung des Gutachtens mit dem tatsächlichen Gutachtenersteller der österreichischen Apothekerkammer“.
8 5. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 30. Juli 2020 wies das Verwaltungsgericht - ohne Fortsetzung der Verhandlung - u.a. die Beschwerde der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei - unter Präzisierung der Betriebsstätte der bewilligten Apotheke - als unbegründet ab. Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis wurde nicht zugelassen.
9 Begründend führte das Verwaltungsgericht nach detailreicher Wiedergabe des Verfahrensganges - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - aus, dem Hauptgutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 12. April 2018 samt den Ergänzungsgutachten vom 15. Oktober 2018, vom 27. Dezember 2018 und vom 9. April 2020 sei zu entnehmen, dass die Apotheke der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei auch im Fall der Konzessionserteilung an die Mitbeteiligte allein aufgrund der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km über ein verbleibendes Versorgungspotential von 5.500 ständigen Einwohnern verfüge. Die Gutachten ließen daran keinen Zweifel und zwar unabhängig davon, ob - wie von der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei eingewendet - die Einwohner am A-Weg bzw. T-Weg der einen oder anderen Apotheke zugerechnet würden, wobei dem Ergänzungsgutachten vom 15. Oktober 2018 eindeutig zu entnehmen sei, dass es sich beim A-Weg um einen Privatweg handle und eine Zu- und Ausfahrt von dort über den T-Weg derzeit nicht geplant und aufgrund baulicher Hindernisse auch nicht möglich sei. Ein Eingehen auf die Frage der Berechnung von zusätzlichen Einflutern nach § 10 Abs. 5 ApG erübrige sich daher. Der festgestellte Sachverhalt ergebe sich „zweifels-, wenn auch nicht widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akteninhalt“.
10 Soweit sich das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer auf die ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km und sohin auf die weiterhin durch die Apotheke „Z“ zu versorgenden Personen beziehe, sei das Gutachten schlüssig und nachvollziehbar und basiere auf einer verständlichen Datenlage. Sämtliche Argumente der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei seien entweder durch die Ergänzungsgutachten widerlegt worden oder nicht relevant.
11 6. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die das Verwaltungsgericht samt den Akten des Verfahrens vorgelegt hat.
12 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision abzuweisen, erstattet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
13 1. Die Revision erweist sich vor dem Hintergrund ihres Zulässigkeitsvorbringens, das angefochtene Erkenntnis weiche aufgrund der Unterlassung (der Fortsetzung) der beantragten Verhandlung von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, als zulässig. Sie ist auch begründet.
14 2.1. § 10 ApG, RGBl. Nr. 5/1907 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 103/2016, lautet auszugsweise:
„Sachliche Voraussetzungen der Konzessionserteilung
§ 10. (1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn
1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und
2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.
(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn
[...]
3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.
[...]
(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.
[...]“
15 2.2. § 24 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, lautet auszugsweise:
„Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
[...]
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.“
16 3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei bereits in ihrer Beschwerde einen Verhandlungsantrag gestellt und in weiterer Folge in ihrer Stellungnahme vom 2. Juni 2020 nochmals „die mündliche Erörterung des Gutachtens mit dem tatsächlichen Gutachtenersteller der österreichischen Apothekerkammer“ beantragt hat.
17 Somit hätte das Verwaltungsgericht nur unter der Voraussetzung des § 24 Abs. 4 VwGVG von der Fortsetzung einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen (vgl. etwa VwGH 16.12.2019, Ra 2018/03/0066 bis 0068). Nach § 24 Abs. 4 leg. cit. kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) entgegenstehen.
18 3.2. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um „civil rights“ oder „strafrechtliche Anklagen“ iSd Art. 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art. 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird. Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC stehen dem Absehen von einer Verhandlung von Seiten des Verwaltungsgerichtes (§ 24 Abs. 4 VwGVG) nur dann nicht entgegen, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten können, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist. Des Weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf § 24 Abs. 4 VwGVG bereits wiederholt festgehalten, dass der Gesetzgeber als Zweck einer mündlichen Verhandlung die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör sowie darüber hinaus auch die mündliche Erörterung einer nach der Aktenlage strittigen Rechtsfrage zwischen den Parteien und dem Gericht vor Augen hatte (vgl. zu alldem etwa VwGH 8.4.2019, Ra 2018/03/0081, mwN).
19 Bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen ist jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. etwa VwGH 30.3.2017, Ra 2015/07/0108, sowie VwGH 11.12.2019, Ra 2019/05/0013)
20 3.3. Der vorliegende Fall betrifft - die hier anzuwendende Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z 3 ApG war bereits Gegenstand zweier Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH und fällt daher unzweifelhaft in den Anwendungsbereich des Unionsrechts (vgl. EuGH 13.2.2014, C-367/12, Sokoll-Seebacher, und EuGH 30.6.2016, C-634/15, Sokoll-Seebacher II, sowie dazu, dass die Anwendbarkeit des Unionsrechts die Geltung der durch die GRC garantierten Grundrechte nach sich zieht: EuGH 26.2.2013, C-617/10, Åkerberg Fransson, Rz 19 ff) - Angelegenheiten der „Durchführung des Rechts der Union“ iSd Art. 51 Abs. 1 GRC, sodass schon deshalb die in Art. 47 GRC festgelegten Garantien, die inhaltlich jenen des Art. 6 EMRK entsprechen, zum Tragen kommen (vgl. erneut VwGH Ra 2018/03/0081, mwN).
21 4.1. Wie bereits dargestellt ist die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei in ihrer Beschwerde dem - vor dem Hintergrund der Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer - im verwaltungsbehördlichen Bescheid angenommenen Sachverhalt in Hinblick auf die fußläufige Erreichbarkeit der beantragten Apotheke unter Vorlage eigens in Auftrag gegebener Messungen konkret entgegengetreten.
22 Wenn es um Entfernungen von wenigen 100 m geht, kann der Erreichbarkeit der Betriebsstätte einer Apotheke zu Fuß für den Entschluss, sich der einen oder der anderen Apotheke zuzuwenden, größeres Gewicht zukommen als der Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen oder öffentlichen Verkehrsmitteln. In diesen Fällen kann der Erreichbarkeit der Betriebsstätten zu Fuß daher entscheidende Bedeutung zukommen (vgl. VwGH 26.3.2007, 2005/10/0123, sowie VwGH 16.3.2021, Ra 2021/10/0028). Das diesbezügliche Vorbringen der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei war daher jedenfalls prozessrelevant.
23 Im Rahmen der sodann abgehaltenen und schließlich vertagten Verhandlung räumte das Verwaltungsgericht den Parteien die Möglichkeit zur Stellung weiterer Fragen an die Österreichische Apothekerkammer ein und gab - auch in Hinblick auf die von der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei aufgeworfenen Fragen zur fußläufigen Erreichbarkeit der beantragten Apotheke - eine Ergänzung der bis dahin vorliegenden Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer in Auftrag.
24 4.2. Wenn das Verwaltungsgericht aber eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens als geboten ansah und deshalb die Einholung einer weiteren gutachterlichen Stellungnahme (auch) zu der von der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei aufgeworfenen (strittigen) Frage der fußläufigen Erreichbarkeit der beantragten Apotheke veranlasste, so zeigt diese Vorgangsweise, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt in dieser Hinsicht eben (noch) nicht geklärt war. Schon in Hinblick darauf durfte das Verwaltungsgericht nicht von der Fortsetzung der Verhandlung absehen und davon ausgehen, dass die (zudem von der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei auch beantragte) mündliche Erörterung der nach der Aktenlage strittigen Fragen zwischen den Parteien und dem Gericht eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lasse (vgl. nochmals VwGH Ra 2019/05/0013).
25 5. Daran ändert auch nichts, dass das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis (ohne Anführung diesbezüglicher konkreter Einwohnerzahlen) ausführt, dass der Apotheke „Z“ auch bei Zurechnung der Bewohner des A-Weges und des T-Weges zur beantragten Apotheke ein Versorgungspotential von 5.500 ständigen Einwohnern verbleibe: Damit allein wird die mangelnde Prozessrelevanz des Vorbringens der Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei zur fußläufigen Erreichbarkeit der beantragten Apotheke nicht aufgezeigt, weil diese nicht nur die Erreichbarkeit der beantragten Apotheke vom A- und T-Weg aus in Frage stellte, sondern auch weitere Bereiche nannte, deren Einwohner sich ihrer Ansicht nach - vor dem Hintergrund der von ihr veranlassten beispielhaften Messungen - wegen der fußläufig (geringeren) Entfernung der beantragten Apotheke zuwenden würden. Mit der Entfernung dieser Bereiche setzt sich das angefochtene Erkenntnis jedoch nicht auseinander. Dies gilt auch für das Argument des Verwaltungsgerichtes, wonach eine Zu- und Ausfahrt über den A-Weg nicht geplant sei, legt das Verwaltungsgericht doch nicht dar, dass die mangelnde Befahrbarkeit des A-Weges der fußläufigen Erreichbarkeit der beantragten Apotheke über diesen Weg entgegenstehen würde.
26 6. Durch die zu Unrecht unterlassene Fortsetzung der Verhandlung hat das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Eine Relevanzprüfung ist bei Missachtung der Verhandlungspflicht im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK und des Art. 47 GRC zudem nicht vorzunehmen (vgl. nochmals VwGH Ra 2018/03/0081).
27 7. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
28 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. Juli 2021
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Parteiengehör Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes FachgebietEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020100145.L00Im RIS seit
23.08.2021Zuletzt aktualisiert am
03.09.2021