TE Vwgh Beschluss 2021/7/29 Ra 2021/05/0082

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Veröffentlicht am 29.07.2021
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Oberösterreich
L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Oberösterreich
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich
L82000 Bauordnung
L82004 Bauordnung Oberösterreich
L82054 Baustoff Oberösterreich
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
81/01 Wasserrechtsgesetz
95/05 Normen Zeitzählung

Norm

AVG §52
AVG §59 Abs1
AVG §8
BauO OÖ 1994 §31 Abs4
BauRallg
BauTG OÖ 1994 §2 Z36
BauTG OÖ 1994 §3 Z4
BauTG OÖ 2013 §2 Z22
BauTG OÖ 2013 §3 Abs3 Z2
BauTG OÖ 2013 §3 Abs3 Z3
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art18 Abs2
NormenG 1971 §6 Abs1 litb
ROG OÖ 1994 §30
VwGG §34 Abs1
VwRallg
WRG 1959 §12a

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/05/0083
Ra 2021/05/0084
Ra 2021/05/0085
Ra 2021/05/0086
Ra 2021/05/0087
Ra 2021/05/0088
Ra 2021/05/0089
Ra 2021/05/0090
Ra 2021/05/0091
Ra 2021/05/0092
Ra 2021/05/0093

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, in der Revisionssache 1. der B F, 2. des Ing. G S, 3. der S H, 4. des Mag. R R, 5. des Dr. C P, 6. der P A, 7. der J A, 8. der S D, 9. des W R, 10. des P R und 11. der M K, alle in P, und 12. der W W in L, alle vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 15. Februar 2021, LVwG-152687/28/VG - 152699/2, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde P; mitbeteiligte Partei: Gemeinde P; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Vorliegend geht es um die Baubewilligung betreffend das Bauvorhaben „Waldstadion P. - Erweiterung der Flutlichtanlage“. Die revisionswerbenden Parteien sind Eigentümer von Grundstücken, die vom Baugrundstück unstrittig höchstens 50 m entfernt liegen. Die Grundstücke der revisionswerbenden Parteien sind jeweils als Wohngebiet gewidmet, während das Baugrundstück als „Grünland - Erholungsfläche, Sport- und Spielfläche“ gewidmet ist. Noch vor Durchführung der Bauverhandlung durch die belangte Behörde erhoben die revisionswerbenden Parteien Immissionseinwendungen hinsichtlich Lärm (ausgehend vom Spielbetrieb und von einem Stromaggregat), Abgasen (ausgehend von einem Stromaggregat) und Licht (Aufhellungen und Blendung durch die Flutlichtanlage).

5        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die von den revisionswerbenden Parteien erhobene Beschwerde gegen die vom Bürgermeister der Gemeinde P. erteilte, mit einer fünfjährigen Befristung und der Auflage, dass die Anzahl der Spiele auf maximal 25 pro Jahr und die Spieldauer bis maximal 22 Uhr begrenzt werde, versehene Baubewilligung für die Erweiterung der Flutlichtanlage mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Baubewilligung unter Zugrundelegung der Stellungnahme der Gemeinde P. vom 30. November 2020 samt Stellungnahme der Rechtsvertretung der L GmbH vom 17. November 2020 erteilt werde. Die Revision gegen diese Entscheidung erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

6        Zur Zulässigkeit der dagegen erhobenen Revision wird zunächst die Frage aufgeworfen, ob aus der Sonderwidmung „Grünland - Erholungsfläche, Sport- und Spielfläche“ unmittelbar ein Immissionsschutz für Nachbarn abgeleitet werden könne, und zwar insbesondere im Hinblick darauf, dass im Grünland grundsätzlich nur Bauten und Anlagen errichtet werden dürften, die nötig seien, um dieses (Grünland) bestimmungsgemäß zu nutzen. Es stelle sich zusätzlich die Rechtsfrage, ob bei einem Einwand eines Nachbarn betreffend Lichtimmissionen und/oder Lärmimmissionen, die nach dem Vorbringen des Nachbarn das ortsübliche Ausmaß überschritten und ortsunüblich seien, zusätzlich auch die Widmungswidrigkeit eines solchen Bauvorhabens vom Nachbarn expressis verbis im Bauverfahren vorgebracht werden müsse, um hinsichtlich dieser Einwendung nicht präkludiert zu sein, oder ob diese Einwendung genüge, sodass auch im nachfolgenden Beschwerdeverfahren die Widmungswidrigkeit ohne Präklusionsfolge eingewendet werden könne.

7        Weiters stelle sich die Rechtsfrage, ob sich - wenn ein Immissionsschutz nicht bereits unmittelbar aus der gegenständlichen Widmungskategorie abgeleitet werden könne - aus § 2 Z 22 iVm § 3 Abs. 3 Z 2 Oö. Bautechnikgesetz 2013 (Oö. BauTG 2013) ergebe, dass die Nachbarn ein subjektives Recht auf Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen auch dort hätten, wo zwar die Widmungskategorie keinen Immissionsschutz aufweise, jedoch für die Nachbarschaft durch ein Bauvorhaben in dieser Widmungskategorie Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeigeführt würden. Dies ungeachtet der Bestimmung des § 31 Abs. 4 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), sodass ein durchsetzbares subjektiv-öffentliches Recht auch dann zustehe, wenn zum Schutz der Nachbarn vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder Belästigungen eine Auflagenvorschreibung notwendig sei, die im Ergebnis zu einer Projektänderung führe. Fallbezogen stelle sich somit die Frage, ob von den Revisionswerbern als betroffene Nachbarn zu ihrem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen eine Auflagenvorschreibung dahingehend verlangt werden könne, dass das Spielfeld nicht wettkampftauglich für Übertragungen im Fernsehen ausgeleuchtet werden könne, obwohl dies nach dem zur Baubewilligung eingereichten Projekt vorgesehen wäre. Damit im Zusammenhang sei zu klären, ob eine solche Auflage als unzulässige Projektänderung zu qualifizieren sei. Es stelle sich daher die Frage, ob zum Schutz der Nachbarn vor erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen auch solche Auflagen vorgeschrieben werden könnten, die zu einer Projektänderung führen, das heißt gegenständlich daher Maßnahmen gesetzt werden müssten, die dazu führten, dass das Spielfeld nicht mehr wettkampftauglich für Übertragungen im Fernsehen ausgeleuchtet werden könne. Es stelle sich weiters die Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung, ob bei gleichzeitigem Auftreten von enormen Raumaufhellungen und Blendungen davon auszugehen sei, dass jedenfalls das ortsübliche Ausmaß der Immissionszulässigkeit überschritten sei und unter diesem Aspekt wegen dadurch bedingter schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne des § 2 Z 22 iVm § 3 Abs. 3 Z 2 Oö. BauTG 2013 ungeachtet der Bestimmung des § 31 Abs. 4 Oö. BauO 1994 eine diesbezügliche Baubewilligung versagt werden könne, weil es sich bei den Bestimmungen des Oö. BauTG 2013 um Spezialnormen im Verhältnis zu § 31 Abs. 4 Oö. BauO 1994 handle.

8        Das angefochtene Erkenntnis stehe auch im Widerspruch zur Judikatur des VwGH (VwGH 10.9.2008, 2007/05/0302), wonach § 3 Z 4 Oö. BauTG 1994 (nunmehr § 3 Abs. 3 Z 2 Oö. BauTG 2013) iVm § 2 Z 36 Oö. BauTG 1994 (nunmehr § 2 Z 22 Oö. BauTG 2013) Normen darstellten, die gesundheitlichen Belangen und dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienten und daher den Nachbarn ein gemäß § 31 Abs. 4 Oö. BauO 1994 durchsetzbares subjektiv-öffentliches Recht zustehe. Gegenständlich seien die bereits bestehenden Einwirkungen nicht mitberücksichtigt und die durch das Bauvorhaben verursachten Zusatzbelastungen nicht ermittelt worden. Nach VwGH 19.11.1985, 84/06/0137, und VwGH 28.4.1983, 83/06/0006 und 0007, sei bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Flutlichtanlage nicht nur die durch die Beleuchtung unmittelbar entstehende Belästigung der Nachbarn zu berücksichtigen (Blendwirkung), sondern auch der mittelbar durch die Flutlichtanlage oder die durch den Betrieb einer geruchs- bzw. abgasimmissionsrelevanten Anlage, die mit dem Betrieb der Anlage im Zusammenhang stehe, hervorgerufene Lärm. Die von den Revisionswerbern eingewendeten Lärmimmissionen im Zusammenhang mit dem Spielbetrieb und dem Betrieb eines Dieselaggregates zur Stromversorgung einer „Bandenwerbung“, die gerade für Fernsehübertragungen relevant sei, seien bisher keiner Prüfung unterzogen worden. Ungeprüft sei bisher auch der mit der Erweiterung der Flutlichtanlage verbundene Spielbetrieb auf der Fläche des Fußballplatzes. Das Verwaltungsgericht gehe aktenwidrig davon aus, dass gegenüber dem genehmigten Stand zusätzliche Fußballspiele nicht stattfänden und die Spielhäufigkeit und Spielzeiten durch das Baugenehmigungsverfahren nicht berührt würden. Hier bestehe ein Widerspruch zum genehmigten Stand (laut Bescheid vom 2.9.1997).

9        Die angefochtene Entscheidung stehe auch im Widerspruch zur Judikatur des VwGH (VwGH 15.5.2012, 2009/05/0083), wonach sich der Immissionsschutz grundsätzlich auf die Nachbarliegenschaft in ihrer gesamten räumlichen Ausdehnung erstrecke und daher im Hinblick auf die Anforderungen des Oö. BauTG 2013 an der Grundgrenze der Liegenschaften der betroffenen Nachbarn zu überprüfen sei, ob durch das Bauvorhaben schädliche Umwelteinwirkungen entfaltet würden. Eine Prüfung an der Grundgrenze sei nicht erfolgt.

10       Schließlich widerspreche das angefochtene Erkenntnis der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (wiederum VwGH 10.9.2008, 2007/05/0302), wonach bei bereits bestehenden Anlagen (die revisionsgegenständliche Flutlichtanlage bestehe schon seit einigen Jahren) grundsätzlich Messungen statt bloßer Berechnungen durchzuführen seien, was hier nicht stattgefunden habe.

11       Weiters habe das Verwaltungsgericht das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien völlig außer Acht gelassen, die Konstatierungen des humanmedizinischen Sachverständigen basierten auf falschen Annahmen, weil der Sachverständige sowohl bei der Berechnung für die „tolerierbare Jahresdosis“ als auch bei der „Dosis aus 25 Spielen“ jeweils dieselbe Zahl an Dunkelstunden in Ansatz zu bringen gehabt hätte. Die Jahresdosis werde bei weitem überschritten; sie werde bereits nach 15 Spielen erreicht bzw. überschritten. Das Verwaltungsgericht übernehme ungeprüft das mangelhafte Gutachten des humanmedizinischen Sachverständigen, ohne auf die Einwendungen der revisionswerbenden Parteien dazu einzugehen. Insofern liege ein Begründungsmangel bzw. eine Begründungslücke vor. Wäre das Verwaltungsgericht auf die diesbezüglichen Einwendungen eingegangen, hätte es zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Flutlichtanlage auf die revisionswerbenden Parteien zumindest als erheblich belästigend im Sinne des § 2 Z 22 iVm § 3 Abs. 3 Z 2 Oö. BauTG 2013 zu qualifizieren seien.

12       Als weitere Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung sei zu klären, welche Bedeutung der einem vorangegangenen Baubewilligungsbescheid zugrunde gelegten privatrechtlichen Vereinbarung zwischen dem Grundeigentümer der zu erweiternden baulichen Anlage mit den betroffenen Nachbarn zukomme, wonach ein über den vereinbarten Betrieb hinausgehender Betrieb jedenfalls unzulässig sei und die Flutlichtanlage im damaligen Zustand zu bleiben habe, sodass eine Veränderung der baulichen Anlage durch die Betreiberin und die Eigentümerin unzulässig sei. Da der (ursprüngliche) baurechtliche Bewilligungsbescheid auf eine solche Vereinbarung gestützt worden sei, sei die privatrechtliche Vereinbarung auch im nachfolgenden Baubewilligungsverfahren (über die Erweiterung der Flutlichtanlage) zu berücksichtigen.

13       Weiters stelle sich die Frage, ob es sich bei den in der ÖNORM 1052 genannten, maximal zulässigen Grenzwerten um Mindestanforderungen handle, bei deren Überschreiten die baubehördliche Bewilligung jedenfalls zu versagen sei.

14       Dazu ist Folgendes auszuführen:

15       Die Einhaltung der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmung dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse, es sei denn, es wäre damit ein bestimmter Immissionsschutz gewährleistet. Die gegenständlichen raumordnungsrechtlichen Bestimmungen betreffend die Widmungskategorie „Grünland“ bieten den Nachbarn keinen Immissionsschutz, sodass diese kein Recht auf Einhaltung dieser Widmung haben (vgl. dazu VwGH 15.5.2014, 2013/05/0023; 9.10.2001, 2001/05/0282; 19.5.1998, 98/05/0075, jeweils mwN). Mit dem Vorbringen zur Einhaltung der Widmungskategorie machen die Revisionswerber mangels eines ihnen diesbezüglich zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechtes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend.

16       Nach ständiger hg. Judikatur hat jedoch selbst dort, wo die Widmungskategorie den Nachbarn keinen Immissionsschutz gewährt, die Baubehörde zu überprüfen, ob durch das Bauvorhaben an der Grundgrenze schädliche Umwelteinwirkungen entfaltet werden. Denn die im Baubewilligungsverfahren zu berücksichtigenden subjektiv-öffentlichen Rechte sind zwar in § 31 Abs. 4 BauO geregelt. Sie sind in dieser Bestimmung jedoch nicht taxativ aufgezählt, was aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ hervorgeht (vgl. etwa VwGH 13.11.2012, 2010/05/0044, mwN).

17       Gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 Oö. BauTG 2013 müssen Bauwerke und alle ihre Teile so geplant und ausgeführt sein, dass durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden. Gemäß § 2 Z 22 leg. cit. sind schädliche Umwelteinwirkungen Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im Besonderen für die Benützerinnen und Benützer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen; dazu zählen nicht Geräuscheinwirkungen von Kinderspielplätzen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen für Schulpflichtige oder ähnliche Anlagen. Auch hier handelt es sich lediglich um eine demonstrative Aufzählung, was durch die Formulierung „wie durch“ verdeutlicht wird (vgl. wiederum VwGH 15.5.2014, 2013/05/0023, zur inhaltlich gleichen Vorgängerbestimmung des § 3 Z 4 iVm § 2 Z 36 Oö. BauTG 1994).

18       Zur Vorgängerbestimmung führte der Verwaltungsgerichtshof weiter aus, § 3 Z 4 iVm § 2 Z 36 Oö. BauTG 1994 stelle eine Norm dar, die gesundheitlichen Belangen und dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen diene. Auf die Einhaltung dieser Bestimmung stehe den Nachbarn daher ein gemäß § 31 Abs. 4 Oö. BauO 1994 durchsetzbares subjektiv-öffentliches Recht zu, was aber, wie sich aus dem letzten Satz dieser Bestimmung ergebe, nicht grundsätzlich zu einer Versagung der Baubewilligung führen könne; die Baubehörde könne jedoch - soweit dies erforderlich sei - die Bewilligung durch die Erteilung von Auflagen und Bedingungen einschränken (vgl. § 35 Abs. 2 Oö. BauO 1994; vgl. zum Ganzen nochmals VwGH 15.5.2014, 2013/05/0023, und 13.11.2012, 2010/05/0044, mwN).

19       Für die Ermittlung von erheblichen Nachteilen und Beeinträchtigungen ist darauf abzustellen, dass durch die projektierte Baulichkeit oder Anlage keine wesentliche Änderung der Immissionen eintreten wird, sodass das sogenannte „Ist-Maß“, also die Summe der vorhandenen Grundbelastung, maßgeblich ist. Da es zur Beurteilung des Tatbestandsmerkmales „erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen“ im Sinne des § 2 Z 22 Oö. BauTG 2013 auf das ortsübliche Ausmaß ankommt, muss eine solche erhebliche Belästigung dann angenommen werden, wenn die durch ein Bauvorhaben hervorgerufenen Belästigungen dieses ortsübliche Ausmaß erheblich übersteigen, wenn also die Überschreitung des Ist-Maßes nicht bloß geringfügig ist (vgl. zu Geruchsimmissionen VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0199, mwN).

20       Das Verwaltungsgericht hat auf Basis entsprechender Gutachten eines lichttechnischen und eines humanmedizinischen Amtssachverständigen festgestellt, dass es durch das Bauvorhaben hinsichtlich der lichttechnischen Immissionen Raumaufhellung und Blendung zu Überschreitungen der Grenzwerte der ÖNORM O 1052 kommt. Die Vorschreibung von Auflagen, wie etwa die Anbringung von Blendschutten, sei aus lichttechnischer Sicht nicht möglich, weil solche Auflagen gleichzeitig Auswirkungen auf die Beleuchtung des Spielfeldes hätten. Die Flutlichtanlage führe in der Nachbarschaft zu deutlichen Aufhellungen, bei denen auch Blendwirkungen nicht auszuschließen seien, woraus insgesamt ein subjektives, individuell unterschiedliches Belästigungspotenzial entstehen könne. Es existierten aus medizinischer Sicht keine Grenzwertfestlegungen für eine Dosisabschätzung. Unter Berücksichtigung der Anzahl der Spiele (max. 25 Spiele pro Jahr) und der Spieldauer (max. bis 22:00 Uhr) seien die Auswirkungen der Flutlichtanlage auf die Revisionswerber jedenfalls nicht als gesundheitsgefährdend einzustufen.

21       In rechtlicher Hinsicht folgerte das Verwaltungsgericht, dass durch die gegenständliche Flutlichtanlage zwar schädliche Umwelteinwirkungen durch Raumaufhellung und Blendung in Bezug auf die Grundstücke der Revisionswerber entstünden, weil eine erhebliche Überschreitung der Grenzwerte vorliege, die Beurteilung des lichttechnischen Sachverständigen jedoch eine worst case - Betrachtung darstelle und die Grenzwerte für einen täglichen Betrieb gälten. Vor dem Hintergrund des § 31 Abs. 4 letzter Satz Oö. BauO 1994 und der bestehenden Widmung des Baugrundstückes seien die schädlichen Umwelteinwirkungen zumutbar, weil sie durch die vorgeschriebene Auflage zur Begrenzung der Anzahl der Spiele und der Spieldauer möglichst vermieden würden. Eine Gesundheitsgefährdung durch den Betrieb der Flutlichtanlage sei unter Berücksichtigung der eingeschränkten Spielanzahl und -dauer auszuschließen. Eine darüber hinausgehende Auflagenvorschreibung zum Schutz der Nachbarn vor den zu erwartenden Belästigungen durch Licht (Aufhellungen und Blendungen) sei nicht möglich. Eine Auflagenvorschreibung, die im Ergebnis dem Zweck des Bauvorhabens, nämlich der wettkampftauglichen Ausleuchtung des Spielfeldes für Übertragungen im Fernsehen, zuwiderliefe, stelle eine unzulässige Projektänderung dar.

22       Zunächst ist hervorzuheben, dass das Verwaltungsgericht vom Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinn des § 2 Z 22 Oö. BauTG 2013 (und damit von einer nicht bloß geringfügigen Überschreitung des Ist-Maßes) ausgegangen ist, weshalb die Revisionswerber mit ihrem Vorbringen, bei Berücksichtigung ihrer Einwendungen zum Gutachten des humanmedizinischen Sachverständigen hätte das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die Auswirkungen der verfahrensgegenständlichen Flutlichtanlage auf die Revisionswerber zumindest als erheblich belästigend im Sinne des § 2 Z 22 iVm § 3 Abs. 3 Z 2 Oö. BauTG 2013 zu qualifizieren seien, keine Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen vermögen.

23       Ausgehend davon, dass das Verwaltungsgericht vom Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen ausgegangen ist, vermag die Revision vor dem Hintergrund der anzuwendenden Rechtslage, wonach der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen bei einem widmungskonformen Bauvorhaben nicht zu einer Versagung der Baubewilligung führen kann, verbunden mit dem Umstand, dass der maximal mögliche Immissionsschutz vor den durch die Flutlichtanlage zu erwartenden Lichtimmissionen erreicht wird (und Gefahren für Leben und Gesundheit zu verneinen sind), in ihrer Zulässigkeitsbegründung ein Abweichen von der dargestellten Rechtsprechung nicht aufzuzeigen (vgl. erneut VwGH 13.11.2012, 2010/05/0044). Dass die erteilte Baubewilligung zu einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit der Revisionswerber führen könnte, wurde nicht vorgebracht (vgl. dazu etwa VwGH 7.8.2013, 2011/06/0164, mwN).

24       Mit der Frage, ob von den Revisionswerbern als betroffene Nachbarn zu ihrem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen eine Auflagenvorschreibung dahingehend verlangt werden kann, dass das Spielfeld nicht wettkampftauglich für Übertragungen im Fernsehen ausgeleuchtet werden könne, obwohl dies nach dem zur Baubewilligung eingereichten Projekt vorgesehen wäre, und ob eine solche Auflagenvorschreibung projektändernd wäre, wird nicht aufgezeigt, dass die im vorliegenden Fall erfolgte Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, die projektspezifisch vorgeschriebenen Auflagen zur Begrenzung der Anzahl und Dauer der Spiele seien geeignet, den Nachbarn maximal möglichen Immissionsschutz zu gewähren, grob fehlerhaft erfolgt wäre oder zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte. Ist aber von der Sicherstellung des maximal möglichen Immissionsschutzes und vom Nichtvorliegen einer Gefahr für Leben und Gesundheit auszugehen, kommt es nicht darauf an, ob die den Revisionswerbern vorschwebende Auflage projektändernd wäre oder nicht. Bei der von den Revisionswerbern aufgeworfenen Rechtsfrage nach der grundsätzlichen Möglichkeit der Vorschreibung allenfalls projektändernder Auflagen handelt es sich somit um eine abstrakte Rechtsfrage, die der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Parteirevision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG aber nicht zu beantworten hat (vgl. etwa VwGH 16.10.2017, Ra 2017/05/0249 bis 0250).

25       Soweit die Revisionswerber eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit geltend machen, als sich der Immissionsschutz grundsätzlich auf die Nachbarliegenschaft in ihrer gesamten räumlichen Ausdehnung erstrecke und daher bereits an der Grundgrenze der Liegenschaften der betroffenen Nachbarn zu überprüfen sei, ob durch das Bauvorhaben schädliche Umwelteinwirkungen entfaltet würden, was fallbezogen nicht passiert sei, mangelt es an näheren Ausführungen, die erkennen ließen, weshalb das Schicksal der Revision von der geltend gemachten Rechtsfrage abhinge. Weshalb die vorgenommenen Messungen, die zu der Beurteilung geführt haben, dass nach (bereits erfolgter) Projektverwirklichung eine erhebliche Überschreitung des Ist-Maßes vorliege, gegenüber den an ihrer Grundgrenze durchzuführenden nachteilig gewesen wären, wird nicht dargelegt. Mit dem bloß allgemeinen Vorbringen zur Abweichung von einschlägiger Judikatur wird somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

26       Diese Ausführungen treffen gleichermaßen auf die vorgebrachte Abweichung von der Judikatur, wonach bei bereits bestehenden Anlagen grundsätzlich Messungen statt bloßer Berechnungen durchzuführen seien, zu. Auch diesbezüglich wird nicht weiter ausgeführt, zu welchem Ergebnis das Verwaltungsgericht bei Durchführung bestimmter Messungen gelangt wäre. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses zur Erhebung des lichttechnischen Ist-Bestandes jedenfalls Messungen durchgeführt wurden.

27       Was das Vorbringen zu den Grenzwerten der ÖNORM 1052 betrifft, sind die Revisionswerber auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es sich bei einer ÖNORM um eine unverbindliche Empfehlung des Normungsinstitutes handelt, der nur dann normative Wirkung zukommt, wenn sie der Gesetzgeber (unter Umständen mittels Verordnungserlassung) als verbindlich erklärt. Das Fehlen einer solchen normativen Wirkung einer ÖNORM hindert aber nicht, dass diese als einschlägiges Regelwerk und objektiviertes, generelles Gutachten von einem Sachverständigen als Grundlage in seinem Gutachten etwa für die Beurteilung des Standes der Technik herangezogen werden kann (vgl. VwGH 23.1.2020, Ra 2019/07/0093; 26.6.2013, 2012/05/0187, jeweils mwN; vgl. in diesem Sinn auch § 52 Oö. BauTG 2013). Dass eine solche Verbindlicherklärung fallbezogen vorläge, wird nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.

28       Die Revisionswerber monieren weiters eine Abweichung von der hg. Rechtsprechung, wonach bei der Beurteilung der schädlichen Umwelteinwirkungen nicht allein vom Bauvorhaben auszugehen sei, sondern vielmehr auch die bereits bestehenden Einwirkungen mitzuberücksichtigen und die Auswirkungen durch die vom Bauvorhaben verursachten Zusatzbelastungen zu ermitteln seien (Hinweis auf VwGH 22.11.2005, 2003/05/0156). Gegenständlich seien die bereits bestehenden Einwirkungen nicht mitberücksichtigt und die verursachten „Zusatzbelastungen“ nicht ermittelt worden. Mit diesen Ausführungen machen die Revisionswerber keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung geltend, zumal nicht erkennbar ist, von welchen „bestehenden Einwirkungen“ und „Zusatzbelastungen“ ausgegangen wird.

29       Darüber hinaus wird als Abweichung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 19.11.1985, 84/06/0137; 28.4.1983, 83/06/0006 und 0007) geltend gemacht, dass nicht nur die unmittelbare Wirkung des Projektes auf die Nachbarliegenschaften zu berücksichtigen sei, sondern auch mittelbare Auswirkungen. Fallbezogen gehe es um die von den Revisionswerbern eingewendeten Lärmimmissionen im Zusammenhang mit dem Spielbetrieb und dem Betrieb eines Dieselaggregates zur Stromversorgung einer „Bandenwerbung“, die gerade für Fernsehübertragungen relevant sei.

30       Mit dem Vorbringen zum Dieselaggregat entfernen sich die Revisionswerber vom festgestellten Sachverhalt, wonach dieses nicht Bestandteil des gegenständlichen Baubewilligungsverfahrens war. Schon deshalb scheidet dessen Beurteilung im Rahmen des vorliegenden Bauverfahrens aus.

31       Was den Spielbetrieb betrifft, so ist daran zu erinnern, dass mittels Auflage vorgeschrieben ist, dass maximal 25 Spiele pro Jahr unter Einsatz der Flutlichtanlage durchgeführt werden dürften, wobei die Spieldauer bis maximal 22 Uhr begrenzt sei. Diese Einschränkung lag auch den Beurteilungen der Sachverständigen zugrunde. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der mit dem Einsatz der Flutlichtanlage verbundene Spielbetrieb nicht beurteilt worden sei.

32       Soweit in der Zulässigkeitsbegründung vorgebracht wird, der ursprüngliche Bewilligungsbescheid (über die noch nicht erweiterte Flutlichtanlage) sei auf eine zivilrechtliche Vereinbarung zwischen dem Grundeigentümer und den Revisionswerbern gestützt worden, weshalb diese Vereinbarung auch im gegenständlichen Verfahren zu beachten sei, ist dem die ständige hg. Rechtsprechung entgegenzuhalten, wonach privatrechtliche Vereinbarungen auf dem Zivilrechtsweg durchzusetzen sind (vgl. z.B. VwGH 29.1.2021, Ra 2020/05/0259; 22.11.2017, Ro 2017/06/0007 und Ro 2017/06/0031). Darüber hinaus ist zu bemerken, dass die Auslegung eines konkreten Bescheides - so auch seiner Auflagen - nur den Einzelfall betrifft. Die Revisionszulässigkeitsgründe, die auf die konkret vorliegenden Formulierungen im Bewilligungsbescheid vom 2. September 1997 nicht eingehen, zeigen eine die Rechtssicherheit beeinträchtigende, unvertretbare Beurteilung der Rechtsnatur der genannten Vereinbarung als bloß zivilrechtliche, nicht auf (vgl. VwGH 8.4.2021, Ra 2021/05/0051 und 0052; 2.8.2017, Ra 2017/05/0202, jeweils mwN). Es kann daher nicht erkannt werden, dass das Verwaltungsgericht, indem es Streitigkeiten aus dieser Vereinbarung auf den Zivilrechtsweg verwiesen hat, von der zitierten Rechtsprechung abgewichen wäre.

33       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. Juli 2021

Schlagworte

Baubewilligung BauRallg6 Baurecht Nachbar Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Planung Widmung BauRallg3 Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050082.L00

Im RIS seit

23.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

31.08.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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